Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.04.2009, Az. 2 ARs 180/09

2. Strafsenat | REWIS RS 2009, 4072

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[X.]/09 2 [X.]/09 vom 7. April 2009 Nachschlagewerk: ja [X.]St: ja Veröffentlichung: ja StPO § 10 Zum Regelungsgehalt des § 10 StPO. [X.], Beschluss vom 7. April 2009 [X.] 2 [X.] [X.] Staatsanwaltschaft [X.] in dem Ermittlungsverfahren gegen 1. 2. 3. - 2 - 4. 5. 6. 7. wegen erpresserischen [X.] u. a. [X.].: 590 Js 18 092/09 Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht [X.] - 3 - Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] am 7. April 2009 beschlossen: Der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts wird zu-rückgewiesen. Von Gesetzes wegen zuständig ist das Landgericht [X.] (§ 10 StPO). Gründe: [X.] Am 29. März 2009 wurde der Betriebsstoffversorger "S. " der [X.] mit Heimathafen in [X.] im Golf von [X.] (in internationalen Ge-wässern) von einem mit den sieben Beschuldigten besetzten offenen Motorboot (Skiff) angegriffen. Die an Bord der "[X.]" befindlichen Soldaten der Mari-neschutzkräfte erwiderten das Feuer und stellten, unterstützt von anderen im betreffenden Seegebiet operierenden Schiffen der [X.] und der [X.] das [X.]. Die sieben in Gewahrsam genommenen Beschuldigten befinden sich seit dem 30. März 2009 an Bord der Fregatte "[X.]- [X.]". 1 Bei dem Betriebsstoffversorger "S.

