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Fehlende Passivlegitimation einer Krankenkasse bei wettbewerbswidriger Werbung in einem Mitgliedermagazin
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 11.05.2017, Az. 17 HKO 22516/14, aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
III. Das Urteil ist in Ziff.
II. vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages leistet.
I.
Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch sowie die Erstattung von Abmahnkosten wegen angeblich wettbewerbswidriger Werbung geltend.
Die Klägerin ist die Berufsvertretung der Apotheker im Bezirk N.
Die Beklagte ist eine Betriebskrankenkasse mit bundesweiten Mitgliedern und Geschäftsstellen.
In der Ausgabe von Oktober 2014 des von der Beklagten herausgegebenen Mitgliedermagazins „SBK L.“ war ein Flyer der DocM. N.V. eingelegt, auf dessen Deckblatt wie folgt geworben wurde:
„TESTEN SIE UNS - JETZT REZEPT EINSENDEN Und 10 Euro-Gutschein erhalten. Gilt auch bei der Einsendung einer Rezeptkopie. 10,- EURO-Gutschein sichern“ (vgl. Anlage K 1).
Nach den Teilnahmebedingungen sollten Kunden, die ihr Rezept oder eine Rezeptkopie zusammen mit dem Teilnahmecoupon einlösten, einen Gutschein über 10,- € erhalten, den sie bis zum 31.03.2015 bei einer Bestellung rezeptfreier Produkte ab einem Bestellwert von 40,- € einlösen konnten (vgl. Anlage K 1).
Das Landgericht hat die Beklagte unter vollständiger Stattgabe der Klage mit Endurteil vom 11.05.2017 dazu verurteilt, es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, gegenüber ihren Mitgliedern für ein Bonusmodell der Versandapotheke DocM.N.V., bei dem der Endverbraucher in Deutschland einen 10,- €-Gutschein für die Einlösung eines Rezeptes angeboten und/oder gewährt bekommt, zu werben, insbesondere durch die Übersendung eines Werbeflyers wie in Anlage K 1 wiedergegeben.
Weiterhin hat das Landgericht der Klägerin einen Abmahnkostenerstattungsanspruch in Höhe von 1.168,37 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit 04.12.2014 zugesprochen.
Zur Begründung hat das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, ausgeführt:
Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch sei nach §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2; 3 a UWG (§ 4 Nr. 11 UWG a.F.) i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG begründet. § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG sei im vorliegenden Falle anwendbar. Mit dem Verbot aller nicht explizit erlaubter Werbegaben solle nach dem Zweck des Gesetzes der abstrakten Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung der Endverbraucher vorgebeugt werden, wodurch das gesundheitspolitische Anliegen verfolgt werde, sicherzustellen, dass der umworbene medizinisch nicht gebildete Verbraucher Heilmittel nur nach Bedarf anwende und ein durch Werbegeschenke induzierter und vielfach gesundheitsgefährdender Zuviel- oder Fehlgebrauch von Heilmitteln verhindert werde. Dabei sei dieser Schutz nach dem Gesetzeswortlaut beschränkt auf die Gewährung von anderen Werbegaben als Rabatten, da § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HWG solche bei nicht preisgebundenen Arzneimitteln und allen sonstigen Heilmitteln unbegrenzt gestatte. Dies bedeute, dass der Gesundheitsschutz an die vermeintliche Verfälschung des Leistungswettbewerbs durch bestimmte Formen der Wertreklame gebunden sei, die den Verbraucher durch Verschleierung des Preises womöglich irreführen oder sonst zu unsachlichen und nicht ökonomisch fundierten Kaufentscheidungen motivieren könnte. Dagegen sei der potentielle Mehrabsatz von Heilmitteln infolge günstiger Preise Ausdruck des vom Gesetzgeber bei nicht preisgebundenen Heilmitteln explizit gewünschten Preiswettbewerbs.
Ausgehend von der aktuellen Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 19.10.2016, Az.: C-148/15) könne § 7 HWG nur dann gegen das Unionsrecht verstoßen, wenn dieser Zuwendungen allein deshalb verbiete, weil sie gegen das Arzneimittelpreisrecht verstießen, weil dann bei zwischenstaatlichem Bezug die Warenverkehrsfreiheit nach Art. 34 AEUV verletzt würde, also die Regelungen in § 7 HWG denselben Zwecken dienen würden, wie das Arzneimittelpreisgesetz. Dies bedeute aber nicht, dass § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG auf die vorliegend streitgegenständliche Werbung nicht anwendbar sei. Denn aus dem Kontext des EuGH-Urteils (vom 19.10.2016, Az.: C-148/15) lasse sich insgesamt eine Aussage zur Vereinbarkeit von § 7 Abs. 1 HWG mit der Warenverkehrsfreiheit nur dahingehend entnehmen, als darin spezifische nationale, an die Verletzung des deutschen Arzneimittelpreisrechts anknüpfende Verbote normiert seien. Auf die Richtlinie 2001/83/EG gehe der Gerichtshof in seiner Entscheidung nicht ein. Es sei nicht anzunehmen, dass der EuGH mit seiner Entscheidung eine pauschale Aussage zur Auslegung der Werbenormen des Gemeinschaftskodex habe treffen wollen, ohne dabei die Richtlinie erwähnt zu haben. Die gänzlich fehlende Befassung mit den Wertungen des Heilmittelwerberechts erhelle nicht zuletzt daraus, dass der EuGH in der Vergangenheit in seiner Grundsatzentscheidung zur vollharmonisierenden Wirkung der Werbenormen des Gemeinschaftskodex bestimmte Formen der Wertreklame für Arzneimittel bereits für unzulässig erklärt habe und es nicht erkennbar sei, dass der EuGH mit der nunmehrigen Entscheidung dem entgegentreten habe wollen. Im Ergebnis bedeute dies, dass die allgemeinen Beschränkungen der Wertreklame nach § 7 Abs. 1 HWG als unionsrechtskonform anzusehen seien, sie bei Arzneimitteln primär an den vollharmonisierenden Werbenormen des Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel zu messen seien und nicht an der Warenverkehrsfreiheit. Nach richtlinienkonformer einschränkender Auslegung von § 7 HWG seien Werbeangaben, welche keiner Preisbindung unterlägen, jedenfalls solange zulässig, bis sie aufgrund ihrer Art und Höhe die konkrete Gefahr eines unzweckmäßigen Arzneimittelerwerbs bzw. Arzneimittelgebrauches begründeten.
Dies bedeute, dass im vorliegenden Falle § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG auf das beworbene Bonussystem der DocM. N.V. anwendbar sei. Die Regelung diene dem Zweck, dafür Sorge zu tragen, dass die medizinisch nicht gebildeten Kunden Arzneien nur nach Bedarf anwenden sollten. Verbraucher sollten vor Irreführung und unsachlicher Beeinflussung gerade in einer Situation besonderer Schutzwürdigkeit geschützt werden, weil vor allem nicht gesunde Menschen der Werbung für Heilmittel nicht mit derjenigen Skepsis begegneten, die ein Durchschnittsverbraucher der Werbung für andere Produkte üblicherweise entgegenbringe. Es solle auch sichergestellt werden, dass der Verbraucher seine Entscheidung, wo und wie er das Arzneimittel besorge, davon abhängig mache, ob er diese schnell benötige. Wenn der zweckmäßige Einsatz des Arzneimittels voraussetze, dass der Patient die Therapie noch am selben Tag beginne, stehe die Auslobung von nicht geringwertigen Zugaben dem entgegen, da dadurch der Patient veranlasst werden könne, bloß allein wegen der Zugabe einen verspäteten und damit unzweckmäßigen Therapiebeginn zu wählen. Die Vorschrift verbiete daher Zuwendungen nicht allein deshalb, weil sie gegen das Arzneimittelpreisrecht verstoßen würden.
Es handele sich auch nicht um eine reine Imagewerbung, sondern um Absatzwerbung im Sinne von § 1 HWG. Denn das Angebot bzw. die Gewährung des 10,- € Gutscheins werde für die Einlösung eines Rezeptes gewährt, weshalb ein konkreter Zusammenhang zwischen der Bestellung von (konkreten) Arzneimitteln und dem Erhalt einer Prämie im Sinne von § 7 HWG hergestellt werde. Sinn und Zweck des beworbenen Modells sei es, dass der Kunde gerade ein von der Beklagten beworbenes Produkt erwerben solle, weshalb es sich um eine Maßnahme zur konkreten Förderung des Absatzes der von DocM. vertriebenen Produkte, und nicht um reine Imagewerbung handele. Der Vorteil werde gewährt gegen Einreichung eines Rezeptes, also auf alle von der Beklagten beworbenen und angebotenen rezeptpflichtigen Produkte. Dabei hänge aber die Eignung einer Zuwendung, den Absatz von Heilmitteln unsachlich zu beeinflussen, nicht davon ab, ob die Zuwendung allein für genau benannte Heilmittel, eine nicht näher eingegrenzte Vielzahl von Heilmitteln oder für das gesamte, neben Heilmitteln möglicherweise auch andere Produkte umfassende Sortiment angekündigt werde. Hinzukomme, dass ein Produktbezug im vorliegenden Falle auch gerade deshalb hergestellt werde, weil die Gewährung des Gutscheins nicht nur unmittelbar an den Erwerb von Arzneimitteln, sondern auch an einen Mindestumsatz in Höhe von 40,- € bei der Bestellung von Arzneimitteln gekoppelt sei. Hierdurch entstehe gerade die Gefahr, dass der Verkehr dazu veranlasst werde, möglicherweise mehr Arzneimittel zu erwerben als benötigt, weshalb der Schutzbereich des HWG eröffnet sei.
Bei der Bewerbung bzw. Gewährung des 10,- €-Gutscheins durch DocM. N.V. handele es sich auch nicht um einen Barrabatt im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 2 HWG. Im Hinblick auf den Zweck der Regelung des § 7 HWG, durch eine weitgehende Eindämmung von Werbegeschenken im Heilmittelbereich der abstrakten Gefahr einer davon ausgehenden unsachlichen Beeinflussung zu begegnen, sei der Begriff von Werbegaben weit auszulegen und umfasse grundsätzlich jede aus der Sicht des Empfängers nicht berechnete geldwertige Vergünstigung, die im Zusammenhang mit der Werbung für ein bestimmtes oder mehrere konkrete Heilmittel gewährt werde. Der Ausnahmetatbestand von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HWG sei vorliegend nicht gegeben, da es sich nicht um einen Barrabatt handele, sondern um die Zugabe eines Gutscheins. Der Gutschein habe zwar den Wert eines bestimmten Geldbetrages, dennoch erhalte der Verbraucher nicht einfach einen Rabatt dergestalt, dass er das erworbene Produkt schlicht und ergreifend günstiger erhalte, sondern eine geldwerte Zugabe, welche er erst beim späteren Kauf nicht verschreibungspflichtiger Produkte im Mindestwert von 40,- € einlösen könne. Dadurch werde dem Werbenden eine zusätzliche Werbemöglichkeit eröffnet, die dieser dazu nutzen könne, um Verbraucher auf seine Produkte aufmerksam zu machen und an sich zu binden, indem diese dazu veranlasst würden, später weitere Produkte bei ihm zu erwerben, um den Gutschein tatsächlich einlösen zu können.
Es handele sich auch nicht um eine geringwertige Kleinigkeit im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWG, denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liege die diesbezügliche Wertgrenze bei allenfalls 5,- €.
Damit stehe zur Überzeugung der Kammer fest, dass das von DocM. N.V. beworbene Gutscheinmodell gegen § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG verstoßen habe.
Für diese Werbung sei die Beklagte jedenfalls als Störer verantwortlich. Bei der in ihrer Mitgliederzeitschrift beigefügten und an ihre Mitglieder verteilten Werbung für die Versandapotheke DocM. handele es sich um eine geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG, weil die Beklagte damit den Absatz von Waren der DocM. N.V. unmittelbar und objektiv fördere. Auf das sog. Presseprivileg könne sich die Beklagte in diesem Zusammenhang nicht berufen. Zum einen sei bereits fraglich, ob eine Körperschaft des öffentlichen Rechts sich bei einer Mitgliederwerbung überhaupt auf das Haftungsprivileg für Presseunternehmen berufen könne. Eine Haftung für die Veröffentlichung einer Anzeige durch Presseunternehmen sei aber jedenfalls dann gegeben, wenn diese Anzeige grobe und eindeutige, unschwer erkennbare Wettbewerbsverstöße enthalte. Dabei sei im vorliegenden Falle zu berücksichtigen, dass es sich bei der Beklagten um eine Betriebskrankenkasse handele, aus deren Sicht es sich bei der Frage, ob bei der Einlösung von Verschreibungen geldwerte Vergünstigungen gewährt werden dürften oder nicht, zweifelsfrei um einen eindeutigen und unschwer erkennbaren Wettbewerbsverstoß gegen § 7 HWG handele. Eine Krankenkasse wisse und müsse wissen, dass bei der Einlösung von Verschreibungen keine Rabatte gewährt werden dürften, so dass bei angemessener, auch nicht umfassender Überprüfung der Beklagten zweifelsfrei aufgefallen wäre und auffallen hätte müssen, dass hier ein Verstoß gegen § 7 HWG vorliege.
Gegen die der Beklagten am 17.05.2017 zugestellte Entscheidung hat diese mit Schriftsatz vom 17.05.2017 (Bl. 208/209 d. A.) Berufung eingelegt, die sie nach gewährter Fristverlängerung (213 d. A.) mit Schriftsatz vom 17.08.2017 (Bl. 214/377 d. A.) begründet hat.
Zur Begründung führt die Beklagte unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag Folgendes aus:
Entgegen der Auffassung des Landgerichts stehe der Klägerin insbesondere kein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, 3 a UWG (§ 4 Nr. 11 UWG a. F.) i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG zu. Das Landgericht habe zunächst verkannt, dass es sich bei der angegriffenen Werbung um keine konkrete Absatzwerbung, sondern um eine reine Imagewerbung von DocM. handele (vgl. OLG Bamberg, WRP 2013, 1641 im Anschluss an BGH GRUR 2010, 1136 Rn. 24 - UNSER DANKE-SCHÖN FÜR SIE! und entgegen BGH GRUR 2009, 1082 - DeguSmiles & more). Soweit das Landgericht demgegenüber meine, es werde bereits dadurch ein vermeintlicher konkreter Zusammenhang zu (unstreitig namentlich nicht genannten) Arzneimitteln von DocM. hergestellt, dass der Flyer für die Einlösung eines Rezeptes werbe, so sei dem nicht zuzustimmen. Wolle man selbst entfernte Bezugnahmen, die vermeintliche Assoziationen zu Arzneimitteln weckten, als konkrete Absatzwerbung für namentlich nicht genannte Arzneimittel ausreichen lassen, führe dies zu einer offensichtlichen Trennungsunschärfe zwischen heilmittelwerberechtlich nicht relevanter Imagewerbung einerseits und potentieller Absatzwerbung andererseits, wodurch der Anwendungsbereich des HWG überdehnt würde, jedenfalls aber nicht hinnehmbare Rechtsanwendungsunsicherheiten entstünden. Die streitgegenständliche Werbung habe ausschließlich bezweckt, das Unternehmensimage von DocM. aufzuwerten. Erst recht gehe es im Rahmen der Einsendung einer Rezeptkopie nicht darum, (bereits durch Dritte belieferte) Arzneimittel zu bewerben, sondern vielmehr darum, das Image von DocM. zu bewerben („… zunächst besser kennenzulernen, …“). Ein konkreter Heilmittelbezug, der die Anwendbarkeit des HWG eröffnen würde und der auch von Art. 86 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG gefordert werde, sei im Streitfall nicht erkennbar. Die streitgegenständliche Werbung bewerbe kein konkretes Heilmittel, sondern stelle lediglich das Unternehmen DocM. in den Vordergrund, so dass es sich um unternehmensbezogene Imagewerbung im Sinne einer vertrauensbildenden Maßnahme handele, um den nach wie vor anzutreffenden unberechtigten Vorurteilen gegen EU-Versandapotheken entgegenzutreten.
