5. Senat | REWIS RS 2017, 6945
STEUERRECHT STEUERN BUNDESFINANZHOF (BFH) UMSATZSTEUER OKTOBERFEST Hinzufügen
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Wiesnbrezn auf dem Oktoberfest
Die Abgabe von Brezeln ("Wiesnbrezn") in Festzelten durch einen vom Festzeltbetreiber personenverschiedenen Unternehmer unterliegt dem ermäßigten Steuersatz .
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 22. Februar 2017 3 K 2670/14 aufgehoben.
Der Umsatzsteuerbescheid 2012 vom 7. Januar 2014 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 9. September 2014, geändert durch den Bescheid vom 6. August 2015 und der Umsatzsteuerbescheid 2013 vom 27. Mai 2015 geändert durch den Bescheid vom 6. August 2015 und vom 24. August 2015 werden dahingehend geändert, dass die Umsatzsteuer 2012 auf ... € und die Umsatzsteuer 2013 ... € festgesetzt wird.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat das Finanzamt zu tragen.
I.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) pachtete in den Streitjahren 2012 und 2013 Verkaufsstände in Festzelten während des Oktoberfestes zum Verkauf von [X.] (bayerisch: "Brezen") an Besucher der Festzelte. Dabei handelte es sich ausschließlich um sog. "Wiesnbrezn". Sie setzte dabei sog. "[X.]" ein. Die Klägerin ging von der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes aus. Im [X.] an eine Umsatzsteuersonderprüfung war der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) der Auffassung, dass der Verkauf von [X.] in den Festzelten umsatzsteuerrechtlich dem Regelsteuersatz unterliege, da der Klägerin die die Bewirtung fördernde, von den [X.] bereitgestellte Infrastruktur bestehend aus Zelt mit Biertischgarnituren und Musik zuzurechnen sei, und änderte mit Bescheid vom 7. Januar 2014 die [X.] 2012 gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung.
Ebenso änderte das [X.] die Vorauszahlungsbescheide 2013/III und [X.] Das [X.] ging auch in den (geänderten) [X.] 2012 und 2013 vom 6. August 2015 sowie im Änderungsbescheid für 2013 vom 24. August 2015 von der Anwendung des Regelsteuersatzes aus.
Einspruch und Klage zum Finanzgericht ([X.]) hatten keinen Erfolg.
Das [X.] begründete sein in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2017, 873 veröffentlichtes Urteil damit, dass der Verkauf von Backwaren in Festzelten durch die Klägerin und ihre [X.] unter Berücksichtigung von Art. 6 der Durchführungsverordnung ([X.]) Nr. 282/2011 des Rates vom 15. März 2011 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/[X.] über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStVO) und der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) zur Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/[X.] (MwStSystRL) dem Regelsteuersatz unterliege. Die Klägerin habe sich die Nutzungsmöglichkeit der Festzelte gegen Entgelt einräumen lassen. Ihr seien deshalb die Verzehrvorrichtungen der Bierzeltbetreiber zuzurechnen. Zu berücksichtigen sei, dass der [X.] ([X.]) zwar seine Rechtsprechung zum [X.] (UStG) aufgegeben habe, nach der Verzehrvorrichtungen eines [X.] für das Vorliegen einer sonstigen Leistung sprächen, wenn diese auch im Interesse des leistenden Unternehmers zur Verfügung gestellt werden. Leiste der Dritte jedoch an den Unternehmer und dieser wiederum an den Kunden, handele es sich um ein Dienstleistungselement des speiseabgebenden Unternehmers, das im Rahmen der Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen sei.
