Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 22.10.2019, Az. 1 ABR 11/18

1. Senat | REWIS RS 2019, 2384

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Gegenstand

Wegezeiten - Mitbestimmung des Betriebsrats


Leitsatz

Die Zeiten für das Zurücklegen selbstbestimmter außerbetrieblicher Wege zur und von der Arbeit gehören auch dann nicht zur täglichen Arbeitszeit iSv. § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG, wenn die Arbeitnehmer auf diesen Wegen notwendige betriebliche Mittel bei sich führen.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des [X.] vom 18. Oktober 2017 - 20 [X.] 1687/16 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die [X.]eteiligten streiten über das [X.]estehen eines Mitbestimmungsrechts für die dienstplanmäßige Verteilung außerbetrieblicher Wegezeiten.

2

Die Arbeitgeberin erbringt als Tochterunternehmen der [X.] ([X.]VG) [X.] im öffentlichen Personennahverkehr in [X.]erlin. Dabei bedient sie mit Fahrzeugen der [X.]VG und etwa 1.800 bei ihr beschäftigten Arbeitnehmern ganz oder teilweise 153 [X.]uslinien und fünf U-[X.]ahnlinien. Sie ist im Kommunalen Arbeitgeberverband [X.]erlin (KAV [X.]erlin) organisiert. In ihrem [X.]etrieb ist der am Verfahren zu 2. beteiligte [X.]etriebsrat errichtet.

3

Die Dienste der [X.] beginnen oder enden bei entsprechendem Umlauf der [X.]uslinie auf dem [X.]etriebshof, anderenfalls an festgelegten Ablöseorten (Einsatz- und Aussetzorte) auf der jeweiligen Strecke. [X.] gilt für die Dienste der U-[X.]ahnfahrer. Das Fahrpersonal führt auf dem Weg von und zur Arbeit diverse Ausweisdokumente sowie ein von der Arbeitgeberin gestelltes Smartphone bei sich, dessen private Nutzung gestattet ist. Im Übrigen ist es verpflichtet, den Dienst mit bestimmten Arbeitsmitteln anzutreten, welche die Fahrer mangels von der Arbeitgeberin vorgehaltener Rüststellen auf den Wegen zur und von der Arbeit bei sich tragen. [X.]ei den U-[X.]ahnfahrern umfasst das Fahrer-, Tor- und [X.], [X.], Warnweste, [X.] und Signalpfeife; bei den [X.]n ein Fahrerabrechnungsmodul, einen Geldwechsler, 30,00 Euro Wechselgeld, Ersatzfahrscheinrollen, Dreikant-/Vierkant- und [X.] sowie Fahrtbericht und Unfallformular. Die Fahrgeldeinnahmen eines Dienstes können die [X.] nach ihrer Schicht zur Kasse bringen und dort abrechnen; nach längstens acht Kalendertagen oder bei einem Kassenstand von mehr als 400,00 Euro sind sie hierzu verpflichtet. Die hierfür aufgewandte [X.] wird pauschal vergütet (sog. Abrechnungsstunde).

4

Nach der von der Arbeitgeberin sowie dem KAV [X.]erlin mit [X.] - [X.] ([X.]) getroffenen „Anwendungsvereinbarung ([X.]) für die [X.]“ vom 9. Juli 2007 (in der Fassung der 2. Änderung vom 22. Mai 2013) gilt für sie - ebenso wie für die [X.]VG - der vom KAV [X.]erlin und [X.] geschlossene Tarifvertrag zur Regelung der Arbeitsbedingungen bei den [X.] im Land [X.]erlin (TV-N [X.]erlin). Nach dessen § 8 Abs. 1 Satz 1 beträgt die regelmäßige [X.] durchschnittlich 39 - für [X.] 36,5 (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Anlage 6 TV-N [X.]erlin) - Stunden. § 9 TV-N [X.]erlin regelt „[X.]esondere Arbeitsbedingungen bei Einsatz“ [X.]. „als [X.], U-[X.]ahnfahrer“ und enthält [X.]. [X.]estimmungen zu Dienstschichten und Pausenregelungen. Entsprechend der Protokollerklärung zu § 9 Abs. 1 TV-N [X.]erlin zählen zur [X.] „insbesondere Lenkzeiten, Vorbereitungs- und Abschlusszeiten sowie betrieblich veranlasste Wegezeiten“. Gemäß § 9 Abs. 5 TV-N [X.]erlin wird „[f]ür die Vorbereitungs- und Abschlusszeiten … die notwendige [X.] in die [X.] eingerechnet und im Dienstplan ausgewiesen“.

