Bundespatentgericht, Beschluss vom 01.02.2022, Az. 28 W (pat) 541/20

28. Senat | REWIS RS 2022, 1594

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Gegenstand

Markenbeschwerdesache – "PEKING (Wort-/Bildzeichen)" - Freihaltebedürftigkeit – eingeschränktes Waren- und Dienstleistungsverzeichnis – geografische Herkunftsangabe


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2019 115 158.5

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] am 1.  Februar 2022 unter Mitwirkung [X.], der Richterin [X.] sowie der Richterin kraft Auftrags Berner

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

[X.]as [X.] (gold, schwarz, rot, weiß)

Abbildung

2

ist am 21. November 2019 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für die nachfolgenden Waren und [X.]ienstleistungen angemeldet worden:

3

Klasse 8: Messerschmiedewaren; Taschenmesser mit Mehrzweckfunktionen; Essbesteck;

4

[X.]: Aufgezeichnete und herunterladbare Medien, Computersoftware, leere digitale oder analoge Aufzeichnungs- und Speichermedien;

5

Klasse 16: Papier- und Pappwaren, nämlich Poster, Plakate, Schilder; [X.]; Fotografien; Schreibwaren; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate);

6

Klasse 21: [X.]eräte und Behälter für Haushalt und Küche; Kochgeschirr und Tafelgeschirr, ausgenommen Messer, [X.]abeln und Löffel; [X.]laswaren, Porzellan und Steingut;

7

Klasse 25: [X.] für [X.], Herren und Kinder, insbesondere Krawatten, Halstücher, Mützen, Schirmmützen, T-Shirts, Pullover, Outdoorjacken, Fleecejacken, Windjacken und Regenjacken;

8

Klasse 28: Spiele; Spielwaren und Spielzeug; Miniaturen zum Spielen; Schiffe [maßstabsgetreue Modelle];

9

Klasse 30: Kaffee, Tee, Kakao und Kaffee-Ersatzmittel; [X.]ewürze;

Klasse 33: Alkoholische [X.]etränke, insbesondere [X.]in und Rum;

[X.]: Sportliche und kulturelle Aktivitäten; Unterhaltung; Organisation und Veranstaltung von Ausstellungen für Bildungszwecke.

[X.]ie Anmeldung wird beim [X.] unter der Nummer 30 2019 115 158.5 geführt.

[X.]ie Markenstelle für [X.] des [X.] hat die Anmeldung mit Beschluss vom 23. April 2020 durch eine Beamtin des gehobenen [X.]ienstes wegen fehlender Unterscheidungskraft und eines bestehenden Freihaltebedürfnisses gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] zurückgewiesen. Zur Begründung hat §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass sich das Anmeldezeichen als geografische Herkunftsbezeichnung für die beanspruchten Waren eigne. [X.]ie Industrie- und [X.]ewerbestruktur der Stadt und Region [X.] lasse es möglich erscheinen, dass sich Mitbewerber einschlägiger Branchen dort bereits angesiedelt hätten oder zukünftig ansiedelten. In und um [X.] existierten bereits Herstellungs- oder [X.] aus dem vorliegend relevanten Warensektor wie beispielsweise elektrotechnische und elektronische, Textil-, Nahrungsmittel- und Papierindustrie sowie Betriebe zur handwerklichen Produktion von Porzellan oder Kupfergeschirr. [X.]as Anmeldezeichen habe vor diesem Hintergrund für die beanspruchten Waren bereits zum Anmeldezeitpunkt eine geografische Angabe dargestellt, die von den Mitbewerbern des Anmelders zur freien Bezeichnung des Herstellungs- und Ursprungsortes ihrer Waren benötigten. Für die beanspruchten inhaltsbezogenen Waren wie "Papier- und Pappwaren, nämlich Poster, Plakate, Schilder; [X.]; Fotografien; Lehr- und Unterrichtsmittel" sowie die beanspruchten [X.]ienstleistungen der [X.] sei das Anmeldezeichen zudem geeignet, auf den möglichen Inhalt, das Thema und den [X.]egenstand dieser Waren und [X.]ienstleistungen beschreibend hinzuweisen. Auch die grafische [X.]estaltung des in Rede stehenden Zeichens sei nicht geeignet, dessen Schutzfähigkeit zu begründen. An den bildlichen Überschuss seien umso höhere Anforderungen zu stellen, je deutlicher der beschreibende Charakter des angemeldeten Zeichens selbst hervortrete. [X.]iese Anforderungen erfülle das Anmeldezeichen nicht. [X.]a sich das Anmeldezeichen in einer geografischen Angabe erschöpfe, mangele es ihm auch an jeglicher Unterscheidungskraft.

