Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.03.2015, Az. XII ZB 621/14

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 13475

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.] 621/14

vom

25. März 2015

in der Betreuungssache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 1897 Abs. 4; FamFG §§ 59 Abs. 1, 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, 295 Abs. 1
a)
Dem Betreuer steht
gegen seine Entlassung bei fortbestehender Betreuung eine Beschwerdeberechtigung gemäß §
59 Abs.
1 FamFG zu.
b) Die im Verfahren der Verlängerung der Betreuung ohne erkennbaren Grund vorgenommene Aufspaltung der zu treffenden Einheitsentscheidung in einen Beschluss über den [X.] und einen Beschluss über die Verlän-gerung der Betreuung führt nicht dazu, dass es dem entlassenen Betreuer an der Beschwerdeberechtigung fehlt oder dass die Rechtsbeschwerde nur mit Zulassung statthaft ist.
c) Für
die Bestellung einer anderen als der
vom Betroffenen vorgeschlagenen Person als Betreuer wegen Eignungsmängeln des Vorgeschlagenen müssen Erkenntnisse vorliegen, die geeignet sind, einen das Wohl des Betroffenen gefährdenden [X.] auch für die Zukunft und bezogen auf den von der Betreuung umfassten Aufgabenkreis zu begründen.

[X.], Beschluss vom 25. März 2015 -
XII [X.] 621/14 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XI[X.]
Zivilsenat des [X.] hat am
25. März 2015
durch den
Vorsitzenden
Richter
Dose
und [X.]
Klinkhammer, Dr.
Günter, Dr.
Botur
und Guhling
beschlossen:

Auf die [X.] der Betroffenen und
des weiteren [X.] zu 1 wird der Beschluss der [X.] des [X.] vom 22.
Oktober 2014 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Land-gericht zurückverwiesen.
Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei.
Wert: 5.000

Gründe:
A.
Die 91-jährige Betroffene leidet unter einer mittelschweren Demenz. [X.] 2011 bat die Leitung des Pflegeheimes, in dem die Betroffene wohnt, das Amtsgericht um Genehmigung einer freiheitsentziehenden Maßnahme in Form eines Rollstuhlgurtes. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und Anhörung der Betroffenen bestellte das Amtsgericht mit Beschluss vom 21.
Februar
2012 den [X.] der Betroffenen (Beteiligten zu
1), dem die [X.]
-
3
-
troffene im November 2008 eine Vorsorgevollmacht erteilt und den sie in [X.] Schriftstück auch als zu bestellenden Betreuer bezeichnet hatte, zum [X.] mit dem Aufgabenkreis "Aufenthaltsbestimmung". Als Überprüfungsfrist für die Betreuung war der 20.
Februar
2013 genannt. Ebenfalls mit Beschluss vom 21.
Februar
2012 genehmigte das Amtsgericht die Einwilligung des [X.]s in das
Anlegen eines Bauchgurtes im Rollstuhl bis zum 20.
Februar
2013.
Ende Juli 2012 beschwerte sich das Pflegeheim gegenüber dem [X.] darüber, dass der Beteiligte zu 1 sich in finanzieller und gesundheitlicher Hinsicht nur unzureichend um die Belange
der Betroffenen kümmere. In einem Anhörungstermin im Oktober 2012 erklärte der Beteiligte zu 1 die Versäumnisse mit seiner beruflichen Belastung, jetzt aber sei alles erledigt. In der Folgezeit erfolgten keine Beanstandungen durch das Pflegeheim mehr.
Mit Schreiben vom 25.
Februar
2013 hat das Amtsgericht beim [X.] zu 1 und beim Pflegeheim angefragt, ob es einer Verlängerung von
Betreu-ung und Fixierungsgenehmigung bedürfe. Nachdem das Pflegeheim dies An-fang März
2013 bejaht hatte, hat das Amtsgericht ein medizinisches Sachver-ständigengutachten eingeholt und die Betroffene im Beisein des Beteiligten zu 1 am 26.
Juni 2013 angehört. Im [X.] an diese Anhörung hat das Amtsge-richt zwei Beschlüsse erlassen: Zum einen hat es den Beteiligten zu 1 als [X.] entlassen und an seiner Stelle den Beteiligten zu 2, einen Berufsbetreu-er, zum neuen Betreuer bestellt. Zum anderen hat es die nunmehr
vom [X.] zu 2 geführte Betreuung verlängert und als Überprüfungszeitpunkt den 25.
Juni 2020 bestimmt. Schließlich hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 11.
Juli 2013 auf Antrag des neuen Betreuers dessen Einwilligung in die An-bringung eines Stecktisches am Rollstuhl
der Betroffenen
für zwei Jahre ge-nehmigt.
2
3
-
4
-
Der Beteiligte zu 1 hat gegen den vorgenommenen [X.] [X.] im Namen der Betroffenen
gegen die Verlängerungsentscheidung (be-schränkt auf die [X.]) Beschwerden eingelegt, die das Beschwer-degericht verworfen bzw. zurückgewiesen hat. Hiergegen wendet
sich der Be-teiligte zu
1 im eigenen Namen und namens der Betroffenen mit der Rechtsbe-schwerde.

