Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.10.2012, Az. 4 StR 392/12

4. Strafsenat | REWIS RS 2012, 1995

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BUN[X.]ESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 392/12

vom
24. Oktober 2012
in der Strafsache
gegen

wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.

-
2
-
[X.]er 4.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 24.
Oktober
2012
gemäß §
349 Abs.
4 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts Siegen vom 4.
Mai 2012 mit den Feststellungen auf-gehoben.
2.
[X.]ie Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
[X.]as [X.] hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum unerlaubten [X.]ndeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen uner-laubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem
[X.]ndeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. [X.]ie Revision des Ange-klagten hat mit der Sachrüge Erfolg.
I.
Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte Geldschulden in Höhe von 1.000
Euro bei seinem Bekannten [X.].

. Um diese nicht in bar zurückzah-
1
2
-
3
-
len zu müssen, transportierte er am 7.
Oktober 2011 für diesen zwei Kilogramm Marihuana von H.

nach O.

. Auf eine telefonische Bitte des [X.].

unterbrach er seine Fahrt in L.

und übernahm dort zwei weitere Kilo-
gramm Marihuana, die er für 500
Euro zu einer Adresse in G.

verbrachte.
[X.]as in H.

übernommene Marihuana händigte der Angeklagte zu-
nächst seinem Auftraggeber [X.].

in O.

aus. Eines der beiden Kilos kaufte er
ihm auf [X.] ab und veräußerte es anschließend mit einem Aufschlag von zwei Euro pro Gramm an eigene Abnehmer weiter. [X.]as Marihuana hatte einen THC-Anteil von 1
%. Mit dem erzielten Gewinn wollte der Angeklagte Schulden bezahlen und seinen Lebensunterhalt bestreiten. 1.000
Euro zahlte er als Vorkasse für den Erwerb einer größeren Menge Amphetamin an einen Rauschgifthändler in den Niederlanden (Fall
II.
1 der Urteilsgründe).
Am 28.
Oktober 2011 fuhr der Angeklagte nach [X.].

, um dort von
seinem [X.] Lieferanten verabredungsgemäß Amphetamin für sich und [X.].

in Empfang zu nehmen. [X.]ie Fahrt wurde von
der Polizei überwacht.
Nachdem seine [X.] Geschäftspartner nicht an dem abgesproche-nen Treffpunkt erschienen waren, nahm der Angeklagte Kontakt zu ihnen auf und vereinbarte ein Treffen in R.

. [X.]ort übernahm er am 29.
Oktober
2011 insgesamt 7.231
Gramm Amphetaminzubereitung mit einem Amph-HCl-Anteil von 419,28
Gramm. [X.]as Rauschgift verbaute er anschließend in seinem Fahrzeug und überquerte damit die [X.]. Nach [X.] Einreise wurde er festgenommen (Fall
II.
2
der Urteilsgründe).
[X.]as [X.] hat die Vorgänge vom 7.
Oktober 2011
als Beihilfe zum unerlaubten [X.]ndeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und die Tat vom 28./29.
Oktober 2011 als unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln 3
4
-
4
-
in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem
[X.]ndeltreiben mit Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge gewertet.
II.
[X.]ie Revision des Angeklagten hat Erfolg.
1.
[X.]ie Verurteilung wegen Beihilfe zum unerlaubten [X.]ndeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge im Fall
II.
1 der Urteilsgründe hat keinen Bestand, weil dem [X.] bei der Bestimmung der Strafe ein Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten unterlaufen ist und eine neue Strafzumessung nur bei gleichzeitiger Aufhebung des Schuldspruchs möglich ist.
a)
[X.]as [X.] hat bei der Verneinung eines minder
schweren Falls nach §
29a Abs.

(UA
9). [X.]iese Erwägung ist

wie sich aus der allgemeinen Bezugnahme ergibt (UA
10)

auch in die Bemessung der dem Strafrahmen des §
29a Abs.
1 BtMG i.V.m. den §§
27, 49 StGB entnommenen Strafe mit gleicher Bewertungsrich-tung eingeflossen (UA
10). [X.]a die vorhandene Gewinnorientierung des Ange-klagten zusätzlich straferschwerend berücksichtigt worden ist, handelt es sich bei dieser Formulierung nicht lediglich um die negative Beschreibung der fest-gestellten Beweggründe (vgl. [X.], Beschluss vom 10.
April 1987

GSSt
1/86, [X.]St 34, 345, 350), sondern um eine eigenständige

für den Angeklagten nachteilige

Wertung. [X.]abei beschränkt sich das [X.] nicht mehr auf die von ihm festgestellten Tatsachen, sondern misst die Tatmotivation des [X.] an einem hypothetischen Sachverhalt, der zu dem zu beurteilenden 5
6
7
-
5
-
keinen Bezug hat. [X.]ies ist rechtsfehlerhaft (vgl. [X.], Beschluss vom 10.
April 1987

GSSt
1/86, [X.]St 34, 345, 350; vom 20.
August 1982

3
StR
283/82, [X.], 463; vom 19.
November 1992

4
StR
549/92, [X.], 132; vom 24.
September 2009

3
StR
294/09, [X.], 24, 25). Aus den gleichen Gründen ist es auch bedenklich, dass das [X.] mit negativer Bewer-tungsrichtung angeführt hat, dass der Angeklagte dem zweiten von ihm unter-stützten Auftraggeber

10).
b)
[X.]er Schuldspruch war [X.], weil es das [X.] unter-lassen hat, eine Strafbarkeit des Angeklagten unter [X.] in Betracht kommen-den Gesichtspunkten zu prüfen (vgl. [X.], Urteil vom 3.
März 2000

