Bundespatentgericht, Beschluss vom 03.08.2020, Az. 26 W (pat) 503/20

26. Senat | REWIS RS 2020, 155

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Ginberry" – Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2019 004 637.0

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] am 3. August 2020 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie [X.] von [X.] und Schödel

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Wortzeichen

2

[X.][X.]

3

ist am 26. Februar 2019 unter der Nummer 30 2019 004 637.0 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für Waren der Klassen 30, 32 und 33 angemeldet worden.

4

Mit Beschluss vom 12. November 2019 hat die Markenstelle für Klasse 33 des [X.] die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] teilweise zurückgewiesen, nämlich für die Waren der

5

Klasse 30: Pralinen mit und ohne Füllung;

6

Klasse 33: Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere).

7

Zur Begründung hat sie ausgeführt, die angemeldete englischsprachige Wortkombination, bestehend aus der Bezeichnung „[X.]“ für eine meist farblose Spirituose mit Wacholder ([X.]) und „[X.]“ für Beere, lasse sich insgesamt übersetzen mit „[X.]“ oder „[X.] mit Beeren“. Die allgemeinen [X.] würden darunter mit Beerenobstbestandteilen, -auszügen oder -geschmacksstoffen versehene alkoholische Getränke bzw. Pralinen mit einer entsprechenden alkoholischen Füllung verstehen. Diese eindeutige Sachaussage über Art und Beschaffenheit der zurückgewiesenen Waren, die analog zu den bekannten alkoholischen Getränken „[X.]“ oder „[X.]Tonic“ sprachüblich gebildet sei, weise nicht die notwendige Unterscheidungskraft auf.

8

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie vertritt die Ansicht, das Anmeldezeichen sei eine ungewöhnliche und interpretationsbedürftige Wortneuschöpfung, weil es allenfalls mit „[X.]beere“ zu übersetzen sei, die es nicht gebe. Als vager, mehrdeutiger und phantasievoller Begriff für Verbraucher ohne [X.] Sprachkenntnisse sei es daher nicht warenbeschreibend. Eine Sachaussage habe die Markenstelle lediglich in mehreren Gedankenschritten ermittelt, was unzulässig sei. Die beanspruchte Wortkombination weise genauso wie „[X.]“ ([X.] [X.], 1145), „[X.]“ ([X.]), „[X.]“ (30 W (pat) 66/16), „[X.]“ (30 W (pat) 512/12) und „[X.]fit“ (25 W (pat) 94/12) eine der Struktur nach ungewöhnliche Verbindung auf, die zudem kein bekannter Ausdruck der [X.]n Sprache sei. Ferner sei die Unionswortmarke „[X.]“ (002 784 791) im Jahre 2004 eingetragen worden.

9

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 33 des [X.] vom 12. November 2019 aufzuheben.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 22. Juni 2020 ist die Beschwerdeführerin unter Beifügung von [X.] ([X.] 1 bis 5, [X.]. 21 – 119R GA) darauf hingewiesen worden, dass das angemeldete Wortzeichen nicht für schutzfähig erachtet werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die nach §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 [X.] statthafte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

1. Der Eintragung des angemeldeten [X.] „[X.][X.]“ als Marke steht in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren das absolute Schutzhindernis der Freihaltebedürftigkeit gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegen. Die Markenstelle hat dem Anmeldezeichen daher im Ergebnis zu Recht die Eintragung versagt (§ 37 Abs. 1 [X.]).

a) Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der [X.] oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Mit diesem Schutzhindernis wird das im Allgemeininteresse liegende Ziel verfolgt, dass Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von allen Wirtschaftsteilnehmern frei verwendet werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden ([X.] GRUR 2011, 1035 [X.]. 37 – 1000; [X.], 186 [X.]. 38 – [X.]). Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] erfordert keinen weiteren Nachweis, dass und in welchem Umfang das fragliche Zeichen bereits im Verkehr bekannt ist oder bereits tatsächlich zur Beschreibung der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen verwendet wird. Vielmehr genügt es, dass es zu diesen Zwecken verwendet werden kann (vgl. [X.] GRUR 1999, 723 [X.]. 30 – [X.]; [X.], 146 [X.]. 32 – [X.], [X.], 674 [X.]. 98 – Postkantoor; GRUR 2010, 534 – [X.]). Dies ist bei einem Wortzeichen dann der Fall, wenn es ein oder mehrere Merkmale der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet ([X.] a. a. O. – [X.]).

