Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.01.2019, Az. II ZR 392/17

2. Zivilsenat | REWIS RS 2019, 11507

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Gegenstand

Vertretung der Aktiengesellschaft durch den Aufsichtsrat: Rechtsgeschäft mit einer Ein-Personen-Gesellschaft eines Vorstandsmitglieds


Leitsatz

Der Aufsichtsrat vertritt die Aktiengesellschaft nicht nur bei Rechtsgeschäften, die mit einem Vorstandsmitglied selbst geschlossen werden, sondern auch bei Rechtsgeschäften mit einer Gesellschaft, deren alleiniger Gesellschafter ein Vorstandsmitglied ist.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des [X.] vom 29. März 2017 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens und des Revisionsverfahrens trägt die Beklagte.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin, eine Aktiengesellschaft, schloss am 18. September 2013 mit der Beklagten und der [X.] einen "[X.]" über deren Geschäftsanteile an der d.      GmbH. Der von der Klägerin zu leistende Kaufpreis setzte sich jeweils aus einem Basiskaufpreis von 200.000 € sowie weiteren, u.a. von betrieblichen Kennzahlen abhängigen Kaufpreiskomponenten I bis III zusammen. Nach der [X.] sollten der Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Beklagten [X.] und der Geschäftsführer und Alleingesellschafter der [X.]      eine Führungsposition bei der Klägerin oder einem mit ihr verbundenem Unternehmen übernehmen. Die Abtretung der Geschäftsanteile war nach den vertraglichen Vereinbarungen u.a. durch den Abschluss von [X.] der Klägerin mit [X.]und [X.]    aufschiebend bedingt, die ihrerseits wiederum nur bei [X.] Zahlung des Basiskaufpreises in [X.] treten sollten. Bei Abschluss des [X.] wurde die Klägerin durch einen Bevollmächtigten ihres Vorstands vertreten.

2

Ebenfalls am 18. September 2013 wurde in einer Aufsichtsratssitzung der Klägerin die Bestellung von [X.] und [X.]      zu Vorständen der Klägerin beschlossen und der Aufsichtsratsvorsitzende [X.]       ermächtigt, die [X.] zu den in vorgelegten Vertragsentwürfen festgehaltenen Konditionen abzuschließen. Die Unterzeichnung der [X.] fand noch am selben Tag statt.

3

Nach fristgerechter Leistung des Basiskaufpreises wurde die Klägerin als Gesellschafterin in die Gesellschafterliste der d.    GmbH aufgenommen.

4

Die Klägerin nimmt die Beklagte mit der Begründung, der Geschäftsanteilskaufvertrag vom 18. September 2013 sei wegen Verstoßes gegen § 112 Satz 1 AktG nichtig, auf Rückzahlung des Basiskaufpreises von 200.000 € nebst Zinsen in Anspruch. Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg.

5

Mit ihrer vom Senat insoweit zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

7

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - im Wesentlichen wie folgt begründet:

8

Die Beklagte habe den Kaufpreis rechtsgrundlos im Sinne von § 812 Abs. 1 [X.] erlangt und sei daher zu dessen Rückzahlung verpflichtet. Der [X.] sei unter Verstoß gegen § 112 Satz 1 [X.] geschlossen worden, weil die Klägerin dabei nicht durch ihren Aufsichtsrat, sondern durch einen Bevollmächtigten des Vorstands vertreten worden sei. § 112 Satz 1 [X.] sei auch im vorliegenden Fall eines Vertragsschlusses zwischen der [X.] und der Ein-Personen-[X.] eines künftigen Vorstandsmitglieds anwendbar. Zwar sei die erweiterte Anwendung der Vorschrift über ihren Wortlaut hinaus auf Konstellationen mit Berührungspunkten zum Vorstand der Aktiengesellschaft im Einzelnen streitig. Jedenfalls bei einer wirtschaftlichen Identität zwischen Vorstand und Vertragspartner, wie sie insbesondere bei der vorliegenden Ein-Personen-[X.] gegeben sei, sei aber eine vergleichbare abstrakte Gefährdung der [X.]sinteressen wie beim Vertragsschluss mit dem Vorstandsmitglied selbst gegeben. Ob die Bestellung D.      zum Vorstand zeitlich vor oder nach der Beurkundung des [X.] erfolgt sei, sei unerheblich, weil § 112 Satz 1 [X.] auch Geschäfte im Vorfeld der Bestellung erfasse. Die umstrittene Frage, ob ein Verstoß gegen § 112 Satz 1 [X.] zur Nichtigkeit gemäß § 134 [X.] oder zur Anwendbarkeit von §§ 177 ff. [X.] führe, bedürfe keiner Entscheidung, weil jedenfalls auch keine konkludente Genehmigung des Vertragsschlusses durch den Aufsichtsrat vorliege. Schließlich sei der Rückzahlungsanspruch der Klägerin aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 [X.] auch nicht nach den Grundsätzen der Saldotheorie eingeschränkt.