5

Am 14. Dezember 2016 schlossen der KAV [X.]erlin und [X.] den Tarifvertrag über Rahmenbedingungen der Nutzung von Dienstkleidung und das Mitführen von Arbeitsmitteln ([X.]). Er lautet auszugsweise:

        

Vorbemerkung

        

Die Tarifvertragsparteien verfolgen das gemeinsame Ziel, den besonderen Arbeitsbedingungen der [X.]eschäftigten im Sinne des Tarifvertrags unter den Gegebenheiten des öffentlichen Personennahverkehrs in [X.]erlin gerecht zu werden. Die neueren Entwicklungen in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung werden dabei berücksichtigt. Einer dieser besonderen Umstände liegt in der Vielzahl von Einsetz- und Ablöseorten im Stadtgebiet, die es unmöglich macht, an sämtlichen dienstplanmäßigen Arbeitsplätzen, insbesondere Einsetz- und Ablöseorten des Fahrpersonals, Arbeitsmittel auszuhändigen und in Empfang zu nehmen sowie dort Umkleidemöglichkeiten bereit zu halten. Die Tarifvertragsparteien stimmen darin überein, dass diesen besonderen Gegebenheiten und den Interessen der [X.]eschäftigten durch ein Pauschalentgelt für den zeitlichen Aufwand und etwaigen Einschränkungen durch das Tragen von Dienstkleidung und das Mitführen von Arbeitsmitteln angemessen Rechnung getragen wird.

        

§ 1     

        

Geltungsbereich und Verhältnis zum TV-N [X.]erlin

        

(1)     

Der vorliegende Tarifvertrag ergänzt den TV-N [X.]erlin und geht diesem, soweit er Regelungen trifft, als spezieller Tarifvertrag vor.

        

(2)     

Dieser Tarifvertrag gilt für [X.]eschäftigte der [X.]VG - Anstalt des öffentlichen Rechts (‚[X.]VG‘) - und der [X.] (‚[X.]T‘) im Sinne von § 2 Abs. 1 dieses Tarifvertrags.

                 

…       

        

§ 2     

        

[X.]egriffsbestimmungen

        

(1)     

‚[X.]eschäftigte‘ im Sinne dieses Tarifvertrags sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Auszubildende, die durch eine Dienst- oder [X.]etriebsvereinbarung zum Tragen von Dienstkleidung verpflichtet werden oder denen die Nutzung von Dienstkleidung durch eine solche Dienst- oder [X.]etriebsvereinbarung auf freiwilliger [X.]asis angeboten wird.

                 

…       

        

(4)     

‚Arbeitsmittel‘ im Sinne dieses Tarifvertrags sind diejenigen Gegenstände, die von den [X.]eschäftigten zur ordnungsgemäßen Dienstdurchführung mitgeführt werden müssen. Dazu zählen auch Wechselgeld und Fahrgeldeinnahmen. Die Arbeitsmittel werden durch [X.]VG und [X.]T entsprechend den betrieblichen Erfordernissen festgelegt.

