Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.05.2017, Az. X ZR 120/15

X. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 10895

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2017:160517UXZR120.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
IM NAMEN [X.]S VOLKES
URTEIL
X [X.]/15
Verkündet am:

16. Mai 2017

Anderer

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja

Abdichtsystem
ZPO § 521 Abs. 2 Satz 2, § 277 Abs. 2, § 524 Abs. 3 Satz 2
Die Wirksamkeit einer Frist zur [X.] hängt nicht davon ab, ob der Be-rufungsbeklagte darüber belehrt wurde, dass auch eine Anschlussberufung nur inner-halb dieser Frist zulässig ist.
[X.] §
140a Abs.
3 Satz
1
a)
Die in §
140a Abs.
3 Satz
1 [X.] vorgesehenen Ansprüche auf Rückruf und auf endgültige Entfernung aus den Vertriebswegen können nebeneinander geltend ge-macht werden.
b)
Ein Anspruch auf Rückruf aus den Vertriebswegen ist nicht deshalb ausgeschlos-sen, weil der Verpflichtete im Ausland ansässig ist.
[X.] §
9 Nr.
1, §
139; BGB §
840
a)
Ein im Ausland ansässiger Lieferant eines im Inland patentgeschützten Erzeugnis-ses, der einen ebenfalls im Ausland ansässigen Abnehmer beliefert, ist nicht ohne -
2
-
weiteres verpflichtet, die weitere Verwendung der gelieferten Ware durch den [X.] zu überprüfen oder zu überwachen.
b)
Der Lieferant ist in der genannten Lage zu einer Überprüfung des Sachverhalts ver-pflichtet, wenn für ihn konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die es als naheliegend er-scheinen lassen, dass seine Abnehmer die gelieferte Ware ins Inland weiterliefern oder dort anbieten.
c)
Die pflichtwidrige und schuldhafte Ermöglichung oder Förderung einer fremden Pa-tentverletzung kann Ansprüche aus §§
139
ff. [X.] nur dann begründen, wenn es zu einer Patentverletzung durch den [X.] gekommen ist oder wenn zumindest Erstbegehungsgefahr besteht (Bestätigung von [X.], Urteil vom 30.
April 1964 -
Ia
ZR
224/63, [X.], 496, 497 -
Formsand
II).
d)
Die pflichtwidrige und schuldhafte Förderung oder Ermöglichung einer fremden Pa-tentverletzung begründet nicht ohne weiteres einen uneingeschränkten Anspruch auf Unterlassung von Handlungen, die für sich gesehen noch keine Patentverlet-zung darstellen.
e)
Sofern ein Abnehmer zumindest eine Verletzungshandlung begangen hat, ist der Lieferant, der dies pflichtwidrig und schuldhaft mitverursacht hat, grundsätzlich ver-pflichtet, über alle Lieferungen an diesen Abnehmer Rechnung zu legen.
[X.], Urteil vom 16. Mai 2017 -
X [X.]/15 -
OLG [X.]

[X.]

-
3
-
Der X. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 16.
Mai 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Meier-Beck, die Richter [X.], Dr.
[X.]
und
Dr.
[X.] sowie die Richterin
Dr.
Kober-Dehm
für Recht erkannt:
Die Revision der [X.] wird zurückgewiesen.
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6.
Zivilsenats des [X.] vom 7.
Oktober 2015 im Kosten-punkt und insoweit aufgehoben, als die Anschlussberufung der Klägerin zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu erneuter Verhand-lung und Entscheidung -
auch über die Kosten des [X.] -
an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
-
4
-
Tatbestand:
Die Klägerin ist Inhaberin des europäischen Patents 1
291
158 ([X.]), das ein Abdichtsystem für aufblasbare Gegenstände betrifft. Sie nimmt die in [X.] ansässige Beklagte wegen Verletzung des Klagepatents durch An-bieten und Inverkehrbringen von [X.] für Autoreifen in Anspruch.
Das [X.] hat die Beklagte unter Abweisung eines zusätzlich gel-tend gemachten Anspruchs auf Vernichtung zu Unterlassung, Rechnungsle-gung, Rückruf sowie Entfernung aus den Vertriebswegen verurteilt und [X.], dass die Beklagte zum Schadensersatz verpflichtet ist.
In der Berufungsinstanz hat die Beklagte weiterhin die vollständige Ab-weisung der Klage angestrebt. Die Klägerin hat begehrt, die vom [X.] ausgesprochene Verurteilung auf Lieferungen an im Ausland ansässige Dritte zu erstrecken, von denen die Beklagte weiß, dass sie auch ins Inland liefern. Das Berufungsgericht hat das Rechtsmittel der [X.] und das von ihm als Anschlussberufung qualifizierte Begehren der Klägerin zurückgewiesen
und die Revision hinsichtlich des Anspruchs auf Rückruf und hinsichtlich der Ansprüche wegen Lieferungen an im Ausland ansässige Abnehmer zugelassen.
Im Umfang der vom Berufungsgericht ausgesprochenen Zulassung ver-folgen beide Parteien ihr zweitinstanzliches Begehren weiter.
1
2
3
4
-
5
-
Entscheidungsgründe:
Beide Rechtsmittel sind zulässig. Nur dasjenige der Klägerin ist begrün-det.
I.
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung, soweit für das Revisi-onsverfahren von Interesse, im Wesentlichen wie folgt begründet:
Das [X.] habe die Beklagte zu Recht zum Rückruf patentverlet-zender Erzeugnisse verurteilt. §
140a Abs.
3 Satz
1 [X.] setze nicht voraus,
dass der Verletzer im Inland Besitz oder Eigentum an patentverletzenden [X.] habe. Ein Anspruch auf Rückruf bestehe auch
dann, wenn der Rückruf ins Ausland erfolge und deshalb nicht die Pflicht zur Vernichtung der zurückgerufenen Gegenstände nach sich ziehen könne. Die Ansprüche auf Rückruf und Entfernung dienten nicht ausschließlich der Vorbereitung der [X.], sondern jedenfalls auch der Beseitigung eines durch die Patentverlet-zung entstandenen Störungszustands. Art.
10 und Erwägungsgrund 24 der Richtlinie 2004/48/[X.] stünden dieser Betrachtung nicht entgegen.
Das mit der Anschlussberufung verfolgte Begehren sei demgegenüber unbegründet. Eine Lieferung eines im Ausland ansässigen Unternehmens an einen ebenfalls im Ausland ansässigen Empfänger begründe grundsätzlich [X.] Patentverletzung im Inland. Etwas anderes könne nur gelten, wenn der ge-lieferte Gegenstand in das Inland weitergeliefert werde und diese Weiterliefe-rung dem ursprünglichen Lieferanten objektiv zugerechnet werden könne. [X.] setze voraus, dass der ursprüngliche Lieferant an der Weiterlieferung als Mittäter oder Gehilfe mitgewirkt oder eine dem Schutz des verletzten Rechts dienende Pflicht verletzt habe. Eine solche Pflichtverletzung könne in der Kons-tellation des Streitfalls nur dann bejaht werden, wenn der ursprüngliche Liefe-5
6
7
8
-
6
-
rant Kenntnis davon habe, dass der Abnehmer die patentgemäßen [X.] zumindest auch ins Inland liefere. [X.] Vorsatz reiche nicht aus. Im Streitfall habe die Klägerin keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die in [X.] ansässige Abnehmerin der [X.]
die angegriffenen Aus-führungsformen nach [X.] liefere. Dass dieses Unternehmen in [X.] Kraftfahrzeuge vertreibe und dass die angegriffenen [X.] Gebrauchshinweise unter anderem in [X.] enthielten, reiche nicht aus.
II.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung in einem ent-scheidenden Punkt nicht stand.
1.
Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht allerdings einen Anspruch der Klägerin auf Rückruf von nach [X.] gelieferten Erzeugnissen aus den Vertriebswegen gemäß §
140a Abs.
3 Satz
1 [X.] bejaht.
a)
Entgegen der Auffassung der [X.] kann der Berechtigte die in §
140a Abs.
3 Satz
1 [X.] vorgesehenen Ansprüche auf Rückruf und auf end-gültiges
Entfernen aus den Vertriebswegen nebeneinander geltend machen.
aa)
Der Wortlaut der Vorschrift, demzufolge ein Verletzer auf Rückruf oder auf Entfernen
in Anspruch genommen werden kann, ist zwar nicht eindeu-tig. Er spricht aber eher für ein umfassendes Wahlrecht des Berechtigten.
Die Konjunktion "oder" lässt sowohl das Verständnis zu, dass der [X.] zwischen einem der beiden Rechtsbehelfe wählen muss, als auch die Interpretation, dass der Berechtigte wahlweise das eine, das andere oder [X.] verlangen kann. Wenn das Gesetz an einen bestimmten Sachverhalt meh-rere Ansprüche knüpft, liegt die zuletzt genannte Auslegung aber grundsätzlich näher. Im Falle der so genannten
echten
Anspruchskonkurrenz, d.h.
wenn meh-rere Ansprüche auf dasselbe Ziel gerichtet sind, stehen diese grundsätzlich 9
10
11
12
13
-
7
-
unabhängig
nebeneinander
(vgl. nur [X.], Urteil vom 22.
Juli 2014