II.

9

Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.

1. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass § 112 Satz 1 [X.] im vorliegenden Fall anwendbar ist.

a) Entgegen der Ansicht der Revision ist § 112 Satz 1 [X.] nicht nur bei Rechtsgeschäften der [X.] anwendbar, die mit dem Vorstandsmitglied selbst geschlossen werden, sondern auch bei Rechtsgeschäften mit einer [X.], deren alleiniger [X.]er ein Vorstandsmitglied ist.

aa) Der [X.] hat die Frage, ob § 112 Satz 1 [X.] erweiternd dahingehend auszulegen ist, dass der Aufsichtsrat die [X.] auch gegenüber [X.]en vertritt, in denen ein Vorstandsmitglied maßgeblichen Einfluss hat, bislang offengelassen (vgl. [X.], Urteil vom 12. März 2013 - [X.], [X.]Z 196, 312 Rn. 9; Urteil vom 28. April 2015 - [X.], [X.], 1220 Rn. 32).

bb) In Literatur und obergerichtlicher Rechtsprechung werden hierzu unterschiedliche Auffassungen vertreten.

Eine Ansicht hält § 112 Satz 1 [X.] im Hinblick auf den Schutzzweck der Regelung, eine unbefangene Interessenwahrnehmung der [X.] sicherzustellen, bereits bei einer maßgeblichen Beteiligung oder beherrschendem Einfluss eines Vorstandsmitglieds in der anderen [X.] ([X.] in [X.]/Stilz, [X.], 2. Aufl., § 112 Rn. 8, anders aber in der 3. Aufl.; [X.], [X.] 2007, 801, 802 ff.; [X.], [X.] 2005, 193, 216; weitergehend [X.], Festschrift [X.], 2011, S. 855, 860 ff.).

Nach anderer Meinung ist § 112 Satz 1 [X.] dagegen aus Gründen der Klarheit im Rechtsverkehr und der Kompetenzverteilung zwischen Geschäftsführungs- und Kontrollorgan grundsätzlich eng auszulegen und selbst eine maßgebliche Beteiligung oder ein beherrschender Einfluss eines Vorstandsmitglieds an der anderen [X.] nicht ausreichend. Eine Ausnahme soll jedoch nach Sinn und Zweck der Regelung und zur Verhinderung von Umgehungsgeschäften bei einer (restriktiv zu verstehenden) wirtschaftlichen Identität eines Vorstandsmitglieds mit dem Vertragspartner (bzw. vertretenen [X.]) gelten, die insbesondere oder aber jedenfalls bei einer Ein-Personen-[X.] des Vorstandsmitglieds gegeben sei ([X.], [X.], 2205, 2206 und [X.], 822, 824; [X.], AG 2015, 428 Rn. 36; [X.], [X.], 41, 42; [X.]/ Tomasic in [X.], [X.], § 112 Rn. 6; [X.], [X.], 3. Aufl., § 112 Rn. 3; [X.]/[X.], [X.], 13. Aufl., § 112 Rn. 4; [X.]/[X.] in KK-[X.], 3. Aufl., § 112 Rn. 18; MünchKomm[X.]/[X.], 4. Aufl., § 112 Rn. 9; [X.] in [X.], [X.], 3. Aufl., § 112 Rn. 11 f.; [X.] in [X.]/Stilz, [X.], 3. Aufl., § 112 Rn. 9; [X.], [X.] 1989, 369, 373; [X.], [X.], 691; [X.][X.], [X.], 1853, 1856).