        

(5)     

‚[X.]egleitzeiten‘ im Sinne dieses Tarifvertrags sind sämtlicher zeitlicher Aufwand sowie etwaige [X.]elastungen, die den [X.]eschäftigten über die Dienstschichten (§ 9 Abs. 1 TV-N [X.]erlin) und Vorbereitungs- und Abschlusszeiten (§ 9 Abs. 5 TV-N [X.]erlin) hinaus durch die Nutzung von Dienstkleidung und das Mitführen und Verwahren von Arbeitsmitteln entstehen. …

        

§ 4     

        

[X.] und Dienstplanung, Vergütung

        

(1)     

[X.]egleitzeiten im Sinne dieses Tarifvertrags zählen nicht zur regelmäßigen [X.] im Sinne von § 8 Abs. 1 TV-N [X.]erlin und von § 4 Abs. 1 der Anlage 6 zum TV-N [X.]erlin. Sie sind nicht Teil der Dienstschichten (§ 9 Abs. 1 TV-N [X.]erlin) und der planmäßigen Dienste (§ 9 Abs. 7 TV-N [X.]erlin) und sind nicht in den Dienstplänen auszuweisen.

        

(2)     

[X.]egleitzeiten werden ausschließlich nach Maßgabe dieses Tarifvertrags vergütet. [X.]egleitzeiten finden keinen Eingang in für die [X.]eschäftigten geführte [X.]konten und lösen keine Zuschläge aus. Dies gilt unabhängig davon, ob einzelne der von diesem Tarifvertrag erfassten [X.]egleitzeiten als zu vergütende [X.] im Sinne des TV-N [X.]erlin anzusehen sind oder nicht. Die Vergütungsregelungen des vorliegenden Tarifvertrags gehen den Regelungen des TV-N [X.]erlin in jedem Fall vor.“

6

Im [X.]etrieb der Arbeitgeberin gilt die - auf einem Spruch der Einigungsstelle vom 13. Juli 2016 beruhende - „[X.]etriebsvereinbarung Kleidungsordnung 02/2016“. Nach deren § 3 Abs. 1 sind die Mitarbeiter des Fahrdienstes „verpflichtet und berechtigt, während der gesamten Dienstzeit private Kleidung nach Maßgabe dieser [X.]etriebsvereinbarung“ zu tragen; „[a]lternativ kann der Dienst auf Wunsch des Mitarbeiters in [X.]T-Kleidung abgeleistet werden, die auf Antrag zur Verfügung gestellt wird. Eine Verpflichtung zum Tragen der [X.]T-Kleidung besteht nicht“. In der „[X.]etriebsvereinbarung [X.]V 05/2015 ‚Vor- und Nachbereitungszeiten‘ (Neufassung)“ haben die [X.]eteiligten für die [X.]ereiche „Omnibus“ und „U-[X.]ahn“ als „Vor- und Nachbereitungszeiten“ die Gewährung bestimmter [X.]werte festgelegt. Im Übrigen sind [X.]. die Grundsätze der Dienstplanerstellung sowie der Mitbestimmung des [X.]etriebsrats bei der konkreten Dienstplanung in der „[X.]etriebsvereinbarung [X.] und Dienstplangestaltung [X.]V 04/2015“ ([X.]V [X.]) vom 30. April 2015 näher ausgestaltet. Nach deren § 10 - Konfliktlösung bei Meinungsverschiedenheiten - ist eine ständige Einigungsstelle eingerichtet, welche vom [X.]etriebsrat im März 2016 wegen eines Konflikts über den beabsichtigten Dienstplan „[X.] vom 27. März - 2. April 2016“ angerufen wurde. Der [X.]etriebsrat stellte sich auf den Standpunkt, die Wegezeiten des Fahrpersonals vom und zum Arbeitsort müssten in die Dienstplangestaltung einfließen, weil keine Möglichkeit bestehe, die von der Arbeitgeberin zum Dienstantritt verlangten [X.]etriebsmittel innerbetrieblich zu verwahren. Nach Erörterung der unterschiedlichen Rechtsansichten stimmte er dem Dienstplan zu, äußerte aber die Erwartung, dass die Arbeitgeberin spätestens ab Mai 2016 die Wegezeiten in den Dienstplänen ausweise.

7

In dem daraufhin von der Arbeitgeberin eingeleiteten Verfahren hat diese im Wesentlichen geltend gemacht, die Wegezeiten von und zu den [X.]en seien keine bei der Dienstplangestaltung zu berücksichtigenden [X.]en. Dies folge aus dem [X.], der die zeitlichen Aufwände und etwaigen [X.]elastungen der [X.]eschäftigten wegen des Mitführens von Arbeitsmitteln auf den Wegen zu und von der Arbeit abschließend regele.