KZR
27/13, [X.]/E
[X.]-R 4328 = [X.], 449 Rn.
53 -
Stromnetznut-zungsentgelt
VI). Entsprechendes gilt grundsätzlich auch dann, wenn mehrere aus demselben Sachverhalt resultierende Ansprüche
auf unterschiedliche Ziele gerichtet sind.
Aus Wortlaut oder Systematik des Gesetzes oder aus der Zielrichtung der einzelnen Ansprüche kann sich zwar im Einzelfall etwas anderes ergeben

insbesondere dann, wenn sich der Inhalt der Ansprüche gegenseitig [X.] oder eine kumulative Geltendmachung aus sonstigen Gründen dem Gesetzeszweck widerspricht. Dem Wortlaut von §
140a Abs.
3 Satz
1 [X.] las-sen sich aber keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass das Wahlrecht des Gläubigers beschränkt sein soll.
[X.])
Für die Zulässigkeit einer kumulativen Geltendmachung spricht
im vorliegenden Zusammenhang der einander ergänzende
Inhalt der beiden Rechtsbehelfe.
Entgegen der Auffassung der [X.] stellt der Anspruch auf Rückruf im Verhältnis zum Anspruch auf endgültiges
Entfernen aus den Vertriebswegen nicht nur ein wesensgleiches Minus dar. Die beiden Ansprüche sind vielmehr auf unterschiedliche
und einander ergänzende
Ziele gerichtet.
Der Anspruch auf Rückruf verpflichtet den Schuldner dazu, seine [X.] zu einer Rückgabe der von ihm gelieferten patentverletzenden Erzeug-nisse aufzufordern. Ob die Abnehmer dieser Aufforderung Folge leisten, bleibt deren Entscheidung überlassen und hat auf die Verantwortlichkeit des [X.] keine Auswirkung, sofern dieser alle ihm zumutbaren Anstrengungen un-ternommen, um die Abnehmer aufgrund der Aufforderung zu einer Rückgabe zu bewegen
([X.]/[X.] in [X.], [X.], 11.
Auflage, §
140a Rn.
17
ff.; [X.] in Busse, [X.], 9.
Auflage, §
140a Rn.
28
f.; Rinken in 14
15
16
17
-
8
-
[X.] [X.], 3.
Edition, §
140a [X.] Rn.
48
ff.; [X.], Handbuch der Pa-tentverletzung, 9.
Auflage, Rn.
D
603
ff.; [X.], [X.], 4.
Auflage, §
140a Rn.
19; D.
Jestaedt [X.], 102, 103
f.; vgl. auch [X.] in [X.] [X.],
9.
Edition, §
18 [X.] Rn.
39
ff.; [X.]/[X.], [X.], 3.
Auflage, §
18 Rn.
46; [X.]/Hacker, [X.], 11.
Auflage, §
18 Rn.
55
ff.).
Der Anspruch auf endgültiges
Entfernen aus den Vertriebswegen ver-pflichtet den Schuldner hingegen dazu, alle ihm zur Verfügung stehenden und zumutbaren
tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um die weitere oder erneute Zirkulation patentverletzender Gegenstände in den [X.] auszuschließen (vgl. dazu [X.]/[X.] in [X.], [X.], 11.
Auflage, §
140a Rn.
19; [X.] in Busse, [X.], 9.
Auflage, §
140a Rn.
30; Rinken in [X.] [X.], 3.
Edition, §
140a [X.] Rn.
52
f.; Küh-nen, Handbuch der Patentverletzung, 9.
Auflage, Rn.
D
614; [X.], [X.], 4.
Auflage, §
140a Rn.
27; D.
Jestaedt [X.], 102, 105; [X.]/
[X.], [X.], 3.
Auflage, §
18 Rn.
48; [X.]/Hacker, Markenge-setz, 11.
Auflage, §
18 Rn.
63
f.; weitergehend [X.] in [X.] [X.], 9.
Edition, §
18 [X.] Rn.
49).
In Einzelfällen mag zur Erreichung dieses Ziels eine bloße Aufforderung an die Abnehmer geeignet und ausreichend sein, um dieses Ziel zu erreichen. Je nach den Umständen des Einzelfalls kann der Schuldner aber verpflichtet sein, dieses Ziel zusätzlich oder ausschließlich auf anderem Wege anzustreben, etwa durch rechtliche Schritte gegen einen [X.],
der eine Rückgabe von vornherein ablehnt.
Trotz dieser unterschiedlichen Zielsetzung schließen sich die beiden [X.] nicht gegenseitig aus. Vielmehr ergänzen sie einander
(ebenso Grab-inski/[X.] in [X.], [X.], 11.
Auflage, §
140a Rn.
19;
[X.] in Busse, [X.], 9.
Auflage, §
140a Rn.
31; Rinken in [X.] [X.], 3.
Edition, §
140a [X.] Rn.
52; [X.], [X.], 4.
Auflage, §
140a Rn.
25; 18
19
-
9
-
D.
Jestaedt [X.], 102, 105; [X.]/[X.], [X.], 3.
Auflage, §
18 Rn.
48; [X.]/Hacker, [X.], 11.
Auflage, §
18 Rn.
63).
Entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung ([X.] in [X.] [X.], 9.
Edition, §
18 [X.] Rn.
49) kann ein Alternativverhält-nis nicht auf die Erwägung gestützt werden, die beiden Ansprüche
seien auf einander ausschließende Handlungen
gerichtet, nämlich auf einen Rücktrans-port zum Lieferanten einerseits und auf eine Vernichtung beim Abnehmer
ande-rerseits. Zwar kann der Anspruch auf endgültiges