Die streitgegenständliche Werbung verstoße jedenfalls nicht gegen § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG, weil die Ausnahme des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a HWG einschlägig sei, wobei die Vorschrift infolge des EuGH-Urteils vom 19.10.2016, Az.: C-148/15, der europarechtskonformen Einschränkung bedürfe. Der beworbene 10,- €-Gutschein sei eine durch Überlassung eines entsprechenden Wertgutscheins mittelbare Geldzuwendung und daher jedenfalls einem Barrabatt im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a HWG gleichzustellen. Es handele sich um die Ankündigung eines Barrabatts, der sich lediglich zeitlich versetzt realisieren lasse. Die Vorlage des Gutscheins reduziere den Kaufpreis von OTC-Folgeeinkäufen ab einem Warenwert in Höhe von 40,- € unmittelbar und bringe die Kaufpreisforderung in dieser Höhe zum Erlöschen. Wolle man abweichend entscheiden, ergebe sich zudem ein Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach die Bestimmungen der Arzneimittelpreisverordnung auch dann verletzt seien, wenn für das preisgebundene Arzneimittel zwar der korrekte Preis angesetzt werde, dem Kunden aber gekoppelt mit dem Erwerb des Arzneimittels Vorteile gewährt würden, die den Erwerb für ihn wirtschaftlich günstiger erscheinen ließen (BGH GRUR 2010, 1136 - UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE!).
§ 7 HWG sei weiterhin unter Anwendung der Grundsätze der Richtlinie 2001/83/EG als europarechtswidrig anzusehen. Nach der Rechtsprechung des EuGH sei mit der Richtlinie 2001/83/EG auf dem Gebiet der Arzneimittelwerbung eine vollständige Harmonisierung erfolgt. Das Verbot des § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG finde in der Richtlinie aber keine Entsprechung. Die Richtlinie 2001/83/EG setze insbesondere für den Bereich der Werbung für Arzneimittel einen Höchststandard für die Harmonisierung. Die Mitgliedstaaten dürften Arzneimittelwerbung nur den Anforderungen der Richtlinie unterwerfen, es sei denn, diese räume ausdrücklich die Befugnis ein, abweichende Regelungen zu treffen. Bei § 7 Abs. 1 HWG handele es sich um eine überschießende nationale, also nicht richtlinienkonforme Vorschrift, jedenfalls soweit diese dahin ausgelegt werde, auch Anwendungen im Rahmen von Öffentlichkeitswerbung zu entfalten. Die entsprechenden Bestimmungen in Art. 94 bis 96 der Richtlinie 2001/83/EG bezögen sich nämlich nur auf die Werbung gegenüber den im Gesundheitswesen tätigen Personen. Eine richtlinienkonforme Lesart des § 7 HWG hätte sich, wenn überhaupt, an den Vorgaben des Art. 87 Abs. 3 der Richtlinie 2001/83/EG und des darin verbrieften Verbots unsachlicher Werbung für Arzneimittel auszurichten. Unsachliche Werbung liege im Streitfall aber nicht vor.
Jedenfalls bedürfte § 7 Abs. 1 HWG in Ansehung des Urteils des EuGH vom 19.10.2016 (Az.: C-148/15), wonach EU-Versandapotheken wie DocM. sich nicht an die Preisbindung halten müssten, einer europarechtskonformen Auslegung, da § 7 HWG anderenfalls in nicht gerechtfertigter Weise gegen die europäische Warenverkehrsfreiheit verstieße. Soweit EU-Versandapotheken danach die deutschen Festpreise für verschreibungsmittelpflichtige Arzneimittel unterschreiten dürften, müsse ihnen dies grundsätzlich auch insoweit möglich sein, als dies durch eine einem Barrabatt gleichzustellende Vergünstigung geschehe, wie Gutscheine, Taler oder sonstige geldwerte Vorteile, die den Erwerb festpreisgebundener Arzneimittel günstiger erscheinen ließen. Man könne nicht einerseits EUausländischen Versandapotheken zugestehen, mittels freier Preise einen angemessenen Zugang zum deutschen Arzneimittelversandhandel zu erhalten, auf der anderen Seite dann aber wiederum die Art und Weise, wie ein geldwerter Vorteil gewährt werde, verbieten. Das genannte EuGH-Urteil führe also nicht nur zur Unanwendbarkeit des deutschen Arzneimittelpreisrechts, sondern auch des § 7 HWG auf EUausländische Versandapotheken.
Das genannte EuGH-Urteil habe sich im Ergebnis auch mit den im Zusammenhang mit § 7 HWG angeführten gesetzgeberischen Zielen auseinandergesetzt und diese im Rahmen des Art. 36 AEUV nicht gelten lassen. Zwar sei es dort unmittelbar um die Rechtfertigung des Eingriffs in die Warenverkehrsfreiheit aufgrund der Erstreckung der Preisbindung auf EU-Versandapotheken (§ 78 Abs. 1 Satz 4 AMG) gegangen. Die Ausführungen des EuGH seien jedoch auf § 7 HWG nahtlos übertragbar, da sich die gesetzgeberischen Ziele des Arzneimittelpreisrechts und des § 7 HWG im Wesentlichen überschnitten. Das Landgericht setzte sich in diesem Zusammenhang nicht ausreichend damit auseinander, dass das heilmittelwerberechtliche Verbot des § 7 HWG nach dem Willen des Gesetzgebers ja gerade sicherstellen solle, dass die Vorschriften der Arzneimittelpreisverordnung eingehalten würden und die Apotheken diejenigen Handelszuschläge erhielten, die ihnen aufgrund dieser Verordnung zustünden. Das Verbot diene also der Durchsetzung des Arzneimittelpreisrechts und letztlich der mit der weitgehenden Fixierung der Handelsmargen von Apotheken und Großhändlern bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln verfolgten sozialpolitischen und fiskalischen Ziele. Eine Interessenbeeinträchtigung, die einen Eingriff in die europäische Warenverkehrsfreiheit rechtfertigen könne, sei nicht gegeben. Insbesondere das vermeintliche Argument, der Verbraucher müsse die Möglichkeit erhalten, seine Entscheidung, wo er Arzneimittel besorge, unabhängig davon zu treffen, ob er diese schnell benötige oder aber Zeit habe, verfange nicht. Vermeintlichen Patientengefahren werde bereits dadurch vorgebeugt, dass der behandelnde Arzt dem jeweiligen Patienten sehr genau aufgeben werde, wann die Therapie zu beginnen habe. In der Regel werde es sich so verhalten, dass der Patient, nachdem der Arzt ihm mitgeteilt habe, die Einnahme müsse zeitnah oder gar ad hoc erfolgen, sich das Arzneimittel - ganz im Sinne der herrschenden Verbrauchergewohnheiten - in der nächstgelegenen Präsenzapotheke besorgen werde. Nicht unbestritten geblieben sei zudem die im Widerspruchsverfahren vorgebrachte Behauptung der Klägerin, der Arzneimittelversandhandel stelle einen deutlich längeren Bezugsweg dar. Die Kunden von DocM. etwa erhielten die bestellten Arzneimittel in den meisten Fällen bereits am Tag nach Bestelleingang. Ein Verstoß gegen § 7 Abs. 1 HWG sei - wie auch der BGH festgestellt habe (BGH GRUR 2017, 635 Rn. 38 ff. -Freunde werben Freunde) - demnach nicht anzunehmen, soweit die Preisbindung nicht auf die Beklagte erstreckt werden dürfe.
Die Wettbewerbswidrigkeit folge schließlich entgegen der Meinung des Landgerichts auch nicht aus der vermeintlich von der Preisbindung abweichenden Schutzrichtung des § 7 HWG, namentlich aus einer vermeintlich unsachlichen Beeinflussung des Verbrauchers dahingehend, dass er möglicherweise Arzneimittel erwerbe, die er tatsächlich nicht benötige. Eine unsachliche Beeinflussung setze voraus, dass bei einem verständigen Verbraucher die Rationalität der Nachfrageentscheidung vollständig in den Hintergrund trete, was bei der Inaussichtstellung eines 10,- €-Gutscheins nicht angenommen werden könne. Die mit der bloßen Gewährung von attraktiven Prämien verbundene Anlockwirkung als solche stelle noch keine wettbewerbswidrige unzulässige Beeinflussung dar. Das Landgericht habe auch nicht berücksichtigt, dass jedenfalls im Falle des streitgegenständlichen Gutschein-Werts von 10,- € schon deswegen nicht von einer konkreten Gesundheitsgefährdung des verständigen Durchschnittsverbrauchers auszugehen sei, weil es sich nur um eine zeitlich begrenzte Neukundenwerbung von DocM. handele. Außerdem habe der streitgegenständliche 10,- €-Gutschein nur anlässlich des Einkaufs rezeptfreier Produkte ab einem Mindestbestellwert in Höhe von 40,- € eingelöst werden können. Insoweit habe er dem Verbraucher einen wirtschaftlichen Vorteil von höchstens einem Viertel des Warenwertes rezeptfreier Produkte gewährt. Die Auslobung des streitgegenständlichen Gutscheins führe auch zu keiner Gefahr eines Arzneimittelfehl- oder -mehrgebrauchs. Die Vorstellung, Ärzte könnten im Falle flexibler Preise dem Druck der Verbraucher ausgesetzt sein, das gewünschte (preiswertere) Arzneimittel öfter oder in höheren Dosen als therapeutisch geboten zu verschreiben, sei haltlos, zumal deutsche Ärzte spezialgesetzlich und standesrechtlich zu einer sachgerechten Verordnungspraxis verpflichtet seien und dies durch die gesetzlichen Prüf- und Beratungspflichten des Apothekers flankiert würde.
Ein Verstoß gegen § 7 HWG sei daher nicht erkennbar. Dies schon bzw. insbesondere deswegen nicht, weil die streitgegenständliche Werbung nicht gegen die hier im Ergebnis allein entscheidungserhebliche Preisbindung verstoße, nachdem aus dem EuGH-Urteil vom 19.10.2016 (Az.: C-148/15) unmittelbar folge, dass die in § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG i.V.m. der AMPreisV normierte Preisbindung auf EUausländische Versandapotheken wie DocM. nicht erstreckt werden dürfe. Die Erwägungen des EuGH-Urteils seien zutreffend und ausreichend, um abschließend festzustellen, dass die Erstreckung der Preisbindung auf EU-Versandapotheken einen nicht gerechtfertigten Eingriff in die europäische Warenverkehrsfreiheit darstelle, Art. 34, 36 AEUV. Es handele sich dabei auch nicht um einen Bereich, der vom Unionsrecht gemäß Art. 168 Abs. 7 AEUV ausgenommen wäre. Die Warenverkehrsfreiheit werde vorliegend auch nicht durch Sekundärrecht verdrängt. Das Urteil des EuGH, dessen Aufgabe es sei, das Unionsrecht verbindlich auszulegen, entfalte mit seiner Rechtskraft Bindungswirkung inter omnes. Eine erneute Vorlage an den EuGH sei nicht angezeigt, nachdem das Urteil auf die streitgegenständlichen Vorlagefragen eindeutige Antworten gebe und Schwierigkeiten bei der Anwendung des Urteils im Streitfall nicht erkennbar seien und auch keine Unklarheiten verblieben. Ausreichende Tatsachengrundlagen für Rechtfertigungsgründe im Sinne des Art. 36 AEUV für die Erstreckung der deutschen Arzneimittelpreisbindung auf EU-Versandapotheken seien auch vorliegend nicht erkennbar. Die Tatsachengrundlagen, auf deren Basis der EuGH zu beurteilen gehabt habe, ob die Preisbindung grundsätzlich überhaupt Effekt auf die Verteilung von Präsenzapotheken in der Fläche habe, hätten sich nicht geändert. Insoweit sei nach wie vor schon der Beweis darüber, dass die Preisbindung zur Sicherung der flächendeckenden Versorgung überhaupt geeignet sei, nicht erbracht. Erst Recht hätten weder die Bundesregierung, noch die Klägerin im Streitfall den Nachweis darüber erbracht, dass die Preisbindung darüber hinaus erforderlich und angemessen zur Erreichung des vermeintlich vom deutschen Gesetzgeber angestrebten Ziels sei. Nach wie vor sei festzustellen, dass der deutsche Gesetzgeber (entsprechend den „Segelanweisungen“ des EuGH) keinerlei valide Nachweise für die Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Preisbindung, welche Art. 36 AEUV tragen würden, erbracht habe. Dies betreffe sowohl den vermeintlichen Rechtfertigungsgrund „Sicherung der flächendeckenden Versorgung“ als auch den des „Schutzes der sozialen Systeme“. Das EuGH-Urteil beruhe nicht auf vermeintlich ungenügenden Feststellungen des OLG Düsseldorf im Ausgangsrechtsstreit (Az.: I-20 U 149/13) oder auf ungenügenden eigenen Feststellungen des EuGH selbst, sondern ganz im Gegenteil ausschließlich auf den (ausreichenden) Feststellungen des EuGH im Vorabentscheidungsverfahren. Die Bundesregierung habe im Rahmen ihrer Stellungnahme im Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH C-148/15 (vgl. Anlagen BK 5, BK 6) die Vorsorgenotwendigkeit lediglich unterstellt, ohne aber belastbares Zahlen- und Datenmaterial zu liefern, das hierfür sprechen würde. Der Partei eines Zivilprozesses indes nunmehr die Möglichkeit zu eröffnen, vermeintlich die Voraussetzungen des Art. 36 AEUV substantiierenden Tatsachenvortrag nachzuschieben, obwohl der EuGH bereits festgestellt habe, dass der nationale Gesetzgeber keine ausreichenden Tatsachengrundlagen zur europarechtlichen Legitimation der Arzneimittelpreisbindung nachgewiesen habe, erscheine weder rechtzeitig (§§ 529, 531 ZPO) noch sachgerecht. Die vom Bundesgerichtshof mit Urteil vom 24.11.2016 (Az.: I ZR 163/15, GRUR 2017, 635 Rn. 38 ff. - Freunde werben Freunde) geäußerte Auffassung, wonach das EuGH-Urteil der erneuten Überprüfung bedürfe oder wie auch immer in Frage zu stellen sei, sei abzulehnen. Das EuGH-Urteil habe bereits abschließend geklärt, dass die Preisbindung einen nicht gerechtfertigten Eingriff in die europäische Warenverkehrsfreiheit darstelle. Der EuGH habe den nationalen Gerichten und dem deutschen Gesetzgeber entsprechende Feststellungen abgenommen und zu Recht keine entsprechende Gefährdungslage für die Arzneimittelversorgung in der Bundesrepublik erkennen können. Weiterer Feststellungen im Ausgangsrechtsstreit bedürfe es nicht mehr, insbesondere entgegen der Auffassung des BGH keiner amtlichen Auskunft im Sinne des § 273 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Ein Rechtfertigungsgrund im Sinne des Art. 36 AEUV sei vorliegend weder erkennbar, noch seitens der Klägerin dargetan und glaubhaft gemacht. Die Preisbindung sei weder erforderlich, noch geeignet, jedenfalls aber ein unverhältnismäßiges Mittel, um eine „flächendeckende“ Versorgung der Bevölkerung in der Bundesrepublik mit Arzneimitteln sicher zu stellen. Die Erstreckung der Preisbindung auf EU-Versandapotheken sei auch nicht aus anderen Gründen des Verbraucher- und Gesundheitsschutzes gerechtfertigt. Insbesondere führe Preisflexibilität zu keiner Gefahr eines Arzneimittelfehl- oder -mehrgebrauchs. Der Preis eines verordneten Arzneimittels habe keine Auswirkung darauf, welche Menge des Arzneimittels an den Patienten abgegeben werde. Ob der Verbraucher sich unterschiedlichen Preisen für dasselbe verschreibungspflichtige Arzneimittel gegenüber sehe oder nicht, spiele im deutschen Gesundheitssystem für die Frage nach der Sicherheit des Arzneimittelkonsums keine Rolle. Vielmehr habe der Gesetzgeber mit dem Verschreibungsvorbehalt zugunsten des Arztes und dessen Berufspflichten wie auch mit den Kontrollpflichten der Apotheker und der Apothekenpflicht schon alles Erforderliche getan, um dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung zu genügen, namentlich eine sachgerechte Medikation sicherzustellen.
