Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.09.2016, Az. IX ZR 151/14

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 5741

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:080916UIXZR151.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
IX
ZR 151/14

Verkündet am:

8. September 2016

Kirchgeßner

Amtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 134 Abs. 1, § 143 Abs. 2 Satz 2
a)
Sind dem [X.] Umstände bekannt, die mit auffallender Deutlichkeit dafür sprechen und deren Kenntnis auch einem Empfänger mit durchschnittlichem Erkenntnisvermögen ohne gründliche Überlegung die Annahme nahe legt, dass die Befriedigung der Gläubiger infolge der Freigiebigkeit verkürzt ist, muss er den Umständen nach wissen, dass die empfangene Leistung die Gläubiger benachtei-ligt.

b)
Die Kenntnis des [X.]s muss sich über die Zugehörigkeit der emp-fangenen unentgeltlichen Leistung zu der den Gläubigern haftenden [X.] hinaus nicht auf weitere Umstände erstrecken.

[X.], Urteil vom 8. September 2016 -
IX ZR 151/14 -
O[X.]

[X.]

-

2

-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat
auf die mündliche Verhandlung vom 8. September
2016
durch [X.] [X.], die Richterin [X.], die
Richter
Prof.
[X.], [X.] und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 17. Dezember 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Verwalter in dem auf Antrag vom 9. Oktober 2009 am 8.
April 2010 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der S.

Betriebsgesellschaft mbH (nachfolgend: Schuldnerin).

Die Finanzverwaltung des beklagten
[X.]es beantragte erstmals am 19.
Februar 2009 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Geschäftsführers und Alleingesellschafters der Schuldnerin,
N.

S.

, aufgrund rückständiger
Steuerforderungen
in Höhe von 43.599,95

Am 31. März
2009 überwies S.

einen

mit der Angabe "Darlehen"
als Verwendungszweck sowie eine
als "Stammeinlage"
be-1
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zeichnete Summe

uf das Konto der Schuldnerin. Am selben Tag überwies
die Schuldnerin

f die Steuerschuld
ihres Alleingesellschafters.
Dieser legte dem beklagten [X.] an-schließend eine den Überweisungsvorgang abbildende Bankbestätigung vor, auf welcher der Gesellschaftszusatz der
Schuldnerin
nur unvollständig abge-druckt war. Daraufhin erklärte der [X.] am 1. April 2009 den [X.] für erledigt.

Nachdem auf Antrag vom 9. April 2010 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des S.

eröffnet
worden war, forderte die in jenem Verfahren bestellte Verwalterin von dem beklagten [X.] die Rückgewähr
der
am 31. März 2009 geleisteten Zahlungen
unter dem Gesichtspunkt der
Vorsatzanfechtung. Der [X.] zahlte daraufhin am 22. März 2011 einen Betrag in Höhe von an die Verwalterin.

Der Kläger hat
den [X.]n zunächst auf Rückgewähr der seitens der Schuldnerin geleisteten Zahlung

aus § 134 Abs. 1
[X.] in Anspruch
genommen. Das [X.]gericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die auf Rückzahlung eines Betrages von nunmehr 23.000

gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der von dem [X.] zugelassenen Re-vision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des [X.]
hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des [X.] Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].
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-

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Ein Anspruch des [X.] auf Zah-

134
Abs. 1, § 143 [X.] scheide aus, weil der [X.] sich jedenfalls auf Entreicherung gemäß § 143 Abs. 2 Satz 2 [X.] berufen kön-ne. Der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass der [X.] zum Zeitpunkt der Zahlung an die im Insolvenzverfahren über das Vermögen des S.

bestell-te Verwalterin gewusst habe
oder den Umständen nach habe wissen müssen, dass die unentgeltliche Leistung die Gläubiger der Schuldnerin benachteilige. Da die vorgelegte Bankbestätigung den Absender der Zahlung nicht zweifelsfrei ausgewiesen habe und den Empfänger der
unentgeltlichen Leistung keine
Er-kundigungspflicht treffe, könne dem [X.]n keine positive Kenntnis, sondern allenfalls eine
einfach fahrlässige Verkennung der Gläubigerbenachteiligung vorgeworfen werden.
Die Haftungsmilderung des § 143 Abs. 2 [X.] sei aber nur bei grober Fahrlässigkeit des Leistungsempfängers ausgeschlossen.