Entfernen aus den Vertriebs-wegen auch dadurch erfüllt werden, dass die das Patent verletzenden Erzeug-nisse unmittelbar beim Abnehmer vernichtet werden. Eine endgültige Entfer-nung aus den Vertriebswegen kann aber auch auf andere Weise sichergestellt werden, etwa dadurch, dass der in Anspruch genommene Lieferant die Erzeug-nisse zurücknimmt und selbst der Vernichtung zuführt. In der zuletzt genannten Konstellation kann sich das aufgrund des Anspruchs auf Rückruf geschuldete Verhalten teilweise mit demjenigen Verhalten decken, zu dem der Lieferant aufgrund des Anspruchs auf endgültiges
Entfernen verpflichtet ist. Folglich fehlt es an einem Verhältnis gegenseitiger Exklusivität.
Die Möglichkeit einer teilweisen Überlagerung führt nicht dazu, dass der Anspruch auf Rückruf nur als wesensgleiches Minus des Anspruchs auf endgül-tige Entfernung angesehen werden könnte. Aus der oben aufgezeigten unter-schiedlichen Zielrichtung ergibt sich vielmehr, dass es sich auch in dieser Kon-stellation um einander ergänzende Ansprüche handelt.
cc)
Ein umfassendes Wahlrecht entspricht den Vorstellungen des [X.].
In den Materialien zu §
140a Abs.
3 [X.] und den vergleichbaren [X.] in anderen Gesetzen zum Schutz geistigen Eigentums wird ausge-führt, der Wortlaut von Art.
10 der Richtlinie 2004/48/[X.] sei nicht vollständig 20
21
22
23
-
10
-
klar, spreche aber eher dafür, dass die Mitgliedstaaten alle drei dort genannten Ansprüche (auf Vernichtung, Rückruf und endgültige Entfernung aus den [X.]) vorsehen müssten.
Daraus ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber vorsorglich alle drei [X.] kumulativ vorsehen wollte.

Ob dieser Wille auch dann von Bedeutung wäre, wenn er im Gesetz [X.]n Niederschlag gefunden hätte, kann dahingestellt bleiben. Wie bereits [X.] wurde
(oben Rn.
12
ff.), hat der in den Materialien geäußerte Wille durch die Verwendung der Konjunktion "oder" hinreichenden Niederschlag im Wort-laut von §
140a Abs.
3 Satz
1 [X.] gefunden.
Deshalb ist er bei der Auslegung der Vorschrift zu berücksichtigen.
dd)
Entgegen der Auffassung der [X.] besteht kein Anlass, eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der [X.] zu der Frage einzuholen, ob das vom Gesetzgeber favorisierte Verständnis von Art.
10 der Richtlinie 2004/48/[X.] zutrifft.
Nach Art.
2 Abs.
1 der Richtlinie steht es den Mitgliedstaaten frei, [X.] vorzusehen, die für die Rechtsinhaber günstiger sind. Dementsprechend hat der Gerichtshof der [X.] mehrfach entschieden, dass die Richtlinie die Mitgliedstaaten nicht daran hindert, stärker schützende Maßnah-men vorzusehen ([X.], Urteil vom 9.
Juni 2016 -
C-481/14, GRUR
2016, 1043 Rn.
36 und 40 -
Hansson; Urteil vom 25.
Januar 2017 -
C-367/15, GRUR
2017, 264 Rn.
23 -

Selbst wenn es zur Umsetzung der Richtlinie genügte, die Ansprüche auf
Rückruf und auf endgültiges
Entfernen
aus den Vertriebswegen alternativ zur Verfügung zu stellen, stünde
der vom [X.] Gesetzgeber gewährte weiter-24
25
26
27
28
-
11
-
gehende Schutz folglich zweifelsfrei
in Einklang mit den Vorgaben der Richtli-nie.
b)
Entgegen der Auffassung der [X.]
setzt der
Anspruch auf Rückruf gemäß §
140a Abs.
3 Satz
1 [X.] nicht voraus, dass der Schuldner Verfügungsgewalt über die vom Rückruf betroffenen Gegenstände hat.
Aus dem
Wortlaut der Vorschrift ergibt sich
ein entsprechendes Erforder-nis nicht. Es stünde auch in Widerspruch zu Sinn und Zweck der Regelung, die dem Schuldner gerade auch im Hinblick auf solche Gegenstände Pflichten auf-erlegt, die er schon an Dritte geliefert hat (ebenso [X.]/[X.] in [X.], [X.], 11.
Auflage, §
140a Rn.
17; [X.] in Busse, [X.], 9.
Auflage, §
140a Rn.
28; Rinken in [X.] [X.], 3.
Edition, §
140a [X.] Rn.
41; [X.], Handbuch der Patentverletzung, 9.
Auflage, Rn.
D
590; [X.], [X.], 4.
Auflage, §
140a Rn.
19; D.
Jestaedt GRUR
2009, 102, 104; vgl. auch [X.] in [X.] [X.], 9.
Edition, §
18 [X.] Rn.
57; [X.]/
[X.], [X.], 3.
Auflage, §
18 Rn.
42; [X.]/Hacker, Markenge-setz, 11.
Auflage, §
18 Rn.
52). Aus der früheren Rechtsprechung zu Rückruf-ansprüchen auf der Grundlage des allgemeinen Anspruchs auf Beseitigung ei-ner eingetretenen Störung ergeben sich schon deshalb keine abweichenden Schlussfolgerungen, weil §
140a Abs.
3 Satz
1 [X.] insoweit zu einer Ände-rung der Rechtslage geführt hat.
Entgegen der Auffassung der [X.]
kann eine Verpflichtung zum Rückruf auch nicht allein deshalb als unverhältnismäßig angesehen werden, weil der Schuldner keine Verfügungsgewalt über die betroffenen Gegenstände hat. Nach §
140a Abs.
3 Satz
1 [X.] ist der Schuldner vielmehr im Rahmen des Zumutbaren verpflichtet, die Abnehmer zur Rückgabe zu veranlassen.