Eine dritte Auffassung lehnt hingegen jede Ausweitung von § 112 Satz 1 [X.] über den Gesetzeswortlaut hinaus insbesondere aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit sowie unter Hinweis auf die gesetzliche Kompetenzverteilung ab ([X.], [X.], 1024, 1025 f.; [X.]/[X.] in Großkomm. [X.], 4. Aufl., § 112 Rn. 43; [X.], [X.] 2002, 297, 300 ff., aA aber "aus pragmatischen Gründen" in [X.] 2009, 131, 154; [X.], [X.] 2013, 668, 679 ff.; [X.], AG 2015, 151, 153).

cc) Der letztgenannten Ansicht ist nicht zu folgen. § 112 Satz 1 [X.] ist jedenfalls dann in erweiternder Auslegung anwendbar, wenn die [X.] ein Rechtsgeschäft mit einer [X.] abschließt, deren Alleingesellschafter ein Vorstandsmitglied ist. Ob die Vorschrift darüber hinaus auch dann eingreift, wenn das Vorstandsmitglied nicht Alleingesellschafter der anderen [X.] ist, sondern nur maßgeblichen Einfluss in ihr hat, bedarf hier keiner Entscheidung.

(1) Seinem Wortlaut nach gilt § 112 Satz 1 [X.] allerdings nur für die Vertretung der [X.] gegenüber dem Vorstandsmitglied selbst.

Den Gesetzesmaterialien lassen sich weder Anhaltspunkte für noch gegen eine erweiternde Auslegung des Begriffs des "Vorstandsmitglieds" im Sinne von § 112 [X.] entnehmen. Nach der Begründung des [X.] (abgedruckt bei [X.], Aktiengesetz 1965, [X.]) sollten mit der Neuregelung des § 112 [X.] Zweifel und Auslegungsschwierigkeiten der bisherigen Regelung in § 37 [X.] beseitigt werden, nach der bei Rechtsgeschäften mit Vorstandsmitgliedern auch der Vorstand neben dem Aufsichtsrat [X.] war und die [X.] bei Passivprozessen mit einem Vorstandsmitglied ebenfalls nicht ausschließlich durch den Aufsichtsrat vertreten wurde. Die Frage, wie weit der Begriff des Vorstandsmitglieds in § 112 Satz 1 [X.] zu verstehen sei, war damit nicht Gegenstand der Neuregelung.

(2) Dass es sich in systematischer Hinsicht bei § 112 Satz 1 [X.] um eine von wenigen gesetzlichen Ausnahmen von der ausschließlichen Vertretungsmacht des Vorstands (§ 78 Abs. 1 [X.]) handelt, mag zwar für eine enge Auslegung der Vorschrift sprechen, schließt ihre Erweiterung über den Wortlaut hinaus auf Fälle, die in ihren Schutzbereich fallen, aber nicht grundsätzlich aus (vgl. [X.], [X.] 2007, 801, 803).

Gegen eine erweiterte Anwendung der Vorschrift auf [X.] eines Vorstandsmitglieds spricht auch nicht, dass § 112 Satz 1 [X.] im Unterschied zu §§ 89, 115 [X.], die eine ausdrückliche Erweiterung des Zustimmungsvorbehalts des Aufsichtsrats auf verschiedene Umgehungssachverhalte enthalten, keine gesonderte Regelung für Umgehungstatbestände enthält. Das allein lässt nicht den Schluss zu, der Gesetzgeber habe bei § 112 [X.] bewusst von der Einbeziehung von [X.] absehen und diesbezüglich mit §§ 89, 115 [X.] abschließende Regelungen für mögliche Interessenkollisionen bei Vorstandsmitgliedern treffen wollen. Ein bewusstes Absehen des Gesetzgebers von einem Umgehungsschutz kann regelmäßig nicht angenommen werden (vgl. [X.], Urteil vom 15. Januar 1990 - [X.], [X.]Z 110, 47, 55 f.; Urteil vom 3. Juli 2006 - [X.], [X.]Z 168, 188 Rn. 11 zu § 114 ZPO). Gegenteiliges ist auch hier weder der Begründung des [X.] zu § 112 [X.], noch zu § 89 und § 115 [X.] (abgedruckt bei [X.], Aktiengesetz 1965, [X.] ff., 156, 159 f.) zu entnehmen.