8

Die Arbeitgeberin hat - soweit für die Rechtsbeschwerde noch von [X.]edeutung - beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Wegezeiten von der Wohnung oder dem jeweiligen Aufenthaltsort der [X.]eschäftigten des Fahrpersonals zum Einsatz-/Ablöseort und vom Aussetz-/Ablöseort zur Wohnung oder dem jeweiligen Aufenthaltsort der [X.]eschäftigten des Fahrpersonals keine [X.] im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne sind und nicht der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 [X.]etrVG unterliegen;

        

2.    

festzustellen, dass die Dienstpläne für das Fahrpersonal nach der [X.]etriebsvereinbarung [X.] und Dienstplangestaltung [X.]V 04/2015 vom 30. April 2015 ohne [X.]erücksichtigung der im Antrag zu 1. genannten Wegezeiten zu erstellen sind.

9

Der [X.]etriebsrat hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, wegen des von der Arbeitgeberin angeordneten und allein deren Interessen dienenden Mitführens notwendiger Arbeitsmittel sei die Verteilung der streitbefangenen [X.]en mitbestimmungspflichtig. Der [X.] sei - wenn er denn überhaupt wirksam sei - mitbestimmungsrechtlich unbeachtlich.

Das Arbeitsgericht hat den Anträgen - einschließlich noch weitergehender, zu 3. und zu 4. von der Arbeitgeberin angebrachter [X.]egehren - stattgegeben. Das [X.] hat auf die - auch einen [X.] umfassende - [X.]eschwerde des [X.]etriebsrats die Anträge zu 3. und 4. abgewiesen und die [X.]eschwerde im Übrigen zurückgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der [X.]etriebsrat das Ziel der vollständigen Antragsabweisung weiter.

[X.]. Die - eine Abweisung seines [X.]s von vornherein nicht umfassende - Rechtsbeschwerde des [X.]etriebsrats ist zulässig, aber unbegründet. Dessen [X.]eschwerde gegen die arbeitsgerichtliche Entscheidung - soweit für die Rechtsbeschwerde noch von Interesse - hat das [X.] zu Recht zurückgewiesen.

I. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Entgegen der Ansicht der Arbeitgeberin genügt ihre [X.]egründung den gesetzlichen Anforderungen (§ 94 Abs. 2 Satz 2 ArbGG).

1. Nach § 94 Abs. 2 Satz 2 ArbGG muss die Rechtsbeschwerdebegründung angeben, inwieweit die Abänderung des angefochtenen [X.]eschlusses beantragt wird, welche [X.]estimmungen verletzt sein sollen und worin die Verletzung bestehen soll. [X.]ei einer Sachrüge sind nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]uchst. a ZPO die Umstände zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergeben soll. Dabei muss die Rechtsbeschwerdebegründung den Rechtsfehler des [X.]s so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des rechtsbeschwerderechtlichen Angriffs erkennbar sind. Dies erfordert eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung. Der Rechtsbeschwerdeführer muss darlegen, warum er die [X.]egründung des [X.]eschwerdegerichts für unrichtig hält ([X.]AG 15. April 2014 - 1 A[X.]R 80/12 - Rn. 11).

2. Entsprechendes hat der [X.]etriebsrat ausgeführt. Das [X.] hat es im Ergebnis dahinstehen lassen, ob die Wegezeiten von und zur Arbeit allein deshalb als [X.] im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn zu beurteilen sind, weil das Fahrpersonal hierbei [X.]etriebsmittel mitführen muss. Es hat argumentiert, im Hinblick auf die wirksamen und abschließenden tariflichen Regelungen sei für Mitbestimmungsrechte des [X.]etriebsrats kein Raum mehr. Hiergegen hat sich der [X.]etriebsrat mit ausreichend vorgebrachten Sachrügen gewandt. Er hat sich dabei auch - anders als die Arbeitgeberin meint - hinreichend mit der Auffassung des [X.]s auseinandergesetzt, die Wegezeiten seien bei der Erstellung der Dienstpläne nicht zu berücksichtigen. Hiergegen hat er angeführt, diese [X.]en mögen nicht planbar sein; dies schließe aber nicht aus, sie bei der Dienstplangestaltung zu berücksichtigen.