" handelt es sich nicht um ein im zivilen Seeverkehr eingesetztes Schiff, sondern um ein im Rahmen der [X.] Operation EU NAVFOR [X.] zivil besetztes Schiff der Bun-deswehr. Die Bundesregierung hat wegen des Angriffs Strafanzeige bei der 2 - 4 - Staatsanwaltschaft [X.] gestellt. Diese hält sich nicht für zuständig und [X.], gemäß § 13 a StPO ein zuständiges Gericht zu bestimmen. I[X.] Die Bestimmung des zuständigen Gerichts war abzulehnen. Die Voraus-setzungen des § 13 a StPO liegen nicht vor. 3 Gemäß § 13 a StPO bestimmt der [X.] das zuständige Gericht, wenn es im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes an einem zustän-digen Gericht fehlt oder dieses nicht ermittelt ist. Auf diese Frage hat sich die Prüfung durch den [X.] im Verfahren nach § 13 a StPO zu beschränken ([X.]St 18, 19, 20). Die Zulässigkeit der Bestimmung eines zuständigen Ge-richts nach § 13 a StPO ist allerdings nicht davon abhängig, ob ein in den §§ 7 ff. StPO vorgesehener Gerichtsstand ermittelt werden kann; maßgebend ist vielmehr, dass ein solcher nicht ermittelt ist ([X.]St 10, 255). Dies ist der Fall, wenn sich keine Anhaltspunkte für einen der in §§ 7 ff. StPO begründeten Gerichtsstände ergeben und ein solcher nicht ohne nähere Erhebungen fest-stellbar ist ([X.]St 10, 255, 257; [X.] [X.]R StPO § 13 a Anwendungsbereich 4). 4 Im vorliegenden Fall greift § 13 a StPO nicht ein, weil es weder an einem zuständigen Gericht im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes fehlt noch die-ses nicht ermittelt ist. Vielmehr ist hier die örtliche Zuständigkeit des Landge-richts [X.] gemäß § 10 Abs. 1 StPO gegeben. 5 Nach der ersten Variante dieser Bestimmung ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Heimathafen des Schiffs liegt, wenn die Straftat auf einem Schiff, das berechtigt ist, die Bundesflagge zu führen, außerhalb des Geltungs-bereichs der Strafprozessordnung begangen worden ist. 6 - 5 - Die "[X.] " ist berechtigt, die Bundesflagge zu führen; dabei kann, wie der [X.] zu Recht ausgeführt hat, dahinstehen, ob es sich um ein zur Seefahrt bestimmtes Schiff oder um ein zu den Seestreitkräften der [X.] gehörendes Schiff handelt. Im ersten Fall folgt das Recht zur [X.] aus §§ 1, 3, 8 [X.], im zweiten Fall aus der Anord-nung des Bundespräsidenten über die Dienstflagge der Seestreitkräfte der [X.] vom 25. Mai 1956 ([X.] I S. 447 = [X.] [X.] 1130-5). [X.] ist zu-dem der Heimathafen des betroffenen Schiffs. Dies alles sieht auch die [X.] [X.] ersichtlich nicht anders. Sie meint jedoch, die Straftat sei nicht außerhalb des Geltungsbereichs der Strafprozessordnung begangen, weil an Bord der "[X.] " infolge der uneingeschränkten Ausübung der Hoheitsge-walt des [X.] [X.] die [X.] Strafprozessordnung gelte. 7 Dieser Argumentation vermag der [X.] nicht zu folgen. Zwar trifft es zu, dass nach dem [X.] die Hoheitsgewalt über Schiffe dem Staat zusteht, unter dessen Flagge es registriert ist. Der Flaggenstaat übt damit auch die Strafgewalt über die auf dem Schiff begangenen Straftaten aus, unabhängig davon, wo es sich zum Tatzeitpunkt befindet und welche Staatsangehörigkeit die Täter haben (MünchKomm-StGB/[X.] vor § 3 Rdn. 34). Aus dieser "pragmatischen extraterritorialen Hoheits- und Strafgewaltserstreckung" (so [X.] aaO) kann jedoch für den Anwendungsbereich des § 10 StPO nicht [X.] werden, dass Straftaten auf einem unter [X.]r Flagge fahrenden Schiff innerhalb des Geltungsbereichs der Strafprozessordnung begangen [X.] sind. Dass eine solche Auslegung nicht zutreffen kann, ergibt sich bereits daraus, dass sie dem § 10 StPO keinen Anwendungsbereich beließe. Vielmehr entspricht der Geltungsbereich der Strafprozessordnung im Sinne des § 10 Abs. 1 StPO dem Hoheitsbereich der [X.]: Er umfasst an Land das Gebiet innerhalb der Bundesgrenzen, an der [X.] Küste die [X.] und das Küstenmeer sowie allgemein den über den [X.] liegenden Luftraum. [X.] dieser Gebiete beginnt der von § 10 erfasste Bereich ([X.]/[X.] StPO 26. Aufl. § 10 Rdn. 1). Diese Be-stimmung ist also nur dann unanwendbar, wenn die Tat ausschließlich in dem vorbezeichneten räumlichen Bereich begangen worden ist ([X.] aaO Rn. 3); so liegt der Fall hier indes nicht. Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts [X.] ergibt sich demzufolge bereits eindeutig aus § 10 StPO. Daher bedarf es keines [X.] auf die Frage, ob ein Schiff nach dem Flaggenprinzip (vgl. auch § 4 StGB) "schwim-mendes Territorium" des [X.] ist (so [X.], 266, 267: "wandelnde Gebietsteile"; 50, 218, 220; [X.], § 8 Nr. 7; [X.] 26, 242, 252; [X.] IRuD 1956, 75, 86) oder ob die Flaggenzugehörigkeit weder der Per-sonalhoheit noch der Territorialhoheit eines Staates zuzurechnen ist, sondern eine eigenständige Form der Anknüpfung staatlicher Hoheitsgewalt darstellt, die gleichberechtigt neben den beiden genannten Formen steht (so [X.] NStZ-RR 1996, 147; MünchKomm-StGB/[X.] § 4 Rn. 5; [X.] in Graf [X.], Handbuch des Seerechts Kap. 4 Rdn. 36; [X.], [X.] Flaggen-recht [X.] ff.). Der Umstand, dass Schiffe, die im Staatsdienst ausschließlich für andere als Handelszwecke genutzt werden, völkerrechtlich auf 9 - 7 - [X.] Immunität genießen (Art. 96 des [X.] der [X.]), hat im Zusammenhang mit § 10 StPO keine Auswirkungen (vgl. [X.]/[X.] aaO § 10 Rdn. [X.]. 8). [X.] Appl Cierniak [X.]

Meta

2 ARs 180/09

07.04.2009

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: ARs

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.04.2009, Az. 2 ARs 180/09 (REWIS RS 2009, 4072)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 4072

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