Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.09.2020, Az. 4 StR 44/20

4. Strafsenat | REWIS RS 2020, 1997

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Gegenstand

Versuchte sexuelle Nötigung: Versuchsbeginn bei mittelbarer Täterschaft und geplantem Irrtum des Tatmittlers


Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 30. Oktober 2019 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der [X.] keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Ergänzend bemerkt der Senat:

Die Feststellungen tragen auch im Fall II.2 der Urteilsgründe den Schuldspruch wegen in mittelbarer [X.]chaft begangener versuchter sexueller Nötigung im Sinne des § 177 Abs. 1 StGB (a.F).

Dabei kann der Senat offen lassen, ob die Feststellungen die tatgerichtliche Annahme tragen, dass der [X.] die Schwelle zum Versuch überschritt, indem er an der Haustür des Mehrfamilienhauses klingelte, um das Tatopfer nach Betreten der Wohnung in der irrigen Vorstellung einvernehmlichen Handelns im Rahmen eines „Vergewaltigungsrollenspiels“ sexuell zu nötigen. Es bleibt unklar, ob nach dem insoweit maßgeblichen Vorstellungbild des [X.]s mit der Betätigung der Klingel bereits die Schwelle zum „jetzt geht es los“ überschritten und ein weiterer [X.]ensimpuls zur Umsetzung des Tatentschlusses nicht mehr erforderlich war (vgl. [X.], Urteile vom 10. August 2016 ‒ 2 StR 493/15, [X.], 441, 442; vom 9. August 2011 ‒ 1 StR 194/11, [X.], 85, und vom 22. April 1999 ‒ 4 StR 76/99, [X.], 395).

Die Feststellungen belegen jedoch, dass der als mittelbarer Täter im Sinne des § 25 Abs. 1 StGB handelnde Angeklagte die Schwelle zum Versuch bereits überschritten hatte.

[X.] der Täter die Tat nicht selbst, sondern durch einen Dritten begehen (§ 25 Abs. 1 StGB), so liegt ein unmittelbares Ansetzen zur Tat im Sinne des § 22 StGB regelmäßig vor, wenn der Täter seine Einwirkung auf den [X.] abgeschlossen hat und dieser die Tathandlung nach den insoweit maßgeblichen Vorstellungen des [X.] in engem Zusammenhang mit dem Abschluss der Einwirkung vornehmen soll, das geschützte Rechtsgut daher aus Sicht des [X.] bereits in diesem Zeitpunkt gefährdet ist (vgl. [X.], Urteile vom 23. Oktober 2019 - 2 StR 139/19, NJW 2020, 559, 560; vom 12. Juli 2000 - 2 StR 43/00; vom 13. September 1994 - 1 [X.], [X.]St 40, 257, 268 f.; vom 26. Januar 1982 - 4 StR 631/81, [X.]St 30, 363, 365; Beschluss vom 6. Februar 2014 - 1 StR 577/13, [X.], 29, 32).

Gemessen hieran belegen die Feststellungen ein unmittelbares Ansetzen des Angeklagten zur Tatbestandsverwirklichung. Der Angeklagte hatte seine Einwirkung auf den [X.] abgeschlossen, indem er am Vortag ‒ sich als das Tatopfer ausgebend ‒ mit dem [X.] ein konkretes Treffen für die Umsetzung des vermeintlichen sexuellen Rollenspiels für den Folgetag verabredete. Am folgenden Tag führte der Angeklagte den Chatverkehr mit dem [X.] fort und war sich dabei bewusst, dass der [X.] das Tatopfer aufgrund der bereits am Vortag getroffenen Verabredung nunmehr zeitnah aufsuchen und die vermeintlich einvernehmliche „Vergewaltigung“ vollziehen werde. Nach der Vorstellung des Angeklagten sollte die Tathandlung daher in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschluss seiner Einwirkung auf den [X.] durchgeführt werden; hierin lag ‒ auch nach der Vorstellung des Angeklagten ‒ bereits eine unmittelbare Gefährdung des geschützten Rechtsguts.

Sost-Scheible     

        

Quentin     

        

Bartel

        

Sturm      

        

Lutz      

        

Meta

4 StR 44/20

08.09.2020

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Stendal, 30. Oktober 2019, Az: 502 KLs 4/19

§ 22 StGB, § 25 Abs 1 StGB, § 177 StGB vom 13.11.1998

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.09.2020, Az. 4 StR 44/20 (REWIS RS 2020, 1997)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 1997

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