Bundespatentgericht, Beschluss vom 11.06.2015, Az. 30 W (pat) 32/14

30. Senat | REWIS RS 2015, 9932

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "ChemSeal (Wort-Bild-Marke)" – Antrag auf Kostenauferlegung - Verzicht auf die angegriffene Marke – zum Kostengrundsatz im Löschungsverfahren - Bösgläubigkeit lässt sich nicht feststellen – Ausgang des Löschungsverfahrens bleibt offen - keine Kostenauferlegung


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2011 026 996

(hier: Löschungsverfahren S 345/11 Lösch, Antrag auf Kostenauferlegung)

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des [X.] in der Sitzung vom 11. Juni 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker, der Richterin [X.] und des [X.] Merzbach

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss der Markenabteilung 3.4 des [X.] vom 12. Mai 2014 insoweit aufgehoben, als die Kosten des patentamtlichen Verfahrens der Antragsgegnerin auferlegt worden sind.

Der Antrag der Antragstellerin, der Antragsgegnerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.

Kosten des [X.] werden nicht auferlegt.

Gründe

I.

1

Die am 16. Mai 2011 angemeldete Wort-/Bildmarke

Abbildung

2

ist am 5. Dezember 2011 unter der Nummer 30 2011 026 996 für die Waren

3

„Klasse 7: Vorrichtung zur Kraftübertragung

4

Klasse 9: Geräte für Mess- und Regeltechnik, insbesondere Druck- Temperatur- und Füllstandmess- und –regelgeräte, Überwachungs- und Sicherungsgeräte, [X.], [X.]

5

Klasse 42: Kalibrierung und Funktionsprüfung von Messgeräten“

6

in das beim [X.] geführte Register eingetragen worden.

7

Die Antragstellerin beantragte mit am 12. Dezember 2011 beim [X.] eingegangenem Schriftsatz die Löschung der Marke wegen Bösgläubigkeit (§ 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.]).

8

[X.] belege. Soweit die Antragsgegnerin sich auf eine Vorbenutzung der Kennzeichnung durch ihren Geschäftsführer G… berufe, treffe dies nicht zu. Die Kennzeichnung „[X.]“ sei ebenso wie das „CS“-Logo allein durch die Antragstellerin entwickelt worden. Im Zuge einer sich anbahnenden Zusammenarbeit sei dem Geschäftsführer der Antragsgegnerin aber eine Nutzung der Kennzeichnung sowie des Logos im Jahre 2005 gestattet worden. In den Jahren danach hätten weder die Antragsgegnerin noch Herr G… die Kennzeichnung selbst genutzt. Herr G… habe die Kennzeichnung der Antragstellerin in den Jahren 2006 bis 2008 nur in Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Handelsvertreter und Vertriebsleiter der Antragstellerin verwendet. Nach Beendigung der Zusammenarbeit und der damit entfallenden Berechtigung zur Benutzung der Kennzeichnung einschließlich des „CS“-Logos sei der Antragsgegnerin deren Nutzung mit Schreiben vom 10. August 2009 (Anlage [X.]) untersagt worden. Dem sei weder die Antragsgegnerin noch deren Geschäftsführer entgegengetreten. Eine Benutzung dieser Zeichen sei dementsprechend bis zur Anmeldung der angegriffenen Marke auch nicht erfolgt.

9

Dem am 12. Januar 2012 der Antragsgegnerin zugestellten Löschungsantrag hat diese am 2. März 2012 widersprochen.

Sie hat geltend gemacht, dass sie schon 2004 intern für [X.] den Begriff „[X.]“ verwendet habe, ab 2005 auch extern. Im Rahmen der Zusammenarbeit mit der Antragstellerin sei die Benutzung durch diese nur geduldet worden; zudem könne die Antragstellerin nicht einmal einen eigenen Besitzstand an der Kennzeichnung belegen.

