Bundespatentgericht, Beschluss vom 15.01.2013, Az. 27 W (pat) 536/11

27. Senat | REWIS RS 2013, 9041

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Bierkönig On Tour/BIERKÖNIG Schinkenstrasse (Wort-Bild-Marke)" – zur Kennzeichnungskraft – zur Dienstleistungsähnlichkeit und -identität – keine unmittelbare und mittelbare Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2010 021 075

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 15. Januar 2013 durch [X.] [X.], [X.] und die Richterin Kopacek

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Gegen die am 9. April 2010 angemeldete und am 11. Juni 2010 für die Dienstleistungen

2

„35: Werbung; Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten;

3

38: Telekommunikation;

4

41: Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten, Erziehung, Ausbildung, Musikveranstaltungen, Showveranstaltungen, Live-Veranstaltungen (Unterhaltung), Unterhaltungsveranstaltungen via [X.], Unterhaltungsveranstaltungen in Rundfunk und Fernsehen und Satellitenprogrammen, Veranstaltungen und Wettbewerbe im Show- und Eventbereich, Moderation, Veranstaltungen und Wettbewerbe in und zwischen Diskotheken (Unterhaltung), Musikveranstaltungen und Wettbewerbe (Unterhaltung) zwischen DJ’s, Unterhaltungsveranstaltungen und Wettbewerbe bezüglich Casting von Personen (soweit in Klasse 41 enthalten), Unterhaltungsveranstaltungen und Wettbewerbe (Unterhaltung) von [X.], Veranstaltungen und Wettbewerbe (Unterhaltung von [X.], Wettbewerbe (Unterhaltung) zwischen [X.], Sportveranstaltungen und sportliche Wettbewerbe, Tanzveranstaltungen, Mottoveranstaltungen und Mottoveranstaltungsserien kultureller und unterhaltender Art, Gesangsveranstaltungen, Partyveranstaltungen (Unterhaltung), Durchführung von Festen, soweit in Klasse 41 enthalten, Veranstaltung von Gewinnspielen, soweit in Klasse 41 enthalten; Zusammenstellung von Fernseh- und Radiosendungen, Zusammenstellung von Tourneen, soweit in Klasse 41 enthalten;

5

43: Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen“

6

eingetragene Wortmarke 30 2010 021 075

7

Bierkönig On Tour

8

hat der Widersprechende aus seiner am 26. Mai 2005 angemeldeten und am 21. Juni 2006 für die Dienstleistungen

9

„35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten;

41: Durchführung von Live-Veranstaltungen und Betrieb von Sportanlagen; Dienstleistungen einer Diskothek;

43: Dienstleistungen für Hotels; Verpflegung von Gästen (Lebensmittel); Beherbergung von Gästen; Betrieb einer Bar und eines Cafés mit einer Restauration“

eingetragenen farbigen (rot, grün, schwarz, weiß, gelb, orange, ocker) Gemeinschaftsbildmarke 004 457 263

Abbildung

Widerspruch eingelegt. Der Widerspruch wird auf alle Dienstleistungen der Widerspruchsmarke gestützt und richtet sich gegen alle Dienstleistungen des angegriffenen Zeichens.

Die mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 41 des [X.] hat den Widerspruch mit Beschluss vom 11. Mai 2011 mangels Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Dazu ist ausgeführt, ausgehend von [X.] bzw. -ähnlichkeit und einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke halte die jüngere Marke einen ausreichenden Abstand ein. Die Widerspruchsmarke werde nicht von dem für sich betrachtet kennzeichnungsschwachen, wenn nicht sogar schutzunfähigen Bestandteil „[X.]“ geprägt. Bei der Bezeichnung „[X.]“ handle es sich um einen sprachüblich gebildeten Hinweis auf eine Person als Sieger eines Herrenwettbewerbs im Zusammenhang mit Bier, der im Zusammenhang mit den einschlägigen Dienstleistungen der Klassen 35, 41 und 43 lediglich beschreibend auf das Thema, den Inhalt und die Bestimmung der Widerspruchsdienstleistungen anlässlich der Wahl eines sog. [X.] hinweise. Die Markenstelle verweist hierzu auf von ihr recherchierte [X.]ausdrucke zu ähnlichen Wortbildungen wie „[X.]“, „[X.]“, „[X.]“, „[X.]“ und auch „Bierkönig“.

Bei dieser Sachlage könne dahinstehen, ob der klangliche Gesamteindruck der angegriffenen Marke durch den Bestandteil „Bierkönig“ geprägt werde.

Eine schriftbildliche Verwechslungsgefahr scheide schon aufgrund der bildhaften Gestaltung der Widerspruchsmarke aus, weil nicht davon auszugehen sei, dass sich der Verkehr bei der rein visuellen Wahrnehmung einer Wort-/Bildmarke ausschließlich an dem Wort orientiere, ohne den Bildbestandteil in sein Erinnerungsbild aufzunehmen.