Für die Beurteilung der Eignung eines Zeichens als beschreibende Angabe ist auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers als maßgebliche Verkehrskreise zum Anmeldezeitpunkt abzustellen (vgl. [X.] GRUR 2006, 411 [X.]. 24 – Matratzen Concord/[X.]; [X.], 682 [X.]. 23 - 25 – [X.]; GRUR 1999, 723 [X.]. 29 – [X.]).

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen besteht das angemeldete Wortzeichen „[X.][X.]“ ausschließlich aus einer zur unmittelbaren Beschreibung der versagten Waren der Klassen 30 und 33 geeigneten Angabe.

aa) Von den beschwerdegegenständlichen Produkten werden sowohl der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher als auch der Lebensmittel-, Süßwaren- und Getränkefachhandel sowie der Gastronomiefachverkehr angesprochen.

bb) Das Anmeldezeichen setzt sich aus den [X.]n Wörtern „[X.]“ und „[X.]“ zusammen.

aaa) Das in die [X.] eingegangene Substantiv „[X.]“ ist die [X.] Kurzform für das [X.] Vorläufergetränk „Genever“, das vom [X.] Wort „genévrier“ für Wacholder abstammt. Es bedeutet „wasserklarer [X.]r [X.]“ und ist Hauptbestandteil vieler Cocktails wie „[X.]“ oder „Negroni“ und des Longdrinks „[X.] Tonic“ ((https://www.duden.de/rechtschreibung/[X.]; https://www.duden.de/rechtschreibung/Genever; https://de.wiki[X.]a.org/wiki/[X.]; vgl. auch BPatG 27 W (pat) 536/18 – [X.]). Der [X.] für die Herstellung von [X.] wird aus beliebigen kohlenhydrathaltigen Ausgangsstoffen gebrannt, meist Getreide oder Melasse. [X.] erhält seinen charakteristischen Geschmack aus der Aromatisierung mit Gewürzen, darunter vor allem Wacholderbeeren und Koriander (https://de.wiki[X.]a.org/wiki/[X.]).

bbb) Das Hauptwort „[X.]“ wird mit „Beere“ übersetzt und gehört zum [X.]n Grundwortschatz [X.], Grund- und Aufbauwortschatz [X.], 2. Aufl. 1977, S. 22). Es wird aber auch im inländischen Sprachgebrauch bei Frucht- und Geschmacksangaben wie z. B. „straw[X.]“ (Erdbeere), „rasp[X.]“ (Himbeere), „blue[X.]“ ([X.]aubeere) und „cran[X.]“ (Moosbeere) zunehmend statt des [X.] Begriffs verwendet. Das Verständnis des [X.] von „[X.]“ wird zudem dadurch erleichtert, dass der Begriff in der [X.] „b - e – r“ erhebliche klangliche Annäherungen an das [X.] Wort „Beere“ aufweist. Es kann deshalb davon ausgegangen werden, dass „[X.]“ von weiten Teilen des Verkehrs ohne weiteres verstanden wird (vgl. BPatG 25 W (pat) 194/09 – [X.]; 25 W (pat) 77/09 – Berry Dessert).

cc) In seiner Gesamtheit ist das Anmeldezeichen von den angesprochenen Verkehrskreisen schon zum Anmeldezeitpunkt, dem 26. Februar 2019, als „[X.] mit Beere(n)(aroma)“ oder als „[X.]beere“ im Sinne von „(Wacholder-)Beere für den [X.]“ oder „in [X.] eingelegte Beere“ verstanden worden.

