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PDF anzeigen[X.] vom 22. März 2007 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung u.a. - 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 22. März 2007 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 29. September 2006 im [X.] mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landge-richts zurückverwiesen. 3. Die weiter ge[X.]de Revision wird verworfen. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverlet-zung und wegen Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlic[X.] Rechts. Das Rechtsmittel hat zum [X.] Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 1 Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungs-verwahrung kann nicht beste[X.] bleiben. Zwar hat das [X.] die formel-len und materiellen Vorraussetzungen der Unterbringung nach § 66 Abs. 1 StGB rechtsfehlerfrei bejaht. Ebenso hat es - sachverständig beraten - von [X.] Unterbringung gemäß § 64 StGB wegen deren Aussichtslosigkeit [X.] - 3 - [X.]. [X.] rechtlic[X.] Bedenken begegnet aber die Entscheidung, von einer Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrisc[X.] Kranken-haus gemäß § 63 StGB abzuse[X.], die nach den Grundsätzen des § 72 StGB die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung entbehrlich ma-c[X.] kann (vgl. [X.]St 42, 306, 308; [X.], Beschluss vom 19. Dezember 2006 - 4 StR 530/06). Das [X.] hat die Voraussetzungen einer Unterbringung des [X.] gemäß § 63 StGB deshalb verneint, weil die für beide Taten ange-nommene erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit (§ 21 StGB) jeweils durch die hochgradige Tatzeit-Alkoholisierung des Angeklagten (3,0 › bei Begehung der gefährlic[X.] Körperverletzung) bewirkt wurde. Das schloss eine Unterbrin-gung des Angeklagten in einem psychiatrisc[X.] Krankenhaus nach § 63 StGB indes noch nicht von vornherein aus. Zwar kommt die Anwendung des § 63 StGB nur bei Personen in Betracht, deren Schuldunfähigkeit oder erheblich verminderte Schuldfähigkeit durch einen länger andauernden und nicht nur vorüberge[X.]den Zustand im Sinne der §§ 20, 21 StGB hervorgerufen worden ist (st. Rspr.; [X.]St 34, 22, 27). In Fällen, in denen die Verminderung der Schuldfähigkeit letztlich auf Alkoholgenuss zurückzuführen ist, kann § 63 StGB aber ausnahmsweise angewendet werden, wenn der Täter an einer krankhaften Alkoholsucht leidet oder in krankhafter Weise alkoholüberempfindlich ist (st. Rspr.; [X.]St 34, 313, 314; [X.]R StGB § 63 Zustand 9). Nichts anderes gilt bei einer Politoxikomanie, die auf einer krankhaften Sucht beruht. Das Land-gericht hätte sich deshalb mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob bei dem Angeklagten eine krankhafte Sucht nach Alkohol und anderen Drogen vor-liegt. 3 - 4 - Anhaltspunkte dafür ergeben sich aus dem festgestellten Verlauf des [X.] und Drogenmissbrauchs, der bereits im Jahre 1995 zur Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB führte, die - mit mehreren Unterbrechungen infolge des Entweic[X.]s des Ange-klagten - von Mitte 1996 bis Mitte Juli 1998 dauerte und im Ergebnis erfolglos blieb. Der Angeklagte setzte danach seinen Alkohol- und Drogenmissbrauch (Heroin, Marihuana, Amphetamine, Kokain und Medikamente) fort. Er befand sich im März 2006 einige Tage in stationärer Entzugsbehandlung und kurz da-nach nochmals in stationärer Behandlung in einer psychiatrisc[X.] Klinik. Dort wurden eine akute Intoxikation mit multiplen Substanzen sowie eine Politoxiko-manie diagnostiziert. Damit liegen Umstände vor, die üblicherweise mit dem Begriff einer Sucht verbunden werden. 4 Die Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen einer die Unterbrin-gung des Angeklagten in einem psychiatrisc[X.] Krankenhaus rechtfertigenden krankhaften Sucht nach Alkohol und anderen Drogen war hier nicht etwa [X.] entbehrlich, weil das [X.] - auch darin dem Sachverständigen fol-gend - das Vorliegen eines überdauernden psychisc[X.] Sachverhalts, der als krankhaft seelische Störung im Sinne der §§ 20, 21 StGB einzuordnen wäre, und ebenso eine schwere andere seelische Abartigkeit im Sinne dieser [X.] ausgeschlossen hat. Soweit es letzteres Kriterium betrifft, hat das [X.] ausgeführt, es bestünden "zwar viele Auffälligkeiten in der [X.]", insoweit handele es sich aber bei dem Angeklagten lediglich um eine "dissoziale" Persönlichkeit. Auch wenn diese Persönlichkeits-struktur des Angeklagten in ihrer Ausprägung noch nicht den Grad erreicht hat, der bereits für sich genommen zu einer erheblic[X.] Beeinträchtigung der [X.] geführt hat, die vom [X.] sicher angenommene [X.] der Schuldfähigkeit des Angeklagten letztlich erst durch seine jeweils 5 - 5 - akute Alkoholintoxikation - möglicherweise in Verbindung mit der Wirkung auch anderer Drogen - herbeigeführt worden ist, kann darin nach der neueren Recht-sprechung des [X.] ein Zustand gese[X.] werden, der die Un-terbringung in einem psychiatrisc[X.] Krankenhaus nach § 63 StGB zu rechtfer-tigen vermag (vgl. [X.]St 44, 338; 44, 369; [X.]sbeschluss vom 18. Januar 2000 - 4 StR 583/99 - [X.], 213). Der [X.] kann nicht ausschließen, dass das [X.] - wäre es da-von ausgegangen, dass die Voraussetzungen für eine Unterbringung des [X.] nach § 63 StGB vorliegen - von einer Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung abgese[X.] hätte. Zwar ist die Unterbringung nach § 63 StGB nach der Rechtsprechung des [X.] kein "geringeresfi, sondern ein "anderesfi Übel als die Sicherungsverwah-rung, zumal beide Maßregeln zeitlich unbegrenzt sind. Jedoch erweist sich die Unterbringung nach § 63 StGB schon deshalb regelmäßig als die weniger be-schwerende Maßregel, weil ihr Vollzug grundsätzlich vor dem Vollzug der Strafe stattfindet und auf die Strafe angerechnet wird (§ 67 Abs. 1 und 4 StGB). Auch aus diesem Grund ist - und zwar unabhängig von der Frage der Therapierbar-keit - der Maßregelanordnung nach § 63 StGB in der Regel gegenüber der [X.] in der Sicherungsverwahrung der Vorrang [X.] ([X.]St 42, 306, 308; [X.], Beschluss vom 19. Dezember 2006 - 4 StR 530/06). 6 - 6 - Der [X.] bedarf mithin insgesamt neuer Prüfung und Ent-scheidung. 7 Tepperwien Maatz Athing [X.]
Meta
22.03.2007
Bundesgerichtshof 4. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.03.2007, Az. 4 StR 56/07 (REWIS RS 2007, 4618)
Papierfundstellen: REWIS RS 2007, 4618
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
4 StR 530/06 (Bundesgerichtshof)
4 StR 242/17 (Bundesgerichtshof)
2 StR 201/10 (Bundesgerichtshof)
4 StR 127/00 (Bundesgerichtshof)
3 StR 11/10 (Bundesgerichtshof)
Besonders schwerer Raub: Schreckschusspistole als Waffe; Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus bei verminderter Schuldfähigkeit durch …
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