Eine unmittelbare begriffliche Verwechslungsgefahr sei ebenfalls ausgeschlossen, denn begriffliche Übereinstimmungen in beschreibenden Angaben - hier „Bierkönig/[X.]“ als Hinweis auf das Thema, den Inhalt und die Bestimmung der Dienstleistungen - führten regelmäßig nur dazu, dass der Verkehr bei den so gekennzeichneten Dienstleistungen auf Übereinstimmungen in Bezug auf Art, Beschaffenheit usw. schließe, nicht jedoch darauf, dass die jeweiligen Dienstleistungen von demselben oder von wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen erbracht würden.

Es bestehe auch nicht die Gefahr, die Marken gedanklich miteinander in Verbindung zu bringen, da der gemeinsame Wortbestandteil „Bierkönig/[X.]“ aufgrund seiner Kennzeichnungsschwäche als Stammbestandteil nicht in Betracht komme.

Dagegen richtet sich die Beschwerde des Widersprechenden. Er hält die Marken klanglich für verwechselbar. In klanglicher Hinsicht werde der Gesamteindruck der Widerspruchsmarke von dem auch von der Schriftgröße her dominanten Bestandteil „[X.]“ geprägt. Der Bildbestandteil mit der Darstellung eines Königs mit einem Bierglas in der Hand verstärke die klangliche Prägung der Marke durch diesen Begriff. Der weitere Wortbestandteil „[X.]“ werde lediglich als geographischer Hinweis auf den Ort der Erbringung der Dienstleistungen verstanden.

Der Begriff „[X.]“ sei auch geeignet, die Widerspruchsmarke zu prägen, da er die Dienstleistungen der Widerspruchsmarke nicht beschreibe und normal kennzeichnungskräftig sei. Daran änderten auch die von der Markenstelle ermittelten [X.]ausdrucke zu bereits verwendeten vergleichbaren Begriffen nichts.

Auch der Gesamteindruck der angegriffenen Marke werde von dem Bestandteil „Bierkönig“ geprägt. Der weitere Bestandteil „On Tour“ werde lediglich als üblicher Hinweis darauf verstanden, dass die Dienstleistungen nicht nur an einem Ort, sondern an verschiedenen Orten erbracht würden.

Der Widersprechende beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle vom 11. Mai 2011 aufzuheben und das angegriffene Zeichen zu löschen.

Der Inhaber des angegriffenen Zeichens beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt den angegriffenen Beschluss und hält die Marken für nicht verwechselbar.

In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten ihre jeweiligen Standpunkte aufrechterhalten und vertieft.

II.

1.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zwischen den einander gegenüberstehenden Marken besteht keine Verwechslungsgefahr gemäß § 42 Abs. 2, § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 125b Nr. 1 MarkenG.

Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, ist nach der Rechtsprechung sowohl des [X.] als auch des [X.] unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von diesen erfassten Dienstleistungen. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung einzubeziehen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (vgl. [X.] GRUR 2006, 237 - [X.]; [X.] 2007, 321 - [X.]). Nach diesen Grundsätzen besteht im vorliegenden Fall keine Verwechslungsgefahr.

a)

Die Dienstleistungen des angegriffenen Zeichens in den Klassen 35 und 43 sind im Dienstleistungsverzeichnis der Widerspruchsmarke identisch enthalten. Die Dienstleistung des angegriffenen Zeichens „Veranstaltung von Reisen“ ist mit der zugunsten der Widerspruchsmarke eingetragenen Dienstleistung „Beherbergung von Gästen“ hochgradig ähnlich (vgl. Richter/Stoppel, [X.], 15. Aufl., [X.] unter Hinweis auf [X.] (pat) 119/03).

Die Dienstleistungen des angegriffenen Zeichens in der Klasse 41 sind mit Ausnahme der Dienstleistungen „Erziehung, Ausbildung“ mit den zugunsten der Widerspruchsmarke in dieser Klasse eingetragenen Dienstleistungen durchschnittlich bis hochgradig ähnlich.

Keine Ähnlichkeit besteht zwischen den Dienstleistungen des angegriffenen Zeichens „Telekommunikation; Transportwesen; Erziehung, Ausbildung“ und den Dienstleistungen der Widerspruchsmarke, so dass eine Verwechslungsgefahr insoweit bereits an der fehlenden Dienstleistungsähnlichkeit scheitert.

b)

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke hält der Senat in ihrer Gesamtheit in Bezug auf die Dienstleistungen der [X.] für durchschnittlich und in Bezug auf die Dienstleistungen der Klassen 41 und 43 wegen ihrer beschreibenden Aussage für geschwächt. Bezüglich der Dienstleistungen der Klassen 41 und 43 sind die drei Bestandteile der Widerspruchsmarke jeweils für sich betrachtet in ihrer beschreibenden Bedeutung und ebenso in ihrer Gesamtheit kennzeichnungsschwach.

