Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.05.2017, Az. 3 StR 498/16

3. Strafsenat | REWIS RS 2017, 11586

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:030517B3STR498.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 498/16
vom
3. Mai 2017
in der Strafsache
gegen

wegen Unterstützung einer
ausländischen
terroristischen Vereinigung

-
2
-
Der 3. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag
des Generalbundes-anwalts
und nach Anhörung des
Beschwerdeführers
am 3.
Mai
2017
gemäß
§
349 Abs. 2
[X.] einstimmig beschlossen:

Die Revision des
Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 20.
Juni 2016 wird
verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tra-gen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland in sieben Fällen zu einer Gesamtfrei-heitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet er sich
mit der
auf eine Verfahrensrüge
und die
näher ausgeführte Sachbe-schwerde
gestützten Revision. Das Rechtsmittel ist aus den in der [X.] genannten Gründen unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 [X.].
Der näheren Erörterung bedarf nur die Verfahrensrüge, mit der der An-geklagte die Unverwertbarkeit nach dem [X.] gewonnener
Erkenntnis-se
geltend macht.
1. Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:

1
2
3
-
3
-
Das Bundesamt für [X.] führte Beschränkungsmaßnah-men
nach dem [X.] in Form der Telekommunikationsüberwachung gegen den
Angeklagten sowie die Mitangeklagten R.

und A.

durch; es
stützte sie auf §
1 Abs.
1 Nr.
1, §
3 Abs.
1 Satz
1 Nr.
6 Buchst.
a G
10 i.V.m.
§
129a Abs.
1 Nr.
1, Abs.
2 Nr.
2, Abs.
5 Satz
1, §
129b Abs.
1 StGB. Die erho-benen Telekommunikationsüberwachungsdaten übermittelte es den
Strafverfol-gungsbehörden, worauf diese
das gegenständliche Strafverfahren einleiteten.
In der Hauptverhandlung vor dem [X.] hat die Verteidige-rin des Angeklagten der Verwertung nach dem [X.] gewonnener
Er-kenntnisse im [X.] an
einige
(nicht alle)
diesbezügliche [X.] widersprochen. Sie hat dies damit begründet, dass die verschriftlichten Ver-fahrensvorgänge zu den [X.] (Antrag des [X.] für [X.], Anordnung des [X.], Billigung der [X.]) nicht Akteninhalt geworden seien. [X.] hat die [X.]svorsitzende das Bundesamt für [X.] zwei-mal
um die Vorlage der entsprechenden Dokumente gebeten, was dieses [X.] abgelehnt hat. Hiergegen hat die Vorsitzende auf Antrag der Verteidigerin Gegenvorstellung bei
dem Bundesamt für [X.]
erhoben, die ebenso erfolglos geblieben
ist.
2. Der Beschwerdeführer erachtet die Verwertung der nach dem [X.] gewonnenen Erkenntnisse deshalb für rechtsfehlerhaft, weil die [X.] ohne die beim Bundesamt für [X.] angeforderten
Dokumente nicht hätten
überprüfen können, inwieweit die Anordnungen nach der damaligen Verdachtslage vertretbar gewesen seien. Soweit bei einzelnen Beweiserhebungen ein Widerspruch unterblieben sei, schade
dies nicht; denn das Tatgericht habe die Verfahrenstatsachen von Amts wegen aufzuklären.
4
5
6
-
4
-
3. Die Verfahrensrüge dringt nicht durch.
a) Der Beschwerdeführer macht
die Unverwertbarkeit der nach dem
[X.] gewonnenen Erkenntnisse ohne
Erfolg geltend.
aa) Ein generelles Verbot der Verwertung dieser Erkenntnisse besteht nicht. Die
Ermächtigungsgrundlage für die Weitergabe der erhobenen
Daten an
die Strafverfolgungsbehörden regelt §
4 Abs.
4 Nr.
2 G
10.
§
161 Abs.
2 Satz
1 [X.] gestattet ihre Verwendung zu Beweiszwecken im Strafverfahren. Die Verwertung setzt dabei im
Grundsatz die Rechtmäßigkeit der vorausgegange-nen Datenerhebung voraus (vgl. -
zu [X.] gewonnenen Er-kenntnissen -
[X.], Urteil vom 14.
August 2009 -
3
StR 552/08, [X.]St
54, 69, 83 Rn.
37
[bezüglich
§
100d Abs.
5 Nr.
3 [X.]]; Beschluss vom 26.
Januar 2017 -
StB
26 u. 28/14,
juris, Rn.
52; KK-Griesbaum, [X.], 7.
Aufl., §
161 Rn.
40). Die
Ermächtigungsgrundlage für die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation durch das Bundesamt für [X.] regeln §
1 Nr.
1, §
3 Abs.
1 und 2 G
10.
bb) Nach diesem gesetzlichen Maßstab ist die Rechtswidrigkeit der [X.] nicht erwiesen.
Der [X.] vermag nicht festzustellen, dass die Anordnungen
nicht durch die vom Bundesamt für [X.] angeführten Vorschriften der §
1 Abs.
1 Nr.
1, §
3 Abs.
1 Satz 1 Nr.
6 Buchst.
a G
10 i.V.m.
§
129a Abs.
1 Nr.
1,
Abs.
2 Nr.
2, Abs.
5 Satz
1, §
129b Abs.
1 StGB gedeckt waren, dass
mithin zum Zeitpunkt der Anordnung der Maßnahmen keine tatsächlichen Anhalts-punkte für den Verdacht bestanden, der
Angeklagte
sowie die Mitangeklagten R.