Hiergegen wendet sich der Anmelder mit seiner Beschwerde, mit der er sinngemäß beantragt,

den Beschluss der Markenstelle für [X.] des [X.] vom 23. April 2020 aufzuheben.

Zur Begründung führt er aus, der Verkehr werde, sofern ihm das angemeldete Zeichen auf einem T-Shirt oder einer Tasse begegne, nicht annehmen, dass diese Waren aus [X.] stammten. [X.]ies gelte selbst dann, wenn dem Verkehr bekannt wäre, dass in der [X.] eine Vielzahl von Waren produziert werde. Es könne nicht angenommen werden, dass [X.] für die beanspruchten Waren und [X.]ienstleistungen gegenüber anderen Regionen der [X.] eine hervorgehobene Stellung habe. [X.]er [X.]roßraum [X.] sei zudem nicht für eine besondere Qualität von Produkten aus der [X.] bekannt. Zudem sei die Prüfung der Schutzfähigkeit eines angemeldeten Zeichens nicht auf den Wortbestandteil zu beschränken. Selbst wenn das Wort "[X.]" als rein geografische Angabe freihaltebedürftig sei, gelte dies nicht für die konkrete grafische Ausgestaltung des [X.]. [X.]ie Buchstaben des Wortes "[X.]" wiesen eine signifikante Schrägstellung nach links auf. [X.]ieses Stilmittel komme in [X.] Schriften selten vor. [X.]aneben sei der Buchstabe "[X.]" in dem in Rede stehenden Zeichen in einer besonderen Schrifttypografie gehalten. Auffällig seien zudem der rote und weiße Unterstrich des Zeichens. [X.]as Anmeldezeichen erhalte durch die Anordnung des Begriffes "[X.]" und die Farbgestaltung eine hinreichend ästhetische [X.]estaltung in der Art eines Logos. Wegen seiner konkreten grafischen [X.]estaltung könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass das Anmeldezeichen zugunsten der Mitbewerber einem Freihaltebedürfnis unterliege. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] unterfielen nur Zeichen dieser Norm, die ausschließlich aus beschreibenden Zeichen und Angaben bestehen. [X.]arauf, ob das Wort "[X.]" in Alleinstellung einem Freihaltebedürfnis unterliege, komme es nicht an. Zumindest seien in der Vergangenheit bereits Marken mit vergleichbarer [X.]rafik in das Register eingetragen worden.

[X.]er Senat hat dem Anmelder mit schriftlichem Hinweis vom 19. Juli 2021 (einschließlich Rechercheunterlagen als Anlagen 1 bis 4, Blatt 33 bis 60 der [X.]erichtsakte) mitgeteilt, dass die Beschwerde nach seiner vorläufigen Auffassung keine Aussicht auf Erfolg habe.

[X.]er Anmelder beschränkte daraufhin mit [X.] vom 19. Oktober 2021 hilfsweise das Waren- und [X.]ienstleistungsverzeichnis wie folgt (Änderungen/Ergänzungen vom Anmelder unterstrichen bzw. durch Streichung kenntlich gemacht):

Klasse 8: Messerschmiedewaren; Taschenmesser mit Mehrzweckfunktionen; Essbesteck;

[X.]: Aufgezeichnete und herunterladbare Medien, Computersoftware, leere digitale oder analoge Aufzeichnungs- und Speichermedien (alle Waren über Schiffe);

Klasse 16: Papier- und Pappwaren (soweit in Klasse 16 enthalten); [X.]; Fotografien; Schreibwaren; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate) (alle Waren über Schiffe);

Klasse 21: [X.]eräte und Behälter für Haushalt und Küche; Kochgeschirr und Tafelgeschirr, ausgenommen Messer, [X.]abeln und Löffel; [X.]laswaren, Porzellan und Steingut (alle Waren aus [X.]);

Klasse 25: [X.] für [X.], Herren und Kinder, insbesondere Krawatten, Halstücher, Mützen, Schirmmützen, T-Shirts, Pullover, Outdoorjacken, Fleecejacken, Windjacken und Regenjacken;

Klasse 28: Spiele; Spielwaren und Spielzeug; Miniaturen zum Spielen; Schiffe (maßstabsgetreue Modelle);

Klasse 30: Kaffee; Tee; Kakao; und Kaffee-Ersatzmittel; [X.]ewürze;

Klasse 33: Alkoholische [X.]etränke, insbesondere [X.]in und Rum;

[X.]: Sportliche und kulturelle Aktivitäten; Unterhaltung; Organisation und Veranstaltung von Ausstellungen für Bildungszwecke (alle [X.]ienstleistungen in Bezug auf Schiffe).