[X.] könne deshalb, ob die Voraussetzungen einer
Anfechtung
gemäß
§ 134 Abs. 1 [X.] vorlägen. Insoweit
sei
problematisch, ob sich der [X.] auf einen Vorrang der durch die Verwalterin über das Vermögen des S.

geltend gemachten Vorsatzanfechtung berufen könne. Zweifelhaft sei bereits, ob die Überweisung vom Konto der Schuldnerin eine gemäß §
133 Abs.1 [X.] anfechtbare mittelbare Zuwendung
des S.

darstelle. Hierge-gen spreche die Bezeichnung des an die
Schuldnerin überwiesenen Betrages als Stammeinlage.

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II.

Diese Erwägungen halten nicht in allen Punkten der rechtlichen Nachprü-fung stand. Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt kann sich der
[X.] gegenüber einem möglichen Anspruch des [X.] aus §
134 Abs. 1 [X.] nicht auf einen Wegfall der Bereicherung
gemäß §
143 Abs.
2 [X.] berufen.
Spätestens zum Zeitpunkt der Zahlung an die Verwalterin am 22. März 2011
musste der [X.] zumindest den Umständen nach [X.], dass die ihm
gewährte unentgeltliche Leistung die Gläubiger der Schuldne-rin benachteiligt (§ 143 Abs. 2 Satz 2 [X.]).

1. Der [X.] muss zur Insolvenzmasse zurückgewähren, was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners ver-äußert, weggegeben oder aufgegeben worden ist (§ 143 Abs. 1 [X.]). Der
Empfänger einer unentgeltlichen Leistung, der nicht einmal nach den [X.] wissen muss, dass diese die Gläubiger benachteiligt,
haftet jedoch gemäß § 143 Abs. 2 Satz 1 [X.] nicht dafür, dass er den Gegenstand oder die gezo-genen
Nutzungen aufgrund seines Verschuldens nicht mehr oder nur in seinem Wert gemindert herausgeben kann oder dass er Nutzungen schuldhaft nicht gezogen hat (vgl. [X.], Urteil vom 15. November 2012

[X.], Z[X.]
2013, 78
Rn. 13; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], Insolvenzrecht, 2.
Aufl., § 143 Rn. 27; HK-[X.]/[X.], 8. Aufl., § 143 Rn.
30; MünchKomm-[X.]/Kirchhof, 3. Aufl., § 143 Rn. 102). Seine Rückgewährpflicht entspricht
der Verpflichtung eines Bereicherungsschuldners nach § 818 Abs.
1 bis 3 BGB (vgl. [X.], Urteil vom 20. Juli 2006

IX ZR 226/03,
ZIP 2006, 1639 Rn. 15;
[X.] in
[X.], [X.], 2011, § 143 Rn. 69;
[X.] in [X.]/[X.]/[X.], aaO).
Eine Entreicherung ist nach dem derzeitigen [X.] nicht von vornherein ausgeschlossen. Zwar ist davon auszugehen, dass 8
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dem [X.]n, der den vermeintlichen Anfechtungsanspruch der Insolvenz-verwalterin über das Vermögen des S.

erfüllt hat, ein Rückforderungsan-spruch zusteht.
Insoweit ist revisionsrechtlich
zu unterstellen, dass eine etwai-ge, als Masseverbindlichkeit
im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 3 [X.] geltend zu machende Bereicherungsforderung des [X.]n mangels ausreichender In-solvenzmasse
nicht berichtigt werden kann
und somit
wertlos ist (vgl. [X.], Ur-teil vom 10. Juli 1980 -
III ZR 177/78, NJW 1980, 2301, 2303; vom 15. Oktober 1992 -
IX ZR 43/92, NJW 1993, 648, 652; MünchKomm-[X.]/Kirchhof, aaO Rn.
103).