Die Markenabteilung 3.4. des [X.]s hat mit Beschluss vom 12. Mai 2014 die Marke 30 2011 026 996 gelöscht und der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens auferlegt. Die Antragsgegnerin sei bei Anmeldung der Marke [X.] i. S. des § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] gewesen. Mit Anmeldung der streitgegenständlichen Marke habe sie in einen schutzwürdigen Besitzstand der Antragstellerin eingegriffen in der Absicht, den Gebrauch der Marke zu sperren. Nur die Antragstellerin sei vor der Anmeldung gegenüber der Öffentlichkeit als Verwenderin der Kennzeichnung aufgetreten. Eine nur auf sie zurückgehende Verwendung könne die Antragsgegnerin nicht belegen. Unklarheiten über die Inhaberschaft hätten allenfalls einige Monate im Jahr 2005 angedauert; danach sei nur die Antragstellerin als Inhaberin aufgetreten. Die Antragsgegnerin habe die Marke seit der Anmeldung selbst nicht verwendet. Zudem habe die Antragsgegnerin gegen eine identische Markenanmeldung der Antragstellerin Widerspruch eingelegt, so dass die angegriffene Marke eine Sperrmarke darstelle. Aus diesen Gründen seien der Antragsgegnerin auch die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Gegen diesen Beschluss hat die Antragsgegnerin Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des [X.]s vom 12. Mai 2014 aufzuheben.

Mit einem am 5. Dezember 2014 beim [X.] eingegangenen Schriftsatz hat die Antragsgegnerin mitgeteilt, dass sie auf die Marke verzichtet habe, so dass „gemäß § 71 [X.] …. nur noch eine isolierte Kostenentscheidung zu treffen“ sei. Für eine Kostenauferlegung wegen Bösgläubigkeit lägen vor dem Hintergrund der dargelegten Entwicklung und (Vor-)Benutzung des Zeichens durch die Antragsgegnerin und deren Geschäftsführer keine zureichenden Anhaltspunkte vor.

Die Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin beantragt daher,

zu verfügen, dass jede [X.] ihre eigenen Kosten zu tragen habe.

Die Antragstellerin beantragt,

der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Sie hält eine Kostenauferlegung auf die Antragsgegnerin für geboten, da diese aus den von ihr dargelegten Gründen bei Anmeldung der Marke [X.] gewesen sei. Die Anmeldung sei allein deswegen erfolgt, eine Sperrmarke zu erwerben, welche gegen die seit vielen Jahren erfolgende Benutzung der Kennzeichnung „[X.]“ durch die Antragstellerin eingesetzt werden sollte.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

1. Nachdem die Antragsgegnerin auf die angegriffene Marke verzichtet hat und die die Antragstellerin keine weiteren Anträge gestellt hat, ist über die beim [X.] am 23. Juni 2014 form- und fristgerecht (uneingeschränkt) eingelegte Beschwerde der Antragsgegnerin noch so weit zu entscheiden, als sie sich gegen die von der Markenabteilung 3.4 in dem angefochtenen Beschluss vom 12. Mai 2014 zu ihren Lasten getroffene Kostenentscheidung nach § 63 Abs. 1 Satz 1 [X.] richtet.

Die während des Beschwerdeverfahrens erfolgte Löschung der angegriffenen Marke wegen Verzichts und der damit verbundene Wegfall einer Entscheidung in der Hauptsache steht dem nicht entgegen, da eine patentamtliche Kostenentscheidung grundsätzlich einer isolierten Anfechtung bzw. Überprüfung unterliegt, demnach auch eine Beschwerde in zulässiger Weise auf die Abänderung der Kostenentscheidung beschränkt werden kann (vgl. dazu [X.] in [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl. 2015, § 66 Rdnr. 41).