29
30
31
-
12
-
c)
Zu Recht
hat das Berufungsgericht einen Anspruch auf Rückruf aus den Vertriebswegen auch nicht deshalb verneint, weil die Beklagte im Ausland ansässig ist.
Entgegen einer in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung ([X.], Urteil vom 18.
Juli 2013 -
2
U
98/11, juris Rn.
129) ist der Anspruch auf Rückruf aus den Vertriebswegen nicht ein bloßes Hilfsmittel zur
Durchset-zung des ebenfalls in §
140a [X.] vorgesehenen Anspruchs auf Vernichtung. Jedenfalls bei einem im Inland ansässigen Lieferanten gehen beide Ansprüche zwar regelmäßig Hand in Hand, weil der Berechtigte in der Regel die [X.] verlangen kann, die der Verletzer erfolgreich
zurückge-rufen hat. Dennoch steht auch der Anspruch auf Vernichtung im Verhältnis zu den beiden anderen in §
140a [X.] vorgesehenen Ansprüchen nicht in einem Stufen-
oder Exklusivitätsverhältnis. Vielmehr stehen alle drei Ansprüche [X.] ihrer unterschiedlichen, einander ergänzenden Zielrichtung grundsätzlich unabhängig nebeneinander. Deshalb besteht ein Anspruch auf Rückruf auch gegenüber einem im Ausland ansässigen Lieferanten
(im Ergebnis ebenso [X.]/[X.] in [X.], [X.], 11.
Auflage, §
140a Rn.
13; [X.] in Busse, [X.], 9.
Auflage, §
140a Rn.
27; Rinken in [X.] [X.], 3.
Edition, §
140a [X.] Rn.
44; [X.], Handbuch der Patentverletzung, 9.
Auflage, Rn.
D
592 [anders noch 6.
Auflage, Rn.
1237]).
Die hiervon zu unterscheidende Frage, ob ein Verbringen schutzrechts-verletzender Erzeugnisse ins schutzrechtsfreie Ausland zur Erfüllung des [X.] auf endgültige Entfernung aus den Vertriebswegen ausreicht (vernei-nend [X.] in [X.] [X.], 9.
Edition, §
18 [X.] Rn.
53), bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Die Verurteilung der [X.] zum
endgültigen Entfernen
aus den Vertriebswegen -
mit der der [X.] aufgegeben wurde, die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen oder deren Vernichtung beim jewei-ligen Besitzer zu veranlassen -
ist mit der Revision nicht angefochten.
32
33
34
-
13
-
2.
Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht die Anschlussberufung der Klägerin als zulässig angesehen.
a)
Wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, geht das in [X.] Instanz geltend gemachte Klagebegehren über den Gegenstand der erstin-stanzlichen Klage hinaus. Die darin liegende Klageerweiterung durfte die [X.], die das erstinstanzliche Urteil nicht angefochten hatte, nur im Rahmen einer zulässigen Anschlussberufung geltend machen. Die Zulässigkeit dieses Rechtsbehelfs ist auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen ([X.],
Urteil vom 7.
Mai 2015 -
VII
ZR
145/12, NJW 2015, 2812 Rn.
41).
b)
Im Ergebnis zutreffend hat es das Berufungsgericht als unschädlich angesehen, dass die Anschlussberufung nicht innerhalb der vom Vorsitzenden des Berufungsgerichts gesetzten Frist zur Erwiderung auf die [X.] eingereicht und begründet worden ist.
Nach §
524 Abs.
2 Satz
2 ZPO muss die Anschließung zwar innerhalb der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur [X.] erfolgen. Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] beginnt der Lauf dieser Frist aber nur dann, wenn das Gericht die in §
521 Abs.
2 Satz
2 und §
277 Abs.
2 ZPO vorgeschriebene Belehrung erteilt hat ([X.], Beschluss vom 23.
September 2008 -
VIII
ZR
85/08, [X.], 515 Rn.
4; Urteil vom 20.
Januar 2011 -
I
ZR
10/09, [X.], 831 = [X.], 1174 Rn.
44

BCC; Urteil vom 9.
Juni 2011 -
I
ZR
41/10, [X.], 180 Rn.
28 -
Werbe-geschenke; Urteil vom 22.
Januar 2015 -
I
ZR
127/13, NJW 2015, 1608 Rn.
18; Urteil vom 7.
Mai 2015 -
VII
ZR
145/12, NJW 2015, 2812 Rn.
41).
Diese Voraussetzung ist, wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutref-fend entschieden hat, im Streitfall nicht erfüllt.

35
36
37
38
39
-
14
-
c)
Allerdings ist -
entgegen den Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung -
eine Belehrung über die Folgen einer Versäumung der Frist für die Einlegung der Anschlussberufung nicht erforderlich (ebenso OLG Düssel-dorf,
Urteil vom 22.
Dezember 2016
15
U
31/14, juris Rn.
66; [X.] in [X.] ZPO, Edition 24, §
524 Rn.
18; zur ähnlich, aber nicht vollständig gleich gela-gerten Rechtslage bei den Arbeitsgerichten vgl. [X.], Urteil vom 24.
Mai 2012