2. Die zugunsten des Empfängers einer unentgeltlichen Leistung
wirken-de Haftungserleichterung entfällt gemäß § 143 Abs. 2 Satz 2
[X.] jedoch, wenn dieser weiß oder den Umständen nach wissen muss,
dass die Zuwendung
die Gläubiger benachteiligt. Die im Hinblick auf die Gläubigerbenachteiligung be-stehende Unkenntnis
des [X.]s muss hierbei vom Zeitpunkt der Leistungsvornahme bis zum Wegfall der Bereicherung andauern (vgl. [X.], Urteil vom 24. März 2016 -
IX [X.], Z[X.] 2016, 1069 Rn. 13;
[X.] in [X.]/[X.]/[X.], aaO Rn. 29; [X.] in [X.], aaO Rn. 70). [X.] für die Kenntnis des [X.]s ist der an-fechtende Insolvenzverwalter (vgl. [X.], Urteil vom 24. März 2016, aaO; [X.], [X.], § 143
Rn. 42; MünchKomm-[X.]/Kirchhof, aaO
Rn. 118).

a)
Die Kenntnis des
[X.]s nach
§ 143 Abs. 2 Satz 2 [X.] muss
sich auf die
aus der Zuwendung der unentgeltlichen Leistung folgende Gläubigerbenachteiligung
beziehen.

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aa) Dem [X.] ist die
Benachteiligung bekannt, wenn er
weiß, dass die empfangene Leistung aus dem den Gläubigern haftenden Ver-mögen des (späteren) Insolvenzschuldners
stammt und dieses
nicht mehr [X.], um alle Verbindlichkeiten zu erfüllen (vgl. MünchKomm-[X.]/Kirchhof, 3.
Aufl., § 143
Rn. 106). Dies ist regelmäßig
anzunehmen, wenn dem Anfech-tungsgegner die zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners
be-kannt ist (MünchKomm-[X.]/Kirchhof, aaO). Die Vorschrift des § 143 Abs. 2 Satz 2 [X.] lehnt sich insoweit an die Regelung des
§ 130 Abs. 2 [X.] an (vgl. MünchKomm-[X.]/Kirchhof, aaO Rn. 107a). Dem Empfänger der unentgeltli-chen Leistung müssen danach die tatsächlichen Umstände, die objektiv auf ei-ne Gläubigerbenachteiligung hindeuten, bekannt sein, ohne dass es der Einho-lung weiterer
Erkundigungen oder tiefgreifender Überlegungen bedarf, die von dem [X.] nicht erwartet werden
(vgl. [X.], Urteil vom 24. März 2016 -
IX [X.], Z[X.] 2016, 1069 Rn. 18; [X.] in [X.], [X.], 2011, § 143 Rn. 72; [X.]/[X.], [X.], § 143 Rn. 156; MünchKomm-[X.]/Kirchhof, aaO).

Diese anfechtungsrechtliche Wertungen berücksichtigende
Betrach-tungsweise ist im Hinblick auf die mit der Haftungsmilderung des § 143 Abs. 2 [X.]
verbundene gesetzliche Zielsetzung geboten.
Die Besserstellung des Empfängers einer unentgeltlichen Leistung schafft einen Ausgleich für die aus-schließlich an objektive Voraussetzungen anknüpfende Regelung des §
134 Abs. 1 [X.], welche eine Anfechtung
innerhalb einer
Vierjahresfrist ermöglicht
(MünchKomm-[X.]/Kirchhof, aaO Rn. 1). Gelingt dem anfechtenden Insolvenz-verwalter jedoch der Nachweis, dass -
unabhängig von der im Einzelfall einzu-haltenden Anfechtungsfrist
-
eine an die Kenntnis der (drohenden) [X.] anknüpfende Anfechtung, etwa nach der Regelung des § 130 [X.], 12
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begründet wäre, erscheint
eine Haftung des [X.]s nach dem Normalmaß des § 143 Abs. 1 [X.] angemessen.

bb) Aus dem eindeutigen
Wortlaut
des §
143 Abs. 2 Satz 2 [X.] folgt, dass
sich die Kenntnis des [X.]s über die Zugehörigkeit der empfangenen unentgeltlichen Leistung zu
der den Gläubigern haftenden [X.] hinaus
nicht auf weitere Umstände erstrecken
muss. Das gilt insbesondere, wenn die Entreicherung durch die Erfüllung eines vermeintlichen Anfechtungsanspruchs
im Deckungsverhältnis eingetreten ist. Auch in diesem

hier gegebenen

Fall kommt es allein auf die Kenntnis davon an, dass die empfangenen Mittel aus dem den Gläubigern des Zuwendenden haftenden Vermögen stammen.