Die Antragsgegnerin hat zudem mit ihrem Antrag gemäß Schriftsatz vom 2. Dezember 2014 ([X.]. 19 d. A.), „zu verfügen, dass jede [X.] ihre eigenen Kosten zu tragen hat“, hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie weiterhin eine Aufhebung des angefochtenen Beschlusses in Bezug auf die Kostenentscheidung nach § 63 Abs. 1 Satz 1 [X.] begehrt und demnach ihre Beschwerde in zulässiger Weise auf die Abänderung der Kostenentscheidung beschränkt. In Bezug auf die Kosten des Beschwerdeverfahrens ist der Antrag als Anregung zu verstehen, von einer Kostenentscheidung nach § 71 Abs. 1 [X.] abzusehen.

Soweit die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2014 ([X.]. 34 d. A.) sinngemäß beantragt hat, die Kosten des Verfahrens der Markeninhaberin aufzuerlegen, ist damit nicht nur ein Antrag auf Zurückweisung der Beschwerde, sondern auch ein [X.] zu Lasten der Antragsgegnerin nach § 71 Abs. 1 [X.] betreffend die Kosten des Beschwerdeverfahrens verbunden.

2. Die Beschwerde der Antragsgegnerin, soweit sie sich gegen die patentamtliche Kostenentscheidung richtet, hat in der Sache Erfolg, während der [X.] der Antragstellerin nach § 71 Abs. 1 [X.] zurückzuweisen ist.

Weder Kosten des Beschwerdeverfahrens noch Kosten des Verfahrens vor dem Patentamt werden auferlegt.

a. Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die Kostenentscheidung hinsichtlich des Verfahrens vor der Markenabteilung und des Beschwerdeverfahrens sind § 63 Abs. 1 Satz 1 [X.] und § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.], wonach das Patentamt bzw. das [X.] die Kosten des Verfahrens einem Beteiligten ganz oder teilweise auferlegen kann, wenn dies der Billigkeit entspricht. Eine patentamtliche Kostenentscheidung unterliegt dabei in vollem Umfang der Nachprüfung im Rechtsmittelverfahren (Ströbele/[X.], a. a. O., § 71 Rdn. 9). Nach § 63 Abs. 1 Satz 2 [X.], § 71 Abs. 4 [X.] kann die Bestimmung (über die Kostenauferlegung) auch getroffen werden bzw. sind bei § 71 [X.] die Absätze 1 bis 3 auch anzuwenden, wenn die Marke wegen Verzichts im Register gelöscht ist. Was die Kosten des Beschwerdeverfahrens betrifft, sind ferner die Vorschriften über die Kosten nach §§ 91 ff. ZPO nicht entsprechend anwendbar, da § 71 [X.] eine abschließende Regelung für die Kosten des Beschwerdeverfahrens enthält (vgl. § 82 Abs. 1 Satz 1 [X.]; Ströbele/[X.], a. a. O., § 71 Rdn. 1).

Das Gesetz geht, was auch durch § 63 Abs. 1 Satz 3 [X.] und § 71 Abs. 1 Satz 2 [X.] deutlich wird, im Grundsatz davon aus, dass im markenrechtlichen Verfahren jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt. Für ein Abweichen von diesem Grundsatz bedarf es stets besonderer Umstände ([X.]/[X.], a. a. O., § 71 Rdn. 12; [X.] 1972, 600, 601 - [X.]). Solche Umstände sind insbesondere dann gegeben, wenn ein Verhalten vorliegt, das mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbaren ist. Davon ist auszugehen, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten [X.] aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse am Erhalt oder dem Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht ([X.]/[X.], a. a. O., § 71 Rdn. 12), wobei allerdings der Verfahrensausgang ebenso wie ein Verzicht auf die angegriffene Marke noch keine Vermutung für die Billigkeit einer Kostenauferlegung darstellt, was im Falle eines Verzichts bereits aus § 63 Abs. 1 Satz 2 [X.] bzw. § 71 Abs. 4 [X.] folgt. Im Löschungsverfahren entspricht es bei einer [X.]en Markenanmeldung jedoch im Regelfall der Billigkeit, dem Markeninhaber im Fall der Löschung die Kosten des Löschungsverfahrens aufzuerlegen (vgl. [X.]/[X.], a. a. O., § 63 Rdn. 7, § 71 Rdn. 15 m. w. N.).