2
AZR
124/11, [X.], 1223 Rn.
18).
aa)
Aus §
521 Abs.
2 Satz
2 und §
277 Abs.
2 ZPO ergibt sich lediglich die Pflicht, auf den für die [X.] geltenden Anwaltszwang und die Folgen einer Versäumung der gesetzten Frist hinzuweisen. Diese Folgen bestehen gemäß §
530 ZPO darin, dass Angriffs-
und Verteidigungsmittel, die nach Ablauf der Frist vorgetragen werden, nach Maßgabe von §
296 Abs.
1 und 4 ZPO der Präklusion unterliegen.
Der Wegfall der Möglichkeit, sich der Berufung anzuschließen, ist hinge-gen keine Folge der Versäumung der [X.]sfrist. Nach §
524 Abs.
2 Satz
2 ZPO muss eine Anschlussberufung zwar innerhalb derselben Frist eingereicht werden wie die [X.]. Die Zulässigkeit einer fristgerecht erklärten Anschließung hängt aber nicht davon ab, ob innerhalb der Frist auch eine [X.] eingereicht wurde. Aus §
521 Abs.
2 Satz
2 und §
277 Abs.
2 ZPO kann deshalb keine Pflicht zur Belehrung über die Möglichkeit einer Anschließung und die dafür maßgebliche Frist oder über die Folgen einer Versäumung dieser Frist entnommen werden.
[X.])
Aus §
524 ZPO ergeben sich keine weitergehenden Verpflichtungen.
§
524 Abs.
2 ZPO sieht eine Belehrung nicht vor.
Nach §
524 Abs.
3 Satz
2 ZPO ist für eine Anschlussberufung unter an-derem §
521 ZPO entsprechend anwendbar. Daraus folgt, dass der Vorsitzende 40
41
42
43
44
45
-
15
-
oder das Gericht dem Berufungskläger eine Frist zur Erwiderung auf die [X.] setzen kann und hierbei ebenfalls die in §
277 Abs.
2 ZPO vorgeschriebenen Hinweise erteilen muss. Darum geht es in der Konstellation des Streitfalls nicht.
cc)
Eine weitergehende Belehrungspflicht ergibt sich auch nicht aus §
232 ZPO.
Nach §
232 ZPO ist über statthafte Rechtsmittel sowie über Einspruch, Widerspruch oder die Erinnerung zu belehren. Die Anschlussberufung ist
kein Rechtsmittel, sondern nur eine Antragstellung innerhalb eines vom Gegner ein-gelegten Rechtsmittels (vgl. nur [X.], Urteil vom 14.
Mai 1998 -
III
ZR
182/97, [X.]Z 139, 12, 13). Sie zählt auch nicht zu den sonstigen Rechtsbehelfen, über die nach §
232 ZPO zu belehren ist. Eine analoge Anwendung der Vorschrift kommt nicht in Betracht, weil eine planwidrige Regelungslücke nicht erkennbar ist.
d)
Die im Streitfall erteilte Belehrung war dennoch unzureichend, weil darin nur auf die [X.] nach §
530 und §
296 Abs.
1 und 4 ZPO hingewiesen wurde, nicht aber auf die Verpflichtung, sich durch einen Rechts-anwalt vertreten zu lassen.
Ein Hinweis auf den [X.] ist auch in zweiter Instanz erfor-derlich. Wird er nicht erteilt, so beginnt die Frist für die [X.] und damit die Frist für eine Anschlussberufung nicht zu laufen ([X.],
Urteil vom 22.
Januar 2015 -
I
ZR
127/13, NJW 2015, 1608 Rn.
19).
Ob die Belehrung darüber hinaus auch deshalb unzureichend war, weil ein bloßer Hinweis auf die in §
296 Abs.
1 und 4 ZPO vorgesehenen [X.] oder die Wiederholung des Gesetzeswortlauts nicht ohne weiteres aus-reicht (vgl. dazu [X.], Urteil vom 12.
Januar 1983 -
IVa
ZR
135/81, [X.]Z 86, 46
47
48
49
50
-
16
-
218, 226; Urteil vom 11.
Juli 1985 -
I
ZR
145/83, NJW 1986, 133; Urteil vom 16.
Mai 1991 -
III
ZR
82/90, NJW 1991, 2773, 2774), bedarf vor diesem Hinter-grund keiner Entscheidung.
3.
Ansprüche der Klägerin in Bezug auf die Belieferung von Abnehmern im Ausland lassen sich auf der Grundlage des bisherigen Sach-
und Streit-stands nicht verneinen.
a)
Nach der Rechtsprechung des [X.] hat für eine Pa-tentverletzung auch derjenige einzustehen, der eine Benutzung des geschütz-ten Gegenstands durch einen [X.] durch eigenes pflichtwidriges Verhalten ermöglicht. Dies gilt nicht nur im Falle einer vorsätzlichen Beteiligung an [X.], sondern auch dann, wenn solche Verletzungshand-lungen durch eine fahrlässige Pflichtverletzung ermöglicht oder gefördert wer-den ([X.], Urteil vom 17.
September 2009 -
Xa
ZR
2/08, [X.]Z 182, 245 = [X.], 1142 Rn.
34 -
MP3-Player-Import). Die Zurechnung eines [X.] bedarf bei nicht vorsätzlichem Handeln allerdings einer zu-sätzlichen Rechtfertigung. Sie besteht in der Regel in der
Verletzung einer Rechtspflicht, die jedenfalls auch dem Schutz des verletzten absoluten Rechts dient und bei deren Beachtung der Mitverursachungsbeitrag entfallen oder [X.] als verbotener und daher zu unterlassender Beitrag des Handelnden zu der rechtswidrigen Handlung eines [X.] erkennbar gewesen wäre ([X.]Z 182, 245 = [X.], 1142 Rn.
36 -
MP3-Player-Import).
Ob und in welchem Umfang eine Rechtspflicht zur Verhinderung eines schutzrechtsverletzenden Erfolgs besteht, richtet sich im Einzelfall nach der Abwägung aller betroffenen Interessen und relevanten rechtlichen Wertungen. Von entscheidender Bedeutung ist, ob und inwieweit dem in Anspruch [X.] nach den Umständen des Falles ein Tätigwerden zuzumuten ist. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen der Schutzbedürftigkeit des Verletzten und der Zumutbarkeit von Prüfungs-
und Handlungspflichten, die von [X.] zu 51
52
53
-
17
-
beachten sind: Je schutzwürdiger der Verletzte, desto mehr Rücksicht auf seine Interessen kann dem [X.] zugemutet werden.
Je geringer das Schutzbedürf-nis, desto kritischer ist zu prüfen, ob von dem [X.] erwartet werden muss, Schutzrechtsverletzungen aufzuspüren und gegebenenfalls abzustellen oder zu verhindern ([X.]Z 182, 245 = [X.], 1142 Rn.
43 -
MP3-Player-Import).
Für einen Spediteur oder Frachtführer hat der [X.] eine generelle Pflicht zur Überprüfung der transportierten Ware auf die Verletzung fremder Schutzrechte verneint ([X.]Z 182,
245 = [X.], 1142 Rn.
41