Die in den Festzelten von den [X.] bereitgestellten Verzehrvorrichtungen (Biertische und Bierbänke) seien der Klägerin zuzurechnen, auch wenn sich diese nicht in ihrem Eigentum befunden haben. Die Nutzungsmöglichkeit der Biertische und Bierbänke sei keine unbeachtliche Leistung eines [X.], denn die Klägerin habe sich in den jeweiligen Verträgen mit den [X.] das Recht zum Verkauf in diesen Festzelten und damit die Nutzungsmöglichkeit der dort von den [X.] bereitgehaltenen Verzehrmöglichkeiten gegen Entgelt einräumen lassen. Die Klägerin habe damit auch das Recht erworben, die in den jeweiligen Festzelten aufgestellten Bierbänke und -tische insgesamt durch ihre Kunden nutzen zu lassen. Dieses Mobiliar sei [X.] als im [X.] dazu bestimmt, den Kunden den Verzehr der von der Klägerin erworbenen Backwaren möglicherweise zu erleichtern. Des Weiteren seien der Klägerin auch das Musikangebot in den Festzelten sowie der eventähnliche Charakter als zusätzliche Dienstleistungen zuzurechnen. Schließlich stelle sich der Verkauf der [X.] aus Sicht der Verbraucher auch als eine Ergänzung des Getränke- und Speiseangebots der Festzeltbetreiber dar.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision. Sie habe nur Verkaufsstände angemietet oder gepachtet. Keiner der Verträge habe vorgesehen, dass sie ihren Kunden Bierbänke oder Biertische zur Nutzung überlassen könne. Die Festzeltbetreiber hätten auch selbst [X.] verkauft. Sie habe nur Standardprodukte ohne Kellnerservice und ohne Bedienung geliefert. Leistungen anderer Unternehmer seien nicht zu berücksichtigen. Geschirr oder Besteck seien nicht überlassen worden. Die Bereitstellung der Bierzeltgarnituren sei durch die Festzeltbetreiber erfolgt. Sie habe diese nicht zur Nutzung zur Verfügung gestellt. Sie habe sich an den Betriebskosten des [X.] nicht beteiligt. Ihre Leistungen haben sich von denen der Festzeltbetreiber deutlich unterschieden. Die Annahme, ihre Kunden hätten die Bierzeltgarnituren auch ohne Leistungsbezug vom jeweiligen Festzeltbetreiber benutzen dürfen, sei völlig wirklichkeitsfremd. Der Festzeltbetreiber und sein Personal würden dies durch die Ausübung des Hausrechts verhindern. Der Durchschnittsverbraucher benötige zudem zum Verzehr einer Brezel weder eine Bank noch einen Tisch.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des [X.] aufzuheben und die Umsatzsteuer unter Änderung des [X.] vom 6. August 2015 und den Umsatzsteuerbescheid 2013 vom 24. August 2015 auf ... € (2012) und ... € (2013) festzusetzen.
Das [X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Backwaren seien ausschließlich von den "[X.]n" angeboten worden. Der jeweilige Stand habe nur dazu gedient, Ware zu lagern und an die [X.] auszugeben. Für das Recht zum Verkauf der Backwaren habe die Klägerin den Wirten hohe fünfstellige Beträge gezahlt. Der Klägerin seien die Verzehrvorrichtungen (Bierzeltgarnituren) zuzurechnen, auch wenn die Verträge zwischen der Klägerin und den [X.] hierfür keine ausdrücklichen Regelungen enthalten hätten. Bereits aus dem Verkauf an den [X.] ergebe sich ein entscheidendes Dienstleistungselement. Es liege aus [X.] eine gemeinsame Leistung von Klägerin und Festzeltbetreiber vor.
II.
Auf die Revision der Klägerin ist das Urteil des [X.] aufzuheben. Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 2012 und 2013 sind im beantragten Umfang zu ändern (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Entgegen dem Urteil des [X.] unterliegt die Abgabe von [X.] in Festzelten durch einen vom Festzeltbetreiber personenverschiedenen Unternehmer dem ermäßigten Steuersatz, da es sich um eine Lieferung, nicht aber um eine sonstige Leistung handelt. Für die vom [X.] angenommene Zurechnung der im Festzelt vorhandenen Verzehrvorrichtungen besteht keine Rechtsgrundlage.