Höchst vorsorglich werde weiter geltend gemacht, dass das Unterlassungsbegehren auch nicht vor dem Hintergrund des Rahmenvertrages nach § 129 Abs. 2 SGB V begründet wäre. Die Klägerin könne sich nicht auf eine Bindung von DocM. an die Regelung in § 2 b Abs. 2 GKV-Rahmenvertrag (Anlage BB 53) berufen. Die Apothekerkammern seien ebenso wenig Vertragspartner des GKV-Rahmenvertrages, bei welchem es sich um einen öffentlichrechtlichen Vertrag mit hoheitlichem Charakter handele, wie die einzelnen Apotheker. Der Rahmenvertrag stelle weder eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3 a UWG dar, noch sei eine andere Anspruchsgrundlage ersichtlich, die der Klägerin, die selbst kein Vertragspartner des Rahmenvertrages sei, einen Unterlassungsanspruch einräume. Die geltenden Maßnahmen bei Verstößen gegen den Rahmenvertrag seien in § 11 Abs. 1 des Rahmenvertrags normiert. Ein Sanktionsrecht durch außenstehende Dritte sehe dieser nicht vor. Selbst wenn man zu dem Ergebnis gelangen würde, dass über den Rahmenvertrag die Anwendung der Arzneimittelpreisverordnung auch auf EUausländische Versandapotheken wie DocM.festgeschrieben würde, wäre dies im Übrigen wiederum eine nicht zu rechtfertigende Maßnahme gleicher Wirkung im Sinne des Art. 34, 36 AEUV. § 2 b Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 des Rahmenvertrags sei also im Wege einer europarechtskonformen Auslegung zwingend dahingehend auszulegen, dass der Verweis auf die Anwendung der Arzneimittelpreisverordnung nur dann zur Anwendung kommen könne, wenn er zu einem europarechtlich zulässigen Zustand führe.
Die Beklagte hafte im Übrigen auch nicht als Störer für die Werbung von DocM., weil sie für sich das Presseprivileg in Anspruch nehmen könne. Das Landgericht habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass die Beklagte die DocM.-Werbung lediglich als gebuchte Werbeanzeige der von ihr herausgegebenen Zeitschrift beigefügt habe. Im Hinblick auf die Gewährleistung der Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 11 Abs. 2 der Grundrechte-Charta bestünde im Hinblick auf die Besonderheiten des Anzeigengeschäfts eine Haftung für die Veröffentlichung einer Anzeige nur dann, wenn diese grobe und eindeutige, unschwer erkennbare Wettbewerbsverstöße enthalte. Auch die Beklagte könne sich unabhängig davon, dass sie eine Körperschaft des öffentlichen Rechts sei, auf das Presseprivileg berufen, weil sie unstreitig Herausgeberin der Zeitschrift sei, damit insoweit jedenfalls in dieser Eigenschaft zur „Presse“ gezählt werden könne und die gegenständliche Mitgliederzeitschrift - wohl ebenso unstreitig - ein Presseerzeugnis sei. Ein für die Haftung der Beklagten vorauszusetzender grober und eindeutiger, unschwer erkennbarer Wettbewerbsverstoß liege im Streitfall nicht vor. Das Landgericht irre, wenn es meine, die Beklagte hätte sich als Betriebskrankenkasse in jedem Fall darüber gewahr sein müssen, unter welchen Voraussetzungen eine EU-Versandapotheke bei der Einlösung von Verschreibungen geldwerte Vergünstigungen gewähren dürfe und wann nicht. Sie sei nicht verpflichtet gewesen, sich mit komplizierten und nach wie vor höchstrichterlich ungeklärten Rechtsfragen, namentlich, welche Auswirkungen das EuGH-Urteil vom 19.10.2016 auf das Heilmittelwerberecht haben könne, auseinanderzusetzen. Insoweit könne die Beklagte erst dann für vermeintlich wettbewerbswidrige Inhalte, die in Werbung ihrer Anzeigenkunden enthalten seien, verantwortlich gemacht werden, wenn sie konkrete Hinweise auf solche Inhalte erhalte. Die Situation könne insoweit verglichen werden mit Plattformbetreibern im Internet, an deren Prüfpflichten keine überspannten Anforderungen zu stellen seien.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil des Landgerichts München I vom 11.05.2017 zum Aktenzeichen 17 HKO 22516/14 aufzuheben und die Klage kostenpflichtig abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin führt hierzu unter ergänzender Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag Folgendes aus:
Sämtliche Einwände der Beklagten gegen die Geltung der Vorschriften des Deutschen Arzneimittelpreisrechts und des HWG für die EUausländische Versandapotheke DocM. N.V. seien bereits deshalb unbegründet, weil die DocM. N.V. sich aufgrund der konkreten Ausgestaltung ihres Geschäftsmodells nicht auf die Warenverkehrsfreiheit gemäß Art. 34 AEUV berufen könne. Diese vertreibe nur in Deutschland zugelassene Arzneimittel ausschließlich an deutsche Kunden, Geschäftsaktivitäten gegenüber Kunden in den Niederlanden oder einem anderen Land lägen nicht vor. Eine Präsenzapotheke in den Niederlanden betreibe DocM. N.V. spätestens seit dem Jahr 2012 nicht mehr, insbesondere nicht an ihrem Firmensitz. Die Abwicklung zweier Testkäufe vom 05./06.07.2017 hätten den Eindruck erweckt, als habe die DocM. N.V. zunächst gar keine Präsenzapotheke an dem Standort betrieben und sodann provisorisch eine solche eingerichtet, was insbesondere aus der äußerst provisorischen und wenig professionellen Abwicklung, dem äußerst kleinen Sortiment und dem fehlenden Hinweis auf eine öffentliche Apotheke außerhalb des Betriebsgeländes zu folgern sei. Darüber hinaus sei das Gelände, auf dem sich eine niederländische Präsenzapotheke befinden solle, aus den Niederlanden nicht unmittelbar zugänglich, eine Zufahrt sei nur über die Bundesrepublik Deutschland möglich. Hilfsweise werde angeregt, dass der Senat nach § 273 Abs. 2 Nr. 2 ZPO eine entsprechende Stellungnahme der niederländischen Aufsichtsbehörde einhole, dass es sich bei der DocM. N.V. nicht um eine Präsenzapotheke handele. Es sei außerdem davon auszugehen, dass eine Lagerung der Arzneimittel tatsächlich nicht in den Niederlanden, sondern auf deutschem Hoheitsgebiet stattfinde, denn die Absenderadresse der von DocM. N.V. im Rahmen eines Testkaufs im Mai 2017 versendeten Arzneimittel liege in Aachen, der Sendungsverlauf beginne in Köln (Anlagen BB 11 bis BB 15). Die DocM. N.V. beziehe die Arzneimittel, die sie an deutsche Kunden versende, von deutschen Pharmagroßhändlern, die Arzneimittel würden in Deutschland gelagert und auch der Versand erfolge aus Deutschland. Es fehle daher vorliegend an einem grenzüberschreitenden Sachverhalt als Voraussetzung von Art. 34 AEUV, da die Arzneimittel vor dem Versand an Kunden in Deutschland gar nicht erst auf niederländisches Hoheitsgebiet gelangten. Allein der Umstand, dass der Sitz der DocM. N.V. in den Niederlanden sei, habe für die Warenverkehrsfreiheit gemäß Art. 34 AEUV keinerlei Relevanz.
Der DocM. N.V., die sich auf eine niederländische Versandhandelserlaubnis stütze, fehle es an den für den Betrieb des Versandhandels in Deutschland erforderlichen Voraussetzungen. Grundsätzlich sei der Versandhandel mit Arzneimitteln nur auf Grundlage einer deutschen Versandhandelserlaubnis erlaubt, § 73 Abs. 1 Satz 1 AMG i.V.m. § 11 a ApoG. Eine Ausnahme nach § 73 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 a AMG sei vorliegend nicht gegeben, da eine Verbringung von Arzneimitteln nach Deutschland und damit ein grenzüberschreitender Sachverhalt nicht vorliege. Außerdem bestehe die weiterhin für den Ausnahmetatbestand erforderliche Vergleichbarkeit der niederländischen Versandhandelserlaubnis mit dem deutschen Recht gemäß der Übersicht zum Versandhandel mit Arzneimitteln (§ 73 Abs. 1 Satz 3 AMG, Anlage BB 17) nur, soweit die Versandapotheke gleichzeitig eine Präsenzapotheke unterhalte. Die DocM. N.V. erfülle diese Voraussetzungen nicht und sei bereits nicht berechtigt, nach Deutschland Arzneimittel zu versenden, was - wie die Klagepartei in der mündlichen Verhandlung klargestellt hat - hier zwar nicht als weiterer Streitgegenstand geltend gemacht werde, aber dazu führe, dass sich die DocM. nicht auf den Schutz der Warenverkehrsfreiheit berufen könne.
Das Landgericht habe weiterhin zutreffend festgestellt, dass der 10,- Euro-Gutschein allein schon wegen eines Verstoßes gegen § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG rechtswidrig sei, ohne dass es auf die Vorschriften des § 78 AMG und der AMPreisV ankäme. Es handele sich vorliegend unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 24.11.2016, Az.: I ZR 163/15 - Freunde werben Freunde) um Absatzwerbung im Sinne von § 1 HWG und nicht um eine reine Imagewerbung. Die Gewährung eines 10,- Euro-Gutscheins sei gekoppelt an die Einlösung eines Rezepts, wodurch eine unzulässige Verbindung zwischen der Bestellung von Arzneimitteln und dem Erhalt einer Prämie im Sinne von § 7 HWG hergestellt werde. Darauf, dass diese Werbung sich auf das gesamte Sortiment rezeptpflichtiger Arzneimittel beziehe, komme es nach den Ausführungen des BGH ausdrücklich nicht an. Es handele sich bei dem beanstandeten Gutschein auch nicht um einen Barrabatt im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 2 a HWG, so dass es insoweit überhaupt nicht auf die Frage ankomme, ob die Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente mit dem Unionsrecht in Einklang stehe oder nicht. Indem der Kunde den Gutschein erst bei einer Bestellung rezeptfreier Medikamente ab einem Bestellwert von mindestens 40,- € einlösen könne, erhalte er nicht einfach ein bestimmtes Produkt - das rezeptpflichtige Arzneimittel, an dessen Erwerb der Gutschein geknüpft sei -, etwas günstiger, sondern neben dem Erwerb dieses rezeptpflichtigen Arzneimittels eine geldwerte Zugabe. Damit eröffne sich für die Versandapotheke DocM. N.V. eine zusätzliche Werbemöglichkeit, die sie nutzen könne, um Verbraucher auf ihre Produkte aufmerksam zu machen. Nachdem auch die Geringwertigkeitsschwelle des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWG deutlich überschritten sei, verstoße die streitgegenständliche Gutschein-Werbung damit gegen § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG.
Der BGH habe in seinem Urteil vom 24.11.2016 (Az.: I ZR 163/15 - Freunde werben Freunde) auch die Unionsrechtskonformität des § 7 HWG ausdrücklich festgestellt.
Die Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG sei auch nicht in Ansehung des EuGH-Urteils vom 16.10.2016 (Az.: C-148/15 - Deutsche Parkinson-Vereinigung) europarechtskonform auszulegen und in ihrem Anwendungsbereich zu begrenzen. Aufgrund der verschiedenen Schutzrichtungen der Arzneimittelpreisbindung auf der einen und des Heilmittelwerbegesetzes auf der anderen Seite seien die Ausführungen des EuGH nicht auf die Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG übertragbar. Der EuGH habe die Rechtfertigung der Vorschriften zum Arzneimittelpreisrecht zum Zwecke des Gesundheitsschutzes ausschließlich unter dem Aspekt der Sicherstellung der flächendeckenden und gleichmäßigen Arzneimittelversorgung geprüft, der jedoch nicht Zweck der Vorschrift des § 7 Abs. 1 HWG sei. Das HWG diene dem Schutz der Verbraucher vor Fehlentscheidungen beim Arzneimittelgebrauch und vor wirtschaftlicher Übervorteilung. Es schütze die Verbraucher vor Irreführung und unsachlicher Beeinflussung typischerweise in einer Situation besonderer Schutzbedürftigkeit, da vor allem kranke Menschen der Heilmittelwerbung nicht mit der Skepsis begegneten, die ein Durchschnittsverbraucher der Werbung für andere Produkte üblicherweise entgegenbringe. Der Verbraucher solle durch die Aussicht auf Zugaben und Werbegaben nicht unsachlich beeinflusst werden, indem er um der Zugabe willen einen verspäteten und damit unzweckmäßigen Therapiebeginn wähle. Nur ergänzend diene die vorliegend jedoch nicht einschlägige Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a HWG auch der effektiven Durchsetzung des Arzneimittelpreisrechts in der Arzneimittelvertriebskette. Es möge zwar sein, dass die deutsche Arzneimittelpreisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente nach Auffassung des EuGH nicht auf ausländische Versandapotheken anwendbar sei - dies bedeute jedoch nicht, dass damit auf Kosten der Entscheidungsfreiheit der einzelnen Verbraucher zu deren Nachteil gehandelt werden dürfe, wie dies vorliegend der Fall sei. Die Gewährleistung der flächendeckenden Arzneimittelversorgung sei ein Kollektivinteresse, das von den individuellen Verbraucherinteressen, denen das HWG zu dienen bestimmt sei, unberührt bleibe. Die verschiedenen Schutzrichtungen des § 78 AMG und des HWG seien auch vom Bundesgerichtshof anerkannt (vgl. Urteil vom 24.11.2016 -Az.: I ZR 163/15, GRUR 2017, 635 Rn. 16 - Freunde werben Freunde). Die Entscheidung des EuGH (Az.: C-148/15) besage im Ergebnis lediglich, dass die Preisbindung für EUausländische Versandapotheken nicht auf das Argument der Sicherstellung einer gleichmäßigen und flächendeckenden Arzneimittelversorgung gestützt werden dürfe. Es sei danach jedoch nicht ausgeschlossen, EUausländische Versandapotheken aus anderen Gründen aufgrund anderer Bestimmungen bei der Art und Weise der Gewährung von Rabatten und Boni zu beschränken.