II. In der Sache hat die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben dem negativen Feststellungsantrag zu 1. zu Recht entsprochen. Über den Feststellungsantrag zu 2. hatte der [X.] nicht zu befinden, nachdem die Arbeitgeberin im Termin zur mündlichen Anhörung klargestellt hat, dass dieser als echter Hilfsantrag zu verstehen ist.

1. Der zulässige Feststellungsantrag zu 1. ist begründet.

a) Er ist - in der gebotenen Auslegung - zulässig.

aa) Mit ihm will die Arbeitgeberin die Feststellung erreichen, dass die im Antrag genannten [X.]en, welche von dem bei der Arbeitgeberin beschäftigten Fahrpersonal aufgewandt werden, nicht der Mitbestimmung des [X.]etriebsrats unterliegen. Die Angelegenheit, auf die sich die erstrebte Negativfeststellung bezieht, ist mit [X.]en für Wege „von der Wohnung oder dem jeweiligen Aufenthaltsort … zum [X.] und vom [X.] zur Wohnung oder dem jeweiligen Aufenthaltsort“ beschrieben. Das stellt abstrahiert den Sachverhalt dar, für den der [X.]etriebsrat ein Mitbestimmungsrecht beansprucht. Die im Antragswortlaut verwandte Formulierung „keine [X.] im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne sind“ und das Nennen der Vorschrift des § 87 Abs. 1 Nr. 2 [X.]etrVG enthalten keine eigenständigen [X.]egehren. Sie bringen lediglich eine rechtliche [X.]ewertung zum Ausdruck.

bb) Mit diesem Inhalt ist der Antrag hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die von ihm erfassten Sachverhaltsgestaltungen stehen mit der notwendigen Eindeutigkeit fest. Insoweit besteht auch kein Streit der [X.]etriebsparteien über das inhaltliche Verständnis der betrieblichen Verortung von „[X.]“ bzw. „[X.]“.

cc) Die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO sind erfüllt. Ausgehend vom Anlassfall für den Streit der [X.]eteiligten - das Aufstellen des [X.] „[X.] vom 27. März - 2. April 2016“ als Gegenstand einer Sitzung der ständigen Einigungsstelle - ist ersichtlich, dass die [X.]etriebsparteien nicht darüber streiten, wie bereits mitbestimmte betriebliche [X.]festlegungen zu verstehen sind. Die erstrebte negative Feststellung der Arbeitgeberin zielt auf ein Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Hierfür hat sie das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche besondere Feststellungsinteresse, denn der [X.]etriebsrat hat eine Mitbestimmung der streitbefangenen Konstellationen ausdrücklich beansprucht.

b) Der Feststellungsantrag zu 1. ist begründet. Die Verteilung von [X.]en, die das Fahrpersonal für das individuelle Zurücklegen der Strecke zwischen Wohnung bzw. jeweiligem Aufenthaltsort zum [X.] und vom [X.] zur Wohnung oder jeweiligem Aufenthaltsort braucht, ist nicht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 [X.]etrVG mitbestimmungspflichtig. Ob dies aus den Vorgaben des TV-N [X.]erlin und [X.] folgt, kann offenbleiben. Die betreffenden Wegezeiten der Fahrer sind trotz des erforderlichen Mitführens von Arbeitsmitteln und des - ohnehin freigestellten - Tragens einer Dienstkleidung schon keine [X.] im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn. Es handelt sich vielmehr um durch die private Lebensführung bestimmte [X.]spannen, deren verteilende Ausgestaltung keiner Mitbestimmung zugänglich ist.