b. Ausgehend davon könnte einer vollständigen Löschung der angegriffenen Marke wegen Bösgläubigkeit bereits entgegenstehen, dass auch nach dem Vortrag der Antragstellerin ein schutzwürdiger Besitzstand der Antragstellerin an der Kennzeichnung „[X.]“ überhaupt nur für „[X.]“ bestanden haben soll, also für die Waren der Klasse 9. In Bezug auf die übrigen Waren/Dienstleistungen der Klassen 7 und 42 wurde ein schutzwürdiger Besitzstand nicht vorgetragen. Eine bösgläubige Störung eines fremden Besitzstandes kommt jedoch von vornherein nur in Betracht, wenn eine mit der vorbenutzten Kennzeichnung identische oder zum Verwechseln ähnliche Marke für identische oder ähnliche Waren/Dienstleistungen angemeldet wird (vgl. [X.], [X.] 2009, 992 Nr. 17 - Schuhverzierung; Ströbele/[X.], a. a. O. § 8 Rdnr. 874). Hierbei muss es sich um Fälle eindeutiger Ähnlichkeit der Marken und der Waren/Dienstleistungen handeln, die eine unzweifelhafte Verwechslungsgefahr bewirken (vgl. [X.] 2008, 181, 182 Salvatore Ricci / Nina Ricci; Ströbele/[X.], a. a. O., § 8 Rdnr. 874). Ob die weiteren Waren/Dienstleistungen der Klassen 7 und 42 der angegriffenen Marke in einem eine unzweifelhafte Verwechslungsgefahr bewirkenden eindeutigen Ähnlichkeitsbereich zu [X.]n liegen, wurde im Verfahren jedoch nicht erörtert. Vorliegend muss dieser Frage auch nicht weiter nachgegangen werden.

Denn einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen wegen Bösgläubigkeit steht unabhängig von der zwischen den Beteiligten streitigen und von der Markenabteilung als entscheidungserheblich angesehenen Frage, bei wem ein markenmäßiger Besitzstand durch Benutzung der Kennzeichnung „[X.]“ begründet worden ist, bereits entgegen, dass sich ein durch geschäftliche Betätigung entstandener und zum (allein maßgeblichen) [X.]punkt der Anmeldung der angegriffenen Marke (noch) vorhandener schutzwürdiger Besitzstand an der Bezeichnung „[X.]“ auf Seiten der Antragstellerin nicht feststellen lässt; insoweit wäre der Ausgang des Verfahrens daher zumindest offen gewesen.

c. Eine bösgläubige Markenanmeldung wegen Störung eines fremden Besitzstandes kommt in Betracht, wenn der Anmelder weiß oder wissen muss, dass ein anderer dieselbe oder eine ähnliche Marke für dieselben oder ähnliche Waren und/oder Dienstleistungen benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben, und wenn besondere Umstände hinzukommen, die das Verhalten des Anmelders bei der Gesamtabwägung aller Umstände als rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig erscheinen lassen. Solche besonderen Umstände können darin liegen, dass der Anmelder in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstandes des Vorbenutzers ohne rechtfertigenden Grund die gleiche oder eine verwechselbar ähnliche Marke für gleiche oder ähnliche Waren und/oder Dienstleistungen anmeldet mit dem Ziel der Störung des Besitzstandes des Vorbenutzers oder in der Absicht, für diesen den weiteren Gebrauch der Marke zu sperren (vgl. [X.] [X.] 2009, 763, Nr. 46, 53 - Lindt & Sprüngli/Franz Hauswirth; [X.] [X.] 1998, 1034, 1036 - [X.]; [X.] 2000, 1032, 1034 - [X.] 2000; [X.] 2004, 510, 511 – S 100; [X.] 2009, 780, Nr. 13 - [X.]; [X.] 2010, 1034, Nr. 13 - [X.]; Ströbele/[X.], a. a. O., § 8 Rdn. 694 m. w. N.).