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

[X.]ie gemäß §§ 64 Abs. 6 Satz 1, 66 Abs. 1 [X.] statthafte Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

1. [X.]er Eintragung des angemeldeten Zeichens Abbildung

a) Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft, der [X.] oder der Erbringung der [X.]ienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder [X.]ienstleistungen dienen können. Mit diesem Schutzhindernis wird das im Allgemeininteresse liegende Ziel verfolgt, dass Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren oder [X.]ienstleistungen beschreiben, von allen Wirtschaftsteilnehmern frei verwendet werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden (vgl. Eu[X.]H [X.]RUR 2011, 1035, Rdnr. 37 - 1000; B[X.]H [X.]RUR 2017, 186, Rdnr. 38 - [X.]). Bei einer geografischen Herkunftsangabe besteht grundsätzlich eine Vermutung dafür, dass sie vom Verkehr als solche und nicht als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen wahrgenommen wird (vgl. Eu[X.]H [X.]RUR 1999, 723, Rdnr. 31 [X.]). Ob ein Zeichen oder eine Angabe beschreibend ist, bestimmt sich nach dem Verständnis der [X.], die als Abnehmer oder Interessenten der Waren oder [X.]ienstleistungen in Betracht kommen, für die die Marke geschützt ist (vgl. Eu[X.]H a. a. [X.]. 29 - [X.]; B[X.]H a. a. [X.] - [X.]; BPat[X.] 26 W (pat) 576/16 - [X.]elmeStrom).

[X.] des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] erfordert keinen weiteren Nachweis, dass und in welchem Umfang das fragliche Zeichen bereits im Verkehr bekannt ist oder bereits tatsächlich zur Beschreibung der angemeldeten Waren oder [X.]ienstleistungen verwendet wird. Vielmehr genügt es, dass es zu diesen Zwecken verwendet werden kann (vgl. Eu[X.]H a. a. [X.], Rdnr. 30 - Windsurfing [X.]; [X.]RUR 2004, 146, Rdnr. 32 - [X.]; [X.]RUR 2004, 674, Rdnr. 98 - Postkantoor; [X.]RUR 2010, 534 - [X.]). Insoweit ist im Rahmen einer realitätsbezogenen Prognose unter Berücksichtigung zukünftiger wirtschaftlicher Entwicklungen zu untersuchen, ob eine beschreibende Verwendung vernünftigerweise für die Zukunft zu erwarten ist, also bei realitätsbezogener Betrachtungsweise ernsthaft in Betracht kommt (Eu[X.]H, a. a. [X.]. 31-34 - [X.]; B[X.]H, [X.]RUR 2003, 882, 883 - Lichtenstein; BPat[X.] [X.]RUR 2009, 491, 494 f. - [X.]; [X.]RUR 2011 918, 919 - STUBEN[X.]ASSE MÜNSTER). [X.]afür kommt es darauf an, ob angesichts der objektiven [X.]esamtumstände, insbesondere der wirtschaftlichen Bedeutung des Ortes und der Infrastruktur der umliegenden Region, die Möglichkeit der Eröffnung solcher Betriebe im Zuge der künftigen wirtschaftlichen Entwicklung vernünftigerweise zu erwarten oder auszuschließen ist (Eu[X.]H a. a. [X.] – [X.]). Während nach früherer [X.] Spruchpraxis besondere Feststellungen erforderlich waren, um von einer künftigen Verwendbarkeit als geografische Herkunftsangabe ausgehen zu können, bedarf es nunmehr nach der Rechtsprechung des Eu[X.]H umgekehrt besonderer Anhaltspunkte dafür, dass eine Ortsbezeichnung ausnahmsweise nicht geeignet ist, im Verkehr als Angabe über die geografische Herkunft der betroffenen Waren und [X.]ienstleistungen zu dienen (Eu[X.]H a. a. [X.]. 33, 37 – [X.]; B[X.]H a. a. [X.] – Lichtenstein). [X.]as Eintragungsverbot des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] ist somit nur überwunden, wenn auszuschließen ist, dass die betroffenen Waren oder [X.]ienstleistungen mit dem als solchen erkennbaren Ort vernünftigerweise in Verbindung gebracht werden können (BPat[X.] [X.]RUR 2006, 509BPat[X.] [X.]RUR 2006, 509, 510 – [X.]). Bei Namen von Ländern, Regionen, [X.]roßstädten oder BPat[X.] [X.]RUR 2006, 509, 510 – [X.]). Bei Namen von Ländern, Regionen, [X.]roßstädten oder sonst wirtschaftlich bedeutenden Örtlichkeiten besteht eine grundsätzliche Vermutung dafür, dass sie als geografische Herkunftsangaben zur freien Verwendung für nahezu alle Waren benötigt werden, (vgl. BPat[X.] 27 W (pat) 518/10BPat[X.] 27 W (pat) 518/10 – [X.]; [X.]/Hacker/Thiering, [X.], 13. Auflage, § 8 Rdnr. 521). BPat[X.] 27 W (pat) 518/10 – [X.]; [X.]/Hacker/Thiering, [X.], 13. Auflage, § 8 Rdnr. 521). Eine Markeneintragung kommt deshalb bei solchen Ortsangaben nur in Betracht, wenn konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die eine beschreibende Verwendung als Herkunftsangabe als völlig unwahrscheinlich erscheinen lassen.