MP3-Player-Import). Wenn im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte für eine [X.] fremder Schutzrechte vorliegen, muss der Spediteur oder Frachtführer aber die zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um den Verdacht aufzuklären. Ergibt die Aufklärung, dass eine Schutzrechtsverletzung vorliegt, darf er die Mitwirkung an der objektiv rechtswidrigen Handlung des [X.] nicht fortsetzen ([X.]Z 182, 245 = [X.], 1142 Rn.
45 -
MP3-Player-Import).
b)
Diese Grundsätze gelten auch für eine im Ausland stattfindende Mit-wirkung
an einer im
Inland begangenen Patentverletzung.
Nach Art.
8 Abs.
1 der Verordnung ([X.]) Nr.
864/2007 des [X.] und des Rates vom 11.
Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (ABl. [X.] L
199, S.
40 -
Rom
II) ist auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus einer Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums das Recht des Staates anzuwenden, für den der Schutz beansprucht wird. Dies ist im Streitfall das Recht der [X.].
Nach der Rechtsprechung des [X.] ist ein im Ausland ansässiges Unternehmen, das einen ebenfalls im Ausland ansässigen Abneh-mer mit Erzeugnissen beliefert, an einer Benutzungshandlung im Inland [X.], wenn es weiß, dass der Abnehmer die Erzeugnisse nach [X.] wei-54
55
56
57
-
18
-
terliefert ([X.], Urteil vom 3.
Februar 2015 -
X
ZR
69/13, [X.]Z 204, 114 = [X.], 467 Rn.
26 -
Audiosignalcodierung). Entsprechendes gilt bei [X.] Beteiligung ([X.], Beschluss vom 26.
Februar 2002 -
X
ZR
36/01, [X.], 599 -
Funkuhr
I).
In Fällen dieser Art ist in der Regel zugleich der Gerichtsstand des Art.
7 Nr.
3 der Verordnung ([X.]) Nr.
1215/2012 des [X.] und des Rates vom 12.
Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-
und Handelssa-chen (ABl.
[X.] L
351 S.
1 -
Brüssel
Ia) gegeben. Dieser besteht -
anders als der Gerichtsstand des Art.
93 Abs.
5 der Gemeinschaftsmarkenverordnung -
schon dann, wenn eine Person, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, dort eine Handlung vorgenommen haben soll, die im Zuständigkeitsbereich des an-gerufenen Gerichts einen Schaden verursacht hat oder zu verursachen droht
([X.], Urteil vom 5.
Juni 2014 -
C-360/12, [X.], 806 Rn.
53
ff. -
Coty; [X.], Urteil vom 27.
November 2014 -
I
ZR
1/11, [X.], 689 Rn.
30
ff.

Parfumflakon
III).
c)
Vor diesem Hintergrund ist die Begründung, mit der das Berufungs-gericht die Verletzung einer Schutzpflicht durch die Beklagte im Streitfall ver-neint
hat, nicht tragfähig.
aa)
Im Ansatz zutreffend ist
das Berufungsgericht allerdings davon aus-gegangen, dass auch ein im Ausland ansässiger Lieferant
eines im Inland pa-tentgeschützten Erzeugnisses, der einen ebenfalls im Ausland ansässigen [X.] beliefert, nicht ohne weiteres verpflichtet ist, die weitere Verwendung der gelieferten Ware durch den Abnehmer zu überprüfen oder zu überwachen.
Der Abnehmer eines Erzeugnisses ist grundsätzlich selbst dafür verant-wortlich, dieses nur in rechtlich zulässiger Weise einzusetzen. Der Lieferant hat mit einer patentrechtlich unbedenklichen Lieferung im Ausland nicht ohne weite-58
59
60
61
-
19
-
res einen Tatbestand verwirklicht, der eine besondere Gefährdungssituation für die Rechte des [X.] schafft. Deshalb begründet die Belieferung für sich gesehen keine besonderen Schutzpflichten zugunsten des aus dem Patent Berechtigten.
[X.])
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann eine Schutz-pflicht des Lieferanten indes nicht nur dann bestehen, wenn dieser weiß, dass der Abnehmer die gelieferte
Ware in das Inland weiterliefert
oder dort anbietet. Der Lieferant ist vielmehr schon dann zu einer Überprüfung des Sachverhalts verpflichtet, wenn für ihn
konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die solche Hand-lungen als naheliegend erscheinen lassen.
Die nur abstrakte Möglichkeit, dass der Abnehmer die gelieferte Ware in das Inland weiterliefern oder dort anbieten könnte, reicht hierfür allerdings nicht aus. Da der Lieferant prinzipiell
nicht verpflichtet ist, das Verhalten seiner [X.] zu überprüfen oder zu überwachen, kann ihm grundsätzlich auch nicht angesonnen werden, eine Überprüfung schon deshalb vorzunehmen, weil eine patentrechtlich relevante Verwendung möglich erscheint, etwa deshalb, weil der Abnehmer Geschäftsbeziehungen ins Inland hat oder weil er ähnliche Erzeug-nisse bereits in das Inland geliefert oder dort angeboten hat.
Vor diesem Hintergrund
mögen konkrete Anhaltspunkte für eine [X.] ins Inland im praktischen Ergebnis häufig nur dann gegeben sein, wenn der Lieferant von einer tatsächlich erfolgten oder konkret bevorstehenden Weiterlieferung Kenntnis erhalten hat. Je nach den Umständen des einzelnen Falls können hinreichend konkrete Anhaltspunkte jedoch schon aufgrund sons-tiger Umstände vorliegen
-
etwa deshalb, weil die abgenommene Menge so groß ist, dass sie schwerlich nur auf schutzrechtsfreien Märkten vertrieben wer-den kann, oder weil das Abnahmeverhalten auffällig mit einer wahrnehmbaren und potentiell schutzrechtsverletzenden Tätigkeit des Abnehmers auf dem [X.] Markt korreliert. Wenn solche konkreten Anhaltspunkte erkennbar 62
63
64
-
20
-
zu Tage getreten sind, darf der Lieferant nicht mehr darauf vertrauen, dass sein Abnehmer von patentverletzenden Handlungen absehen wird. Er hat vielmehr Anlass, den Abnehmer nach Lieferungen und Angeboten in das Inland zu [X.] und vorsorglich auf die Möglichkeit einer darin liegenden Patentverlet-zung hinzuweisen. Erfolgt
auf
eine solche Nachfrage keine plausible Antwort, so muss der Lieferant ernsthaft mit der Möglichkeit rechnen, dass er sich