b)
Der [X.] muss nach
§ 143 Abs. 2 Satz 2 [X.] die
Um-stände kennen, die auf eine Benachteiligung der Gläubiger schließen lassen (vgl. HK-[X.]/[X.], 8. Aufl., § 143 Rn. 34). Die Vorschrift ähnelt § 130 Abs. 2 [X.], verzichtet aber anders als dort auf das Merkmal "zwingend". Deshalb
muss der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung
regelmäßig bereits den Umständen nach um die Gläubigerbenachteiligung wissen, wenn ihm Tatsa-chen
bekannt sind, die mit auffallender Deutlichkeit dafür sprechen und deren Kenntnis auch einem Empfänger mit durchschnittlichem Erkenntnisvermögen ohne gründliche Überlegung die Annahme nahe legt, dass die Befriedigung der Gläubiger infolge der Freigiebigkeit verkürzt wird (vgl. [X.], Urteil vom 24. März 2016 -
IX [X.], Z[X.] 2016, 1069
Rn. 18; HK-[X.]/[X.], aaO; [X.]
in
[X.], [X.], 2011, §
143 Rn. 72; BK-[X.]/[X.], 2010, §
143 Rn.
102). Hierbei obliegt die Feststellung dieser Voraussetzungen grundsätzlich dem Tatrichter, dem
ein nicht zu enger Beurteilungsspielraum zukommt (vgl. HK-[X.]/[X.], aaO).
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c) Nach den revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Feststellungen musste das beklagte [X.] spätestens zum Zeitpunkt der Zahlung am 22. März 2011 wissen, dass die empfangene Leistung aus dem Vermögen der Schuldne-rin zugewendet wurde und deren Gläubiger benachteiligte.

aa) Dem beklagten [X.] ist das Wissen der handelnden Finanzbehörde und des jeweils zuständigen Sachbearbeiters zuzurechnen (vgl. [X.], Urteil vom 30. Juni 2011 -
IX ZR 155/08, [X.]Z 190, 201 Rn. 16 mwN; [X.], [X.] 2012, 33, 41; [X.] in [X.], [X.], 2013, §
130
Rn.
147a).
Als bekannt ist hierbei, auch ohne dass es auf individuelle Kenntnis des handelnden Sachbearbeiters im Einzelfall ankommt, der Inhalt der in der Finanzbehörde geführten Steuerakten anzusehen (vgl. [X.], 5 Rn. 15; [X.]/Ganter/Weinland, [X.], 19. Aufl., § 130 Rn. 73).
Auf diese Weise
wird verhindert, dass sich eine möglicherweise auch im Wechsel der zuständigen Amtsträger ausdrückende, organisationsbedingte "Wissensaufspaltung"
zu Las-ten des Rechtsverkehrs auswirkt
(vgl. [X.], Urteil vom 8. Dezember 1989
-
V [X.], [X.]Z 109, 327, 332; vom 30. Juni 2011, aaO Rn. 16 mwN).

bb) Zum Zeitpunkt der Zahlung am 22. März 2011
war nach den revisi-onsrechtlich zu unterstellenden Tatsachen den Steuerakten des S.

zum einen zu entnehmen, dass dieser eine unter dem Namen der Schuldnerin fir-mierende Gesellschaft betrieb
und zuvor ein ähnlich bezeichnetes Unterneh-men als Einzelkaufmann führte.
Zum anderen befand sich bei den Akten die im März 2009 vorgelegte Bankbestätigung,
welche den Gesellschaftszusatz der die Zahlung anweisenden Schuldnerin zwar
unvollständig, aber noch erkennbar
abbildete. Bei der gebotenen und zumutbaren
Durchsicht des Steuervorgangs hätte es
sich
dem zuständigen Sachbearbeiter auch
ohne gründliche Überle-16
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gungen aufdrängen müssen, dass die am 31. März 2009 empfangene Leistung aus dem Vermögen der Schuldnerin zugewendet wurde. Da die für das beklag-te [X.] handelnde Finanzbehörde
zu diesem Zeitpunkt auch um die [X.] wusste, war dem [X.]n
somit auch bekannt, dass die Befriedigung der Gläubiger der Schuldnerin infolge der erlangten [X.] verkürzt wurde.

III.