Ausgehend von diesen [X.]rundsätzen stellt das Anmeldezeichen ausschließlich eine zur unmittelbaren Beschreibung der beanspruchten Waren und [X.]ienstleistungen geeignete Angabe dar.

b) [X.]ie beanspruchten Waren richten sich an die breiten, allgemeinen Verkehrskreise der Verbraucher sowie den jeweiligen Fachhandel. [X.]ie [X.]ienstleistungen der [X.] werden ebenso überwiegend von Verbrauchern nachgefragt.

c) [X.]as in der Anmeldemarke enthaltene Wort "[X.]" benennt die Hauptstadt der [X.], deren Kernstadt 7,7 Millionen Einwohner (2007) verzeichnet. [X.]er Ballungsraum einschließlich der Vororte umfasst 11,8 Millionen Einwohner (2007). [X.] ist das zweitgrößte Industriezentrum der [X.] und belegte laut einer Studie aus dem [X.] mit einem Bruttoinlandsprodukt von 506,1 Milliarden US-[X.]ollar Platz 11 der wirtschaftsstärksten [X.] weltweit. In der Provinz [X.] sind über zwei Millionen Arbeiter in der Industrie beschäftigt, insbesondere in der [X.], der Eisen- und Stahlfabrikation und in der Herstellung von Motorfahrzeugen, petrochemischen Produkten, Bekleidung, Konserven, Baumwoll- und Synthetikstoffen, Farben, Papier, Schmiermitteln und elektronischen Produkten. In der Landwirtschaft sind über 900.000 Menschen tätig (vgl. [X.], Suchbegriff "[X.]", Version vom 1. November 2019; s. Anlage 1 zum gerichtlichen Hinweis). [X.]ie [X.] war 2020 zum [X.] in Folge [X.] größter Handelspartner. [X.] belief sich das bilaterale Handelsvolumen auf 212,1 Milliarden Euro und im Jahr 2019 auf 205,6 Milliarden Euro (vgl. Auszug aus den Internetseiten des [X.], "[X.] – Wirtschaftliche Beziehungen", s. Anlage 2 zum gerichtlichen Hinweis).

Es ist daher davon auszugehen, dass sämtliche beanspruchte Waren und [X.]ienstleistungen bereits im Anmeldezeitpunkt, dem 21. November 2019, in der Stadt oder Region [X.] hergestellt oder angeboten werden können. Ungeachtet der Frage eines sich daraus ergebenden aktuellen [X.] kann jedenfalls angesichts der Bedeutung von [X.] als Hauptstadt, seiner Infrastruktur sowie seiner verkehrsgünstigen Lage (großer internationaler Flughafen, Eisenbahnverbindungen) bei einer realistischen Prognose die Ansiedlung von Unternehmen, die Hersteller bzw. Anbieter der beanspruchten Waren und [X.]ienstleistungen sind, in Zukunft ohne Weiteres erwartet werden. [X.]aher ist der Wortbestandteil "[X.]" des [X.] als geografische Angabe im Sinne eines Herkunfts- bzw. [X.] geeignet und seine beschreibende Verwendung vor dem Hintergrund der [X.]röße, der wirtschaftlichen Bedeutung und des vorgenannten großen Handelsvolumens zwischen der [X.] und der [X.] für die genannten Waren wahrscheinlich.