Eine abstrakte Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung des Werbeadressaten, welche nach ständiger Rechtsprechung ausreiche, um einen Verstoß gegen § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG zu begründen, liege aufgrund der Inaussichtstellung eines 10,- Euro-Gutscheins vor. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass Patienten, die ihr Rezept bei einer Apotheke einlösen wollten, dies gerade deshalb bei der Versandapotheke DocM. N.V. täten, um in den Genuss des 10,- Euro-Gutscheins zu kommen. Selbst wenn man fordere, dass es einer konkreten Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung bzw. eines unzweckmäßigen Heilmittelgebrauchs bedürfe, wäre diese Voraussetzung vorliegend aus mehreren Gründen erfüllt. Zunächst bestehe die Gefahr, dass der Kunde aufgrund der in Aussicht gestellten Vorteile keine stationäre Apotheke aufsuche und dadurch der erforderliche Therapiebeginn im Vergleich zur Einlösung eines Rezepts bei einer stationären Apotheke um mehrere Tage verzögert würde, was zu erheblichen Gesundheitsgefahren führen könne. Zudem bestehe die Gefahr, dass Patienten das Einlösen von Rezepten zum Geldverdienen nutzten. Dies werde auch nicht durch die entsprechenden Vorschriften des Berufsrechts der Ärzte und Apotheken verhindert, denn schlussendlich bleibe auch der Arzt bei seiner Diagnose auf die - möglicher Weise bewusst unzutreffenden - Angaben des Patienten angewiesen. Darüber hinaus sei es dem Patienten möglich, verschiedene Ärzte zu konsultieren, um ein Arzneimittel mehrfach verschrieben zu bekommen. Die mit dem Gutschein verbundene Anlockwirkung bleibe unabhängig davon bestehen, über welchen Zeitraum die Versandapotheke DocM. N.V. die Aktion durchgeführt habe. Tatsächlich handele es sich nicht um eine einmalige Aktion, sondern um ein ständiges Werbemittel der DocM. N.V..
Die streitgegenständliche Werbung verstoße somit gegen § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG, ohne dass es auf die Geltung der Vorschriften des Arzneimittelpreisrechts für EUausländische Versandapotheken ankäme.
Darüber hinaus sei die streitgegenständliche Werbung auch deshalb rechtswidrig, weil sie gegen die Vorschriften des Arzneimittelpreisrechts verstoße. Das Urteil des EuGH vom 19.10.2016 (Az.: C-148/15) könne keine Bindungswirkung für den vorliegenden Rechtsstreit entfalten. Es könne dahinstehen, ob dem EuGH die erforderliche Entscheidungskompetenz gefehlt habe, weil die Regelung des Gesundheitssektors gemäß Art. 168 Abs. 7 AEUV den Mitgliedsstaaten vorbehalten sei. Jedenfalls habe der EuGH im Rahmen seiner Prüfung die Grenzen des Art. 168 Abs. 7 AEUV überschritten. Die Rechtskraft der Entscheidungen des EuGH im Vorabentscheidungsverfahren beziehe sich ausschließlich auf die Auslegung des Unionsrechts und entfalte daher lediglich gegenüber dem nationalen Gericht bei seiner Entscheidung des konkret zugrunde liegenden Rechtsstreits eine Bindungswirkung inter partes. Den nationalen Gerichten sei es möglich, eine bestimmte Frage dem EuGH erneut vorzulegen, wenn es Zweifel daran habe, ob die Vorabentscheidung des EuGH die aufgeworfenen Fragen mit hinreichender Klarheit beantwortet habe oder ob eine erneute Entscheidung des EuGH erforderlich sei. Gründe für eine erneute Vorlage könnten sowohl neue Aspekte bezüglich des zugrunde liegenden Sachverhalts als auch neue Rechtsfragen sein, die der Gerichtshof in seiner vormaligen Entscheidung außer Betracht gelassen habe. Nachdem der EuGH die Frage der Anwendbarkeit des Deutschen Arzneimittelpreisrechts auf ausländische Versandapotheken nicht umfassend unter allen Aspekten geprüft habe, sei diese Prüfung vorliegend nachzuholen und könne die Entscheidung des EuGH keine unmittelbare Bindungswirkung entfalten. So habe das OLG Düsseldorf seine Vorlagefrage systemwidrig auf einen Rechtfertigungsgrund, nämlich die gleichmäßige und flächendeckende Arzneimittelversorgung der Bevölkerung in ganz Deutschland, beschränkt, womit es dem EuGH von vornherein die Möglichkeit genommen habe, auch über andere Rechtfertigungsgründe zu entscheiden. Bereits deshalb sei das Urteil des EuGH nicht abschließend. Auch der BGH schließe in seiner Entscheidung vom 24.11.2016 (Az.: I ZR 163/15 -Freunde werben Freunde) nicht aus, dass sich in einem Verfahren Gesichtspunkte ergeben könnten, die ein erneutes Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH nahelegten. Eine Bindung an das Urteil des EuGH bestehe daher vorliegend insbesondere dann nicht, wenn die Klägerin Anhaltspunkte für die Geeignetheit der Regelung der arzneimittelrechtlichen Preisbindung zur Erreichung der mit ihr verfolgten Zwecke vortrage, die nicht Gegenstand des Verfahrens vor dem EuGH gewesen seien. Der Klägervortrag sei nicht verspätet im Sinne von §§ 529, 531 ZPO. Das Urteil des BGH (Az.: I ZR 163/15 - Freunde werben Freunde) sei mit Gründen erst am 04.05.2017 veröffentlicht worden, mithin deutlich nach der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung und nur wenige Tage vor dem Termin zur Verkündung einer Entscheidung des Landgerichts. Im Übrigen beziehe sich der ergänzende Vortrag nicht auf dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Sachverhalt, sondern auf die Geltung des anwendbaren Rechts, so dass die Vorschriften der §§ 529, 531 ZPO von vornherein nicht einschlägig seien. Schließlich seien die Gutachten und Tatsachenfeststellungen, auf die die Klägerin sich berufe, erst nach dem Urteil des Landgerichts fertiggestellt worden, so dass sie nicht zum Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens hätten gemacht werden können und daher gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO zuzulassen seien.
Hinsichtlich der Auswirkungen von Bonusangeboten auf die Entscheidung der Verbraucher betreffend die Wahl ihrer Apotheke werde auf eine Verbraucherbefragung der S. C. GmbH im Oktober 2016 verwiesen (vgl. Presseinformation Anlage BB 23). Unter Zugrundelegung dieser Daten lasse sich nachweisen, dass die flächendeckende Arzneimittelversorgung aufgrund des Wegfalls der Preisbindung für ausländische Versender tatsächlich gefährdet sei. Danach seien 51% der befragten Verbraucher bei einem Bonus von 2,00 EUR je rezeptpflichtigem Arzneimittel bereit, Rezepte „immer“ oder „meistens“ beim Versandhandel einzulösen. Würden nur die Hälfte der Patienten, die im Rahmen der Befragung in der S.-Studie eine Hinwendung zum Versandhandel angekündigt hätten, ihre Medikamente zukünftig tatsächlich regelmäßig im Wege des Versandhandels beziehen, würde sich der Absatz der öffentlichen Apotheken an verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, die etwa 80% des Umsatzes von Apotheken in Deutschland ausmachten, im Schnitt um 25% reduzieren. Verstärkt würde die ohnehin schon bestehende Tendenz der Verbraucher, Produkte preisgünstiger im Internet zu beziehen, im Bereich der verschreibungspflichtigen Arzneimittel durch entsprechende Steuerungsanreize der gesetzlichen Krankenkassen (vgl. Anlagen BB 27 bis BB 33). Hinzukomme, dass beim Abwandern von Kunden zu ausländischen Versandapotheken nicht nur der Umsatz mit rezeptpflichtigen, sondern üblicherweise auch mit rezeptfreien Arzneimitteln, sinken würde. Zu berücksichtigen seien auch die wegen des geringeren Auftragsvolumens verlorenen Einkaufsvorteile beim pharmazeutischen Großhandel. Mittelfristig ergebe sich für die durchschnittliche Apotheke ein Rohertragsverlust von rund 100.000,- €, was zu einer Gefährdung des Bestands von insgesamt 5.400 Apotheken führen würde. Die damit verbundene drohende Schließung würde auch Apotheken betreffen, die aktuell in der Versorgung ländlicher Regionen aktiv seien. Diese Vor-Ort-Apotheken könnten durch Versandhändler nicht hinreichend ersetzt werden, da insbesondere die Akutversorgung, Nacht- und Notdienste von den Versandapotheken nicht übernommen werden könnten. Auch würden von Versandapotheken Rezepturherstellungen regelmäßig verweigert. Unzutreffend sei die Annahme des EuGH, die Vor-Ort-Apotheken könnten diesen Verlust an Kunden an den Versandhandel dadurch ausgleichen, dass sie ihr Leistungsangebot erweiterten oder sich an Standorte zurückzögen, an denen sie das Monopol inne hätten. So würden Apotheken im Wege der aufwändigen Rezepturherstellungen keine zusätzlichen Umsätze generieren, die die durch das Abwandern von Kunden resultierenden Umsatzverluste ausgleichen könnten. Auch Zusatzleistungen der örtlichen Apotheken, wie Nacht- und Notdienste, rechneten sich tatsächlich für die Apotheken nicht, sondern seien ein Verlustgeschäft.
Weiterhin werde verwiesen auf eine Studie der Ökonomen Prof. Dr. J. H., Prof. Dr. A. R. und Dr. C. W. vom 01.06.2017 im Auftrag des Bundesverbands der freien Berufe e.V. zu Aspekten der Deregulierung bei den freien Berufen (Anlage BB 38), bei der einer der untersuchten Aspekte auch die Preisregulierung in Form von Preisuntergrenzen und deren Auswirkungen auf das Marktergebnis gewesen sei. Fazit der Studie sei, dass die Einschränkung des Preiswettbewerbs zu besseren Ergebnissen im Hinblick auf die Gesamtwohlfahrt führe. Die Berechtigung fester Preise in einem sensiblen Bereich wie dem Gesundheitswesen sei damit hinlänglich begründet.
Ein weiteres Gutachten von Prof. Dr. U. M., C. B. und Dr. H. D. (Anlage BB 39) sei im Anschluss an das Urteil des EuGH vom 19.10.2016 (Az.: C-148/15) zu dem Ergebnis gelangt, dass infolge der Aufhebung der Preisbindung für ausländische Versandapotheken ein erhebliches Schließungsrisiko und eine große Gefahr für die flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln bestünden.
Um die zukünftige Entwicklung des Marktes betreffend den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln nach Aufhebung der Preisbindung zu prognostizieren, sei es auch hilfreich, sich die Entwicklung des Marktes für OTC-Präparate nach Zulassung des Versandhandels zu vergegenwärtigen. Seit der 2004 erfolgten Zulassung des Versandhandels mit rezeptfreien Arzneimitteln, bei denen es keine Preisbindung gebe, sei der Anteil des Versandhandels im Bereich der Abgabe rezeptfreier Medikamente kontinuierlich bis auf mittlerweile 13,1% im Jahr 2016 angestiegen (Anlage BB 40). Ausweislich der 2. S.-Studie zum europäischen Versandapothekenmarkt (vgl. Anlage BB 25) werde sich der Umsatz mit rezeptfreien Arzneimitteln in den analysierten Ländern, der sich im Jahr 2014 noch auf 2,6 Mrd. € belaufen habe, was einem Marktanteil von 5,5% entspreche, bis zum Jahr 2020 auf 6,5 Mrd. € steigern, also fast verdreifachen. Es sei vor diesem Hintergrund wahrscheinlich, dass die Entwicklung für verschreibungspflichtige Arzneimittel zumindest ähnlich verlaufen werde.
Einen ersten Anhaltspunkt für die zukünftige Entwicklung des Marktes für verschreibungspflichtige Arzneimittel nach Aufhebung der Preisbindung für den Rx-Versandhandel gebe bereits die Entwicklung des Marktes nach dem Erlass des Urteils des EuGH vom 19.10.2016 (C-148/15). Seither hätten sämtliche ausländische Versandapotheken ihre Marketingaktivitäten erheblich ausgeweitet, was im Zusammenspiel mit der Aufhebung der Preisbindung unmittelbar Wirkung gezeigt habe, indem der Umsatz ausländischer Versandapotheken, namentlich von DocM. N.V. signifikant gestiegen sei (vgl. Anlagen BB 41 bis BB 43).
Außerdem werde der als Reaktion auf die Entscheidung des EuGH ergangene Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit für ein Gesetz zum Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln (Anlage BB 46) einschließlich seiner Begründungen und Stellungnahmen (Anlage BB 47) zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens gemacht. Die gesetzgeberischen Ziele beschränkten sich dabei nicht allein auf die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln, sondern umfassten auch die Sicherstellung der Steuerungsfunktion bestimmter sozialversicherungsrechtlicher Instrumente sowie die Vermeidung von Gesundheitsgefahren durch finanzielle Fehlanreize.
Zu berücksichtigen sei weiterhin, dass die deutschen Apotheker über den festen Arzneimittelpreis eine fixierte Vergütung erhielten, die sich an dem Aufwand bemesse, den die Apotheken unter Berücksichtigung ihres weitreichenden Aufgaben- und Pflichtenspektrums im Interesse der Gesundheit der Bevölkerung hätten. Auch innerhalb der Europäischen Union gehöre die Gewährleistung der sicheren und qualitativ hochwertigen Arzneimittelversorgung als Teil des Schutzes der Gesundheit der Bevölkerung zu den höchsten primärrechtlichen Pflichten gemäß Art. 3 und 35 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Die Besonderheit der Ware Arzneimittel sei durch die Rechtsprechung des EuGH wiederholt bestätigt und dabei klargestellt worden, dass die Nationalstaaten einen sehr weiten Spielraum hätten, wie sie ihre Gesundheitssysteme und Sozialversicherungssysteme ausgestalten wollten. Dies sei auf europäischer Ebene auch durch eine Vielzahl von Richtlinien und Verordnungen bestätigt worden, insbesondere durch die Richtlinie 2001/83/EG des europäischen Parlaments und des Rats vom 06.11.2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel. Aus Art. 4 Abs. 3 dieser Richtlinie ergebe sich, dass die Bereiche, in denen die Richtlinie nicht greife, weiter der Zuständigkeit der Nationalstaaten unterlägen. Hintergrund der Einführung des einheitlichen Abgabepreises für Arzneimittel sei die Verpflichtung des Gesetzgebers zur Daseinsvorsorge gemäß Art. 2 GG und die Erkenntnis, dass die Besonderheiten des Arzneimittelmarktes die Bestimmung der Arzneimittelpreise durch die Kräfte des Marktes nur bedingt zuließen. Der Gesetzgeber habe dabei die Einführung des einheitlichen Abgabepreises für Arzneimittel als milderes Mittel zu einer Regulierung der Anzahl der Apotheken über eine Bedarfsmarktplanung, der das Bundesverfassungsgericht eine Absage erteilt habe, gewählt. Der EuGH habe vor seiner Entscheidung zum Arzneimittelpreisrecht in seiner Rechtsprechung den Mitgliedsstaaten und deren Gesetzgebern einen deutlich weiteren Spielraum zugestanden, so im Urteil des EuGH vom 11.12.2003 (C-322/01) zum Versandhandelsverbot, im Urteil vom 11.09.2008 (C-141/07) zur Krankenhausapotheke, im Urteil vom 19.05.2009 (C-171& 172/07) zum Fremdbesitzverbot und im Urteil der Großen Kammer vom 01.06.2010 (C-570& 571/07) u.a. zum Bedarfsmarktkonzept. Vor diesem Hintergrund könne die Entscheidung des EuGH vom 19.10.2016 (C-148/15) mit den darin angestellten Anforderungen, die an den nationalen Gesetzgeber zur Begründung einer Grundsatzentscheidung im Gesundheitswesen gestellt würden, nur als Fremdkörper in der europäischen Rechtsprechung bewertet werden. Denn dort habe der EuGH einen Maßstab angelegt, der weit über das hinausgehe, was in früheren Entscheidungen in ständiger Rechtsprechung und auch im Anschluss an dieses Urteil in jüngeren Entscheidungen gefordert worden sei, und der zudem den in Art. 168 Abs. 7 AEUV vorgesehenen Wertungsspielraum der Mitgliedsstaaten verletze. Mit dem Grundsatz der Gewaltenteilung sei dieser vom EuGH angelegte Maßstab nicht mehr vereinbar. Der EuGH lege den Parteien eine Beweislast auf, die bei der Beurteilung von Steuerungsmaßnahmen eines komplexen Gesundheits- und Sozialsystems nicht zu erfüllen sei. Dass es sich bei dem im Urteil vom 19.10.2016 (C-148/15) angelegten Grundsätzen um einen Ausreißer und nicht um eine Änderung der Rechtsprechung des EuGH handele, werde auch durch die Entscheidung des EuGH vom 21.09.2017 (C-125/16, Anlage BB 50) bestätigt, in dem der EuGH keinen derart strengen Beweis gefordert habe, sondern im Einklang mit seiner ständigen Rechtsprechung den den Mitgliedsstaaten zuerkannten Wertungsspielraum nicht nur formal anerkannt, sondern auch konkret gewährt habe.