Für eine Erweiterung des Anwendungsbereichs auf Verträge mit einer Ein-Personen-[X.] eines Vorstandsmitglieds spricht, dass sich auch in zahlreichen anderen Bereichen des [X.]srechts die Gleichstellung einer besonderen gesellschaftsrechtlichen Bindung unterliegenden Person mit einem Unternehmen, an dem sie maßgeblich beteiligt ist, findet, so z.B. im Rahmen des § 62 [X.] (vgl. z.B. [X.] in Großkomm. [X.], 4. Aufl., § 62 Rn. 22), der §§ 30 f. GmbHG sowie des Rechts des Eigenkapitalersatzes (vgl. [X.], Urteil vom 21. September 1981 - [X.], [X.]Z 81, 311, 315; Urteil vom 21. Juni 1999 - [X.], [X.], 1315), wobei es nicht entscheidend darauf ankommt, ob es sich um eine Analogie oder um eine an Sinn und Zweck der Norm orientierte Gesetzesauslegung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten handelt (vgl. [X.], Urteil vom 3. Juli 2006 - [X.], [X.]Z 168, 188 Rn. 11). Des Weiteren ist im Bereich von § 136 [X.] anerkannt, dass ein Stimmrechtsausschluss auch dann anzunehmen ist, wenn die Stimmrechte durch eine [X.] ausgeübt werden, auf die ein Organmitglied maßgeblichen Einfluss ausüben kann (vgl. [X.], Urteil vom 29. Januar 1962 - [X.], [X.]Z 36, 296, 299; [X.], 385, 391), und es gelten die §§ 113, 114 [X.] nach der Rechtsprechung des [X.]s auch dann, wenn die Aktiengesellschaft einen Beratungsvertrag mit einem Unternehmen schließt, an dem ein Aufsichtsratsmitglied - nicht einmal notwendig beherrschend - beteiligt ist (vgl. [X.], Urteil vom 3. Juli 2006 - [X.], [X.]Z 168, 188 Rn. 11; Urteil vom 20. November 2006 - [X.], [X.]Z 170, 60 Rn. 8 ff.; Urteil vom 2. April 2007 - [X.], [X.], 1056 Rn. 11).

(3) Für eine entsprechende Erweiterung des Anwendungsbereichs spricht insbesondere der Schutzzweck der Norm. § 112 Satz 1 [X.] soll Interessenkollisionen vorbeugen und eine unbefangene, von sachfremden Erwägungen unbeeinflusste Vertretung der [X.] gegenüber Vorstandsmitgliedern sicherstellen. Dabei ist es im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit ausreichend, dass aufgrund der gebotenen und typisierenden Betrachtung in den von § 112 Satz 1 [X.] geregelten Fällen regelmäßig die abstrakte Gefahr einer nicht unbefangenen Vertretung der [X.] vorhanden ist (vgl. [X.], Urteil vom 26. Juni 1995 - [X.], [X.]Z 130, 108, 111 f.; Urteil vom 16. Februar 2009 - [X.], [X.], 717 Rn. 7 mwN).