1. Lieferungen eines Unternehmers sind gemäß § 3 Abs. 1 UStG Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen [X.] befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen. Sonstige Leistungen sind nach § 3 Abs. 9 UStG Leistungen, die keine Lieferungen sind.
Unionsrechtlich beruhen diese Vorschriften auf Art. 14 Abs. 1 und Art. 24 Abs. 1 MwStSystRL. Als Lieferung von Gegenständen gilt danach die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen, als Dienstleistung gilt jeder Umsatz, der keine Lieferung von Gegenständen ist.
Zudem ist Art. 6 MwStVO zu berücksichtigen. Nach Abs. 1 gilt die Abgabe zubereiteter oder nicht zubereiteter Speisen und/ oder von Getränken, zusammen mit ausreichenden unterstützenden Dienstleistungen, die deren sofortigen Verzehr ermöglichen, als Restaurant- und Verpflegungsdienstleistung. Die Abgabe von Speisen und/oder Getränken ist dabei nur eine Komponente der gesamten Leistung, bei der der Dienstleistungsanteil überwiegt. Restaurantdienstleistungen sind die Erbringung solcher Dienstleistungen in den Räumlichkeiten des [X.] und Verpflegungsdienstleistungen sind die Erbringung solcher Dienstleistungen an einem anderen Ort als den Räumlichkeiten des [X.]. Nach Abs. 2 gilt die Abgabe von zubereiteten oder nicht zubereiteten Speisen und/oder Getränken mit oder ohne Beförderung, jedoch ohne andere unterstützende Dienstleistungen, nicht als Restaurant- oder Verpflegungsdienstleistung. Art. 65 MwStVO ordnet die Anwendung dieser Regelungen ab 1. Juli 2011 an.
2. Die Abgabe von Nahrungsmitteln und Speisen kann sowohl im Rahmen einer Lieferung als auch als sonstige Leistung erfolgen.
a) Bei der Abgrenzung zwischen Lieferung und sonstiger Leistung ist nach der Rechtsprechung von [X.] und [X.] auf die Sicht des [X.] abzustellen. Maßgebend ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände, unter denen der Umsatz erfolgt. Im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung ist die qualitative und nicht nur die quantitative Bedeutung der Dienstleistungselemente im Vergleich zu den Elementen einer Lieferung zu bestimmen ([X.]-Urteil vom 30. Juni 2011 V R 18/10, [X.]E 234, 496, [X.], 246, unter [X.] unter Bezugnahme auf [X.]-Urteil [X.] u.a. vom 10. März 2011 [X.]/09, [X.]/09, [X.]/09 und [X.]/09, [X.]:[X.], [X.], 256, Rz 62).
Soweit für den Verzehr Mobiliar wie Sitz- und Tischeinrichtungen zur Verfügung steht, ist zu berücksichtigen, dass das bloße Vorhandensein von Mobiliar, das nicht ausschließlich dazu bestimmt ist, den Verzehr von Lebensmitteln möglicherweise zu erleichtern, nicht als Dienstleistungselement angesehen werden kann, das geeignet wäre, dem Umsatz insgesamt die Eigenschaft einer Dienstleistung zu verleihen. Es sind nur die Verzehrvorrichtungen zu berücksichtigen, die vom Leistenden ausschließlich dazu bestimmt werden, den Verzehr von Lebensmitteln möglicherweise zu erleichtern ([X.]-Urteil in [X.]E 234, 496, [X.], 246, unter [X.] [X.] unter Bezugnahme auf [X.]-Urteil [X.] u.a., [X.]:[X.], [X.], 256, Rz 62 und 73).