Der EuGH habe in seiner Entscheidung vom 19.10.2016 (C-148/15) aufgrund der eingeschränkten Fragestellung des OLG Düsseldorf vollständig außer Acht gelassen, dass die Arzneimittelpreisbindung innerhalb des deutschen Gesundheitssystems neben einer flächendeckenden und gleichmäßigen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln weitere Zwecke verfolge, nämlich auch die Gewährleistung eines funktionierenden Systems der sozialen Sicherheit im Hinblick auf die Gesundheit der Bevölkerung, insbesondere des finanziellen Gleichgewichts dieses Systems und den Schutz der Patienten durch einen einheitlichen Abgabepreis, flankierend zu § 7 HWG, um Gesundheitsgefahren zu vermeiden, die von finanziellen Fehlanreizen für verschreibungspflichtige Arzneimittel für jeden einzelnen Patienten ausgingen. Ein Eingriff in die Arzneimittelpreisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel würde in allen diesen Bereichen zu einer erheblichen Verschlechterung führen. Die Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel sei integraler Bestandteil des nationalen Gesundheitswesens, weil durch sie gewährleistet werde, dass die Kosten für das Gesundheitssystem für die gesetzlichen Krankenversicherungen planbar, beherrschbar und begrenzbar seien. Der einheitliche Abgabepreis rücke schließlich auch die Qualität der Beratungsleistung stärker in den Fokus und diene dadurch mittelbar der Begrenzung der Kosten des Gesundheitssystems. Wie wissenschaftliche Untersuchungen gezeigt hätten, sinke die Qualität der Beratungsleistung, wenn der Preiswettbewerb eröffnet werde (vgl. insbes. von Haucap et al., Anlage BB 38). Dass die Beratungsqualität bei Versandapotheken hinter der von Präsenzapotheken zurückbleibe, belege nicht zuletzt der von der Stiftung Warentest durchgeführte Test aus dem Heft 11/2017 (Anlage BB 52). Ein weiterer Zweck des Festpreises für verschreibungspflichtige Arzneimittel im Hinblick auf den einzelnen Patienten sei der Schutz vor Überforderung im Krankheitsfall. Durch den einheitlichen Abgabepreis werde erreicht, dass der Patient bei seiner Entscheidung für eine bestimmte Apotheke sachfremde Kriterien, wie den Erhalt einer Vergünstigung, außer Betracht lasse. Erst Recht nicht gewollt sei, wie es der Entscheidung des EuGH (C-148/15 Rn. 38) zu entnehmen sei, dass Patienten in einer Notlage oder aber aufgrund der Tatsache, dass sie in ländlichen Gebieten wohnten, höhere Preise bezahlen müssten. Es könne und dürfe nicht sein, dass Teile der Bevölkerung im Rahmen des Solidarprinzips mehr für Arzneimittel zahlen müssten als andere. Zudem solle mit der Arzneimittelpreisbildung ein Fehl- oder Mehrgebrauch von Arzneimitteln ausgeschlossen werden. Da aufgrund des Sachleistungsprinzips der gesetzlichen Krankenversicherungen Preisvorteile gegenüber dem Patienten lediglich in Form von Zugaben und Rabatten auf weitere Einkäufe gewährt werden könnten, könne für den Patienten der Anreiz bestehen, sich von seinem Arzt Verschreibungen ausstellen zu lassen, allein um in den Genuss dieser Zugaben zu kommen. Auch eine gleichmäßige und flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln in qualitativer Hinsicht, insbesondere in Bezug auf die Beratungsqualität und die Leistung von Notdiensten rund um die Uhr, werde von Versandapotheken nicht geleistet. Die Zulassung des Preiswettbewerbs für ausländische Versandapotheken gefährde die Existenz zahlreicher Vor-Ort-Apotheken und damit auch die gleichmäßige und flächendeckende Arzneimittelversorgung der deutschen Bevölkerung, auf dem vom deutschen Gesetzgeber vorgesehenen Niveau.
Demzufolge sei die Arzneimittelpreisbindung aus verschiedenen Gründen zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung geeignet. Die vorgelegten Studien belegten, dass die Erwägungen des deutschen Gesetzgebers nicht aus der Luft gegriffen seien. Darüber hinaus könne ein positiver wissenschaftlicher Nachweis im Sinne eines echten Beweisantritts gerade im Bereich eines so komplexen Systems wie des Gesundheits- und Sozialsystems nicht geliefert werden. Dies werde vom europäischen Gesetzgeber auch nicht gefordert. Andernfalls würde die Regelung des Art. 168 AEUV keinen Sinn ergeben.
Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH sei die Preisbindung für rezeptpflichtige Arzneimittel zur Erreichung der genannten Ziele nicht nur geeignet, sondern auch erforderlich. Weniger einschneidende Maßnahmen, die die Erreichung der dargestellten Ziele in ihrer Gesamtheit im selben Maße gewährleisteten, seien nicht ersichtlich. Die Anregung des BGH in seinem Urteil vom 24.11.2016, Az. I ZR 163/15 (Freunde werben Freunde) nach § 273 Abs. 2 Nr. 2 ZPO eine entsprechende Stellungnahme der Bundesregierung einzuholen, werde aufgegriffen, soweit der Senat die bisherigen Ausführungen noch nicht als ausreichend erachte, die Geeignetheit der Festpreisregelung für die diversen hiermit verfolgten Ziele als erwiesen anzusehen.
Die streitgegenständliche Gutschein-Werbung verstoße auch weiter gegen § 2 b Abs. 2 des GKV-Rahmenvertrags über die Arzneimittelversorgung nach § 129 Abs. 2 SGB V (Anlage BB 53), was hier kumulativ geltend gemacht werde. Bei den Vorschriften des GKV-Rahmenvertrages handele es sich ohne weiteres um Regelungen mit normativem Charakter und das Marktverhalten regelndem Inhalt, mithin um Vorschriften im Sinne des § 3 a UWG. Die nach § 129 Abs. 2 SGB V abgeschlossenen Verträge zwischen den Apotheken und den Krankenkassen regelten vorrangig nicht die Beziehungen zwischen den vertragsschließenden Verbänden, sondern zwischen den einzelnen Krankenkassen und Apotheken und wirkten insoweit normativ. Sie seien wie Rechtsnormen im Sinne des objektivierten Willens des Gesetzes auszulegen. Wie sich nicht nur bereits aus dem Wortlaut des § 129 Abs. 3 Nr. 2 SGB V, sondern auch aus der Entstehungsgeschichte des § 2 b Abs. 2 des GKG-Rahmenvertrags ergebe, handele es sich bei diesen Regelungen nicht um eine bloße Wiederholung der gesetzlichen Anforderungen an die Arzneimittelabgabe, sondern vielmehr um Vorschriften mit konstitutivem Charakter. Die DocM. N.V. habe sich mit ihrem Beitritt zu dem Rahmenvertrag im Jahr 2010 gewollt und freiwillig der Arzneimittelpreisordnung unterworfen, um sich den Herstellerrabatt nach § 130 a SGB V erstatten lassen zu können. Sie könne sich nunmehr nicht auf der Grundlage des EuGH-Urteils (C-148/15) nach einer „Rosinentheorie“ auf die Wirkungslosigkeit der Vereinbarung von § 2 b Abs. 2 GKG berufen. Dem stehe auch die Stellungnahme des GKV-Spitzenverbands vom 13.02.2017 nicht entgegen, denn der Verband könne die DocM. N.V. nicht einseitig aus den Pflichten aus dem Rahmenvertrag „entlassen“. Hierfür bedürfe es vielmehr des Austritts der DocM. N.V. aus dem Vertrag, der jedoch unter treuwidriger Inanspruchnahme der Herstellerrabatte bislang nicht erfolgt sei.
Die Beklagte sei für die Werbung der Versandapotheke DocM. N.V. in ihrer Mitgliederzeitung auch verantwortlich, wie das Landgericht zutreffend festgestellt habe, insbesondere könne sie sich nicht auf das Presseprivileg berufen. Bei der Mitgliederzeitung (vgl. Beispielsexemplar Anlage BB 54) handele es sich schon nicht um eine der Meinungsbildung dienende Publikation im Sinne eines echten Presseorgans. Vielmehr bestehe auf Seiten der Beklagten ein überwiegendes eigenes wirtschaftliches Interesse an der Verbreitung, da die Zeitschrift der Information über das Leistungsspektrum der Beklagten und deren Eigenwerbung diene. Im Falle eines solchen eigenen wirtschaftlichen Interesses an der Verbreitung komme die Privilegierung nicht zum Tragen. Hinzu komme, dass es sich bei der viermal jährlich erscheinenden Mitgliederzeitung nicht um ein der aktuellen Berichterstattung verpflichtetes Presseerzeugnis handele, so dass eine rasche Entscheidung über die zu veröffentlichenden Anzeigen nicht erforderlich sei. Zudem sei die Beklagte eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, für die das Presseprivileg nicht gelte. Selbst wenn sich die Beklagte aber auf das Presseprivileg berufen könne, wäre es vorliegend nicht einschlägig, weil die streitgegenständliche Anzeige grobe und eindeutige, unschwer erkennbare Wettbewerbsverstöße enthalte. Die Frage, ob bei der Einlösung von Verschreibungen geldwerte Vergünstigungen gewährt werden dürften oder nicht, sei für eine Krankenkasse ohne weiteres zu beantworten, ohne dass es einer vertieften Prüfung bedürfe. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Anzeigenveröffentlichung im Jahr 2014 sei die Rechtslage vor dem Hintergrund des Urteils der gemeinsamen Senate der obersten Gerichtshöfe des Bundes, wonach die Arzneimittelpreisbindung auch auf ausländische Versandapotheken Anwendung finden sollte, eindeutig gewesen. Auch könne die Beklagte sich als im Gesundheitswesen tätige Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht auf die Unkenntnis ihres Anzeigenmitarbeiters berufen. Ihr Prüfungsumfang unterscheide sich infolge ihrer besonderen Rolle als Krankenversicherung von demjenigen der Herausgeber anderer Presseerzeugnisse. Jedenfalls hätte den betreffenden Mitarbeiter eine Pflicht zur Rückfrage in der Rechtsabteilung getroffen, wenn sich ihm die Rechtswidrigkeit der Werbung schon nicht selbst aufgedrängt hätte. Die Rechtsprechung des Bundesgerichthofs zur Haftung von Online-Plattformbetreibern sei vorliegend nicht entsprechend anzuwenden, da abweichend hierzu die Beiträge und Anzeigen in der Mitgliederzeitschrift der Beklagten nicht ohne deren Zutun eingefügt würden, sondern es sei vielmehr die Beklagte, die vorab entscheide, welche Inhalte in ihrer Zeitschrift veröffentlicht würden.
Die Beklagte erwidert hierauf, die als Anlage BB 54 vorgelegte Mitgliederzeitschrift „SBK Leben“ verdeutliche, dass die Zeitschrift als periodische Druckschrift redaktionelle Beträge enthalte und einen maßgeblichen meinungsbildenden Inhalt aufweise, so dass der Umstand, dass einzelne Beiträge auch der Imagewerbung der Beklagten gegenüber ihren Mitgliedern dienten, nicht zum Verlust des Presseprivilegs führen könne. Dass es sich vorliegend nicht um grobe und eindeutige unschwer erkennbare Wettbewerbsverstöße handele, werde bereits eindrucksvoll dadurch dokumentiert, dass selbst nach Ergehen der Entscheidung des Gemeinsamen Senats (Beschluss vom 22.08.2012 - GmS 1/10), der widersprechenden EuGH-Rechtsprechung (Urteil vom 19.10.2016 - C-148/15) und einer diese in Frage stellende BGH-Rechtsprechung (Urteil vom 24.11.2016 - I ZR 163/15) die Parteien nach wie vor allein zweitinstanzlich auf mehreren hunderten von Seiten über das Vorliegen eines Verstoßes gegen die Arzneimittelpreisbindung stritten, wobei dies bereits im streitgegenständlichen Zeitpunkt 2014 streitig gewesen sei. Der streitgegenständliche Werbeeinleger sei im Übrigen dem Massengeschäft zuzuordnen, den die Anzeigenabteilung der Beklagten als „Standard„werbemittel zu Recht ohne nähere Prüfung unverändert übernommen habe. Ein besonderes Kooperationsmodell mit DocM. habe nicht bestanden.
In Bezug auf den Tatsachenvortrag der Klägerin in der Berufungserwiderung werde die Verspätungsrüge (§§ 530 ff. ZPO) erhoben. Der Vortrag der Klägerin werde im Übrigen in Bezug auf die (im Einzelnen im Schriftsatz der Beklagten vom 21.02.2018, Seite 22 ff., S. 25 ff., S. 29 ff., S. 34 ff., S. 39 ff. benannten) Tatsachenbehauptungen bestritten.
Die Preisbindung für Arzneimittel sei nicht nur zur Sicherung der flächendeckenden Versorgung ungeeignet, nicht erforderlich und unangemessen, es kämen auch keine anderen Rechtfertigungsgründe i.S.d. Art. 36 AEUV in Betracht. Dies folge bereits aus dem vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebenen und am 27.11.2017 veröffentlichten Honorargutachten (Anlage BK 38). Dieses sei als jene amtliche Auskunft im Sinne von § 273 Abs. 2 Nr. 2 ZPO anzusehen, die der Bundesgerichtshof angedacht und die Klägerin in ihrer Berufungserwiderung beantragt habe.