aaa) [X.] und Beeren verschiedener Sorten sind vor allem in [X.] häufige Zutaten, aber auch fertigen mit Beeren oder Beerenaroma angereicherten [X.] kann man käuflich erwerben, wie die später dargestellten [X.]recherchen belegen, so dass die beanspruchte Wortverbindung „[X.][X.]“ im Sinne von „[X.] mit Beere(n)(aroma)“ aufgefasst werden kann.

bbb) Es trifft zwar zu, dass es keine „[X.]beere“ als Fruchtbezeichnung gibt und die [X.] Übersetzung des Begriffs „Wacholderbeere“ „juniper [X.]“ lautet, aber zumindest den angesprochenen Fachkreisen, deren Verständnis allein ausschlaggebend sein kann ([X.] GRUR 2006, 411 [X.]. 24 – Matratzen Concord/[X.]; [X.], 682 [X.]. 26 – [X.]; [X.] W (pat) 507/17 – [X.]; 24 W (pat) 18/13 – [X.]; 26 W (pat) 550/10 – Responsible Furniture; [X.] 2007, 527, 529 f. – [X.]), ist bekannt, dass [X.] seinen Namen und seinen charakteristischen Geschmack vor allem aus der Aromatisierung mit Wacholderbeeren ableitet. Er wird daher den Gesamtbegriff „[X.]beere“ dahingehend verstehen, dass es sich um die maßgebliche „Beere für den [X.]“, also die Wacholderbeere, handelt.

ccc) Ferner ist es üblich, Beerenfrüchte, wie z. B. Preiselbeeren, Apfelbeeren (Aronia), Krähenbeeren und Brombeeren, in [X.] einzulegen, weil dieser wie Doppelkorn oder Wodka den Geschmack der Früchte relativ unverändert lässt ([X.]; https://www.ginladen.de/beeren-und-fruechte; https://www.gartenjournal.net/fruechte-in-alkohol-einlegen), so dass die Bezeichnung „[X.]beere“ nur zum Ausdruck bringt, dass diese Beere in [X.] eingelegt wurde.

dd) Damit hat sich das Anmeldezeichen bereits vor dem Anmeldetag in einer schlagwortartigen Sachaussage über Art und Beschaffenheit der zurückgewiesenen Waren erschöpft.

aaa) Bei den Waren der Klasse 30 „Pralinen mit und ohne Füllung“ gibt die angemeldete Wortverbindung „[X.][X.]“ an, dass die Pralinen oder deren Füllung Wacholderbeeren, mit [X.] getränkte Beeren oder [X.] mit Beerenzusatz bzw. entsprechende Aromastoffe enthalten. Schon lange vor dem Anmeldezeitpunkt, dem 26. Februar 2019, sind Pralinen mit Beeren oder anderen Früchten zusammen mit [X.] hergestellt worden, wie eine [X.] ergeben hat:

- Pralinen mit Brombeer und [X.], die alle begeistern… Von [X.] gibt es heute ein Rezept für Pralinen mit Brombeer und [X.]. … (https://zartbitter-undzuckersuess.de/pralinen-mit-brombeer-und-gin/ mit Kommentar vom 21. November 2017, s. [X.] 4 zum gerichtlichen Hinweis);

- [X.]-Limetten-Trüffel ([X.]/, 22. März 2018);

- [X.]: [X.] and lemon truffles (https://www.dailymail.co.uk/femail/food/article-5105181/Bake-perfect-Christmas-[X.]lemon-truffles.html, 24. November 2017).