Der durch die Anmeldung gestörte Besitzstand muss wegen des Territorialitätsprinzips grundsätzlich im Inland bestehen, tatsächlich ausreichend und rechtlich schutzwürdig sein ([X.]/[X.], a. a. O., § 8 Rdnr. 876). Der fremde Besitzstand muss dabei durch eine hinreichende Marktpräsenz und daraus folgende Bekanntheit der Kennzeichnung im Inland belegt sein ([X.]/[X.], a. a. O., § 8 Rdnr. 876). Für die Annahme eines schutzwürdigen Besitzstandes ist daher in tatsächlicher Hinsicht eine hinreichende Bekanntheit der Kennzeichnung erforderlich, wobei es neben den objektiven Feststellungen hinsichtlich des Umfangs und der Dauer der Verwendung auch darauf ankommen kann, welche Bedeutung die Kennzeichnung bei der konkreten geschäftlichen Betätigung des Vorbenutzers erlangt hat. Insoweit sind Umsatzzahlen, Dauer der Benutzung, [X.], die erreichte Marktposition, bestehende Konkurrenzverhältnisse und damit Absatzchancen und Gewinnerwartungen auf dem jeweiligen Markt maßgeblich, ohne dass es auf die absoluten Stückzahlen verkaufter Produkte ankäme (vgl. [X.] [X.] 2004, 510, 511 – S 100; [X.]/[X.], a. a. O., § 8 Rdnr. 883).

d. Einen solchen markenmäßig relevanten schutzwürdigen Besitzstand hat die Antragstellerin jedoch nicht hinreichend dargelegt (vgl. [X.] 2010, 431, 434 – Flasche mit Grashalm; Ströbele/[X.], a. a. O., § 8 Rdnr. 883).

Die seitens der Antragstellerin zum Nachweis eines erworbenen Besitzstandes vorgelegten (wenigen) Rechnungen sowie die beiden Kataloge (Anlagen K5a und 5b, [X.]) lassen nicht erkennen, in welchem Umfang die Antragstellerin ab Ende 2005/Anfang 2006 bis zum [X.]punkt der Anmeldung „[X.]“ herstellte und veräußerte bzw. ob und ggfls. in welcher Art und Weise dabei die Kennzeichnung „[X.]S“ bzw. „[X.]S chemical seals“ verwendet wurde. Sie reichen daher zum Nachweis der Erlangung eines Besitzstandes an der Kennzeichnung „[X.]“ nicht aus. Zudem betreffen diese Unterlagen nur die Jahre 2005 bzw. 2006 bis 2008, dem Ende der Zusammenarbeit mit dem Geschäftsführer der Antragsgegnerin. Für einen Besitzstand an der Bezeichnung „[X.]“ in der [X.] danach bis zum (maßgeblichen) [X.]punkt der Anmeldung der angegriffenen Marke am 16. Mai 2011 fehlt es aber an Vortrag und geeigneten Unterlagen, welche die entsprechende Behauptung der Antragstellerin zu einer „durchgängigen Benutzung“ des Zeichens in den vor der Anmeldung der Marke liegenden Jahren und einen sich daraus ergebenden Besitzstand zum [X.]punkt der Anmeldung stützen könnten. Soweit die Antragstellerin sich zum Nachweis ihrer Behauptung auf die unkommentiert vorgelegte Anlage [X.] beruft, erlaubt diese rein interne Aufstellung und Dokumentation allein keine Rückschlüsse darauf, für welche konkreten Produkte, in welcher Art und Weise und in welchem Umfang das Zeichen „[X.]“ verwendet worden ist. Zudem kann dieser Auflistung von „[X.]“, „Aufträgen“, „Lieferscheinen“, „Rechnungen“ etc. ohne weitergehende Erläuterung nicht entnommen werden, welche ausgewiesenen Angebote zu welchen Lieferscheinen und Rechnungen gehören. Feststellungen zur Bekanntheit und Marktpräsenz der unter der fraglichen Kennzeichnung vertriebenen Produkte sind daher nicht möglich. Dies gilt auch, soweit die Antragstellerin sich auf eine Nutzung der Kennzeichnung „[X.]“ bei verschiedenen Messen in den Jahren 2005 bis 2011 beruft. Unterlagen, die dies belegen und Erkenntnisse über Umfang und Art der Benutzung dieser Kennzeichnung erlauben, wurden dazu nicht eingereicht.