B.
Die [X.] sind
zulässig
und begründet.
[X.] Sowohl die vom Beteiligten zu 1 im eigenen Namen als auch die von ihm namens der Betroffenen eingelegte Rechtsbeschwerde ist zulässig.
1.
Beide [X.] sind gemäß §
70 Abs.
3 Satz
1 Nr.
1 FamFG
zulassungsfrei statthaft.
Die in dieser Vorschrift genannten Betreuungssachen zur Bestellung ei-nes Betreuers im Sinne der §§
70 Abs.
3 Satz
1 Nr.
1, 271 Nr.
1 FamFG sind Verfahren nach §
1896 BGB. Dabei kann es sich sowohl um ein Erstverfahren als auch um ein [X.] handeln, für das §
295 Abs.
1 FamFG eine entsprechende Anwendung der Vorschriften über die erstmalige Anord-nung dieser Maßnahme
anordnet
(vgl. [X.]/[X.] FamFG 18.
Aufl. §
295 Rn.
1). Demgegenüber ist die Rechtsbeschwerde in einem Verfahren, in dem eine isolierte
Entscheidung über einen [X.] nach Maßgabe des §
1908
b BGB erfolgt, nur bei Zulassung durch das Beschwerdegericht statthaft (ständige
Senatsrechtsprechung, vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 9.
Februar 2011 -
XII
[X.]
364/10
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FamRZ 2011, 632 Rn.
8
f.
und vom 29.
Juni 2011
-
XII
[X.]
65/11
-
FamRZ 2011, 1393 Rn.
7
f.).
4
5
6
7
8
-
5
-
Im vorliegenden Fall hat das Amtsgericht am Ende
des erstinstanzlichen [X.]s zwar den [X.] mit einem
von der Verlän-gerungsentscheidung getrennten Beschluss
vorgenommen. Unabhängig davon, dass Gegenstand der Beschwerdeentscheidung ohnehin auch die [X.] im Rahmen der Verlängerung war, führt die
durch das [X.] erkennbaren Grund vorgenommene Aufspaltung in zwei Beschlüsse mit gleichem Datum nicht dazu, dass derjenige über den [X.] außer-halb des [X.]s ergangen wäre.
Dass die [X.] sich nicht gegen die Verlängerung, son-dern gegen den [X.] bzw. die Entscheidung über die Auswahl der [X.] richten, ist unschädlich, weil es sich um eine zulässige Teil-anfechtung der die Verlängerung der Betreuung und Bestellung eines Betreuers umfassenden Einheitsentscheidung handelt (Senatsbeschluss
vom 15.
September 2010 -
XII [X.] 166/10
-
FamRZ 2010, 1897 Rn.
10; vgl. auch Se-natsbeschluss vom 20.
August 2014 -
XII
[X.]
205/14
-
FamRZ 2014, 1916 Rn.
3).
2.
Der Beteiligte zu
1 hat hier als Vorsorgebevollmächtigter wirksam ge-mäß §
303 Abs.
4 Satz
1 FamFG Rechtsbeschwerde im Namen der [X.] eingelegt. Zwar muss nach dieser Vorschrift durch die Entscheidung, ge-gen die der Vorsorgebevollmächtigte sich namens des Betroffenen wenden will, sein Aufgabenkreis betroffen sein. Dies ist hier jedoch der Fall, auch wenn die Betroffene den Beteiligten zu
1 nicht zur Entscheidung über freiheitsentziehen-de Maßnahmen bevollmächtigt hat. Denn der von der angeordneten Betreuung erfasste Aufgabenkreis beschränkt sich nicht hierauf, sondern umfasst die [X.] insgesamt. Die Betroffene hat ihren [X.] aber ausdrück-lich bevollmächtigt, über ihren Aufenthalt zu bestimmen.
9
10
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-
6
-
Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu
1 für das Verfahren der Rechtsbeschwerde folgt bereits daraus, dass seine
Erstbeschwerde erfolglos geblieben ist (vgl. Senatsbeschluss vom 5.
November 2014 -
XII
[X.]
117/14
-
FamRZ 2015, 249 Rn.
4 mwN).
I[X.] Die [X.] sind auch begründet. Sie führen zur Aufhe-bung der angefochtenen
Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
1.
Dieses hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
Die Beschwerde des Beteiligten zu
1 gegen seine Entlassung aus dem Betreueramt und die Bestellung des Berufsbetreuers sei