aa) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 [X.]etrVG hat der [X.]etriebsrat mitzubestimmen bei der Festlegung von [X.]eginn und Ende der täglichen [X.] einschließlich der Pausen sowie der Verteilung der [X.] auf die einzelnen Wochentage. Der [X.]egriff der betriebsverfassungsrechtlichen „[X.]“ in § 87 Abs. 1 Nr. 2 [X.]etrVG ist - ebenso wie der in § 87 Abs. 1 Nr. 3 [X.]etrVG - nicht gänzlich deckungsgleich mit dem [X.]egriff der vergütungspflichtigen [X.], der [X.] nach dem [X.] oder dem nach der Richtlinie 2003/88/[X.] und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der [X.]gestaltung - [X.]richtlinie - ([X.]AG 14. November 2006 - 1 A[X.]R 5/06 - Rn. 26, [X.]AGE 120, 162). Er bestimmt sich vielmehr nach dem Zweck des Mitbestimmungsrechts (vgl. dazu [X.]AG 17. November 2015 - 1 A[X.]R 76/13 - Rn. 24 mwN, [X.]AGE 153, 225). [X.] iSv. § 87 Abs. 1 Nr. 2 [X.]etrVG ist die [X.], während derer der Arbeitnehmer die von ihm in einem konkreten zeitlichen Umfang geschuldete Arbeitsleistung tatsächlich zu erbringen hat (vgl. [X.]AG 22. August 2017 - 1 A[X.]R 4/16 - Rn. 19 mwN, [X.]AGE 160, 49). Diese richtet sich nach der vertraglichen oder tarifvertraglichen Vereinbarung. Es geht um die Festlegung des [X.]raums, während dessen der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer die Erfüllung seiner vertraglichen Hauptleistungspflichten verlangen und dieser sie ihm ggf. mit der Folge des § 293 [X.]G[X.] anbieten kann (vgl. [X.]AG 17. November 2015 - 1 A[X.]R 76/13 - Rn. 24, aaO). „Arbeit“ ist eine Tätigkeit, die als solche der [X.]efriedigung eines fremden [X.]edürfnisses dient ([X.]AG 14. November 2006 - 1 A[X.]R 5/06 - Rn. 28 mwN, aaO).

bb) Der Umfang des - mitbestimmt zu verteilenden - [X.]volumens unterliegt dagegen nicht der Mitbestimmung des [X.]etriebsrats (vgl. [X.]AG 22. Juli 2003 - 1 A[X.]R 28/02 - zu [X.] II 2 b aa der Gründe, [X.]AGE 107, 78). Ebenso wenig ist die rechtliche [X.]ewertung von [X.]spannen oder bestimmten Tätigkeiten als [X.] möglicher Gegenstand betrieblicher Regelungen (vgl. [X.]AG 22. Juli 2003 - 1 A[X.]R 28/02 - zu [X.] II 2 b aa der Gründe, aaO; 29. Oktober 2002 - 1 [X.]/01 - zu I 3 b dd der Gründe, [X.]AGE 103, 197). Diese Fragen sind ggf. auch unter Heranziehung und Auslegung einschlägiger tariflicher oder arbeitsvertraglicher Regelungen zu beantworten (Wiese/Gutzeit GK-[X.]etrVG 11. Aufl. § 87 Rn. 311; vgl. auch [X.] 29. Aufl. § 87 Rn. 114).

cc) Hiervon ausgehend handelt es sich bei den im Antrag zu 1. benannten [X.]en nicht um [X.] iSv. § 87 Abs. 1 Nr. 2 [X.]etrVG.