[X.]ie Herstellung von Metallwaren der Klasse 8, von Haushaltswaren der Klasse 21, von Bekleidungsstücken der Klasse 25 sowie von Spielwaren der Klasse 28 stellen keine besonderen Anforderungen an die [X.]eografie, [X.]eologie, Infrastruktur oder die vorhandenen Arbeitskräfte am Herstellungsort. Es handelt sich vielmehr um Waren, die jedermann täglich verwendet, so dass davon auszugehen ist, dass sie in einer so bedeutenden Metropolregion wie [X.] allein für den dortigen Bedarf bereits hergestellt werden. [X.]ies gilt in gleicher Weise für die beanspruchten [X.]enussmittel in Klasse 30 und 33.

Hinsichtlich der beanspruchten Waren "aufgezeichnete und herunterladbare Medien" der [X.], "Papier- und Pappwaren, nämlich Poster, Plakate, Schilder; [X.]; Fotografien; Lehr und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate)" der Klasse 16 und der [X.]ienstleistungen der [X.] stellt der Wortbestandteil "[X.]" des [X.] zudem eine Inhaltsangabe dar. [X.]ie vorgenannten Waren können sich inhaltlich auf [X.] beziehen, z. B. in Form von Bildbänden über [X.] oder Postern und Fotos mit Abbildungen von [X.]. Auch die beanspruchten [X.]ienstleistungen der [X.] können sich thematisch mit [X.] befassen (vgl. Pressemitteilung der [X.] vom 1. April 2011 über die Ausstellung "[X.]ie Kunst der Aufklärung" in [X.]/[X.]; Ausstellung "[X.] – [X.] – [X.]" im [X.] im Jahr 2008; s. [X.] 3 zum gerichtlichen Hinweis). [X.]arüber hinaus kommt das Wort "[X.]" insoweit auch als geografische Angabe im Sinne eines Herkunfts- bzw. [X.] in Frage.

d) [X.]ie grafische Ausgestaltung des [X.] Abbildung

Beim Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] kommt es darauf an, ob die grafische Ausgestaltung trotz beschreibender Bestandteile einen Überschuss aufweist, auf den objektiv der Schutz des [X.] bezogen und beschränkt werden kann. Es muss (objektiv) rechtlich möglich sein, ihn als schutzfähigen "Überschuss" gegenüber der Sachaussage als solcher zu bewerten. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass an den erforderlichen "Überschuss" umso größere Anforderungen zu stellen sind, je deutlicher der beschreibende Charakter der fraglichen Angabe selbst hervortritt. Einfache und gebräuchliche [X.]estaltungen oder Verzierungen des [X.] erfüllen diese Anforderungen in der Regel nicht (vgl. [X.]/Hacker/Thiering, a. a. [X.], § 8 Rdnr. 607 und 613; B[X.]H [X.]RUR 2001, 1153 - antiKALK; [X.]RUR 2008, 710 Rdnr. 20 - VISA[X.]E; [X.]RUR 2009, 954 Rdnr. 16 - Kinder III; [X.]RUR 2010, 640 Rdnr. 17 - hey!; [X.]RUR 2014, 483 Rdnr. 19 - Test).

[X.]ie grafische Ausgestaltung des [X.] "[X.]" erschöpft sich in einer nach links geneigten kursiven Schriftart und einer einfachen Blockschrift. Es ist schon zweifelhaft, ob der Verkehr die Schrägstellung als solche überhaupt wahrnimmt. [X.]arüber hinaus sind die angesprochenen Verkehrskreise an werbeübliche Schriftstile wie Kursiv- oder Fettschriften oder deren Kombination gewöhnt. In der Schrägstellung der Schrift wird der angesprochene Verkehr keinen Überschuss gegenüber der Sachaussage erkennen, auch wenn diese weniger gebräuchlich nach links geneigt ist. In dem Buchstaben "[X.]" des [X.] des in Frage stehenden Zeichens kann der Senat keine besondere Schrifttypographie erkennen, die die Schutzfähigkeit des [X.] begründen könnte. Vielmehr reiht sich der Schriftstil dieses Buchstabens ohne Weiteres in die verwendete, gängige Blockschrift der übrigen Buchstaben des [X.] ein.