schon unzulässig. Zwar könne ein Betreuer grundsätzlich gegen seine Entlassung mit der Be-schwerde vorgehen. Das Verfahren habe sich jedoch durch den weiteren Be-schluss vom selben Tag über die Verlängerung der nun vom Beteiligten zu
2
geführten Betreuung erledigt. Denn die bisherige Betreuerbestellung sei insge-samt abgelöst worden. Ziel einer Beschwerde gegen den die Entlassung aus-sprechenden Beschluss habe nur sein können, den Beteiligten zu 1 wieder zum Betreuer gemäß dem Beschluss vom 21.
Februar 2012 zu
bestellen, der aber nicht mehr Grundlage der jetzt bestehenden Betreuung sei.
Ein Antrag nach §
62 FamFG sei nicht gestellt; zudem fehlte es einem
solchen am [X.]. Selbst wenn man aber die Beschwerde des Beteiligten zu 1 für zulässig halte, sei sie aus den Gründen, derentwegen die Beschwerde der Be-troffenen zurückzuweisen sei, unbegründet.
Die für die Betroffene durch den Beteiligten zu 1 als [X.] und [X.] eingelegte Beschwerde sei zulässig, aber unbegründet. Für die
Verlängerung der Betreuung gölten die Vorschriften über die erstmalige An-ordnung der Maßnahme entsprechend, so dass §
1897 BGB der Maßstab für 12
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16
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7
-
die [X.] sei. Die Vorsorgevollmacht stelle unabhängig davon, dass sie keine Bevollmächtigung für den hier fraglichen Bereich der Freiheitsentzie-hung im Rahmen der Aufenthaltsbestimmung enthalte, einen Betreuervorschlag dar. Ein solcher könne nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn die konkrete Gefahr bestehe, dass der Vorgeschlagene die Betreuung nicht zum Wohl des Betroffenen führe. Das sei hier der Fall. Bereits Ende 2012 hätten sich Zweifel an der Eignung des Beteiligten zu
1 ergeben. Er habe es zu erheblichen Zah-lungsrückständen insbesondere gegenüber Ärzten kommen lassen, eine zahn-ärztliche Behandlung
der Betroffenen sei unterblieben und er habe nicht auf entsprechende Anfragen von Pflegeheim und Gericht geantwortet. Das Amtsge-richt habe lediglich von einem [X.] abgesehen, nachdem es nach dem Anhörungstermin nicht mehr zu weiteren Beanstandungen durch das Pfle-geheim gekommen sei. Indem der Beteiligte zu 1 diese Vorgänge als unberech-tigte Disziplinierung ansehe, lasse er keinerlei Einsicht erkennen.
Auch wenn zugunsten des Beteiligten zu
1 davon ausgegangen würde, dass er auf die Verlängerungsanfrage des Amtsgerichts geantwortet habe, ha-be er massiv gegen seine Pflichten als Betreuer verstoßen, indem er die Be-troffene in Absprache mit dem Pflegeheim auch nach dem Ende der gerichtlich genehmigten [X.] durch einen Bauchgurt habe fixieren lassen. Sein [X.], er habe an einen Automatismus geglaubt, sei als bloße Schutzbe-hauptung zu werten. Ein ernsthaftes Problembewusstsein für sein gravierendes Fehlverhalten habe der Beteiligte zu
1 erneut nicht an den Tag gelegt. Dies sei umso bemerkenswerter, als er sich als sehr kritikfähig bezüglich des Verhaltens anderer Akteure gezeigt und hervorgehoben habe, dass er "kein funktionieren-des Rädchen in der [X.]"
sein werde. Die [X.] eines ordnungsgemäßen Verfahrens diene gerade dem Schutz der Be-troffenen, und durch die genehmigungslose Anordnung der weiteren Fixierung unter Umgehung der Verfahrensrechte der Betroffenen habe er die [X.]
-
8
-
rechte verletzt, die er zu schützen vorgebe. Insgesamt sei das Gericht davon überzeugt, dass
bei einer Bestellung des Beteiligten zu
1 die konkrete Gefahr bestehe, dass er die Betreuung nicht zum Wohl der Betroffenen führen könne oder wolle. Diese Überzeugung folge aus den festgestellten Versäumnissen als Bevollmächtigter und Betreuer, von denen