(1) Es kann unentschieden bleiben, ob dies - wovon das [X.] ausgegangen ist - bereits aus den einschlägigen tariflichen Vorgaben folgt. Der Umfang der betrieblichen und damit iSv. § 87 Abs. 1 Nr. 2 [X.]etrVG verteilfähigen [X.] bestimmt sich zwar nach dem TV-N [X.]erlin sowie nach dem - seine Wirksamkeit und sein Inkrafttreten vorausgesetzt - [X.]. Auch spricht vieles dafür, dass das danach tariflich vorgegebene [X.]maß die streitbefangenen [X.]en als sog. [X.]egleitzeiten iSv. § 2 Abs. 5 Punkt 3 und Punkt 5 [X.] nicht erfasst, denn nach § 4 Abs. 1 [X.] gehören sie weder zur regelmäßigen [X.] noch sind sie Teil der Dienstschichten iSv. § 9 Abs. 1 TV-N [X.]erlin und der planmäßigen Dienste iSv. § 9 Abs. 7 TV-N [X.]erlin. Damit unterfielen sie jedoch nicht der Regelungskompetenz der [X.]etriebsparteien. Das folgte allerdings nicht aus dem Tarifvorbehalt des § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. [X.]etrVG, sondern aus dem Umstand, dass der [X.]etriebsrat das [X.]volumen nicht mitbestimmt, sondern dieses aufgrund vertraglicher oder tarifvertraglicher Absprachen vorgegeben ist.

(2) Ungeachtet dieser Erwägungen handelt es sich bei den verfahrensgegenständlichen [X.]en aber schon nicht um [X.] iSv. § 87 Abs. 1 Nr. 2 [X.]etrVG.

(a) Durch das bloße Zurücklegen des Weges von der Wohnung (oder einem anderen, selbst gewählten Aufenthaltsort) zur Arbeitsstelle und zurück erbringt der Arbeitnehmer keine Arbeit (vgl. - zur Vergütungspflicht - [X.]AG 25. April 2018 - 5 [X.] - Rn. 18 mwN). Diese Wegezeiten sind nicht [X.]en, sondern gehören dem außerdienstlichen [X.]ereich privater Lebensführung an ([X.]AG 17. Jan[X.]r 2012 - 1 A[X.]R 45/10 - Rn. 30, [X.]AGE 140, 223). Ob überhaupt und in welchem Umfang sie anfallen, hängt maßgeblich davon ab, welchen Wohn- oder Aufenthaltsort der Arbeitnehmer vor Dienstbeginn bzw. nach Dienstende selbstbestimmt wählt (vgl. [X.]AG 27. Juli 2016 - 7 [X.] - Rn. 19). Zudem ist er frei in seiner Entscheidung über [X.]eginn und Verlauf der Wegstrecke sowie in der Wahl des Fortbewegungsmittels. Das zwangsläufig variierende Volumen der Wegezeiten ist damit allein von den individuellen und aktuellen Entscheidungen des Arbeitnehmers beeinflusst.

(b) Die zeitlichen Aufwände für das Zurücklegen des Weges von der Wohnung (oder einem anderen Aufenthaltsort) zur Arbeitsstelle und zurück verschließen sich auch jeglicher Pauschalierung, denn die sie bestimmenden außerbetrieblichen Umstände unterfallen nicht der Regelungskompetenz der [X.]etriebsparteien. Das Verhalten eines Arbeitnehmers im privaten Lebensbereich steht grundsätzlich außerhalb der Einflusssphäre des Arbeitgebers ([X.]AG 23. Oktober 2008 - 2 [X.] - Rn. 58). Entsprechend vermag es auch nicht mitbestimmt gestaltet zu werden (vgl. [X.]AG 18. Juli 2006 - 1 [X.] - Rn. 24 mwN, [X.]AGE 119, 122; zur Erwerbstätigkeit eines Arbeitnehmers bei einem anderen Arbeitgeber während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses [X.]AG 5. Mai 2015 - 1 [X.] - Rn. 11).