Hierbei kann es keinen entscheidenden Unterschied machen, ob das Vorstandsmitglied einen Vertrag im eigenen Namen mit der [X.] abschließt, oder ob Vertragspartner der [X.] eine [X.] ist, deren alleiniger [X.]er das Vorstandsmitglied ist. In diesem Fall wirtschaftlicher Identität sind das Vorstandsmitglied und die ihm gehörende [X.], die letztlich nur einen organisatorisch verselbständigten Teil seines Vermögens darstellt (vgl. [X.], [X.] 2005, 193, 216), gleichzusetzen. Wirtschaftlich unterscheidet sich die Situation nicht von dem von § 112 Satz 1 [X.] eindeutig erfassten Fall, dass das Vorstandsmitglied für eine ihm gehörende Einzelfirma auftritt (vgl. [X.], [X.] 1989, 369, 374). In beiden Fällen besteht gleichermaßen die Gefahr der Befangenheit des Vorstands, da jede Entscheidung automatisch ersichtlich direkt auch die persönlichen wirtschaftlichen Interessen eines der Vorstandsmitglieder betrifft. Ohne Einbeziehung der Ein-Personen-[X.] eines Vorstandsmitglieds wäre dagegen einer Umgehung des § 112 Satz 1 [X.] und des von ihm bezweckten Schutzes der Interessen der [X.] durch Einschaltung einer solchen [X.] Tür und [X.] geöffnet.

(4) Der Senat verkennt nicht, dass § 112 Satz 1 [X.] auch der Sicherheit und Klarheit im Rechtsverkehr dienen soll (so die Begründung des [X.], [X.], Aktiengesetz 1965, [X.]). Auch das steht der Erweiterung des Anwendungsbereichs der Vorschrift jedenfalls auf [X.] nicht entgegen.

Ob eine Ein-Personen-[X.] gegeben ist, wird sich in der Regel unschwer feststellen lassen (vgl. [X.] in [X.], [X.], 3. Aufl., § 112 Rn. 11). Auch der Aktiengesellschaft dürfte in der Regel bekannt sein, wenn ihr Vertragspartner nur einen [X.]er hat und es sich hierbei um eines ihrer Vorstandsmitglieder handelt, zumal das Vorstandsmitglied zum angemessenen Umgang mit Interessenkonflikten verpflichtet ist und im Hinblick auf § 88 Abs. 1 [X.] die [X.] über den Betrieb einer Ein-Personen-[X.] ins Bild zu setzen hat (vgl. [X.][X.], [X.], 1853, 1856).

Ob dies aus Gründen der Rechtssicherheit anders zu beurteilen ist, wenn das Vorstandsmitglied nicht Alleingesellschafter, sondern nur maßgeblich oder beherrschend an der anderen [X.] beteiligt ist, bedarf im vorliegenden Fall, in dem das Vorstandsmitglied Alleingesellschafter der anderen [X.] ist, keiner Entscheidung. Gleiches gilt für die weiter von der Revision aufgeworfene Frage, ob ein unter § 112 Satz 1 [X.] zu fassender Fall "wirtschaftlicher Identität" auch dann anzunehmen ist, wenn das Vorstandsmitglied nur über sämtliche Vermögens-, nicht aber auch über sämtliche Verwaltungsrechte verfügt oder aber nur eine mittelbare/[X.]handbeteiligung vorliegt.

(5) Auch der Einwand, eine Erweiterung des § 112 Satz 1 [X.] über seinen Wortlaut hinaus stelle einen ungerechtfertigten Eingriff in das gesetzliche Kompetenzgefüge dar und gehe deutlich über die dem Aufsichtsrat nach § 111 Satz 1 [X.] zukommende Überwachungs- und Kontrollfunktion hinaus (vgl. [X.]/[X.] in Großkomm. [X.], 3. Aufl., § 112 Rn. 43; [X.], [X.] 2002, 297, 301), gibt keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung. Zutreffend ist, dass bei der Erweiterung des § 112 Satz 1 [X.] auf [X.] ein Widerspruch zu § 111 Abs. 4 Satz 1 [X.] entsteht, da dem Aufsichtsrat danach keine Maßnahmen der Geschäftsführung übertragen werden können. Dieser Widerspruch ist aber in § 112 Satz 1 [X.] angelegt und in Abwägung mit der andernfalls eröffneten Möglichkeit einer Umgehung der Norm und ihres Schutzzwecks hinzunehmen (vgl. [X.] in [X.], [X.], 3. Aufl., § 112 Rn. 11; [X.][X.], [X.], 1853, 1856).