und A.

unterstützten eine ausländische terroristische Vereinigung.
Dies wird von der Revision schon nicht bestimmt behauptet. Zwar weist sie im Ansatz zutreffend darauf
hin, dass dem Beschwerdeführer insoweit ein den An-7
8
9
10
11
-
5
-
forderungen des §
344 Abs.
2 Satz
2 [X.] genügender Tatsachenvortrag un-möglich sei, weil ihm die entsprechenden [X.] nicht bekannt seien. Die Unvollständigkeit der Akten zieht jedoch grundsätzlich kein Verwer-tungsverbot nach sich; denn es
fehlt eine tatsächliche Grundlage für eine revi-sionsrechtliche Prüfung der Rechtmäßigkeit der Anordnungen
im Freibeweis (vgl. [X.], Beschluss vom 1.
August 2002 -
3
StR 122/02, [X.]St
47, 362, 367; ferner [X.], Urteil vom 13.
Januar 2011 -
3
StR 337/10,
NStZ 2011, 471, 472; zum [X.] s. auch KK-Gericke, [X.], 7.
Aufl., §
344 Rn.
41 mwN).
b) Eine Rüge, das [X.] habe es
rechtsfehlerhaft unterlas-sen, die von den [X.] vorausgesetzte Verdachts-lage zum Anordnungszeitpunkt zu rekonstruieren, ist hingegen nicht erhoben.
Das Tatgericht hat die Verfahrenstatsachen, die für die Beurteilung der Verwertbarkeit der Ergebnisse der [X.] sind, aufzuklären und zum Gegenstand des Verfahrens zu machen. Das gilt auch dann, wenn die
Erkenntnisse in einem fremden
Verfahren angefallen sind. In einem solchen
Fall sind
regelmäßig Akten oder [X.] anderen Verfahrens in dem für die Beurteilung der Verwertbarkeit erforder-lichen
Umfang auszuwerten. Unterlässt das Tatgericht eine mögliche und zur Aufklärung gebotene Maßnahme, begründet dies einen eigenständigen Rechts-fehler (vgl. [X.], Beschluss vom 1.
August 2002 -
3
StR 122/02, aaO, S.
367
f.).
Freilich hat das [X.] den aufgezeigten
Prüfungsmaßstab nicht missachtet; es hat seine Pflicht,
sich die Unterlagen
zu den G-10-Be-schränkungsmaßnahmen zu verschaffen, zutreffend erkannt. Um dies zu errei-chen,
hat es aber nicht alle ihm offen stehenden,
nicht von vornherein aus-sichtslosen Möglichkeiten ausgeschöpft. Das [X.] wäre -
neben 12
13
14
-
6
-
den oder anstelle der diversen an das Bundesamt für [X.] ge-richteten Ersuchen
-
zur Herbeiführung einer
Entscheidung des Bundesministe-riums
des Innern
verpflichtet gewesen. Dieses
allein wäre nach §
96 [X.] als oberste Dienstbehörde des Bundesamts für [X.] zu einer straf-prozessual beachtlichen Sperrerklärung befugt gewesen. Zugleich war das [X.] auch die Stelle, welche die G-10-Be-schränkungsmaßnahmen angeordnet
hatte. Gegebenenfalls wäre dort