sich der Beteiligte zu 1 nicht über-zeugend distanziert habe. Mit einer nachhaltigen Änderung seines Verhaltens und einer hinreichenden Kooperation mit dem Betreuungsgericht sei nicht zu rechnen.
2.
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
a) Das Beschwerdegericht hat die gegen den [X.] gerichtete Beschwerde des Beteiligten zu
1 zu Unrecht als unzulässig verworfen.
aa) Zutreffend hat es allerdings erkannt, dass
dem Betreuer gegen seine Entlassung bei fortbestehender
Betreuung eine Beschwerdeberechtigung ge-mäß §
59 Abs.
1 FamFG zusteht, weil er hierdurch in seinen Rechten beein-trächtigt ist
([X.], vgl. nur [X.]/[X.] FamFG 18.
Aufl. §
303 Rn.
6;
[X.]/[X.] FamFG 18.
Aufl. §
59 Rn.
76 mit zahlreichen Nachweisen aus der obergerichtlichen Rspr. zu §
20 Abs.
1 [X.]; [X.] Betreuungsrecht [Stand: 1.
Juni 2010] §
303 Rn.
22; MünchKommFamFG/[X.] 2.
Aufl. §
303 Rn.
16; Prütting/[X.]/[X.] FamFG 3.
Aufl. §
303 Rn.
42).
bb) Demgegenüber ist die Auffassung des [X.], der [X.]wechsel habe sich durch die nachfolgende Verlängerungsentscheidung erledigt, rechtsfehlerhaft.
Zwar handelt es sich bei einer Verlängerungsentscheidung
um die erneu-te Anordnung einer Betreuung einschließlich der Entscheidung über die Person des Betreuers, auch wenn der bisherige Betreuer bestellt wird. Die bisherige 18
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-
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-
Betreuung und damit die Bestellung des bisherigen Betreuers enden mit der Wirksamkeit der Verlängerungsentscheidung und werden durch die in dieser getroffenen Anordnungen abgelöst (Senatsbeschluss vom 15.
September 2010 -
XII
[X.]
166/10
-
FamRZ 2010, 1897 Rn.
17).
Der vom Beschwerdegericht hieraus gezogene Schluss, damit sei die in dem Beschluss über den [X.] getroffene Auswahlentscheidung erledigt und daher für den entlassenen Betreuer im Beschwerdeverfahren [X.] eine Entscheidung nach §
62 FamFG möglich, ist aber nicht berechtigt. Das Amtsgericht befand sich im [X.], an dessen Ende eine Einheitsentscheidung über den
Betreuungsumfang, die Person des Betreuers
und die Überprüfungsfrist oder aber die Entscheidung steht, dass es keiner Be-treuung mehr bedarf. Enthält diese Entscheidung bei fortbestehender Betreu-ung eine Entlassung des bisherigen Betreuers, so steht diesem
hiergegen die Beschwerde aus eigenem Recht offen.
Dieses Beschwerderecht kann nicht dadurch vereitelt werden, dass das Gericht die einheitlich am Ende des Verlän-gerungsverfahrens zu treffende Entscheidung auf zwei Beschlüsse verteilt und allein durch seine Verfahrensgestaltung ein die Betreuerentlassung erledigen-des Ereignis schafft. Der Anspruch des Beteiligten zu
1 auf Gewährung wir-kungsvollen Rechtsschutzes (Art.
2 Abs.
1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) gebietet es daher, die so aufgespaltene Entscheidung [X.] als einheitliche Verlängerungsentscheidung anzusehen. Eine Ausnahmekonstella-tion, in der das Betreuungsgericht gegebenenfalls bereits vor Abschluss des [X.]s über einen [X.] befinden muss, lag
hier ersichtlich nicht vor.
b) Auch die Erwägungen des [X.] zur Begründetheit der Beschwerden und damit zu der vom Amtsgericht getroffenen Auswahlentschei-dung sind rechtsfehlerhaft.
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-
10
-
aa) Keinen rechtlichen Beanstandungen unterliegt allerdings der Aus-gangspunkt des [X.], wonach Maßstab der [X.] nicht nur bei der Erstentscheidung, sondern auch bei einer Verlängerung der Betreuung §