wenn auch ohne positive Kenntnis -
an einer fremden Patentverletzung [X.]. In dieser Situation verletzt er mit einer unveränderten Fortsetzung seiner Lieferungen auch dann eine dem Schutz des fremden Patents dienende Verhal-tenspflicht, wenn er
subjektiv
von einem rechtskonformen Verhalten des [X.]s ausgeht.
cc)
Im Streitfall ergeben sich aus dem der revisionsrechtlichen Beurtei-lung zugrunde zu legenden Vortrag der Klägerin konkrete Anhaltspunkte für eine Weiterlieferung von im Ausland gelieferten Produkten auf den [X.] Markt.
(1)
Trotz seines abweichenden rechtlichen Ansatzes hat das Berufungs-gericht allerdings den Umstand, dass die Abnehmerin der [X.] [X.] nach [X.] liefert, im Ergebnis zu Recht als nicht ausreichend angesehen.
Eine Tätigkeit des Abnehmers auf dem einschlägigen inländischen Markt mag zwar die abstrakte Möglichkeit begründen, dass dieser auch die in Rede stehenden Erzeugnisse dorthin liefert oder dort anbietet. Aus einer solchen Möglichkeit kann sich aber aus den oben genannten Gründen noch keine Über-prüfungspflicht für den Lieferanten ergeben.
65
66
67
-
21
-

(2)
Entsprechendes gilt für den Umstand, dass die angegriffenen [X.] Hinweise auch in [X.] enthielten.
Je nach Fallgestaltung mag der Umstand, dass ein Produkt durch [X.] oder dergleichen in besonderer Weise für einen bestimmten Markt sinnfällig hergerichtet ist, allerdings für eine Vertriebstätigkeit auf diesem Markt sprechen.
Im Streitfall hat das Berufungsgericht diesen [X.] im Ergebnis aber jedenfalls deshalb zu Recht als nicht ausreichend an-gesehen, weil [X.] in [X.] schon aufgrund der vom Berufungsgericht festgestellten eigenen Vertriebstätigkeit der [X.] in [X.] naheliegend waren. Die Lieferung der gleichen Erzeugnisse an eine Abnehmerin in [X.] mag dieser ebenfalls einen Vertrieb in [X.] ermöglicht haben. Dies reicht aber nicht aus, um konkrete Anhaltspunkte für eine solche Tätigkeit zu begründen.
(3)
Dass die Beklagte, wie dies das Berufungsgericht zu Gunsten der Klägerin unterstellt hat, Lieferungen oder Angebote ihrer Abnehmerin auf dem [X.] Markt für möglich hielt, reicht für die Begründung einer Überprü-fungspflicht ebenfalls nicht aus.
Mangels konkreter Anhaltspunkte konnte die Beklagte zu einer solchen Einschätzung allenfalls aufgrund der abstrakten Möglichkeit einer Belieferung des [X.] Markts gelangen. Eine solche Möglichkeit kann auch dann nicht zu
einer Überprüfungspflicht
führen, wenn sie dem Lieferanten bekannt ist und dieser mangels näherer Kenntnisse nicht sicher ausschließen kann, dass sein Abnehmer davon Gebrauch macht.
(4)
Aus dem von der Revision aufgezeigten
Vorbringen der Klägerin in zweiter Instanz ergeben sich aber konkrete Anhaltpunkte für eine erhebliche Diskrepanz zwischen der Anzahl der von der [X.] nach [X.] ge-68
69
70
71
72
-
22
-
lieferten und der Gesamtzahl der von ihr stammenden und auf den [X.] Markt gelangten Reparatursets.
Die Klägerin hat in zweiter Instanz vorgetragen, die Beklagte habe in einem
Verfahren zur Zwangsvollstreckung aus dem erstinstanzlichen Urteil an-gegeben, angegriffene Ausführungsformen nur in geringfügigem Umfang
nach [X.]
und ansonsten nur an Dritte
im Ausland geliefert zu haben. [X.] hat sie auf erstinstanzlichen Vortrag der [X.] Bezug genommen, wonach eine auch nur kurzzeitige Vollstreckung eines Unterlassungstitels gra-vierende wirtschaftliche Folgen für sie habe, weil sie
zahlreiche Automobilher-steller mit den streitgegenständlichen Vorrichtungen beliefere und deshalb er-hebliche Konsequenzen drohten, wenn sie den [X.] Markt auch nur vo-rübergehend nicht beliefern könne. Wenn beide Angaben zutreffen, ergibt
sich daraus die Schlussfolgerung, dass Dritte, die die Beklagte im Ausland beliefert hat, die angegriffenen Erzeugnisse in erheblichem Umfang auf dem [X.] Markt vertreiben
und
der [X.] im Hinblick auf die von ihr geltend gemach-ten wirtschaftlichen Folgen eines Unterlassungstitels nicht
verborgen geblieben ist. Folglich ließe sich das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte für eine Weiterlie-ferung nach [X.] kaum verneinen.
III.
Der Rechtsstreit ist nicht zur
Endentscheidung reif.
1.
Mangels diesbezüglicher
tatbestandlicher Feststellungen des [X.] kann der Senat nicht beurteilen, ob die Beklagte den von der Klä-gerin aufgegriffenen Vortrag modifiziert oder ergänzt hat. Zudem hatte die [X.] angesichts des abweichenden rechtlichen Ansatzes des Berufungsge-richts bislang keinen Anlass, zu der Frage, inwieweit sich aus ihrem Vorbringen konkrete Anhaltspunkte für eine Weiterlieferung nach [X.] ergeben, näher Stellung zu nehmen.

73
74
75
-
23
-
Im wieder eröffneten Berufungsverfahren wird das Berufungsgericht der [X.] deshalb Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben und sodann zu entscheiden haben, ob für sie konkrete Anhaltspunkte für eine Weiterliefe-rung ihrer Abnehmer auf den [X.] Markt erkennbar waren.
2.
Sofern das Berufungsgericht
diese Frage bejaht, wird es ferner zu prüfen haben, ob es bereits zu einer Verletzungshandlung durch im Ausland ansässige Abnehmer der [X.] gekommen ist oder ob insoweit zumindest Erstbegehungsgefahr im Sinne von §
139 Abs.
1 Satz
2 [X.] besteht.
Wegen pflichtwidriger und schuldhafter
Ermöglichung oder Förderung einer
fremden Patentverletzung ist zwar auch derjenige verantwortlich, dessen eigene Handlungen
für sich gesehen keine Patentverletzung darstellen. Solche Handlungen können Ansprüche aus §§
139
ff. [X.] aber nur dann begründen, wenn es zu einer Patentverletzung durch den [X.] gekommen ist oder wenn zumindest Erstbegehungsgefahr besteht ([X.], Urteil vom 30.
April 1964