bbb) In Bezug auf die zurückgewiesenen Produkte der Klasse 33 „Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)“ weist das Anmeldezeichen darauf hin, dass diese mit Wacholderbeeren angereichert oder aromatisiert worden sind oder neben [X.] auch noch andere Beeren(-aromen) enthalten. Schon vor dem Anmeldetag sind Cocktails unter der Bezeichnung „[X.] Berry“ angeboten worden, die u. a. aus [X.] und beliebigen Beeren, [X.] und Wacholderbeeren, [X.] und Pfefferbeeren, [X.] und Brombeeren sowie Heidelbeeren sowie [X.] und Sirup aus schwarzen Johannisbeeren bestanden (s. [X.] 6 zum gerichtlichen Hinweis):

- „Hattgekocht – [X.] KLEINE COCKTAIL SCHULE … habe ich hier die Rezepte … [X.] Berry mit Roten Pfefferbeeren und [X.] (Foodblog vom 18. Januar 2017);

- „Mit einem neuen Cocktail 2018 eröffnete das Team erfolgreich das Jahr. [X.] Berry war geboren.“;

- „Geselligkeit im Hinterhof … Die Speise- und Getränkekarte bietet immer mal wieder etwas Neues, diesmal den Cocktail „[X.] Berry“. ([X.] [X.], 7. August 2017);

- „[X.] Berry Fizz“ ([X.] doppelt-gerettet/, 25. Juli 2015);

- „[X.] Berry Cocktail“

(https://www.apollo- remerhaven.com/files/seiteninhalt/download/apollo-menues-preise.pdf, März 2019);

- „[X.] Berry“ (https://www.mycactus.lu/en/gin-[X.]-recipe/, 22. September 2018);

- „[X.]-[X.]“ (https://rezepte.lemenu.ch/recipes/LM201809_64_A/gin-[X.]?locale=fr, 2018);

- „[X.] Berry Cobbler“ (www.edinburghfoody.com/2015/02/06/cocktail-masterclass-at-all-bar- one/, 6. Februar 2015);

- „[X.] Berry Bramble“ (https://provenderbrown.co.uk/blogs/news/eden-mill-mixology- cocktails-ready-to-pour-treats, 30. Mai 2017).

Darüber hinaus ist auch schon vor dem Anmeldezeitpunkt die u. a. mit saftigen (roten) Beeren angereicherte Spirituose „[X.]“ als „[X.] Premium Berry“ oder „[X.] [X.]“ unmittelbar beschrieben worden (s. [X.] 1 zum gerichtlichen Hinweis):

- „Kinross [X.] Berry 0,7l … Kinross Premium Berry [X.] … Nicht nur optisch, sondern auch geschmacklich überzeugt dieser Premium [X.], der neben klassischen [X.]-Ingredenzien wie Wacholder und Koriander vor allem mit saftigen Beeren angereichert wurde …“ (Im Angebot von [X.] seit 28. Januar 2014);

- „Dreyberg [X.] [X.] – 40 % (1 x 0,7 l)“ (Im Angebot von [X.] seit 15. Januar 2016).

ccc) Da die Eignung zur Beschreibung festgestellt worden ist, bedarf es für die Begründung des [X.] wegen eines bestehenden Freihaltebedürfnisses keines weiteren lexikalischen oder sonstigen Nachweises, dass und in welchem Umfang das angemeldete Wortzeichen als beschreibende Angabe bereits vor dem Anmeldezeitpunkt bekannt oder verwendet wurde. Es genügt, wie sich schon aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] ergibt, dass das Zeichen diesem Zweck dienen kann.

ee) Soweit das Anmeldezeichen offen lässt, ob die zurückgewiesenen Waren Wacholderbeeren, mit [X.] getränkte Beeren oder [X.] mit Beere(n) bzw. mit entsprechenden Aromastoffen enthalten, vermag dies nichts an der Eignung zur Merkmalsbeschreibung zu ändern. Denn die Annahme einer beschreibenden Bedeutung setzt nicht voraus, dass die Bezeichnung feste begriffliche Konturen erlangt und sich damit eine einhellige Auffassung zum Sinngehalt herausgebildet hat. Von einem beschreibenden Begriff kann vielmehr auch dann auszugehen sein, wenn das Zeichenwort verschiedene Bedeutungen hat, sein Inhalt vage und nicht klar umrissen ist oder nur eine der möglichen Bedeutungen die Waren oder Dienstleistungen beschreibt ([X.] a. a. O. – [X.]; [X.], 680 [X.]. 38 - 42 – [X.]; [X.] 2014, 872 [X.]. 25 – [X.]; GRUR 2014, 569 [X.]. 18 – [X.]; GRUR 2013, 522 [X.]. 13 – [X.] schönste Seiten).