1897 BGB darstellt. Dies folgt aus dem [X.] als erneute vollständige Einheitsentscheidung über die Betreuung und ergibt sich aus §
295 Abs.
1 Satz
1 FamFG, nach dem für die Verlängerung der Bestellung eines Betreuers die Verfahrensvorschriften über die erstmalige Anordnung dieser Maßnahme entsprechend gelten. Die Vor-schrift des §
1908
b Abs.
1 BGB, die die Voraussetzungen regelt, unter denen ein Betreuer entlassen werden kann, ist in diesen Fällen nicht einschlägig, son-dern nur anwendbar, wenn bei fortbestehender Betreuung eine isolierte Ent-scheidung über die Beendigung des Amtes des bisherigen Betreuers getroffen werden soll (Senatsbeschlüsse vom 15.
September 2010 -
XII
[X.]
166/10
-
FamRZ
2010, 1897 Rn.
17 mwN und vom 17.
September 2014
-
XII
[X.]
220/14 -
FamRZ 2014, 1998 Rn.
20).
bb) Ebenfalls zutreffend hat das Beschwerdegericht erkannt, dass die Betroffene im Zusammenhang mit der Erteilung der Vorsorgevollmacht auch eine Betreuungsverfügung des Inhalts abgegeben hat, dass ihr [X.], der Betei-ligte zu
1, als Betreuer bestellt werden soll, falls trotz Vollmachterteilung eine Betreuung erforderlich werden sollte. Die Betreuungsverfügung ist bereits ihrem Wortlaut nach nicht auf bestimmte Aufgabenkreise oder (nur) den von der [X.] umfassten Aufgabenkreis beschränkt. Darüber hinaus bezieht sich die Vorsorgevollmacht auch auf die Aufenthaltsbestimmung, so dass die Betreu-ungsverfügung selbst
bei Annahme einer derartigen Beschränkung für den von der Betreuung umfassten Aufgabenkreis maßgeblich wäre.
Dieser Jahre vor Einleitung des Betreuungsverfahrens
erfolgte Betreuer-vorschlag der Betroffenen ist gemäß §
1897 Abs.
4 Satz
3 BGB zu berücksich-25
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-
11
-
tigen, weil -
wie das Beschwerdegericht festgestellt hat
-
nicht erkennbar ist, dass sie nicht mehr daran festhalten will.
cc) Wie das Beschwerdegericht weiter richtig gesehen hat, gelangt daher §
1897 Abs.
4 Satz
1 BGB zur Anwendung. Diese Vorschrift räumt dem Tatrich-ter bei der Auswahl des Betreuers kein Ermessen ein. Es ist die Person zum Betreuer zu bestellen, die der Betroffene wünscht. Der Wille des Betroffenen kann nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn die Bestellung der vorgeschlage-nen Person seinem Wohl zuwiderläuft. Dies setzt voraus, dass sich aufgrund einer umfassenden Abwägung aller relevanten Umstände Gründe von erhebli-chem Gewicht ergeben, die gegen die Bestellung der vorgeschlagenen Person sprechen. Es muss die konkrete Gefahr bestehen, dass der Vorgeschlagene die Betreuung des Betroffenen nicht zu dessen Wohl führen kann oder will (Se-natsbeschlüsse
vom 15.
September 2010 -
XII [X.] 166/10
-
FamRZ 2010, 1897 Rn.
20, vom 14.
August 2013 -
XII
[X.]
206/13
-
NJW-RR 2013, 1473 Rn.
8
und
vom 17.
September 2014 -
XII [X.] 220/14
-
FamRZ 2014, 1998 Rn.
21).
Die Annahme einer solchen konkreten Gefahr beruht auf einer Progno-seentscheidung des Gerichts, für die dieses sich naturgemäß auf Erkenntnisse stützen muss, die in der -
näheren oder auch weiter zurückliegenden
-
Vergan-genheit wurzeln. Soweit es um die Eignung der vorgeschlagenen Person geht, müssen diese Erkenntnisse geeignet sein, einen das Wohl des Betroffenen ge-fährdenden [X.] auch für die Zukunft und bezogen auf den von der Betreuung umfassten Aufgabenkreis zu begründen.
dd) Gemessen hieran kann die Entscheidung des [X.], den Beteiligten zu
1 entgegen dem von der Betroffenen geäußerten Vorschlag nicht (mehr) zum Betreuer zu bestellen, keinen Bestand haben.