(6) Schließlich lässt sich gegen eine Erweiterung des § 112 Satz 1 [X.] auch nicht einwenden, der Schutz vor Umgehungen in Fällen wirtschaftlicher Identität lasse sich hinreichend durch eine vertragliche Verpflichtung des einzelnen Vorstandsmitglieds zur Aufklärung über einen Interessenkonflikt und durch einen allgemeinen Zustimmungsvorbehalt des Aufsichtsrats nach § 111 Abs. 4 Satz 2 [X.] für Geschäfte mit dem Vorstand nahestehenden Personen oder [X.]en sicherstellen (so [X.]/[X.] in Großkomm. [X.], 3. Aufl., § 112 Rn. 43; [X.], [X.] 2013, 668, 684 f.; ferner Hambloch-Gesinn/Gesinn in [X.], [X.], 3. Aufl., § 112 Rn. 7). Beide Möglichkeiten haben nicht die gleiche Wirkung wie § 112 Satz 1 [X.], durch den - unabhängig davon, ob ein Verstoß gegen § 112 Satz 1 [X.] zur Nichtigkeit des betroffenen Rechtsgeschäfts oder nur zur Anwendung der §§ 177 ff. [X.] führt - gewährleistet ist, dass das Geschäft jedenfalls nicht ohne Genehmigung des Aufsichtsrats im Außenverhältnis wirksam wird.

Entsprechendes gilt für den Hinweis auf einen Schutz durch die Regeln über den Missbrauch der Vertretungsmacht, durch Schadensersatzansprüche gemäß § 93 [X.] oder, in besonders gravierenden Fällen, durch § 138 [X.] (vgl. [X.], [X.] 2002, 297, 302). Hierbei handelt es sich um lediglich nachträgliche Schutzinstrumente, die bereits deshalb nicht der präventiven Schutzintensität des § 112 Satz 1 [X.] gleichkommen (vgl. [X.], [X.] 2007, 801, 804).

b) Ebenfalls zutreffend hat es das Berufungsgericht für die Anwendung von § 112 Satz 1 [X.] für unerheblich gehalten, ob die Bestellung D.         zum Vorstand zeitlich vor oder erst nach der Beurkundung des [X.]s erfolgt ist.

aa) Auch insoweit ist der Wortlaut der Vorschrift zu eng und der Aufsichtsrat nicht nur gegenüber amtierenden Vorstandsmitgliedern zur Vertretung befugt, sondern auch zu Personen, die erst künftig zum Vorstand bestellt werden sollen (vgl. [X.], Urteil vom 13. Januar 1958 - II ZR 212/56, [X.]Z 26, 236 zum [X.] 1937). Das gilt jedenfalls dann, wenn es um Rechtsgeschäfte geht, die im Vorfeld der beabsichtigten Bestellung erfolgen und mit dieser in Zusammenhang stehen (vgl. [X.]/[X.], [X.], 13. Aufl., § 112 Rn. 2; [X.]/[X.] in Großkomm. [X.], 4. Aufl., § 112 Rn. 19; [X.]/[X.] in KK-[X.], 3. Aufl., § 112 Rn. 15; MünchKomm[X.]/[X.], 4. Aufl., § 112 Rn. 11; [X.] in [X.]/Stilz, [X.], 3. Aufl., § 112 Rn. 6). Andernfalls wäre auch hier einer Umgehung des von § 112 Satz 1 [X.] bezweckten Schutzes der Interessen der [X.] durch die bloße zeitliche Abfolge von Abschluss des Rechtsgeschäfts und Bestellung zum Vorstand Tür und [X.] geöffnet. Im Hinblick darauf ist die ggf. im Einzelfall bestehende Unsicherheit, ob ein Rechtsgeschäft vor der Bestellung zum Vorstand bereits unter § 112 Satz 1 [X.] zu fassen ist oder nicht, hinzunehmen.

bb) Danach ist § 112 Satz 1 [X.] hier auch dann auf den [X.] der Parteien anwendbar, wenn dieser noch vor der Bestellung D.      zum Vorstand der Klägerin beurkundet wurde. Die [X.] und die Bestellung standen nicht nur in einem engen zeitlichen Zusammenhang, sondern waren auch inhaltlich miteinander verknüpft, da die Abtretung der Geschäftsanteile durch den Abschluss des [X.] und dieser wiederum durch die Zahlung des Basiskaufpreises aufschiebend bedingt war.

c) Da die Bestellung D.      zum Vorstand am 18. September 2013 nach den [X.] und von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen wirksam war und auch keine Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit seines Vorstandsdienstvertrages vorliegen, ist nicht entscheidungserheblich, ob § 112 Satz 1 [X.] auch dann anwendbar ist, wenn das Vorstandsmitglied fehlerhaft bestellt wurde oder sein Anstellungsvertrag unwirksam ist.