Der erkennende Senat hat dabei seine Rechtsprechung aufgegeben, nach der Verzehrvorrichtungen eines [X.] berücksichtigt werden können, wenn diese auch im Interesse des leistenden Unternehmers zur Verfügung gestellt waren ([X.]-Urteil in [X.]E 234, 496, [X.], 246, unter [X.] aa). Dementsprechend hat der erkennende Senat auch entschieden, dass für die Abgrenzung, ob ein Unternehmer mit einem Partyservice Lieferungen ausgeführt oder sonstige Leistungen erbracht hat, die Gestellung von Geschirr und Besteck durch einen anderen Unternehmer grundsätzlich nicht zu berücksichtigen ist ([X.]-Urteil vom 11. April 2013 V R 28/12, [X.]/NV 2013, 1638, unter [X.]).
b) Hieran hat sich durch Art. 6 MwStVO nichts geändert. Soweit es danach für die Annahme einer Dienstleistung (sonstigen Leistung) auf ausreichende unterstützende Dienstleistungen ankommt, die zu einem überwiegenden Dienstleistungsanteil führen, entspricht dies der qualitativen Betrachtungsweise der bisherigen Rechtsprechung. Das Erfordernis des [X.] führt dazu, dass vergleichsweise geringfügige [X.] die Annahme sonstiger Leistungen nicht rechtfertigen. Dass nur [X.] des leistenden Unternehmers Berücksichtigung finden, ergibt sich auch unter Berücksichtigung der Neuregelung daraus, dass die Speisen- und Getränkeabgabe als "eine komplexe einheitliche Leistung" anzusehen ist ([X.]-Urteil [X.] u.a., [X.]:[X.], [X.], 256, Rz 56 und 61), die ein [X.] an einen Empfänger erbringt (ständige [X.]-Rechtsprechung, vgl. z.B. [X.]-Urteil vom 4. Februar 2015 XI R 14/14, [X.]E 250, 240, [X.], 908, unter [X.], und vom 14. Mai 2014 XI R 13/11, [X.]E 245, 424, [X.], 734, unter [X.] [X.]). Somit ist es unerheblich, ob Art. 6 MwStVO auch für eine Steuerentstehung bereits vor seinem Inkrafttreten von Bedeutung sein kann.
3. Danach hat im Streitfall das Urteil des [X.] keinen Bestand. Der Verkauf von [X.] an Abnehmer, die im Rahmen einer von einem anderen Unternehmer erbrachten Leistung an von diesen zur Verfügung gestellten Tischen sitzen, begründet entgegen dem Urteil des [X.] nicht die Annahme einer sonstigen Leistung anstelle einer Lieferung.
a) Nach den vom [X.] getroffenen und für den Senat bindenden Feststellungen des [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O) befanden sich in den Festzelten sog. Bierzeltgarnituren bestehend aus Tischen und Bänken, die der jeweilige Betreiber des [X.] aufgestellt hatte, um seine eigenen Gastronomieumsätze durch die entgeltliche Abgabe von Getränken und Speisen zu fördern. Damit handelte es sich zum einen um Verzehrvorrichtungen eines [X.], die für die Frage, ob die Klägerin Lieferungen oder sonstige Leistungen erbracht hat, grundsätzlich nicht zu berücksichtigen sind. Zum anderen ist aufgrund dieser eigenunternehmerischen Nutzung der Verzehrvorrichtungen durch die Festwirte auch ausgeschlossen, dass diese die Verzehrvorrichtungen an die Klägerin für den Absatz ihrer [X.] überlassen haben, um sich hierdurch einer Nutzung für eigene Zwecke zu begeben.
b) Damit kommt eine Berücksichtigung der Verzehrvorrichtungen bei der Prüfung, ob die Klägerin [X.] geliefert oder im Rahmen einer sonstigen Leistung abgegeben hat, nur dann in Betracht, wenn ihr der Art nach ein Mitbenutzungsrecht an diesen Verzehrvorrichtungen zugestanden hat. Selbst die Finanzverwaltung geht davon aus, dass es sich um ein "[X.]" durch den Leistenden handeln muss, so dass übertragen auf den Streitfall zuerst der Festwirt die Bierzeltgarnituren der Klägerin und dann die Klägerin den [X.] die Sitzmöglichkeit am Tisch zur Verfügung stellt (vgl. Abschn. 3.6 Abs. 4 Satz 12 und Abs. 5 Satz 5 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses).