(c) Dass das Fahrpersonal während der streitbefangenen [X.]en Arbeitsmittel bei sich führt, ist für die [X.]ewertung der Wegezeiten ohne [X.]elang. Das Mitführen rein betrieblicher Mittel - zu denen allerdings das auch privat nutzbare Smartphone sowie die Ausweisdokumente und [X.] von vornherein nicht zählen - beruht darauf, dass das Fahrpersonal den Dienst mit dieser Ausrüstung anzutreten hat, die Arbeitgeberin aber keine (inner-)betrieblichen Rüststellen vorhält. Auf solche, die Arbeitnehmer belastenden - ggf. auch unwirksame Weisungen - seitens des Arbeitgebers erstreckt sich das Schutzkonzept des § 87 Abs. 1 Nr. 2 [X.]etrVG nicht. Es ist rein zeitbezogen. Wegezeiten vermögen daher nur dann zur verteilungsfähigen [X.] zu gehören, wenn sie als zeitliche Komponente vom Arbeitgeber vorgegeben werden. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer bei einer Arbeitsaufnahme im [X.]etrieb innerbetriebliche Wege zum Arbeitsplatz zurücklegen muss oder wenn er ausgehend vom [X.]etrieb auswärtige [X.]etriebsstätten oder Kunden aufzusuchen hat. In einer solchen Konstellation stellt auch die erforderliche [X.] für das Zurücklegen von innerbetrieblichen Wegen im Zusammenhang mit der Entgegennahme und der Abgabe von arbeitsnotwendigen [X.]etriebsmitteln betriebliche [X.] iSv. § 87 Abs. 1 Nr. 2 [X.]etrVG dar (dazu [X.]AG 17. November 2015 - 1 A[X.]R 76/13 - Rn. 40, [X.]AGE 153, 225).

(d) Absolviert das Fahrpersonal die streitbefangenen Wege mangels betrieblich vorgehaltener Umkleidestellen ggf. „in [X.]T-Kleidung“, gebietet dies ebenfalls keine andere [X.]eurteilung. Auch insoweit trägt das Schutzkonzept des § 87 Abs. 1 Nr. 2 [X.]etrVG keine Mitbestimmung des [X.]etriebsrats. Ungeachtet dessen ist dem Fahrpersonal das Tragen einer Dienstkleidung nicht verpflichtend vorgegeben.

(e) Die streitbefangenen [X.]en gehören schließlich nicht deshalb zur [X.] im mitbestimmungsrechtlichen Sinn, weil nach § 5 [X.] - dessen Wirksamkeit vorausgesetzt - ein monatliches Pauschalentgelt „zur vollständigen Abgeltung der [X.]egleitzeiten“ gezahlt wird. Die Vergütungspflicht bestimmter [X.]en und [X.]elastungen ist für deren Einordnung als [X.] im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn nicht ausschlaggebend.

(3) [X.] Erwägungen führen zu keinem anderen Ergebnis. Soweit der [X.]etriebsrat auf die Entscheidung des [X.]s der [X.] ([X.]) vom 10. September 2015 (- [X.]/14 - [[X.]]) abhebt, wonach unter bestimmten Umständen die Fahrzeit für die täglichen Fahrten zwischen dem Wohnort des Arbeitnehmers und dem Standort des ersten und letzten Kunden eines Arbeitstags [X.] iSd. Art. 2 Nr. 1 der [X.]richtlinie sein kann, verkennt er, dass das Fahrpersonal während der außerbetrieblichen Wege zum und vom Dienst keinen Anweisungen der Arbeitgeberin unterliegt (so aber in dem vom [X.] entschiedenen Fall; vgl. dort Rn. 39). Unabhängig davon ist der [X.]egriff der [X.] iSv. § 87 Abs. 1 Nr. 2 [X.]etrVG nicht deckungsgleich mit dem der [X.]richtlinie. Allein zu letzterem - arbeitsschutzrechtlichem - Aspekt hat sich der [X.] verhalten.

2. Das Feststellungsbegehren zu 2. ist nicht zur Entscheidung angefallen. Dieses hat die Arbeitgeberin - wie sie im Termin zur Anhörung vor dem [X.] klargestellt hat - im Sinn einer strikt anlassfallbezogenen Formulierung lediglich hilfsweise angebracht.

        

    Schmidt    

        

    Ahrendt    

        

    K. Schmidt    

        

        

        

    Klebe    

        

    Rose    

                 

Meta

1 ABR 11/18

22.10.2019

Bundesarbeitsgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG Berlin, 1. September 2016, Az: 38 BV 5167/16, Beschluss

§ 87 Abs 1 Nr 2 BetrVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 22.10.2019, Az. 1 ABR 11/18 (REWIS RS 2019, 2384)

Papier­fundstellen: MDR 2020, 355-356 REWIS RS 2019, 2384

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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