2
StR
388/99, [X.]R StPO §
353 Aufhebung
2). Nach den bisherigen Fest-stellungen drängte es sich auf, die Frage zu erörtern, ob sich der Angeklagte auch des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß §
29a Abs.
1 Nr.
2 BtMG schuldig gemacht hat
(zum Konkurrenzver-hältnis: [X.], BtMG, 3.
Aufl., §
29a Rn.
173 mwN). Soweit der Angeklagte selbst ein
Kilogramm Marihuana erworben und gewinnbringend weiterverkauft hat,
erfüllt
dies die
Voraussetzungen eines täterschaftlichen [X.]ndeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß §
29a Abs.
1 Nr.
2 BtMG. Insofern hat sowohl
für das Konkurrenzverhältnis als auch die Frage, ob es sich um dieselbe prozessuale Tat handelt,
die nicht eindeutig festgestellte zeitliche Abfolge zwischen dem Transport des Marihuanas für [X.].

und dem anschlie-
ßenden Ankauf Bedeutung. Eine nur auf den Strafausspruch beschränkte [X.] könnte unter Umständen dazu führen, dass der neue Tatrichter gehin-dert ist, durch widerspruchsfreie Feststellungen den richtigen Ausgangspunkt für eine unter Beachtung des Verschlechterungsgebots (§
358 Abs.
2 StPO) schuldangemessene Ahndung der Tat zu finden ([X.], Urteil vom 3.
März
2000

2
StR
388/99, [X.]R StPO §
353 Aufhebung
2; Beschluss vom 8
-
6
-
11.
November
1981

3
StR
342/81, zitiert bei Holtz M[X.]R 1982, 281, 283). Eine Schuldspruchberichtigung kommt nicht in Betracht, weil die bisherigen [X.] nicht vollständig sind und deshalb den Unrechts-
und Schuldgehalt der Tat nicht hinreichend erkennen lassen.
2.
[X.]ie Verurteilung wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem
[X.]ndeltreiben mit Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge im Fall
II.
2 der Urteilsgründe ist aufzuhe-ben, weil die getroffenen Feststellungen ein unerlaubtes [X.]ndeltreiben mit [X.] in nicht geringer Menge gemäß §
29a Abs.
1 Nr.
2 BtMG nicht belegen.
a)
[X.]er Senat entnimmt den Feststellungen, dass die von dem Angeklag-ten in R.

übernommene und auf das [X.] verbrachte Amphe-
taminzubereitung teilweise für ihn selbst und teilweise für [X.].

bestimmt war.
Bei dieser Sachlage kommt eine Verurteilung des Angeklagten wegen [X.] [X.]ndeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nur dann in Betracht, wenn in der auf ihn entf[X.]den und zur Weiterveräußerung be-stimmten Teilmenge ein den Grenzwert zur nicht geringen Menge im Sinne von §
29a Abs.
1 Nr.
2 BtMG (10
Gramm [X.]) überschreitender Wirk-stoffanteil enthalten war oder aber eine Zurechnung der Gesamtmenge nach den Grundsätzen über die Mittäterschaft (§
25 Abs.
2 StGB) erfolgen kann. Letztere setzt dabei auch hier eine wertende Betrachtung aller von der [X.] voraus, wobei dem jeweiligen Inte-resse
am Taterfolg, dem Umfang der Tatbeteiligung und dem Vorhandensein von Tatherrschaft eine indizielle Bedeutung zukommen ([X.], Beschluss vom 17.
April 2012

3
StR
131/12, Rn.
5; vom 14.
August 2002

2
StR
249/02, [X.], 90, 91). [X.]abei kann ein mittäterschaftliches [X.]ndeltreiben anzu-9
10
-
7
-
nehmen sein, wenn der gemeinsame Ankauf der Kostenreduktion und der Er-zielung eines günstigen [X.] dienen sollte ([X.], Urteil vom 9.
Okto-ber 2002

1
StR
137/02, [X.], 57, 58). [X.]as Urteil enthält weder Feststellungen zu dem Anteil des Angeklagten
an der Gesamtmenge, noch eine revisionsrechtlicher Überprüfung zugängliche wertende Betrachtung der [X.]. [X.]ie Sache bedarf daher schon aus diesem Grund neuer [X.] und Entscheidung.
b)
[X.]er neue Tatrichter wird dabei zu beachten haben, dass es bei
[X.] für die Bestimmung der nicht geringen Menge auf den [X.]-Anteil ankommt ([X.], Urteil vom 11.
April 1985

1
StR
507/84, [X.], 33). [X.]as [X.] hat sich
bei seiner Bewertung an dem nicht maßgeblichen Amph-HCl-Gewichtsanteil orientiert, ohne die gebo-tene Umrechnung in [X.] vorzunehmen (vgl. [X.], Beschluss vom 22.
Juni 2011

2
StR
157/11, Rn.
3; vom 19.
Juli 2007

3
StR
257/07, Rn.
2 zur Umrechnung bei Amphetaminsulfat).

handelt, deren Gefährlichkeit unabhängig von der im Einzelfall gegebenen Wirkstoffkonzentration straferschwerend berücksichtigt werden darf (vgl.
11
12
-
8
-
BVerfG,
Beschluss vom 4.
Mai 1997

2
BvR
509/96 u.a., NJW 1998, 669, 671).
Mutzbauer
Cierniak
Franke

Bender
Quentin

Meta

4 StR 392/12

24.10.2012

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.10.2012, Az. 4 StR 392/12 (REWIS RS 2012, 1995)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1995

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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