e. Der vorliegende Sachverhalt bietet auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin die mit der Eintragung des Zeichens kraft Markenrechts entstehende Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des [X.] einsetzen wollte (vgl. [X.] [X.] 2008, 917, Rn. 20 - [X.]; [X.] 2008, 621, 623, Rn. 21 - [X.]; [X.] 2008, 160, Rn. 18 - [X.]; [X.] 2005, 581 - The Colour of Elégance; [X.] 2005, 414 - Russisches Schaumgebäck; [X.] 2004, 510 - S 100; [X.] 2000, 1032 - [X.] 2000; [X.] 1998, 1034 - [X.]; [X.] 1980, 110 - [X.]). Zwar kann auch dann, wenn auf Seiten des Vorbenutzers ein schutzwürdiger Besitzstand im Inland nicht besteht, eine Bösgläubigkeit der Markenanmeldung sich daraus ergeben, dass der Anmelder das Zeichen ohne eigene Benutzungsabsicht als Marke hat eintragen lassen, um den Marktzutritt eines Dritten - insbesondere des Vorbenutzers - zu verhindern (vgl. [X.] [X.] 2012, 429, Rn. 10 - Simca m. w. N.).

[X.]) -, erlaubt jedoch keine dahin gehende Feststellung. Da aus den vorgenannten Gründen keine hinreichenden Erkenntnisse zu Art und Umfang der Benutzung der Kennzeichnung durch die Antragstellerin im [X.]raum vor der Anmeldung der Marke vorliegen, kann vor dem Hintergrund, dass die Antragsgegnerin nach wie vor solche [X.] herstellt und vertreibt, nicht davon ausgegangen werden, dass ein wesentliches Motiv der Anmeldung der Marke die Behinderung der Antragsgegnerin war.

f. Es bestand daher keine Veranlassung, der Antragsgegnerin aus Billigkeitsgründen die Kosten des patentamtlichen Verfahrens aufzuerlegen. Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat somit insoweit Erfolg.

3. Aus den gleichen Gründen scheidet auch hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens eine Kostenauferlegung auf die Antragsgegnerin nach § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] aus. Der [X.] der Beschwerdegegnerin ist deshalb zurückzuweisen.

4. Von einer Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens auf die Antragstellerin ist ebenfalls abzusehen. Zwar entspricht es in Nebenverfahren, insbesondere bei isolierten Kostenbeschwerden, im Regelfall der Billigkeit, das Unterliegensprinzip anzuwenden, weil andernfalls der durch die erfolgreiche Beschwerde erzielte Vorteil durch die Belastung mit den eigenen im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten aufgezehrt würde (vgl. Ströbele/[X.]-[X.], a. a. O., § 71 Rn. 18 m. w. N.). Vorliegend handelte es sich jedoch nicht um eine isolierte Kostenbeschwerde. Vielmehr hat sich während des Beschwerdeverfahrens dessen Gegenstand aufgrund Verzichts auf die angegriffene Marke auf eine Überprüfung der patentamtlichen Kostenentscheidung beschränkt. In einem solchen Fall finden die für Nebenverfahren geltenden Billigkeitserwägungen keine Anwendung.

Es bleibt bei dem Grundsatz, dass jede Beteiligte die ihr erwachsenen Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs. 1 Satz 2 [X.] selbst trägt.

Meta

30 W (pat) 32/14

11.06.2015

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 11.06.2015, Az. 30 W (pat) 32/14 (REWIS RS 2015, 9932)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 9932

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