Keiner Entscheidung bedarf auch die in Literatur und Rechtsprechung umstrittene Frage, ob ein Verstoß gegen § 112 Satz 1 [X.] zur Nichtigkeit des jeweiligen Rechtsgeschäfts gemäß § 134 [X.] oder zur Anwendbarkeit der §§ 177 ff. [X.] führt, da das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei und von der Revision nicht angegriffen festgestellt hat, dass der [X.] jedenfalls auch nicht durch den Aufsichtsrat genehmigt worden ist.

2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch dagegen, dass das Berufungsgericht eine Einschränkung des Rückzahlungsanspruchs der Klägerin aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 [X.] nach den Grundsätzen der Saldotheorie verneint hat.

Die Feststellung des Berufungsgerichts, dass die Klägerin keine Gegenleistung erhalten oder aus dem Vertrag Vorteile gemäß § 818 Abs. 1 [X.] gezogen hat, die sie sich nach den Grundsätzen der Saldotheorie ggf. auf ihren Rückzahlungsanspruch anrechnen lassen oder der Beklagten zurückgewähren müsste, lässt keine Rechtsfehler erkennen.

a) Eine Verpflichtung zur Rückübertragung der vom [X.] erfassten Geschäftsanteile an der [X.] scheitert daran, dass die Klägerin bei Abschluss des [X.] und damit auch bei der darin vereinbarten Abtretung der Geschäftsanteile nicht ordnungsgemäß gemäß § 112 Satz 1 [X.] vertreten worden und damit materiell-rechtlich nicht Inhaberin der Geschäftsanteile geworden ist. Das Berufungsgericht hat insoweit zutreffend angenommen, dass § 112 Satz 1 [X.] nach seinem Sinn und Zweck auch auf die Abtretungsvereinbarung anwendbar ist und eine entsprechende Anwendung des Rechtsgedankens von § 181 Halbsatz 2 [X.] bereits daran scheitert, dass das Rechtsgeschäft, dessen Erfüllung die Abtretung dienen sollte, ebenfalls wegen des [X.]s unwirksam ist. Dies wird von der Revision auch nicht in Frage gestellt.

b) Entgegen der Revision ist aufgrund der [X.] Feststellungen des Berufungsgerichts aber auch davon auszugehen, dass die Klägerin aus dem [X.] bzw. als formell legitimierter Listengesellschafter gemäß § 16 Abs. 1 GmbHG aus den Beteiligungen keine Vorteile gezogen hat, die im Rahmen der Saldotheorie anspruchsmindernd zu berücksichtigen wären.

aa) Das Berufungsgericht hat hierzu im Rahmen der Prüfung, ob die Berufung der Klägerin auf den [X.] gegen [X.] und Glauben (§ 242 [X.]) verstößt, nicht nur - wie die Revision meint - festgestellt, dass die Klägerin aus dem Vertrag keine Vorteile über einen längeren Zeitraum hinweg gezogen habe. Vielmehr hat das Berufungsgericht damit das Vorliegen jeglicher „nennenswerter“ Vorteile, mithin auch zeitlich punktuell erworbener Vorteile verneint.

bb) Hierbei hat das Berufungsgericht auch weder die Anforderungen an die Substantiierung des [X.] überspannt, noch ein erhebliches Beweisangebot der Beklagten übergangen.