Das Unternehmen DocM. könne sich auch auf die Grundsätze der Warenverkehrsfreiheit berufen, da es unstreitig seinen Sitz im europäischen Ausland (den Niederlanden) habe, von dem aus es in der Bundesrepublik ansässige Endabnehmer mit in der Bundesrepublik verkehrsfähigen Arzneimitteln auf dem Versandwege beliefere und wo es entgegen den Behauptungen der Klagepartei auch eine Präsenzapotheke betreibe und dort ausschließlich in den Niederlanden verkehrsfähige Arzneimittel anbiete (vgl. Anlagen BK 45, BK 46). Der Vortrag der Klägerin hierzu werde als verspätet gerügt. Unabhängig davon werde das Vorbringen der Klägerin zu den vermeintlichen Testkäufen mit Nichtwissen bestritten. Den Anforderungen des § 73 Abs. 1 Nr. 1 a) AMG, nach dessen Sinn und Zweck die tatsächlich bestehenden Sicherheitsstandards für den Versandhandel und den elektronischen Handel mit Arzneimitteln auf einem dem deutschen Recht entsprechenden Niveau abgesichert werden sollten, wäre im Übrigen auch dann Genüge getan, soweit DocM. keine (ausreichende) Präsenzapotheke in den Niederlanden betreiben würde. Ein grenzüberschreitender Sachverhalt liege hier vor. DocM. beziehe die Arzneimittel von einem deutschen Arzneimittelgroßhändler, die Ware werde zunächst in das Logistikzentrum von DocM..in H., Niederlande, exportiert und von dort aus im Rechtssinne an den deutschen Endverbraucher unter Beauftragung der DHL V. GmbH nach Deutschland versandt (vgl. Anlage BK 48).
Ergänzend wird auf die von den Prozessbevollmächtigten eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 01.03.2018 (Bl. 627/629 d. A.) Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere gemäß §§ 519 Abs. 1, Abs. 2, 517 ZPO form- und fristgerecht eingelegte und gemäß § 520 Abs. 2, Abs. 3 ZPO begründete Berufung der Beklagten hat Erfolg.
Die Verbotsvorschrift des § 7 HWG (i.V.m. §§ 8 Abs. 1, 3 Nr. 2, 3 Abs. 1, 3 a/4 Nr. 11 UWG a. F.) greift vorliegend zwar ein, da es sich nicht um eine reine Imagewerbung, sondern um produktbezogene Werbung handelt. Entgegen dem Dafürhalten des Landgerichts ist die Zulässigkeit der streitgegenständlichen Werbung aber gemäß § 7 Abs. 1 HWG nach der Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 a) HWG zu beurteilen, da es sich bei dem ausgelobten 10-Euro-Gutschein um eine Zuwendung in Form eines bestimmten Geldbetrages handelt. Demzufolge ist die angegriffene Gutschein-Werbung nur dann unzulässig, wenn sie entgegen den Preisvorschriften des Arzneimittelgesetzes erfolgt. Ob das werbende Unternehmen DocM. B.V. als niederländische Versandhandelsapotheke im Streitfall vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 19.10.2016, Az. Az. C-148/15 - Deutsche Parkinson Vereinigung/Zentrale) den deutschen Arzneimittelpreisregelungen (§ 78 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1 AMG, § 1 Abs. 1 AMPreisV) unterworfen ist, kann allerdings dahingestellt bleiben. Denn die Beklagte kann sich auf das aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG folgende Presseprivileg berufen, so dass sie im Hinblick auf einen etwaigen Wettbewerbsverstoß nicht passivlegitimiert ist. Entsprechendes gilt, soweit die Klägerin ihre Ansprüche auch auf einen Verstoß gegen § 2 b Abs. 2 GKV-Rahmenvertrag stützt.
Im Einzelnen:
1. Der auf §§ 8 Abs. 1, 3 Nr. 2, 3 Abs. 1, 3 a (4 Nr. 11 a. F.) UWG i.V.m. § 7 Abs. 1 S. 1 HWG bzw. § 78 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1, § 1 Abs. 1 AMPreisV gestützte Unterlassungsanspruch ist nur begründet, wenn das beanstandete Verhalten sowohl zum Zeitpunkt seiner Vornahme rechtswidrig war als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Berufungsinstanz rechtswidrig ist (st. Rspr., vgl. BGH GRUR 2015, 1240 Rn. 31 - Der Zauber des Nordens; BGH GRUR 2016, 954 Rn. 10 - Energieeffizienzklasse; BGH GRUR 2017, 635 Rn. 24 - Freunde werben Freunde). In der Zeit seit der Veröffentlichung der beanstandeten Werbung im Oktober 2014 ist das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (BGBl. I 2015, 2158) mit Wirkung vom 10.12.2015 novelliert worden. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage folgt daraus jedoch nicht. Der seit dem 10.12.2015 geltende § 3 a UWG entspricht der bis dahin in § 4 Nr. 11 UWG a. F. enthaltenen Regelung des wettbewerbsrechtlichen Rechtsbruchtatbestands (BGH GRUR 2017, 635 Rn. 25, 26 - Freunde werben Freunde).
2. Die Regelungen in § 7 Abs. 1 S. 1 HWG und § 78 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1 AMG, § 1 Abs. 1 AMPreisV sind Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3 a UWG (§ 4 Nr. 11 UWG a. F.), denn § 7 Abs. 1 S. 1 HWG dient dem Gesundheitsschutz von Verbrauchern (vgl. BGH GRUR 2017, 635 Rn. 27 - Freunde werben Freunde; BGH GRUR 2006, 949 Rn. 25 - Kunden werben Kunden; BGH GRUR 2009, 1082 Rn. 21-DeguSmiles & more) und die Vorschriften der § 78 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1 AMG, § 1 Abs. 1 AMPreisV sind nach ihrem Zweck dazu bestimmt sind, den (Preis-)Wettbewerb unter den Apotheken zu regeln (BGH GRUR 2010, 1136 Rn. 22 - UN-SER DANKESCHÖN FÜR SIE).
3. Die Bestimmungen der § 78 Abs. 2 S. 2, S. 3, Abs. 3 S. 1 AMG, § 1 Abs. 1, Abs. 4, § 3 AMPreisV und des § 7 HWG sind nebeneinander anwendbar, denn sie weisen unterschiedliche Zielsetzungen auf. Der Zweck der in § 7 HWG enthaltenen Regelung besteht vor allem darin, dass Verbraucher bei der Entscheidung, ob und welche Heilmittel sie in Anspruch nehmen, nicht durch die Aussicht auf Zugaben und Werbegaben unsachlich beeinflusst werden sollen. Die Bestimmungen der § 78 Abs. 2 S. 2 und 3, Abs. 3 S. 1 AMG, §§ 1 Abs. 1 und Abs. 4, 3 AMPreisV sind nach ihrem Zweck dazu bestimmt, den (Preis-)Wettbewerb unter den Apotheken zu regeln (BGH GRUR 2017, 635 Rn. 16 - Freunde werben Freunde; BGH GRUR 2010, 1136 Rn. 21 f. - UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE).
4. Der Umstand, dass die RL 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken, die keinen mit der Bestimmung des § 3 a UWG (§ 4 Nr. 11 UWG a. F.) vergleichbaren Unlauterkeitstatbestand kennt, in ihrem Anwendungsbereich (Art. 3 der Richtlinie) zu einer vollständigen Harmonisierung des Lauterkeitsrechts geführt hat (Art. 4 der Richtlinie; vgl. BGH GRUR 2012, 1056 Rn. 12 - GOOD NEWS I m. w. N.), steht der Anwendung des § 7 Abs. 1 HWG im Streitfall nicht entgegen. Die sich aus dieser Vorschrift ergebende Beschränkung der Möglichkeit, mit Werbegaben zu werben, stellt, soweit sie die in § 1 Abs. 1 HWG aufgeführten Produkte betrifft, eine unionsrechtskonforme nationale Regelung in Bezug auf die Gesundheitsaspekte von Produkten dar, die deshalb gem. Art. 3 Abs. 3 der RL 2005/29/EG von dieser unberührt bleibt (BGH GRUR 2017, 635 Rn. 28 - Freunde werben Freunde; BGH GRUR 2015, 813 Rn. 11 - Fahrdienst zur Augenklinik).
5. Die Anwendbarkeit von § 7 Abs. 1 HWG wird vorliegend auch nicht durch die RL 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel beschränkt. Auch wenn Art. 94 Abs. 1 der RL 2001/83/EG das Verbot der Werbung mit Werbegaben ausdrücklich nur gegenüber Fachkreisen und nicht auch für die Publikumswerbung vorsieht, ist nach dem 45. Erwägungsgrund der Richtlinie übertriebene und unvernünftige Werbung, die sich auf die öffentliche Gesundheit auswirken könnte, zu verhindern. Das Sachlichkeitsgebot in Art. 87 Abs. 3 der Richtlinie wiederholt diese Notwendigkeit und fordert, dass die Werbung für Arzneimittel deren zweckmäßigen Einsatz fördern muss, indem sie seine Eigenschaften objektiv und ohne Übertreibung darstellt (vgl. EuGH GRUR 2008, 267, Rn53ff. - Gintec/Verband Sozialer Wettbewerb). Dem entspricht die Regelung des § 7 Abs. 1 HWG, mit der eine unsachliche Beeinflussung der Verbraucher durch Werbegaben verhindert werden soll (vgl. Nomos-BR/Zimmermann HWG/Markus Zimmermann, 1. Aufl. 2012, HWG § 7 Rn. 3).
6. Das Landgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass die streitgegenständliche Gutschein-Werbung produktbezogen ist und deshalb hierauf die Regelungen des Heilmittelwerbegesetzes anzuwenden sind.
a) Gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWG finden die Bestimmungen des Heilmittelwerbegesetzes auf produktbezogene Werbung (Produkt- und Absatzwerbung) für Arzneimittel Anwendung. Darunter fällt nicht allgemeine Firmenwerbung (Unternehmens- und Imagewerbung), durch die ohne Bezugnahme auf bestimmte Arzneimittel für das Ansehen und die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens allgemein geworben wird (BGH GRUR 2017, 635 Rn. 30 - Freunde werben Freunde; BGH GRUR 2003, 353, 355 f. - Klinik mit Belegärzten). Die Beantwortung der für die Anwendbarkeit des Heilmittelwerbegesetzes entscheidenden Frage, ob die zu beurteilende Werbung Absatz- oder Firmenwerbung ist, hängt maßgeblich davon ab, ob nach dem Gesamterscheinungsbild der Werbung die Darstellung des Unternehmens oder aber die Anpreisung bestimmter oder zumindest individualisierbarer Produkte im Vordergrund steht. Diese Grundsätze gelten auch für die in § 7 HWG geregelte Werbung mit Werbegaben. Die Bestimmung des § 7 HWG ist daher nur anwendbar, wenn gewährte Werbegaben sich aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs als Werbung für konkrete Heilmittel darstellen (BGH GRUR 2017, 635 Rn. 30 - Freunde werben Freunde; BGH GRUR 2009, 1082 Rn. 15 - DeguSmiles & more).
b) Das Erstgericht hat zu Recht angenommen, dass es sich bei der hier in Rede stehenden Werbung nicht um eine reine Imagewerbung für das Unternehmen DocM. handelt, auch wenn sich das beworbene Gutschein-Angebot auf das gesamte Sortiment der Versandapotheke bezieht. Denn der erforderliche Produktbezug liegt darin, dass die Zuwendung eines Gutscheins im Wert von 10 Euro (jedenfalls in einer Variante) davon abhängig gemacht wird, dass ein Kunde ein Rezept (andere Variante: Rezeptkopie) einreicht und damit eine Produktbestellung tätigt. Die Zuwendung des 10-Euro-Gutscheins setzt also konkret einen Produkterwerb bei der Versandapotheke voraus. Der Zweck der Regelung des § 7 HWG besteht vor allem darin, durch eine weitgehende Eindämmung der Wertreklame im Bereich der Heilmittel der abstrakten Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung zu begegnen, die von einer Werbung mit unentgeltlichen Zuwendungen ausgehen kann (BGH GRUR 2017, 635 Rn. 31 -Freunde werben Freunde; BGH GRUR 2009, 1082 Rn. 16 - DeguSmiles & more). Dieser vom Gesetzgeber im Bereich der Heilmittelwerbung als grundsätzlich unerwünscht angesehene Anreiz einer Wertreklame ist aber gerade und erst recht dann nicht hinzunehmen, wenn diese Form der Reklame für eine besonders große Zahl von Heilmitteln eingesetzt wird. Denn die Eignung einer Zuwendung, den Absatz eines Heilmittels durch einen unsachlichen Einfluss auf den Kunden zu steigern, hängt nicht davon ab, ob die Zuwendung allein für genau benannte Arzneimittel, eine nicht näher eingegrenzte Vielzahl von Arzneimitteln oder sogar für das gesamte Sortiment angekündigt und gewährt wird (BGH GRUR 2017, 635 Rn. 31 - Freunde werben Freunde; BGH GRUR 2009, 1082 Rn. 16 - DeguSmiles & more).
Gegenteiliges kann auch nicht aus den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 09.09.2010 (GRUR 2010, 1136 Rn. 24 - UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE; Az. I ZR 37/08, BeckRS 2010, 23772 - Einkaufsgutschein für Arzneimittel; GRUR 2010, 1133 Rn. 21 - Bonussystem; Az. I ZR 26/09, BeckRS 2010, 23771- Bonus-Taler) gefolgert werden, wie der Bundesgerichthof in seinem jüngeren Urteil vom 24.11.2016 „Freunde werben Freunde“ (GRUR 2017, 635 Rn. 32) ausdrücklich klargestellt hat, indem er ausführt: „Zwar hat der Senat in diesen Entscheidungen eine auf das gesamte Sortiment verschreibungspflichtiger Arzneimittel einer Apotheke bezogene Zuwendung als „Imagewerbung“ bezeichnet. Er hat damit jedoch nicht in Abkehr von den Maßstäben der „DeguSmiles & more“-Entscheidung zum Ausdruck gebracht, eine Werbung mit Zuwendungen oder Werbegaben, die sich auf das gesamte Sortiment erstrecke, stehe ihrer Bewertung als Absatzwerbung stets entgegen.“
Indem die streitgegenständliche Werbung in der hier angegriffenen Variante die Gewährung des 10-Euro-Gutscheins von dem Erwerb eines rezeptpflichtigen Medikaments abhängig macht, verlässt sie die Ebene einer bloßen Imagewerbung und liegt eine produktbezogene Werbung für Arzneimittel im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 HWG vor.
7. Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass der ausgelobte 10-EUR-Gutschein aufgrund der Höhe seines Wertes keine geringwertige Kleinigkeit im Sinne von § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 HWG darstellt. Die Zulässigkeit der Werbung nach § 7 HWG ist jedoch entgegen dem Dafürhalten des Landgerichts (auch) nach der Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 a) HWG zu beurteilen, da es sich bei dem ausgelobten Gutschein um eine Zuwendung in Form „eines bestimmten Geldbetrages“ im Sinne dieser Vorschrift handelt.
Der mit der Werbung ausgelobte Gutschein über 10,- EUR, einlösbar bei einer Bestellung rezeptfreier Produkte ab einem Bestellwert von 40,- EUR, stellt sich der Sache nach als mittelbare Geldzuwendung in Form eines Preisnachlasses beim nächsten Wareneinkauf dar (vgl. BGH GRUR 2003, 1057 - Einkaufsgutschein). Entgegen den Ausführungen des Landgerichts setzt § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 a) HWG nicht die unmittelbare Gewährung eines Barrabatts voraus, vielmehr umfasst die Ausnahmevorschrift jegliche Zuwendungen oder Werbegaben, die in einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Gelbetrag bestehen. Wird wie im Streitfall der Erwerb eines Produkts mit der Gewährung eines über einen bestimmten Geldbetrag lautenden Gutscheins für den nächsten Einkauf gekoppelt, so dass sich der Preis für den nächsten Einkauf um den Geldwert des Gutscheins (hier 10,- EUR) reduziert, dann stellt dies eine Zuwendung in Form eines bestimmten Geldbetrages im Sinne von § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 a) HWG dar. Abweichendes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung „UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE“ (GRUR 2010, 1136), wo der Bundesgerichtshof - abgesehen davon, dass er eine Imagewerbung angenommen hat -unter Rn. 25 lediglich ausführt, es handele sich bei einem 5-Euro-Einkaufsgutschein „insbesondere“ nicht um den Fall einer geringwertigen Kleinigkeit im Sinne von § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 2 HWG (a. F.). Eine Zulässigkeit nach § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HWG schied im dortigen Fall schon wegen des vom Bundesgerichtshof bejahten Verstoßes gegen die Bestimmungen gegen die Arzneimittelpreisvorschriften aus (vgl. GRUR 2010, 1136 Rn. 24).