ff) Auch wenn es sich bei dem Anmeldezeichen um eine Wortneuschöpfung handelt, fehlt es an einer ungewöhnlichen Änderung, die hinreichend weit von der unmittelbar beschreibenden Angabe wegführt.

aaa) Wie die [X.] zeigen, hat sich schon vor dem Anmeldezeitpunkt die Wortkombination „[X.] Berry“ zur Bezeichnung des entsprechenden Cocktails oder der entsprechenden Spirituose etabliert. Ferner ist der angesprochene Verkehr seit langen daran gewöhnt, dass insbesondere [X.] Getränke- und Cocktailnamen aus vorangestellter Bezeichnung der Basisspirituose und nachgestellter weiterer Zutat oder Geschmacksrichtung bestehen, wie die [X.] gezeigt hat (s. [X.] 3 zum gerichtlichen Hinweis):

- „[X.] Sour“ (https://www.gintlemen.com/gin-sour/, 22. Oktober 2017);

- „[X.] Tonic galt als der Lieblingsdrink der [X.] (1900–2002). (https://de.wiki[X.]a.org/wiki/[X.]_Tonic);

- „[X.]“ ([X.], 7. Dezember 2017);

- „Wodka Energy“

(https://de.wiki[X.]a.org/w/index.php?title=Wodka_Energy&oldid=

180881290,

13. September 2018)

- „Wodka Lemon“ (http://www.cocktaildreams.de/cooldrinks/showrecipe.php?howcomments=on, 20. März 2008);

- „[X.]“ (https://www.jetzt.de/alkolumne/alkolumne-ein-plaedoyer-fuer-den-wodkasoda,13. Mai 2017)

- „Rum Cola“ (https://www.best-bottles.de/?s=rum+cola, 27. Dezember 2015).

bbb) Auch die der [X.]n Rechtschreibung zuwiderlaufende Zusammenschreibung der beanspruchten Wortkombination „[X.][X.]“ stellt keine der Struktur nach ungewöhnliche Veränderung dar. Vielmehr handelt es sich um eine Orthografieabweichung oder eine Abwandlung, die in der Werbung üblich ist (BPatG 25 W (pat) 2/16 – findwhatyoulike; 26 W (pat) 122/09 – mykaraokeradio; 29 W (pat) 104/13 – edatasystems; 33 W (pat) 511/13 – [X.]; 26 W (pat) 3/15 – dateformore). Die angesprochenen Verkehrskreise sind mit der zäsurlosen Aneinanderreihung von Wörtern schon aufgrund der Domainnamen im [X.] vertraut, bei denen Leerzeichen unzulässig und Binnengroßschreibung unüblich sind.

ccc) Ein merklicher Unterschied zwischen der Wortverbindung „[X.][X.]“ in ihrer Gesamtheit und der bloßen Summe ihrer warenbeschreibenden Bestandteile „[X.]“ und „[X.]“ besteht nicht. Vielmehr geht der durch die Verbindung bewirkte Gesamteindruck über die bloße Aneinanderreihung beschreibender Begriffe nicht hinaus und erschöpft sich in deren bloßer Summenwirkung.

2. Da schon das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] vorliegt, kann es dahinstehen, ob dem angemeldeten Wortzeichen darüber hinaus gemäß § 8 Ab. 2 Nr. 1 [X.] die Unterscheidungskraft für die in Rede stehenden Waren fehlt.

