Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.04.2018, Az. 3 StR 644/17

3. Strafsenat | REWIS RS 2018, 11304

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:040418B3STR644.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 644/17
vom
4. April 2018
in der Strafsache
gegen

wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln

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Der 3.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] -
zu 2. auf dessen Antrag
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am 4. April 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 10. August 2017 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a)
soweit das [X.] von der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen hat,
b)
im Ausspruch über die Einziehung der sichergestellten Mobilfunkgeräte ([X.], [X.], [X.], [X.]).
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des [X.]s zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der [X.]
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scheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des §
349 Abs. 2 StPO.
1. Die auf die Sachrüge gebotene umfassende Nachprüfung des Urteils hat zum Schuld-
und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil
des [X.] ergeben.
2. Die Einziehungsentscheidung hat ebenfalls weitgehend Bestand. Im Hinblick auf die sichergestellten
Mobilfunkgeräte
([X.], [X.], [X.], [X.]) stößt sie indes auf durchgreifende rechtliche
Bedenken.
Nach den Feststellungen des [X.]s betrieb der Angeklagte eine sog. [X.] zum gewinnbringenden Verkauf des dadurch gewonnenen [X.]. Die Einziehung der Mobilfunkgeräte hat die [X.] auf § 74 Abs. 1 StGB gestützt und zur Begründung ausgeführt, sie sei "davon überzeugt, dass der Angeklagte" die Geräte eingesetzt habe, "um den Verkauf des [X.] vorzubereiten". Den Urteilsgründen lässt sich jedoch nicht entnehmen, worauf diese Überzeugung beruht. Die Sache bedarf deshalb insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.
3. Auch die Entscheidung des [X.]s, von der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) abzusehen, hält [X.] Prüfung nicht stand.
a) Den Feststellungen des [X.]s zufolge konsumierte der Ange-klagte etwa seit seinem 16. Lebensjahr [X.] und rauchte seitdem täglich mindestens ein bis zwei Joints. Als er 19 Jahre alt war, begann er mit dem [X.] von Kokain, das er zwei bis drei Jahre lang neben seiner üblichen Do-2
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sis [X.] einnahm. Nachdem er einige [X.] auf Kokain verzichtet hatte, fing er im [X.] wieder an, täglich Kokain zu konsumieren. Etwa ein Jahr später begann er, zusätzlich regelmäßig Heroin zu sich zu nehmen. 2007 machte er während einer Haftzeit eine Entgiftung und schaffte es, sowohl dem Kokain als auch dem Heroin zu entsagen. [X.] konsumierte er jedoch weiterhin. Zuletzt sowie zur Tatzeit rauchte er davon in der Regel 1,5 bis 2 g pro Woche. Außerdem nahm er an den Wochenenden
ein bis zwei Ecstasy-Tabletten sowie gelegentlich Ketamin zu sich. Einer Entziehungsbehandlung unterzog sich der Angeklagte bislang nicht.
Ihre Entscheidung, von der Unterbringung des Angeklagten in einer Ent-ziehungsanstalt abzusehen, hat die -
sachverständig beratene -
[X.] damit begründet, dass er zwar an einer Betäubungsmittelabhängigkeit leide, ein Hang des Angeklagten, Rauschmittel im Übermaß zu sich zu nehmen, aber nicht sicher feststellbar sei, weil sein Betäubungsmittelkonsum "zur Tatzeit"
nur äußerst moderat gewesen sei. Eine erhebliche Beeinträchtigung der Gesund-heits-, Arbeits-
und Leistungsfähigkeit des Angeklagten -
der nur indizielle Be-deutung zukomme und deren Fehlen einen Hang nicht ausschließe -
sei nicht erkennbar. Auch erscheine der Angeklagte aufgrund seiner [X.]gewohnhei-ten nicht als sozial gefährdet oder gefährlich. Insbesondere handele es sich bei der dem Angeklagten zur Last fallenden Tat nicht um einen Fall von [X.]. Der Angeklagte habe durch die Errichtung und das Betreiben der [X.] zwar auch seinen eigenen [X.]-[X.] decken können. "Hauptsächlich" habe das Betreiben der Anlage aber der [X.] seines allgemeinen Lebensbedarfs gedient.
b) Diese Ausführungen stoßen auf durchgreifende rechtliche Bedenken. Das [X.] hat seiner Prüfung, ob der Angeklagte einen Hang im Sinne 7
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des § 64 StGB hat, zwar einen zutreffenden Prüfungsmaßstab zugrunde gelegt, diesen aber nicht rechtsfehlerfrei angewendet.
Die [X.] hat verkannt, dass die Annahme eines Hangs des [X.] zum übermäßigen [X.] von [X.] ungeachtet seines "zur Tatzeit" moderaten [X.]s aufgrund seiner ausdrücklich festgestellten Betäubungsmittelabhängigkeit äußerst nahe liegt. Zudem ist sie mit nicht trag-fähiger Begründung zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich bei der dem Ange-klagten zur Last fallenden Tat nicht um einen Fall von Beschaffungskriminalität gehandelt habe. Dafür spricht bereits, dass die Errichtung und der Betrieb der [X.] dem Angeklagten jedenfalls auch dazu dienten, seinen [X.] zu decken. Auf einen Fall von Beschaffungskriminalität deutet au-ßerdem hin, dass der Angeklagte den Feststellungen zufolge schon mehrfach in [X.] wegen Straftaten verurteilt wurde, die er im [X.] mit Betäubungsmitteln begangen hatte.
Da das Vorliegen der übrigen Unterbringungsvoraussetzungen nicht von vornherein ausscheidet, muss deshalb auch über die Anordnung der Unterbrin-gung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt -
wiederum unter Hinzu-ziehung eines Sachverständigen (§ 246a StPO) -
neu verhandelt und entschie-den werden. Dem steht nicht entgegen, dass nur der Angeklagte Revision [X.] hat (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO, [X.], Urteil vom 10. April 1990 -
1 StR 9/90, [X.]St 37, 5); er hat die Nichtanwendung des § 64 StGB auch nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. [X.], Urteil vom 7. Oktober 1992
-
2 StR 374/92, [X.]St 38, 362).
c) Der aufgezeigte Rechtsfehler lässt den Strafausspruch unberührt. Es ist auszuschließen, dass das [X.] bei einer Anordnung der Unterbrin-9
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gung in einer Entziehungsanstalt auf eine niedrigere Freiheitsstrafe erkannt hätte.
[X.] [X.]Tiemann

Hoch Leplow

Meta

3 StR 644/17

04.04.2018

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.04.2018, Az. 3 StR 644/17 (REWIS RS 2018, 11304)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 11304

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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3 StR 644/17

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