Ia
ZR
224/63, [X.], 496, 497 -
Formsand
II). Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Handlungen des Lieferanten den Tatbestand der mittelbaren Patentverletzung im Sinne von §
10 [X.]
erfüllen, der als eigener Gefähr-dungstatbestand ausgestaltet ist und deshalb eine bereits begangene oder dro-hende unmittelbare Patentverletzung nicht voraussetzt ([X.], Urteil vom 3.
Juni 2004 -
X
ZR
82/03, [X.]Z 159, 221, 231
f. = GRUR 2004, 845, 848 -
Drehzahl-ermittlung; Urteil vom 7.
Juni 2005 -
X
ZR
247/02, [X.], 848, 852 -
An-triebsscheibenaufzug; Urteil vom 13.
Juni 2006 -
X
ZR
153/03, [X.]Z 168, 124
= [X.], 839 Rn.
23 -
Deckenheizung).
Eine mittelbare Patentverletzung im Sinne von §
10 [X.] lässt sich dem Vorbringen der Klägerin im Streitfall nicht entnehmen. Ihr können Ansprüche wegen Lieferungen an Abnehmer im Ausland deshalb nur dann zustehen, wenn solche
Lieferungen zu einer Patentverletzung geführt haben oder die Gefahr einer
erstmaligen Verletzung begründen. Eine solche Gefahr kann sich im Ein-76
77
78
79
-
24
-
zelfall auch aus den Umständen ergeben, die die Prüfungspflicht des Lieferan-ten begründen. Ob sie zu bejahen ist, bedarf der tatrichterlichen Beurteilung.
3.
Das Berufungsgericht wird ferner zu berücksichtigten haben, dass eine pflichtwidrige und schuldhafte Förderung oder Ermöglichung einer fremden Patentverletzung nicht ohne weiteres einen
uneingeschränkten Anspruch auf Unterlassung von Handlungen begründet, die für sich gesehen noch keine Pa-tentverletzung darstellen.
Ähnlich wie im Falle einer mittelbaren Patentverletzung
durch Lieferung auch patentfrei verwendbarer Mittel
(dazu [X.], Urteil
vom 13.
Juni 2006

X
ZR
153/03, [X.]Z 168, 124 = [X.], 839 Rn.
27 -
Deckenheizung) ist aufgrund einer tatrichterlichen Abwägung im Einzelfall zu entscheiden, welche Maßnahmen dem Verpflichteten zumutbar sind, um Patentverletzungen durch seine Abnehmer zu vermeiden ([X.], Urteil vom 8.
November 1960

I
ZR
67/59, GRUR 1961, 627, 628 -
Metallspritzverfahren; Urteil vom 30.
April 1964 -
Ia
ZR
224/63, [X.], 496, 497 -
Formsand
II). Für die Beurteilung dieser Frage kann auch von Bedeutung sein, in welchem Umfang es bereits zu Verletzungshandlungen durch die Abnehmer gekommen ist, welchen Kenntnis-stand die Abnehmer haben,
wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie sich bewusst der Gefahr einer Inanspruchnahme wegen Patentverletzung durch Weiterlieferung der von der [X.] bezogenen Erzeugnisse aussetzen, und welche anderen rechtlichen Möglichkeiten der Berechtigte hat, gegen die [X.] Handlungen des Abnehmers vorzugehen.
Das Berufungsgericht wird den Parteien
gegebenenfalls Gelegenheit zu ergänzendem Vorbringen zu diesem Punkt zu geben und erforderlichenfalls auf die Stellung sachdienlicher Klageanträge hinzuwirken haben.

80
81
82
-
25
-
4.
Sofern es bereits zu Verletzungshandlungen gekommen ist, wird das Berufungsgericht auch die Schadensersatzpflicht der [X.] festzustellen und diese zur Rechnungslegung über Lieferungen an diejenigen Abnehmer zu verurteilen haben, die diese Verletzungshandlungen begangen haben.
a)
Ebenso wie im Falle einer mittelbaren Patentverletzung (dazu [X.], Urteil vom 9.
Januar 2007 -
X
ZR
173/02, [X.]Z 170, 338 = GRUR 2007, 679 Rn.
46 -
Haubenstretchautomat) ist der Anspruch auf Rechnungslegung nicht auf solche Lieferungen beschränkt, die zu einer Patentverletzung durch den Abnehmer geführt haben. Sofern ein Abnehmer zumindest eine Verletzungs-handlung begangen hat, ist die Beklagte vielmehr grundsätzlich verpflichtet, über alle Lieferungen an diesen Auskunft zu geben und Rechnung zu legen, damit die Klägerin sich darüber Gewissheit verschaffen kann, ob die Lieferung tatsächlich zu einer Benutzung der Erfindung im Inland und damit zu einem er-satzpflichtigen Schaden geführt hat.
b)
Dem steht nicht entgegen, dass Lieferungen, die nicht zu einer [X.] ins Inland geführt haben, keine Patentverletzung darstellen.

Die Pflicht zu Auskunft und Rechnungslegung ist nicht auf patentverlet-zende Handlungen beschränkt. Ihr Umfang bestimmt sich vielmehr danach, welche Informationen der Berechtigte zur Berechnung des ihm entstandenen Schadens benötigt und welche Informationen der Verletzer ohne unzumutbare Belastung erteilen kann.
In der im Streitfall zu beurteilenden Konstellation gehören dazu auch In-formationen zu nicht patentverletzenden Lieferungen. Ähnlich wie im Falle einer mittelbaren Patentverletzung wird der Berechtigte in dieser Lage nur aufgrund einer vollständigen Übersicht über alle Lieferungen an die betreffenden Abneh-mer in die Lage versetzt, den ihm durch dadurch ermöglichte [X.] entstandenen Schaden zu berechnen. Dem Lieferanten, der die Patentver-83
84
85
86
87
-
26
-
letzungen durch pflichtwidrige Belieferung bestimmter Abnehmer ermöglicht hat, ist es in dieser Situation regelmäßig zumutbar, über den gesamten Umfang der Lieferungen an diese Abnehmer Rechenschaft zu geben.
Meier-Beck
[X.]
[X.]

[X.]
Kober-Dehm
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 10.12.2013 -
2 O 180/12 -

OLG [X.], Entscheidung vom 07.10.2015 -
6 U 7/14 -

Meta

X ZR 120/15

16.05.2017

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.05.2017, Az. X ZR 120/15 (REWIS RS 2017, 10895)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 10895

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

X ZR 120/15 (Bundesgerichtshof)

Patentverletzungsverfahren: Gerichtliche Belehrungspflicht über Anschlussberufung bei Fristsetzung zur Berufungserwiderung; kumulative Geltendmachung von Ansprüchen auf Rückruf …


15 U 42/20 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


2 U 63/19 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


20 W 26/18 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


X ZR 53/04 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

X ZR 120/15

6 U 7/14

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.