Bundesgerichtshof, Urteil vom 07.03.2012, Az. XII ZR 13/10

12. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 8466

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Gegenstand

Verpflichtung des Erstehers eines vermieteten Grundstücks zur Rückzahlung der Mietsicherheit


Leitsatz

Auf den Ersteher eines vermieteten Grundstücks geht die Verpflichtung zur Rückzahlung der Mietsicherheit an den Mieter kraft Gesetzes auch dann über, wenn der insolvent gewordene Voreigentümer die vom Mieter erhaltene Mietsicherheit nicht getrennt von seinem sonstigen Vermögen angelegt hatte.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil der 6. Zivilkammer des [X.] vom 22. Dezember 2009 aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 14. Januar 2009 wird zurückgewiesen.

Der Beklagten werden die Kosten der [X.] auferlegt.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger mietete gewerbliche Räume. Er zahlte eine vereinbarte Mietsicherheit von 813,14 € an den Vermieter, die dieser nicht getrennt von seinem sonstigen Vermögen anlegte. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Vermieters erstand die Beklagte die durch den Insolvenzverwalter versteigerte Immobilie. Der Kläger verlangt von der Beklagten unter anderem die Auszahlung der inzwischen rückzahlungsreifen Mietsicherheit.

2

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] die Klage insoweit abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom [X.] zugelassene Revision des [X.].

Entscheidungsgründe

3

Die zulässige Revision hat Erfolg und führt zur Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

I.

4

Das [X.] hat zur Begründung seiner in [X.], 361 veröffentlichten Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Der Anspruch auf Rückzahlung der Mietsicherheit bestehe nicht oder sei wenigstens nicht fällig. Zwar sei die Beklagte gemäß § 566 a Satz 1 BGB in die Verpflichtung des [X.] eingetreten; die Vorschrift gelte nach § 57 [X.] auch im Falle des Erwerbs im Wege der Zwangsversteigerung. Dieser Grundsatz erfahre aber eine Ausnahme, wenn die Mietsicherheit vom vorherigen Vermieter nicht [X.] angelegt worden und der Rückzahlungsanspruch daher zu einer Insolvenzforderung geworden sei. Denn es sei grundsätzlich Sache des Mieters, auf eine vom sonstigen Vermögen des Vermieters getrennte, [X.] angelegte Mietsicherheit zu achten. Demgegenüber habe der Erwerber keine Möglichkeit, die Mietsicherheit vom insolventen Voreigentümer heraus zu verlangen. Dem Mieter stehe gegenüber dem Erwerber zumindest insoweit und so lange kein Rückzahlungsanspruch zu, wie der Erwerber seinerseits an der Durchsetzung seines Anspruchs gegenüber dem Veräußerer auf Auskehrung der Mietsicherheit insolvenzrechtlich gehindert sei.

II.

5

Diese Ausführungen halten einer revisionsgerichtlichen Nachprüfung nicht stand.

6

Nach § 44 Abs. 1 [X.] wird bei der Versteigerung nur ein solches Gebot zugelassen, durch welches die dem Anspruch des Gläubigers vorgehenden Rechte sowie die aus dem [X.] zu entnehmenden Kosten des Verfahrens gedeckt werden (geringstes Gebot). Darüber hinaus stellen die Versteigerungsbedingungen fest, in welche weiteren Pflichten der Ersteher eintritt. Zu diesen Pflichten gehört gemäß § 57 [X.] die Verpflichtung zur Rückzahlung einer vom Mieter gewährten Sicherheit (§§ 566 a, 578 Abs. 1, 2 BGB). Das im Versteigerungstermin abzugebende [X.] setzt die Erfüllung sämtlicher nach den Versteigerungsbedingungen zu übernehmenden Pflichten voraus.

7

Mit dem Zuschlag geht die Pflicht für die Rückzahlung der Mietsicherheit kraft Gesetzes auf den Ersteher über. Dieser hat die Verpflichtung bei eintretender [X.] zu erfüllen. Ob und unter welchen Voraussetzungen der Ersteher seinerseits anschließend bei dem Voreigentümer Rückgriff nehmen kann (vgl. etwa [X.] Urteil vom 9. Juni 2010 - [X.]/09 - NJW-RR 2010, 1237 Rn. 21), mag dahinstehen. Die Pflicht zur Erfüllung der in die Versteigerungsbedingungen fallenden Mieterrechte hängt davon nicht ab. Deswegen erübrigen sich die weiteren Erwägungen des [X.]s.

8

Die mieterschützende Vorschrift des § 566 a BGB enthält die nach früherem Recht (§ 572 BGB aF) gegebene Tatbestandsvoraussetzung, dass die Sicherheit dem Erwerber ausgehändigt wird oder dieser dem früheren Vermieter gegenüber die Verpflichtung zur Rückgewähr übernimmt, nicht mehr. Durch die geänderte Vorschrift wird der Erwerber dem Mieter gegenüber zur Rückzahlung der Sicherheit ohne Rücksicht darauf verpflichtet, ob er die Mietsicherheit vom früheren Vermieter ausgehändigt bekommen hat oder noch erhalten kann. Nach der gesetzlichen Wertung des § 566 a BGB übernimmt er damit auch das Insolvenzrisiko des früheren Vermieters, wenn dieser die Mietsicherheit weder [X.] angelegt hat noch an den Erwerber aushändigt. Die ungeschmälerte Rückzahlungspflicht des Erwerbers besteht in einem solchen Fall fort ([X.] Mietrecht 9. Aufl. § 551 BGB Rn. 111; [X.]/Häublein 5. Aufl. § 566 a Rn. 13; [X.]/Gather Mietrecht 9. Aufl. § 566 a Rn. 24; Zipperer [X.] 2007, 388, 392; [X.]/[X.] Miete 3. Aufl. § 566 a Rn. 30; [X.]/[X.] [X.] § 57 Rn. 27; Stöber [X.] 19. Aufl. § 57 Rn. 4.6; [X.] [X.] 5. Aufl. § 57 Rn. 3; [X.]/[X.]/[X.] [X.] 13. Aufl. § 57 Rn. 14; [X.], 239, 244), ebenso wie ein Erwerber, an den das Grundstück vom Insolvenzverwalter veräußert wird, für die Rückzahlung haftet (vgl. [X.]/[X.] BGB [2011] § 566 a Rn. 7; MünchKommInsO/[X.] 2. Aufl. § 111 Rn. 11; [X.]/[X.] Mietverhältnisse in der Insolvenz 2. Aufl. Rn. 254; [X.], 568, 578; [X.], 149). Der Gesetzgeber hat damit der Sache nach eine Belastung des vermieteten Grundstücks geschaffen ([X.]/Häublein 5. Aufl. § 566 a Rn. 13).

Hahne                                                 Weber-Monecke                                                  Klinkhammer

                         Schilling                                                          [X.]

Meta

XII ZR 13/10

07.03.2012

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Braunschweig, 22. Dezember 2009, Az: 6 S 60/09 (015)

§ 566a BGB, § 578 BGB, § 57 ZVG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 07.03.2012, Az. XII ZR 13/10 (REWIS RS 2012, 8466)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 8466

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

XII ZR 13/10

Zitiert

VIII ZR 189/09

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