3. Schließlich rechtfertigen weder die von der Beschwerdeführerin angeführten Entscheidungen noch die Voreintragungen eine andere Beurteilung.

a) Zunächst ist zu berücksichtigen, dass sich die Wortmarke „[X.]“ im Gegensatz zum vorliegenden Anmeldezeichen durch die grammatikalisch unkorrekte Nachstellung des Adjektivs unterscheidet. Soweit in der Entscheidung des [X.] zu „[X.]“ ([X.], 1145) „eine übliche Art und Weise“ einer Beschreibung der Waren und/oder Dienstleistungen als Voraussetzung für ein Eintragungsverbot verlangt worden ist, ist diese Rechtsprechung seit langem ausdrücklich aufgegeben worden (vgl. [X.] GRUR 2011, 1035 [X.]. 40 – 1000; so auch BPatG 25 W (pat) 593/12 – [X.] [X.]; 30 W (pat) 23/05 – [X.]). Schon in den dem [X.]-Urteil nachfolgenden Entscheidungen des [X.] sind deutlich höhere Anforderungen an die Eintragungsfähigkeit von [X.] gestellt worden, nämlich ein merklicher Unterschied zu der bloßen Zusammenfügung beschreibender Bestandteile ([X.] a. a. O. – [X.]; a. a. O. – Postkantoor; a. a. O. – [X.]). Diesen Anforderungen wird das vorliegend Wortzeichen, wie bereits dargelegt, nicht gerecht.

b) Die „[X.]“ Entscheidung des [X.] ([X.]/99) vom 31. Januar 2001 ist mit Urteil des [X.] vom 23. Oktober 2003 aufgehoben worden ([X.], 146).

c) Die [X.] zu „[X.]“ (30 W pat 066/16), „[X.]“ (30 W pat 512/12) und „[X.]fit“ (25 W pat 94/12) sind schon deshalb nicht übertragbar, weil vorliegend sowohl die Einzelbestandteile des angemeldeten [X.] als auch die Kombination eindeutig warenbeschreibende Begriffe sind, während schon Einzelelemente der Wortmarken [X.]“, „[X.]“ und „[X.]fit“ und erst recht deren Verbindung interpretationsbedürftig sind. Sowohl die Begriffe „flux“ als auch „[X.]“ verfügen über mehrere unterschiedliche Bedeutungen und bei „[X.]“ konnte gar kein klarer Sinngehalt ermittelt werden. Auch in der Gesamtbetrachtung stellten sie eine ungewöhnliche Wortneuschöpfung dar.

c) Die am 29. September 2004 für Waren der Klasse 29 „Pflanzenpräparate und Pflanzenextrakte zur Verwendung als diätetische Ergänzungsstoffe“ eingetragene Unionswortmarke „[X.]“ (002 784 791) ist nicht vergleichbar, weil sie sich auf gänzlich andere Produkte ohne Bezug zur Spirituose „[X.]“ bezieht, und die botanische Bezeichnung für Wacholderbeere „juniper [X.]“ und nicht „[X.][X.]“ lautet. Im Übrigen sind die im Ausland, in einem anderen Mitgliedstaat der [X.] auf der Grundlage des harmonisierten Markenrechts oder vom Amt der [X.] für geistiges Eigentum ([X.]) aufgrund der Unionsmarkenverordnung getroffenen Entscheidungen über absolute Eintragungshindernisse für Verfahren in anderen Mitgliedstaaten unverbindlich ([X.] [X.], 428 [X.]. 63 – [X.]; [X.], 674 [X.]. 43 f. – Postkantoor). Sie vermögen nicht einmal eine Indizwirkung zu entfalten ([X.] a. a. O. [X.]. 30 – [X.]; [X.], 778 [X.]. 18 – [X.]).

Meta

26 W (pat) 503/20

03.08.2020

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 03.08.2020, Az. 26 W (pat) 503/20 (REWIS RS 2020, 155)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 155

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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