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12
-
(1) Die Erwägungen des [X.] im Zusammenhang mit den Vorgängen in der zweiten Jahreshälfte 2012 sind nicht geeignet, die konkrete Gefahr zu begründen, dass der Beteiligte zu
1 die Betreuung nicht zum Wohl der Betroffenen führen kann
oder will.
Die
dahin gehende
Annahme des [X.] trifft für die vom Pflegeheim im Juli 2012 monierten Umstände schon deshalb auf Bedenken, weil sie sich jeweils auf Aufgaben (finanzielle Angelegenheiten, Gesundheits-fürsorge) beziehen, die nicht von der Betreuung erfasst sind. Vor allem
ist es aber nach den Feststellungen des [X.] nach einem [X.] Gespräch im Oktober 2012 insoweit zu keinerlei Beanstandungen mehr gekommen. Mithin fehlt es insoweit an einer ausreichenden
Grundlage für eine negative Eignungsprognose.
(2) Die Ausführungen des [X.] im Zusammenhang mit der genehmigungslosen Fixierung
der Betroffenen über den 20.
März 2013 hin-aus lassen zum Nachteil des Beteiligten zu
1 wesentliche Umstände außer Be-tracht und können die entgegen dem Betreuervorschlag der
Betroffenen vorge-nommene [X.] nicht begründen.
Zwar stellt es zweifelsfrei
eine Pflichtverletzung des Betreuers dar, wenn er verabsäumt, für eine freiheitsentziehende Maßnahme [X.]. §
1906 Abs.
4 BGB die gerichtliche Genehmigung einzuholen. Berücksichtigung muss aber vorliegend zum einen finden, dass das Amtsgericht seinerseits erst nach Ablauf der Genehmigung wegen einer "Verlängerung"
von Betreuung und Fixierungs-genehmigung nachgefragt
hatte. Zum anderen ist das Amtsgericht auch nach der jedenfalls durch das Pflegeheim -
und vom Beschwerdegericht unterstellt auch durch den Beteiligten zu 1
-
Anfang März 2013 erfolgten Mitteilung eines weiteren Genehmigungserfordernisses nicht nach §
331 FamFG tätig gewor-31
32
33
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-
13
-
den, sondern hat über eine weitere Fixierung erst rund vier Monate nach Mittei-lung des [X.] befunden. Zudem wurde die genehmigungslose Fixierung -
die nach den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen entgegen der Annahme des [X.] jedenfalls seit Mai 2013 nicht mehr mittels Bauchgurt, sondern durch einen Stecktisch erfolgte
-
nicht durch den Beteiligten zu
1, sondern durch das Pflegeheim vorgenommen. Dass es sich hierbei, wie die Rechtsbeschwerde mit Recht geltend macht, um eine zum Schutz der Betroffenen zwingend erforderliche Maßnahme handelte, ergibt sich
aus der im Juli 2013 erfolgten [X.] Genehmigung für die gesetzliche Höchstdauer von zwei Jahren. Bei dieser Sachlage -
die Fixie-rungsgenehmigung war beantragt, eine Fixierung der Betroffenen nötig
-