Auch die farbige Ausgestaltung des [X.] und die übrigen grafischen Elemente entfalten keine schutzbegründende Wirkung. [X.]er starke Kontrast des in goldener Farbe gehaltenen Wortes "[X.]" auf schwarzem, rechteckigem Hintergrund bringt den die beanspruchten Waren und [X.]ienstleistungen beschreibenden Wortbestandteil besonders zur [X.]eltung. Eine rechteckige Unterlegung stellt ein einfaches und grundlegendes Stilmittel dar, an das sich der Verkehr durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat und das er deshalb nicht als Herkunftshinweis auf ein bestimmtes Unternehmen wahrnehmen wird (BPat[X.] 30 W (pat) 508/16 - suisse-print). [X.]ie übrigen verwendeten Farben und Anordnungen der grafischen Formen des [X.] haben ebenfalls einen rein dekorativen, den Wortbestandteil [X.] Charakter. [X.]er insbesondere durch die Signalfarbe Rot ausgestaltete Unterstrich erschöpft sich als rein dekoratives Hervorhebungsmittel für den dadurch unterstrichenen Wortbestandteil "[X.]" (vgl. BPat[X.] 26 W (pat) 544/16 - Schloss).

Insgesamt verschmelzen der Wortbestandteil, die [X.]rafikelemente und die farbliche Ausgestaltung des [X.] nicht zu einer Kombination, die vom beschreibenden Charakter des [X.] bezüglich der beanspruchten Waren und [X.]ienstleistungen wegführt.

e) [X.] des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] wird auch nicht durch das mit [X.] vom 19. Oktober 2021 hilfsweise eingeschränkte Waren- und [X.]ienstleistungsverzeichnis ausgeräumt. Unabhängig von der Frage der grundsätzlichen Zulässigkeit einer solchen innerprozessual bedingten Einschränkung (vgl. dazu [X.]/Hacker/Thiering, a. a. [X.], § 39 Rdnr. 7) können die mit [X.] vom 19. Oktober 2021 nur noch beanspruchten Waren und [X.]ienstleistungen nicht zur Schutzfähigkeit des angemeldeten Zeichens führen. [X.]er Zusatz "(alle Waren aus [X.])" unterstreicht nur den beschreibenden Charakter des [X.] im Sinne einer geografischen Herkunftsangabe und ist nicht geeignet, auf die Herkunft dieser Waren aus einem bestimmten Betrieb (in [X.]) hinzuweisen. [X.]ie Einschränkung "(alle Waren über Schiffe)" bzw. "(alle [X.]ienstleistungen in Bezug auf Schiffe)" ist dem Inhalt und Umfang nach unklar und besitzt keine für die angesprochenen Verkehrskreise ohne weiteres nachvollziehbare und damit rechtlich relevante Reduzierung, die dem [X.]ebot der Rechtssicherheit entspricht.

g) [X.]er Anmelder kann sich nicht auf vergleichbare Voreintragungen berufen.

[X.]ie [X.] (i…), … (m…) und [X.] ([X.]) sind gelöscht bzw. ihr Schutz für das [X.] erloschen. Aus einer gelöschten Eintragung können keine Rechte hergeleitet werden (BPat[X.] 26 W (pat) 67/13 - [X.]). Bei den [X.] … und … handelt es sich um Bildmarken ohne jeglichen Wortbestandteil, so dass sie nicht mit dem Anmeldezeichen vergleichbar sind. Möglicherweise vergleichbar sind die [X.] ([X.]), … ([X.]) und … ([X.]…). Bei ihnen kann es sich um rechtswidrig vorgenommene Eintragungen oder um Eintragungen vor Eintritt einer Richtlinien- oder Rechtsprechungsänderung handeln. Niemand kann sich auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen (Eu[X.]H [X.]RUR 2009, 667, 668 Rdnr. 18 - Volks.Handy, Volks.Camcorder, Volks.Kredit und [X.]). Für die erforderliche Bereinigung des Markenregisters sieht das [X.]esetz das Löschungsverfahren vor, das von jedermann eingeleitet werden kann (BPat[X.] 26 W (pat) 67/13 - [X.]).

2. [X.]a das angemeldete Zeichen im Interesse der Mitbewerber freihaltebedürftig ist, kann dahingestellt bleiben, ob seiner Eintragung auch das Schutzhindernis der mangelnden Unterscheidungskraft entgegensteht (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]).

Meta

28 W (pat) 541/20

01.02.2022

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 37 Abs 1 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 01.02.2022, Az. 28 W (pat) 541/20 (REWIS RS 2022, 1594)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 1594

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