8. Die Bewerbung einer in einem bestimmten Geldbetrag bestehenden Zuwendung nach § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 a) HWG ist unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt wird, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes gelten, § 7 Abs. 1 S. 1 1 Nr. 2 Hs. 2 HWG. Im Streitfall stellt sich die angegriffene Gutschein-Werbung daher nur dann als unzulässig dar, wenn ein Verstoß gegen das Arzneimittelpreisrecht durch das werbende Unternehmen DocM. vorliegt. Gem. § 78 Abs. 2 S. 2, S. 3, Abs. 3 S. 1 AMG, § 1 Abs. 1, Abs. 4 AMPreisV müssen für verschreibungspflichtige Arzneimittel die hierfür festgelegten Festpreise verlangt werden. Vorliegend wird die Gewährung des 10 Euro-Gutscheins - in einer Variante - davon abhängig gemacht, dass der Kunde im Rahmen einer Bestellung ein Rezept einreicht. Damit wird der Preisnachlass - zumindest mittelbar - für rezeptpflichtige Arzneimittel gewährt, die nach § 78 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1 AMG, § 1 Abs. 1 AMPreisV der in Deutschland geltenden Arzneimittelpreisbindung unterliegen, auch wenn die Einlösung des Gutscheins nach den Teilnahmebedingungen (Anlage K 1) nur für die Bestellung nicht rezeptpflichtiger Produkte möglich ist (vgl. BGH GRUR 2017, 635 Rn. 56 in Abweichung zum Berufungsgericht, vgl. Rn. 10 - Freunde werben Freunde; ebenso bereits BGH GRUR 2010, 1136 Rn. 19 in Abweichung zum Berufungsgericht, vgl. Rn 9 -UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE). Zwar wird von dem Kunden für die erworbenen rezeptpflichtigen Medikamente der volle Preis verlangt. Ein Verstoß gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung liegt jedoch nicht nur vor, wenn der Apotheker ein preisgebundenes Arzneimittel zu einem anderen als dem nach der Arzneimittelpreisverordnung zu berechnenden Preis abgibt. Die Bestimmungen der Arzneimittelpreisverordnung werden vielmehr auch verletzt, wenn für das preisgebundene Arzneimittel zwar der korrekte Preis angesetzt wird, dem Kunden aber gekoppelt mit dem Erwerb des Arzneimittels Vorteile gewährt werden, die den Erwerb für ihn wirtschaftlich günstiger erscheinen lassen (BGH GRUR 2010, 1136 Rn. 17 ff. - UNSER DANKE-SCHÖN FÜR SIE; BGH GRUR 2010, 1133 Rn. 15 ff. - Bonuspunkte; BGH GRUR 2017, 635 Rn. 37 - Freunde werben Freunde). Bei der streitgegenständlichen Werbung erhält der angeworbene Kunde mit dem Erwerb des rezeptpflichtigen Arzneimittels einen Gutschein im Wert von 10 EUR für eine Bestellung rezeptfreier Produkte ab einem Warenwert von 40,- EUR. Dies lässt den Erwerb verschreibungspflichtiger Arzneimittel für ihn wirtschaftlich günstiger erscheinen als in einer anderen Apotheke, die keine entsprechende Werbeprämie gewährt.
9. Damit kommt es im Streitfall für das Vorliegen eines Unterlassungsanspruchs aus §§ 8 Abs. 1, 3 Nr. 2, 3 Abs. 1, 3 a (4 Nr. 11 a. F.) UWG i.V.m. § 7 Abs. 1 S. 1 HWG bzw. § 78 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1 AMG, § 1 Abs. 1 AMPreisV darauf an, ob die Anwendung des deutschen Arzneimittelpreisrechts gegenüber der niederländischen Versandapotheke DocM. mit dem Primärrecht der Europäischen Union (Art. 34, 36 AEUV) vereinbar ist.
a) Nach ständiger Rechtsprechung ist jede Maßnahme eines Mitgliedstaats, die geeignet ist, den Handel innerhalb der Union unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell zu behindern, als eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie mengenmäßige Beschränkungen i. S. d. Art. 34 AEUV anzusehen (EuGH NJW 2016, 621 Rn. 31 -Scotch Whisky Association ua/Lord Advocate; EuGH NJW 1975, 515 Rn. 5 - Dassonville). Ein für die Anwendbarkeit des Art. 34 AEUV erforderlicher grenzüberschreitender Bezug ist vorliegend zu bejahen. Die niederländische Versandapotheke DocM.hat unstreitig ihren Sitz außerhalb Deutschlands, nämlich in den Niederlanden. Der Versandhandel ist somit für sie die einzige Möglichkeit, im Bereich des Vertriebs von Arzneimitteln Zugang zum deutschen Markt zu erlangen, wobei sich die im deutschen Recht vorgesehene Festlegung einheitlicher Abgabepreise auf in einem anderen Mitgliedstaat als der Bundesrepublik Deutschland ansässige Apotheken stärker auswirkt, als auf die im deutschen Hoheitsgebiet ansässigen Apotheken. (vgl. EuGH GRUR 2016, 1312 Rn. 25 - Deutsche Parkinson Vereinigung/Zentrale). Somit folgt hier bereits aus dem Sitz der DocM. in den Niederlanden - von wo aus sie ihre Versandhandelsdienstleistungen nach Deutschland erbringt - der erforderliche grenzüberschreitende Bezug, da die Vorschriften der Arzneimittelpreisbindung insoweit geeignet sind, den innergemeinschaftlichen Handel zu behindern. Im Übrigen ist die in Art. 34 AEUV geschützte Warenverkehrsfreiheit - soweit keine ersichtliche Umgehungshandlung vorliegt - auch betroffen, wenn ein im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hergestelltes Erzeugnis ausgeführt und anschließend in diesen Staat wieder eingeführt wird (EuGH GRUR 2004, 174 Rn. 127 ff. - DocM. I). Auf den zwischen den Parteien streitigen Umstand, ob DocM. in den Niederlanden eine Präsenzapotheke betreibt, kommt es im Rahmen der hier streitgegenständlich vorzunehmenden Beurteilung nicht an. Eine offenkundige Unzulässigkeit der hier in Rede stehenden Warengeschäfte ist jedenfalls nicht anzunehmen, im Übrigen ist der Anwendungsbereich des Art. 34 AEUV grundsätzlich unabhängig von der Legalität des betroffenen Warenhandels oder von sonstigen ethischen Gesichtspunkten eröffnet (vgl. Grabitz/Hilf/Nettesheim/Leible/T. Streinz, 62. EL Juli 2017, AEUV Art. 34 Rn. 28-30).
b) Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs mit Urteil vom 19.10.2016 (GRUR 2016, 1312 - Deutsche Parkinson Vereinigung/Zentrale) zur Unzulässigkeit der deutschen Regelungen zur Arzneimittelpreisbindung (§§§ 78 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1 AMG, § 1 Abs. 1 AMPreisV) gegenüber in einem anderen Land ansässigen Versandapotheken ist auch im Rahmen der Prüfung der Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 a) HWG zu berücksichtigen (vgl. BGH GRUR 2017, 635 Rn. 38 ff. -Freunde werben Freunde). Wenngleich die Bestimmungen der § 78 Abs. 2 S. 2, S. 3, Abs. 3 S. 1 AMG, § 1 Abs. 1, Abs. 4, § 3 AMPreisV und des § 7 HWG unterschiedliche Schutzzwecke verfolgen (vgl. bereits oben Ziff. 3.), so zielt die Einbindung der Regelungen der Arzneimittelpreisbindung in § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 HWG darauf ab, einen Gleichlauf insoweit zu gewährleisten, als Werbegaben, die unter Verstoß gegen die Arzneimittelpreisvorschriften erfolgen, auch nicht im Lichte des § 7 HWG erlaubt sein sollen. Dies gebietet es aber, die Feststellungen des Europäischen Gerichtshofs, wonach die Regelungen der Arzneimittelpreisbindung gegenüber einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Versandapotheke einen Verstoß gegen die Warenverkehrsfreiheit begründen (GRUR 2016, 1312 - Deutsche Parkinson Vereinigung/Zentrale), auch im Rahmen der Prüfung des § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 a) HWG zu beachten (hiervon ausgehend auch BGH GRUR 2017, 635 Rn. 38 ff. - Freunde werben Freunde).
c) Nach den Feststellungen des Europäischen Gerichtshofs mit Urteil vom 19.10.2016 (GRUR 2016, 1312 - Deutsche Parkinson Vereinigung/Zentrale) wirkt sich die im deutschen Recht vorgesehene Festlegung einheitlicher Abgabepreise auf in einem anderen Mitgliedstaat als der Bundesrepublik Deutschland ansässige Apotheken stärker aus, als auf die im deutschen Hoheitsgebiet ansässigen Apotheken. Eine solche Regelung stelle eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung i. S. v. Art. 34 AEUV dar (EuGH GRUR 2016, 1312 Rn. 26, 27 - Deutsche Parkinson Vereinigung/Zentrale). Das deutsche Arzneimittelpreisrecht, das für verschreibungspflichtige Humanarzneimittel einheitliche Apothekenabgabepreise festsetzt, könne nicht mit dem Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen iSv Art. 36 AEUV gerechtfertigt werden, da es nicht geeignet sei, die angestrebten Ziele zu erreichen (EuGH GRUR 2016, 1312 Rn. 46 - Deutsche Parkinson Vereinigung/Zentrale).
d) Hieran ist der Senat zunächst gebunden. Entscheidet der EuGH aufgrund eines Vorabentscheidungsersuchens, dass nationale Rechtsvorschriften mit dem Unionsrecht unvereinbar sind, sind die Behörden des betreffenden Mitgliedstaats verpflichtet, die allgemeinen oder besonderen Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, die Beachtung des Unionsrechts in ihrem Hoheitsgebiet zu sichern (EuGH NJW 2007, 3625 Rn. 38, 41 - Office national des pensions/Jonkman; BGH GRUR 2017, 635 Rn. 43 -Freunde werben Freunde). Danach wäre die Arzneimittelpreisbindung vorliegend auf das Unternhemen DocM. wegen Verstoßes gegen die in Art. 34 AEUV garantierte Warenverkehrsfreiheit nicht anzuwenden. Allerdings kann, wie der Bundesgerichtshof in der Entscheidung „Freunde werben Freunde“ ausgeführt hat, ein erneutes Vorabentscheidungsgesuch an den EuGH ergehen, wenn in einem neuen Rechtsstreit Gesichtspunkte vorgetragen werden, die ein solches nahelegen (BGH GRUR 2017, 635 Rn. 43 - Freunde werben Freunde). Nach den Ausführungen des Bundesgerichtshofs (BGH GRUR 2017, 635 Rn. 48 - Freunde werben Freunde) beruht die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 19.10.2016 (GRUR 2016, 1312 - Deutsche Parkinson Vereinigung/Zentrale) maßgeblich auf ungenügenden Feststellungen in jenem Verfahren. Da nicht ausgeschlossen werden könne, dass diese Feststellungen nachgeholt werden könnten, müssten die Parteien daher auch in anderen Verfahren Gelegenheit erhalten, zur Geeignetheit der deutschen Regelung der arzneimittelrechtlichen Preisbindung für eine flächendeckende und gleichmäßige Arzneimittelversorgung vorzutragen (BGH GRUR 2017, 635 Rn. 48 - Freunde werben Freunde).
e) Zur Beurteilung, ob im Streitfall Veranlassung bestünde, ein erneutes Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu richten, bedürfte es demnach weiterer Feststellungen. Die Frage, ob der einheitliche Apothekenabgabepreis durch den Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen im Sinne von Art. 36 AEUV gerechtfertigt werden kann, ist zwischen den Parteien streitig. Zur Klärung dieser Frage käme in Betracht, gem. § 273 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zur Notwendigkeit von einheitlichen Apothekenabgabepreisen für verschreibungspflichtige Arzneimittel für die Wahrung der Belange der Gesundheit der Bevölkerung eine amtliche Auskunft staatlicher Stellen, insbesondere der Bundesregierung, einzuholen (vgl. BGH GRUR 2017, 635 Rn. 49 - Freunde werben Freunde; vgl. Senat, Beschluss vom 22.02.2018, Az. 6 U 1509/14). Das seitens der Antragsgegnerin als Anlage B 38 vorgelegte, vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie in Auftrag gegebene und am 27.11.2017 veröffentlichten Honorargutachten kann insoweit nicht als geeignete amtliche Stellungnahme gewertet werden. Das Gutachten befasst sich mit der „Ermittlung der Erforderlichkeit und des Ausmaßes von Änderungen der in der Arneimittelpreisverordnung (AMPreisV) geregelten Preise“, ihm liegt also der Auftrag zugrunde, zu prüfen, ob die Preisregelungen anzupassen sind und falls ja, in welcher Höhe (vgl. Anlage B 38, Seite 2). In diesem Zusammenhang befasst sich die Abhandlung auf den Seiten 194 ff. zwar auch mit dem Thema „Flächendeckende Versorgung Apotheken“ und auf Seite 198 ff. mit der „wirtschaftlichen Situation der Apotheken und Effekten des europäischen Versandhandels“. Hierzu wird festgestellt, dass die wirtschaftliche Situation vieler Vor-Ort-Apotheken vor dem Hintergrund eines teilweise starken Wettbewerbs in den Städten und wirtschaftlich ungünstigen Lagen einiger Apotheken bereits vor der EuGH-Entscheidung als schwierig anzusehen gewesen sei (vgl. Anlage B 38, Seite 194 ff., S. 198 ff. sowie Zusammenfassung Seite 13), was weder durch das Verbot des Versandhandels, noch durch die allgemeine Vergütung über die AMPreisV zu beheben sei (vgl. Anlage B 38, Zusammenfassung Seite 13 unten/14 oben). Eine Empfehlung zu einem möglichen Verbot des Rx-Versandhandels oder einer Einschränkung der Preisbindung auch in Deutschland werde ausschreibungsgemäß nicht gegeben (vgl. Anlage B 38, Seite 201, Zusammenfassung Seite 12), es würden lediglich verfügbare Daten und Informationen dazu geliefert, die diese Entscheidung unterstützen könnten (Anlage B 38, Zusammenfassung Seite 12). Das vorgelegte Gutachten vermag damit die Einholung einer amtlichen Stellungnahme der Bundesregierung gem. § 273 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht zu ersetzen, zumal für die hier maßgeblichen Fragen der Belange der Gesundheit der Bevölkerung auch die Ressortzuständigkeit des Bundesministeriums für Gesundheit zu berücksichtigen sein dürfte.