ist nicht ersichtlich, dass es dem Wohl der Betroffenen eher entsprochen hätte, wenn der Beteiligte zu
1 bis zur gerichtlichen Entscheidung eine Fixierung aktiv unterbunden hätte. Auch die
Beschwerdeentscheidung äußert sich nicht zu der nach Meinung des [X.] richtigen
Vorgehensweise.
(3) Soweit das Beschwerdegericht sich darauf stützt, dass mit einer [X.] Kooperation des Beteiligten zu
1 nicht zu rechnen sei, fehlt es bis-lang an Feststellungen, die diese Einschätzung tragen können. Die überaus kritischen Äußerungen des Beteiligten zu
1 zu einem "Netzwerk"
von [X.], Ärzten, Berufsbetreuern und Betreuungsgericht sprechen zwar dafür, dass sich die Zusammenarbeit mit ihm möglicherweise schwierig gestaltet. Dies steht für sich genommen einer Bestellung als Betreuer aber nicht entgegen. Dass der Beteiligte zu
1 im Rahmen des Betreuungsverfahrens notwendige Mitwirkungshandlungen unterlassen hat, ist nicht festgestellt. Die im Jahre 2012 unterbliebene Reaktion auf die gerichtliche Anfrage die Beanstandungen des Pflegeheims betreffend stand in keinem erkennbaren inhaltlichen Zusammen-hang mit den im Rahmen der Betreuung zu erledigenden Aufgaben. Zudem 35
-
14
-
hatte der Beteiligte zu
1 das Unterbleiben einer schriftlichen Stellungnahme er-klärt.
(4) Darüber hinaus setzt sich das Beschwerdegericht nicht damit ausei-nander, dass der Aufgabenkreis der Betreuung sich nicht auf die Genehmigung unterbringungsähnlicher Maßnahmen im Rahmen der [X.] beschränkt, sondern -
trotz der Vorsorgevollmacht, die die Bereiche "Aufenthalt und Wohnungsangelegenheiten"
abdeckt
-
die gesamte Aufenthaltsbestimmung
umfasst. Inwiefern ein das Wohl der Betroffenen gefährdender [X.] des Beteiligten zu
1 etwa hinsichtlich Entscheidungen über den gewöhnlichen Aufenthaltsort vorliegen soll, ist nicht ersichtlich.
36
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15
-
3. Der angefochtene Beschluss ist daher aufzuheben,
und die Sache ist an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.
Dieses wird gegebenenfalls
er-gänzende Feststellungen zu treffen und die im Rahmen des §
1897 Abs.
4 Satz
1 BGB erforderliche Gesamtabwägung unter Beachtung der Rechtsauffas-sung des Senats durchzuführen haben.
Dose Klinkhammer Günter

Botur Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 26.06.2013 -
52 [X.]/11 -

LG [X.], Entscheidung vom 22.10.2014 -
87 [X.] und 286/13 -

37

Meta

XII ZB 621/14

25.03.2015

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.03.2015, Az. XII ZB 621/14 (REWIS RS 2015, 13475)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 13475

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