Dem Wortbestandteil „[X.]“ entnimmt der Verbraucher in Bezug auf die Dienstleistungen der Klassen 41 und 43 lediglich einen beschreibenden Hinweis auf deren Thema, Inhalt und Bestimmung. Die sprachüblich gebildete Bezeichnung „[X.]“ wird als Hinweis auf eine Person verstanden, die einen Wettbewerb im Zusammenhang mit Bier gewonnen hat. Für ein entsprechendes Verständnis sprechen die von der Markenstelle ermittelten [X.]belege, die eine Verwendung von identischen oder vergleichbaren Begriffen wie „[X.]“, “[X.]“, „[X.]“ oder „[X.]“ durch Dritte belegen. Dies belegen auch die vom Senat ermittelten [X.]ausdrucke.

Ein entsprechendes Verständnis ergibt sich auch aus dem Bildbestandteil der Widerspruchsmarke, auf dem [X.] zu sehen ist, der in der Hand ein Bierglas hält.

Der weitere Wortbestandteil „[X.]“ ist als geographische Herkunftsangabe glatt beschreibend.

c)

Selbst den bei [X.] und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke erforderlichen weiten Abstand halten die Marken in bildlicher, klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht ein.

Bildlich unterscheiden sich die Marken durch die besondere graphische Ausgestaltung der als farbige Bildmarke eingetragenen Widerspruchsmarke und ihre unterschiedlichen Wortbestandteile ausreichend voneinander.

Klanglich scheitert eine Verwechslungsgefahr daran, dass die Vergleichsmarken nicht von dem gemeinsamen Bestandteil „[X.]“ geprägt werden. Dieser in Bezug auf die Dienstleistungen der Klassen 41 und 43 kennzeichnungsschwache Bestandteil ist aufgrund seiner Kennzeichnungsschwäche nicht geeignet, die Marken insoweit jeweils zu prägen.

Bezüglich der Dienstleistungen der [X.] steht einer Prägung des angegriffenen Zeichens durch den Bestandteil „Bierkönig“ der gesamtbegriffliche Charakter der Wortfolge „Bierkönig On Tour“ entgegen. Der Verbraucher wird die Bezeichnung in ihrer Gesamtheit so verstehen, dass die im Zusammenhang mit einem Bierkönig stehenden Dienstleistungen nicht nur an einem Ort, sondern an verschiedenen Orten angeboten bzw. erbracht werden.

Über die Grundsätze der (modifizierten) Prägetheorie hinaus kann eine Verwechslungsgefahr auch dann anzunehmen sein, wenn die jüngere Marke neben anderen Elementen einen mit der Widerspruchsmarke identischen Bestandteil enthält und dieser in dem zusammengesetzten Zeichen, ohne allein seinen Gesamteindruck zu prägen, eine selbständig kennzeichnende Stellung enthält ([X.] GRUR 2005, 1042 - [X.]; [X.] 2006, 849 - Malteserkreuz). Damit ist indessen nicht gemeint, dass jede Übernahme einer älteren Marke in ein jüngeres [X.] zwangsläufig zur Annahme einer Verwechslungsgefahr führt; es bedarf vielmehr besonderer Anhaltspunkte dafür, dass der betreffende Bestandteil in dem jüngeren Zeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung einnimmt. Das kann etwa der Fall sein, wenn der älteren Marke lediglich der Handelsname oder eine bekannte Marke des [X.] hinzugefügt wird. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, da „[X.]“ schon in der Widerspruchsmarke keinen Herkunftshinweis vermittelt. Anhaltspunkte, die den übereinstimmenden Bestandteil „[X.]“ in den Marken als selbständig kennzeichnend erscheinen lassen können, liegen nicht vor. Vielmehr wird der Gesamteindruck der Vergleichsmarken jeweils durch die Zusammenstellung bestimmt.

d)

Wegen des beschreibenden Charakters des [X.] „[X.]“ in Bezug auf die Dienstleistungen der Klassen 41 und 43 sowie des gesamtbegrifflichen Charakters des jüngeren Zeichens in Bezug auf die Dienstleistungen der [X.] scheidet auch eine Markenähnlichkeit in Form einer gedanklichen Verbindung aus. Aufgrund seiner Kennzeichnungsschwäche im Bereich der Klassen 41 und 43 ist dieser Bestandteil nicht als Stammbestandteil einer Markenserie geeignet.

2.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeit besteht kein Anlass.

Meta

27 W (pat) 536/11

15.01.2013

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 15.01.2013, Az. 27 W (pat) 536/11 (REWIS RS 2013, 9041)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 9041

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