eine Ge-genvorstellung zu erheben gewesen (vgl. [X.]sbeschluss vom 23.
Dezember 2009 -
StB 51/09, [X.], 445, 448 Rn.
15; MüKo[X.]/[X.], §
96 Rn.
18; [X.]/[X.], [X.], 60.
Aufl., §
96 Rn.
9, [X.]. mwN).
Mit der Stoßrichtung, das [X.] habe nicht die ihm
mögli-chen, nicht von vorneherein aussichtslosen Schritte zur Aufklärung der G-10-[X.]
unternommen, ist die Verfahrensrüge indes nicht erhoben
(zur Maßgeblichkeit der Angriffsrichtung s. [X.], Urteil vom 26.
August 1998
-
3
StR 256/98, [X.], 94 mwN).
Ein derartiges rechtsfehlerhaftes Unter-lassen wird nicht geltend gemacht und ist daher nicht Gegenstand der Rüge. Schon gar nicht legt die Revision dar, zu welchen
Schritten
Anlass bestanden hätte. Soweit sie ausführt, dass das Tatgericht die Verfahrenstatsachen von Amts wegen aufzuklären
habe, steht dies im Zusammenhang mit dem Erforder-nis eines -
vom Angeklagten in der Hauptverhandlung bezüglich
einzelner Be-weiserhebungen nicht erklärten -
Verwertungswiderspruchs.
Ein entsprechendes Rügevorbringen war hier auch nicht ausnahmsweise entbehrlich. Mit
dem dem [X.]sbeschluss vom 1.
August 2002 (3
StR 122/02, [X.]St
47, 362) zugrundeliegenden Sachverhalt
ist der gegenständliche Fall schon deshalb nicht vergleichbar, weil hier das [X.] den Prü-fungsmaßstab für die Beurteilung der Verwertbarkeit gerade nicht grundlegend verkannt hat
(vgl. hingegen dort S.
368).
15
16
-
7
-
c) Inwieweit ein Beweisverwertungsverbot ausnahmsweise für den Fall in Betracht kommen könnte, dass sämtliche
zur Rekonstruktion der Verdachtslage gebotenen tatrichterlichen Maßnahmen erfolglos geblieben sind, braucht der [X.] nach alledem nicht zu entscheiden. Insbesondere kann dahinstehen, in-wieweit ein Angeklagter gehalten ist, einen Antrag auf Aussetzung der [X.] zu stellen, um eine Sperrerklärung vor den Verwaltungsgerichten anzufechten; nur ihm, nicht dem Gericht oder der Staatsanwaltschaft dürfte der Verwaltungsrechtsweg offen stehen
(vgl.
[X.], Beschluss vom 5.
Juni 2007
-
5
StR 383/06, NJW 2007, 3010, 3012 Rn.
28; ferner [X.]/[X.],
aaO, §
96
Rn.
14
mwN).
[X.] [X.]
Tiemann

Berg

Ri[X.] Hoch befindet sich

im Urlaub und ist daher

gehindert zu unterschreiben.

[X.]
17

Meta

3 StR 498/16

03.05.2017

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.05.2017, Az. 3 StR 498/16 (REWIS RS 2017, 11586)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 11586

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