10. Letztendlich kann dies aber dahingestellt bleiben, da das Landgericht die Passivlegitimation der Beklagten zu Unrecht bejaht hat.
a) Schuldner der in § 8 Abs. 1 UWG geregelten Abwehransprüche ist jeder, der durch sein Verhalten den objektiven Tatbestand einer Zuwiderhandlung i.S.v. §§ 3 ff. UWG selbst, durch einen anderen oder gemeinschaftlich mit einem anderen adäquat kausal verwirklicht. Im Falle der Verbreitung wettbewerbswidriger Äußerungen in Medien haftet neben dem Urheber der Äußerung jeder an der Weitergabe und der Verbreitung Beteiligte, soweit sein Verhalten eine geschäftliche Handlung i. S. v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG darstellt (BGH GRUR 2015, 906 Rn. 29 - TIP der Woche; BGH GRUR 2011, 340 Rn. 27 - Irische Butter m.w.N.). Bei der Verbreitung der hier streitgegenständlichen Werbung über die Mitgliederzeitschrift der Beklagten handelt es sich um eine geschäftliche Handlung i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG, worunter jedes Verhalten zu Gunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens fällt, das mit der Förderung des Absatzes objektiv zusammenhängt. Durch die Verbreitung der streitgegenständlichen Werbeflyer hat die Beklagte den Absatz des werbenden DocMorris-Unternehmens gefördert (BGH GRUR 2015, 906 Rn. 16 - TIP der Woche).
b) Die Beklagte kann sich jedoch entgegen dem Dafürhalten des Landgerichts auf die aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG folgenden Grundsätze der eingeschränkten Haftung der Presse für wettbewerbswidrige Anzeigen ihrer Inserenten berufen.
(1.) Nach ständiger Rechtsprechung haftet der Herausgeber eines Presseerzeugnisses nur für die Veröffentlichung gesetzeswidriger Werbeanzeigen Dritter, wenn er seine Pflicht zur Prüfung verletzt hat, ob die Veröffentlichung der Anzeigen gegen gesetzliche Vorschriften verstößt (vgl. BGH GRUR 2015, 906 Rn. 31 - TIP der Woche m.w.N.). Im Hinblick auf die Besonderheiten des Anzeigengeschäfts kann ein Herausgeber eines Presseerzeugnisses nur eingeschränkt für wettbewerbswidrige Anzeigen verantwortlich gemacht werden. Um die tägliche Arbeit nicht über Gebühr zu erschweren und die Verantwortlichen nicht zu überfordern, bestehen bei Anzeigen keine umfassenden Prüfungspflichten. Vielmehr besteht im Hinblick auf die Gewährleistung der Pressefreiheit gem. Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG und Art. 11 Abs. 2 GR-Charta eine Haftung für die Veröffentlichung einer Anzeige nur dann, wenn diese grobe und eindeutige, unschwer erkennbare Wettbewerbsverstöße enthält (st. Rspr. vgl. BGH GRUR 1990, 1012, 1014 - Pressehaftung I; BGH GRUR 1992, 618 - Pressehaftung II; BGH GRUR 2001, 529, 531 - Herz-Kreislauf-Studie; BGH GRUR 2002, 360, 366 - H. I.V. POSITIVE II; BGH GRUR 2006, 429 Rn. 13, 15 - Schlank-Kapseln; BGH GRUR 2006, 957 Rn. 14 - Stadt Geldern; BGH GRUR 2015, 906 Rn. 31 - TIP der Woche; Köhler/Bornkamm/Köhler, UWG, 36. Aufl. 2018, § 9 Rn. 2.3). Maßgeblich für die eingeschränkte Prüfungspflicht der Presse ist die durch Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG geschützte Pressefreiheit, die der Presse als Institution zukommt und auch den Anzeigenteil eines Presseorgans umfasst. Der Schutz des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG gebührt dabei nicht nur Presseerzeugnissen im herkömmlichen Sinne, die grundrechtliche Garantie der Pressefreiheit gilt vielmehr auch für Kundenzeitschriften und für Anzeigenblätter, die hauptsächlich Werbeanzeigen und zu einem geringeren Anteil redaktionelle Beiträge enthalten, wobei im Rahmen des Schutzumfangs allerdings zu berücksichtigen ist, inwieweit das Presseerzeugnis der Befriedigung eines Informationsbedürfnisses von öffentlichem Interesse oder der Einwirkung auf die öffentliche Meinung dient (BGH GRUR 2015, 906, Rn. 34 - TIP der Woche m.w.N.)
(2.) Die von der Beklagten herausgegebene Mitgliederzeitung stellt ein unter den Schutz des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG fallendes Presseerzeugnis dar. Dabei kann sich die Beklagte auf den Schutz aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG unabhängig davon berufen, dass sie eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, denn das Grundrecht steht ohne Rücksicht auf öffentlichrechtliche oder privatrechtliche Rechtsform, auf kommerzielle oder gemeinnützige Betätigung allen natürlichen und juristischen Personen zu (vgl. BVerfG NJW 1998, 2659, 2660; BVerfG NJW 2002, 2939 für öffentliche Rundfunkanstalten). Das vierteljährlich erscheinende Kundenmagazin (vgl. beispielhafte Ausgabe, vorgelegt als Anlage BB 54 und streitgegenständliche Oktoberausgabe 2014, vorgelegt im parallelen Verfügungsverfahren, Az. 6 U 1678/17) dient zwar der Mitgliederbindung und - information und verfolgt damit auch eigennützige Interessen der Beklagten wirtschaftlicher Art. Die Zeitschrift beinhaltet aber - neben als solchen gekennzeichneten Werbeanzeigen - eine Vielzahl redaktioneller Artikel und Berichte, die sich rund um das Thema Gesundheit drehen. Zwar ist der Schutzumfang der Pressefreiheit umso geringer, je weniger ein Presseerzeugnis der Befriedigung eines Informationsbedürfnisses von öffentlichem Interesse oder der Einwirkung auf die öffentliche Meinung dient und je mehr es eigennützige wirtschaftliche Interessen verfolgt und ist eine Berufung auf das Presseprivileg grundsätzlich zu versagen, wenn das Printprodukt keinen nennenswerten meinungsbildenden Bezug hat, sondern nahezu ausschließlich Werbung enthält (BGH WRP 2015, 1098 Rn. 37, 38 - TIP der Woche). Das ist aber bei der Mitgliederzeitschrift der Beklagten nicht der Fall. Wenngleich die in der Mitgliederzeitschrift enthaltenen redaktionellen Beiträge stets einen sachlichen Bezug zum Thema Gesundheit aufweisen und damit auch im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Beklagten als Betriebskrankenkasse stehen, überwiegt inhaltlich die Information und Meinungsbildung gegenüber werbenden Aspekten. Demzufolge dient die Zeitschrift der Einwirkung auf die öffentliche Meinung und der Befriedigung eines Informationsbedürfnisses von öffentlichem Interesse, denn sie weist einen nennenswerten meinungsbildenden Bezug und nicht überwiegend werbende Inhalte auf.
(3.) Damit besteht eine Prüfpflicht der Beklagten nur für grobe und eindeutige, für die maßgeblichen Mitarbeiter unschwer erkennbare Rechtsverstöße (BGH GRUR 2015, 906 Rn. 31 - TIP der Woche m.w.N.).
Die eingeschränkte Haftung von Presseherausgebern besteht vor dem Hintergrund, dass eine juristische Überprüfung sämtlicher Werbeanzeigen auf etwaige Gesetzesverstöße deren Tätigkeit unzumutbar erschweren würde, da es nicht nur einen beträchtlichen Zeitaufwand nach sich ziehen, sondern auch erhebliche personelle Ressourcen binden würde, wenn jede Anzeige vor der Veröffentlichung durch eine Rechtsabteilung oder einen sonst beauftragten Juristen geprüft werden müsste. Diese Gesichtspunkte gelten auch bei Presseerzeugnissen, die - wie das vierteljährlich erscheinende Kundenmagazin der Beklagten - in größeren zeitlichen Abständen herausgegeben werden. Zwar mag dort der zeitliche Druck geringer sein, als bei Presseerzeugnissen, die der täglichen Berichterstattung verpflichtet sind (vgl. BGH GRUR 2015, 906 Rn. 41 - TIP der Woche), nichtdestotrotz dürfen aber auch den Herausgebern von nicht täglich erscheinenden Presseerzeugnissen keine die regelmäßigen Geschäftsabläufe behindernden Prüfpflichten auferlegt werden (vgl. BGH GRUR 2006, 957 Rn. 14 - Stadt Geldern).
(4.) Maßstab für die Beurteilung, ob eine Werbeanzeige einen groben, unschwer erkennbaren Rechtsverstoß aufweist, ist demzufolge nicht die Sichtweise eines juristisch gebildeten Betrachters, sondern diejenige des mit der Schaltung der Werbeanzeige befassten Mitarbeiters der Redaktion. Nur wenn sich aus dessen Warte die Gesetzeswidrigkeit der Anzeige geradezu aufdrängt, ist er gehalten, die Werbeanzeige nicht bzw. erst nach Durchführung einer fachkundigen juristischen Prüfung freizugeben (vgl. BGH GRUR 1990, 1012, 1014 - Pressehaftung). Dies ist in Bezug auf den hier streitgegenständlichen Werbeflyer nicht anzunehmen. Auch wenn den zuständigen Mitarbeitern der Beklagten als Betriebskrankenkasse bei einer Werbung mit Preisrabatten für Arzneimittel infolge der für verschreibungspflichtige Arzneimittel grundsätzlich bestehenden Preisbindung eine besondere Sensibilisierung zu unterstellen ist, wäre die nach damaliger Rechtslage - also vor Erlass des Urteils des EuGH vom 19.10.2016, Az. C-148/15 - zu unterstellende Unzulässigkeit der hier streitgegenständlichen Werbung für einen mit dem Anzeigengeschäft betrauten Mitarbeiter nicht offensichtlich und unschwer erkennbar gewesen. Selbst wenn nämlich den verantwortlichen Redaktionsmitarbeitern eines für eine Krankenkasse herausgegebenen Kundenmagazins unterstellt werden kann, dass sie die Regelung des § 7 HWG in ihren Grundzügen kennen, so stellt sich bei der hier streitgegenständlichen Werbung (wie die vorstehenden Ausführungen unter Ziff. 6. zeigen) zunächst die nicht ohne weiteres zu beantwortende Frage, ob die Vorschrift des § 7 HWG überhaupt eingreift oder ob eine nicht von § 7 HWG erfasste reine Imagewerbung vorliegt. Dies war im Zeitpunkt der Werbung im Oktober 2014 auch höchstrichterlich nicht eindeutig geklärt (vgl. BGH GRUR 2010, 1136 Rn. 24 - UNSER DANKE-SCHÖN FÜR SIE; Az. I ZR 37/08, BeckRS 2010, 23772 - Einkaufsgutschein für Arzneimittel; GRUR 2010, 1133 Rn. 21 - Bonussystem; Az. I ZR 26/09, BeckRS 2010, 23771 - Bonus-Taler einerseits und BGH GRUR 2009, 1082 Rn. 16 - DeguSmiles & more andererseits). Jedenfalls konnte ein nur allgemein mit den Regelungen zum Heilmittelwerbeverbot betrauter Betrachter der streitgegenständlichen Werbung nicht zu dem sich aufdrängenden Schluss kommen, dass ein eindeutiger Verstoß gegen § 7 Abs. 1 S. 1 HWG vorläge. Auch einen Verstoß gegen die Regelungen des Arzneimittelpreisrechts gemäß §§ 78 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1 AMG, § 1 Abs. 1 AMPreisV (i.V.m. § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 a HWG) konnte ein nicht juristisch gebildeter Redaktionsmitarbeiter hier nicht unschwer und eindeutig erkennen. Zwar war zum damaligen Zeitpunkt der Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 22.08.2012 (GmS-OBG 1/10) zu beachten, wonach die deutschen Regelungen zur Arzneimittelpreisbindung auch gegenüber einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Versandapotheken gelten sollten. Der streitgegenständliche Werbeflyer beinhaltete aber aus der Sicht eines zuständigen Redaktionsmitarbeiters, auch wenn man bei diesem eine allgemeine Kenntnis von den geltenden Regelungen zur Arzneimittelpreisbindung unterstellt, keinen offensichtlichen Verstoß gegen diese Vorschriften, indem dort etwa ein Preisnachlass zu „x-%“ beim Kauf von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ausgelobt würde. So ist bei Betrachtung des Werbeflyers schon nicht einfach und ohne weiteres erkennbar, dass hier eine Preisvergünstigung auf verschreibungspflichtige, also der Preisbindung unterliegende Arzneimittel ausgelobt wird. Denn zum einen wird der Gutschein ebenso bei der Einsendung einer Rezeptkopie ohne Erwerb eines rezeptpflichtigen Produkts gewährt, vor allem aber erhält der Kunde eine Ermäßigung nur auf den Einkauf rezeptfreier Produkte. Für eine sich aufdrängende Erkenntnis, dass diese Fallkonstellation für einen Verstoß gegen §§ 78 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1 AMG, § 1 Abs. 1 AMPreisV ausreicht, genügte die bloße allgemeine Kenntnis dieser Regelungen nicht. Vielmehr bedurfte es hierfür - wie oben unter Ziff. 8. gezeigt - einer vertieften juristischen Prüfung unter Heranziehung der höchstrichterlichen Rechtsprechung, so dass von einem Redaktionsmitarbeiter ohne juristische Ausbildung nicht erwartet werden kann, dass er den streitgegenständlichen Flyer als eindeutig und offensichtlich gesetzeswidrig erkennt.
Vor diesem Hintergrund gebieten es die aufgezeigten Grundsätze zum Schutz der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG), dass eine derartige Werbung von der Beklagten als Flyer in ihrer Mitgliederzeitung verbreitet werden darf, ohne dass sie für eine etwaige Gesetzeswidrigkeit dieser Werbung verantwortlich gemacht werden kann.
11. Ein Unterlassungsanspruch ist auch nicht aus §§ 8 Abs. 1, 3 Nr. 2, 3 Abs. 1, 3 a (4 Nr. 11 a. F.) UWG i.V.m. § 2 b Abs. 2 GKV-Rahmenvertrag (Anlage BB 53) begründet.
Es handelt sich hierbei schon nicht um eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3 a UWG/4 Nr. 11 a.F. UWG, sondern um einen öffentlichrechtlichen Vertrag, dem kein allgemein gültiger normativer Charakter zugesprochen werden kann (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 36. Aufl. 2018, § 3 a 1.57).
Jedenfalls aber scheidet auch insoweit - entsprechend den vorstehenden Ausführungen unter Ziff. 10. - eine Haftung der Beklagten nach den aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG folgenden Grundsätze der eingeschränkten Haftung für gesetzeswidrige Anzeigen in Presseerzeugnissen aus. Denn aus der maßgeblichen Sicht des zuständigen Anzeigenredakteurs lag hier aus den oben genannten Gründen kein grober und unschwer erkennbarer Verstoß gegen § 2 b Abs. 2 GKV-Rahmenvertrag vor, wobei im Übrigen auch schon nicht unterstellt werden kann, dass diesem bekannt war, ob das Unternehmen DocM. diesem Vertrag beigetreten ist.
12. Mangels Bestehens eines Unterlassungsanspruchs war auch die klägerische Abmahnung vom 22.10.2014 (Anlage K 3) nicht berechtigt, so dass der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten (§ 12 Abs. 1 S. 2 UWG) ebenfalls nicht besteht.
III.
1. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
3. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache erfordert, wie die Ausführungen unter II. zeigen, lediglich die Anwendung gesicherter Rechtsprechungsgrundsätze auf den Einzelfall.
Datenquelle d. amtl. Textes: Bayern.Recht
Meta
12.04.2018
Urteil
Sachgebiet: U
Zitiervorschlag: OLG München, Urteil vom 12.04.2018, Az. 6 U 1679/17 (REWIS RS 2018, 10819)
Papierfundstellen: REWIS RS 2018, 10819
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
I ZR 60/18 (Bundesgerichtshof)
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3 C 20/18 (Bundesverwaltungsgericht)
Keine Sachzugaben für den Erwerb verschreibungspflichtiger Arzneimittel von inländischen Apotheken