Davon ist im Streitfall indes nicht auszugehen. Denn die Klägerin hat keine Verfügungs- oder Dispositionsmöglichkeit an den Bierzeltgarnituren in dem Sinne erlangt, dass sie [X.]n Sitzplätze im Festzelt zuweisen konnte. Zudem ist nicht davon auszugehen, dass Personen, die ausschließlich [X.] von der Klägerin erwarben, zur Nutzung der Bierzeltgarnituren auch dann berechtigt waren, wenn sie keine zusätzlichen Leistungen des Festzeltbetreibers für den Erwerb von dessen Getränken und Speisen in Anspruch nahmen. Damit bestand für die Klägerin und ihre Kunden unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Realität im Festzelt nur die Möglichkeit einer bloßen Mitbenutzung der Sitzgelegenheiten mit Tisch im Rahmen eines Getränke- und Speisenbezugs vom Festzeltbetreiber. Die Leistung der Klägerin ist daher nur als Abrundung eines gastronomischen Angebots der Festwirte durch einen vom Festwirt personenverschiedenen Unternehmer anzusehen, nicht aber als eigene --die Annahme einer Lieferung verdrängende-- Restaurant- oder Verpflegungsdienstleistung der Klägerin.
c) Darüber hinaus handelte es sich bei [X.] um eine Standardspeise einfachster Art, die keinerlei über den bloßen Herstellungsvorgang hinausgehendes Zubereitungselement wie etwa ein Warmhalten für den Verzehr aufwies. Für ihren Verzehr bedurfte es zudem keiner Art von Hilfsvorrichtung. Dies gilt auch für "[X.]". Es kommen keinerlei Behältnisse zum Einsatz, deren Verwendung wie z.B. beim Verzehr von Bratwürsten, Popcorn oder Nachos durch Ablagemöglichkeiten erleichtert wird. Das Vorhandensein einer Verzehrvorrichtung als dienstleistungsartiges Hilfsinstrument für die Annahme einer Dienstleistung ist somit zu vernachlässigen, da die konkret vorhandenen Vorrichtungen für den Verzehr des Gegenstandes nach allgemeinen Gepflogenheiten nicht notwendig sind und dem Mobiliar damit die hinreichende Eignung fehlt, den Verzehr solcher Lebensmittel zu erleichtern (vgl. [X.]-Urteil [X.] u.a., [X.]:[X.], [X.], 256, Rz 73).
Ebenso ändert sich die steuerrechtliche Beurteilung nicht durch den vom [X.] angeführten "Eventcharakter" im Bierzelt durch den Einsatz von Blasmusikkapellen etc. Die Beschallung durch einen anderen Unternehmer beim Brezelverzehr führt nicht zu einer Umqualifizierung in eine sonstige Leistung.
d) Der erkennende Senat ist bei der Würdigung, ob die Leistung der Klägerin als Lieferung oder sonstige Leistung anzusehen ist, nicht an die anderslautende Entscheidung der Vorinstanz gebunden.