(1) Auch bei Anwendung der Saldotheorie obliegt dem [X.] die Darlegungs- und Beweislast für eine die Bereicherung mindernde Position, d.h. auch für etwaige zu verrechnende anspruchsmindernde Nutzungen. Das folgt aus dem allgemeinen Grundsatz, dass derjenige, der eine Entreicherung geltend macht, auch die Beweislast für deren Voraussetzungen trägt. Kann der [X.] dieser Beweislast mangels eigener Wahrnehmungsmöglichkeit nicht entsprechen, muss der Bereicherungsgläubiger - soweit zumutbar - die nur pauschal behauptete Nutzung substantiiert bestreiten (vgl. [X.], Urteil vom 25. Oktober 1989 - [X.], [X.]Z 109, 139, 147 f.; Urteil vom 10. Februar 1999 - [X.], NJW 1999, 1181, 1182; [X.]/[X.], [X.], Neubearbeitung 2007, § 818 Rn. 48).

(2) Der ihr danach obliegenden Darlegungslast hat die Beklagte nicht genügt.

Die Beklagte verweist insoweit ohne Erfolg auf ihre erstinstanzliche Behauptung, der von der Klägerin zurückgeforderte Kaufpreis sei in bar auf dem Konto der [X.] verfügbar gewesen, so dass die Klägerin für die Zahlung des Kaufpreises keine eigenen liquiden Mittel habe aufwenden müssen, sondern sich hierfür aus dem Vermögen der [X.] bedient habe. Auch wenn man diesem Vortrag - der Revision insoweit folgend - die Behauptung einer verdeckten Gewinnausschüttung an die Klägerin in Höhe des gezahlten Barkaufpreises entnimmt, ist die Klägerin diesem Vorbringen jedoch bereits in erster Instanz substantiiert dahingehend entgegengetreten, dass die d.      GmbH den Kaufpreis weder gezahlt noch wirtschaftlich getragen habe und weder vor noch bei Abschluss des Vertrages annähernd über ausreichende Mittel verfügt habe, um sie - die Klägerin - bei der Finanzierung des Kaufpreises zu unterstützen. Hierauf hat die Beklagte in erster Instanz nicht mehr reagiert und auch in der Berufungsinstanz lediglich pauschal behauptet, die Klägerin habe über eineinhalb Jahre mit den Anteilen der [X.] gewirtschaftet und damit erhebliche Vorteile gezogen, ohne näher anzugeben, um was für Vorteile es sich hierbei handeln sollte.

Das reicht für eine substantiierte Darlegung des behaupteten Vorteils der Klägerin nicht aus. Der Beklagten hätte es oblegen, zu den substantiierten Einwänden der Klägerin konkret Stellung zu nehmen. Das gilt insbesondere für den Einwand, die [X.] habe zum damaligen Zeitpunkt nicht über genügend Mittel zur Finanzierung des Kaufpreises verfügt und die Klägerin habe dementsprechend auch nicht auf derartige Mittel zugegriffen. Da der Geschäftsführer der Beklagten bis einschließlich März 2015 selbst noch Geschäftsführer der [X.] war, müssten ihr nähere Angaben dazu auch noch möglich gewesen sein.

Mangels substantiierten Vortrags der Beklagten war das Berufungsgericht daher auch nicht gehalten, ihren Beweisantritten zu der angeblichen Vorteilsziehung der Klägerin nachzugehen.

[X.]     

      

Sunder     

      

Bernau

      

B. Grüneberg     

      

von [X.]     

      

Berichtigungsbeschluss vom 19. Februar 2019

Das Urteil vom 15. Januar 2019 wird gemäß § 319 Abs. 1 ZPO wegen offenbarer Unrichtigkeit dahin berichtigt, dass es in Randnummer 21 der Entscheidungsgründe in Zeile 13 statt "zu § 114 ZPO" richtig "zu § 114 [X.]" heißen muss.

[X.]     

      

Wöstmann     

      

Sunder

      

Grüneberg     

      

von [X.]     

      

Meta

II ZR 392/17

15.01.2019

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Dresden, 29. März 2017, Az: 13 U 1804/16

§ 112 S 1 AktG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.01.2019, Az. II ZR 392/17 (REWIS RS 2019, 11507)

Papier­fundstellen: MDR 2019, 617-618 WM2019,542 NJW 2019, 1677 REWIS RS 2019, 11507

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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