Zwar ist die im vorliegenden Fall vorzunehmende Gesamtbetrachtung (s. oben [X.]), ob eine einheitliche Leistung vorliegt, im Wesentlichen das Ergebnis einer tatsächlichen Würdigung durch das [X.] (vgl. z.B. [X.]-Urteil vom 17. April 2008 V R 39/05, [X.]/NV 2008, 1712, unter II.2.d und 3.b). Es ist aber anerkannt, dass der [X.] im Rahmen der revisionsrechtlichen Nachprüfung der Auslegung von Verträgen durch das [X.] auch nachzuprüfen hat, ob das [X.] die für die Auslegung bedeutsamen Begleitumstände, insbesondere die Interessenlage der Beteiligten erforscht und zutreffend gewürdigt hat (vgl. [X.]-Urteile vom 19. Oktober 2001 V R 75/98, [X.]/NV 2002, 547, unter [X.]; vom 31. Juli 2002 [X.], [X.]E 200, 504, [X.] 2003, 282, unter [X.]; vom 11. Januar 2005 IX R 15/03, [X.]E 209, 77, [X.] 2005, 477, unter [X.] aa). Entsprechendes gilt für die hier vorzunehmende umsatzsteuerrechtliche Beurteilung einer Leistung als Lieferung oder sonstige Leistung (ebenso zur Beurteilung eines Leistungsbündels aus der Sicht eines [X.] [X.]-Urteil vom 10. Februar 2010 XI R 49/07, [X.]E 228, 456, [X.] 2010, 1109, unter II.3.c).
e) Die Einwendungen des [X.] hiergegen greifen nicht durch.
Soweit das [X.] im Verkauf an den [X.] ein Dienstleistungselement sieht, genügt dies für die Annahme einer sonstigen Leistung ebenso wenig wie bei einem Lieferdienst für Speisen.
Ohne Erfolg macht das [X.] geltend, dass eine gemeinsame Leistung von Klägerin und Festzeltbetreiber, die gemeinsam gegenüber [X.] tätig seien, vorliege. Denn wäre dies der Fall, müsste das [X.] die Steuerbescheide gegen die Klägerin und den jeweiligen Festzeltbetreiber aufheben und die Umsätze als Leistungen einer zwischen diesen bestehenden Personengesellschaft ansehen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der vom [X.] betonten Empfängersicht. Gegen diese spricht bereits, dass die Klägerin und die Festzeltbetreiber die Entgelte für ihre jeweiligen Leistungen für die [X.] eindeutig erkennbar gesondert vereinnahmten.
4. Die Sache ist spruchreif. Mangels anderer Umstände als der unbeachtlichen Zurechnung der sog. Infrastruktur der Festzeltbetreiber liegen im Streitfall keine Dienstleistungselemente vor, die gegen die Annahme von Lieferungen sprechen könnten. Da es sich zudem um die Lieferungen von Gegenständen handelte, die nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Anlage 2 Nr. 31 UStG als "Zubereitungen aus Getreide, Mehl, Stärke oder Milch; Backwaren" dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, ist der Klage stattzugeben.
5. [X.] beruht auf § 135 Abs. 1 [X.]O.
Meta
03.08.2017
Urteil
vorgehend FG München, 22. Februar 2017, Az: 3 K 2670/14, Urteil
§ 3 Abs 1 UStG 2005, § 3 Abs 9 UStG 2005, Art 14 Abs 1 EGRL 112/2006, Art 24 Abs 1 EGRL 112/2006, Art 6 EUV 282/2011, § 12 Abs 1 UStG 2005, § 12 Abs 2 Nr 1 UStG 2005, § 12 Anl 1 Nr 31 UStG 2005, UStG VZ 2012, UStG VZ 2013
Zitiervorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 03.08.2017, Az. V R 15/17 (REWIS RS 2017, 6945)
Papierfundstellen: REWIS RS 2017, 6945
Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.
Bundesfinanzhof, V R 15/17, 03.08.2017.
FG München, 3 K 2670/14, 22.02.2017.
FG München, 3 K 2670/14, 22.02.2017.
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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„Steckerlfisch“-Verkauf in einem traditionellen bayerischen Biergarten als Dienstleistung
14 K 2036/16 (Finanzgericht München)
Abgrenzung Lieferung und sonstige Leistung bei der Abgabe von Speisen
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