Das angefochtene Urteil kann folglich keinen Bestand haben. Es ist auf-zuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Ent-scheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungs-gericht zurückzuweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Der [X.] kann nicht selbst ab-schließend entscheiden. Das Berufungsgericht hat bislang keine hinreichenden Feststellungen dazu getroffen, welche
auf eine Gläubigerbenachteiligung hin-weisenden Umstände dem [X.]n
bekannt waren. Für das weitere Verfah-ren weist der [X.] auf Folgendes hin:

1. Zutreffend ist das Berufungsgericht von einer unentgeltlichen Leistung durch
die dem [X.]n zugewendete Zahlung in Höhe

ausge-gangen. Die infolge der
Zahlung der Schuldnerin erloschene Forderung des [X.]n
war wirtschaftlich wertlos, weil sein [X.] S.

nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bereits zum Zeitpunkt der [X.] am
31. März 2009
zahlungsunfähig war
(vgl. [X.], Urteil
vom 16. Novem-ber 2007 -
IX ZR 194/04, [X.]Z 174, 228 Rn. 8; vom 17. Oktober 2013 -
IX ZR 10/13, [X.], 2182 Rn. 6; vom 29. Oktober 2015 -
IX [X.], [X.], 44
Rn. 6; vom 4. Februar 2016 -
IX ZR 42/14, [X.], 465 Rn. 9).
19
20
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2. Eine objektive Benachteiligung der Gläubiger der Schuldnerin ist
un-abhängig davon anzunehmen, ob die an den [X.]n geleistete Zahlung in und damit dem Aktivvermögen der Schuldnerin bestritten wurde
oder ob S.

der Schuldnerin den Geldbetrag zur Begleichung seiner gegenüber dem [X.]n bestehenden Steuerschuld überlassen
hatte. Auch wenn ein Schuldner als Leistungsmittler einen ihm zu diesem Zweck zugewendeten, in sein Vermögen übergegangenen und somit für seine Gläubiger pfändbaren Gegenstand an einen [X.] überträgt, erbringt er die Leistung aus seinem haftenden Vermögen und benachteiligt dadurch die Gläubigergesamtheit (vgl. [X.], Urteil vom 16. November 2007, aaO Rn. 19). Dass ein Schuldner auf Anweisung dessen handelt, der ihm den Gegenstand zuvor zugewendet hat, und der [X.] den Zweck
verfolgt, eigene [X.] gegenüber dem Leistungsempfänger zu tilgen,
ist jedenfalls un-erheblich, soweit die Zweckvereinbarung nicht aus Gründen treuhänderischer Bindung zur Unpfändbarkeit des zugewendeten Gegenstands geführt hat (vgl. [X.], Urteil vom 27. Mai 2003 -
IX ZR 169/02, [X.]Z 155, 75, 81 f; vom 16. No-vember 2007, aaO).

3.
Die Schenkungsanfechtung des [X.] ist
jedoch ausgeschlossen, soweit sich der [X.] auf die
vorrangige Vorsatzanfechtung der im Insol-venzverfahren über das Vermögen des S.

bestellten Verwalterin berufen kann. Dies hat das Berufungsgericht bislang offengelassen. Hierbei hat der [X.] als Leistungsempfänger darzulegen und zu beweisen, dass die Voraus-setzungen der Vorsatzanfechtung tatsächlich erfüllt
sind (vgl. [X.], Urteil vom 16.
November 2007 -
IX ZR 194/04, [X.]Z 174, 228 Rn. 49).
Da die Anfechtung einer mittelbaren Zuwendung voraussetzt, dass der [X.] den Gegenwert der Leistung dem Zuwendenden in für den Empfänger erkennbarer 21
22
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12

-
Weise zur Verfügung gestellt hat (vgl. [X.], Urteil vom 16. November 2007, aaO Rn. 25; vom 4. Februar 2016, aaO), erscheint es auch im Hinblick auf die-ses Vermögensopfer und die schützenswerten
Belange der Gläubiger des [X.] angemessen, der Anfechtung im Deckungsverhältnis
Vor-rang zu geben (vgl. [X.], Urteil vom 16. November 2007, aaO Rn. 42 ff; vom 4.
Februar 2016, aaO). Nach den bislang getroffenen Feststellungen kann im Revisionsverfahren nicht abschließend geklärt werden, ob die Schuldnerin den [X.] nachfolgende Zahlung mit dem ausschließlichen Interesse der Befriedigung
des [X.]n aus eigenem Vermögen vorgenommen hat oder ob eine mittel-bare Zuwendung des S.

vorliegt
(vgl. etwa auch [X.], Urteil vom 17.
März 2011 -
IX ZR 166/08, [X.], 824 Rn. 11).

Kayser
[X.]
Pape

[X.]
Möhring

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 19.12.2012 -
2-4 O 297/12 -

O[X.], Entscheidung vom 17.12.2013 -
6 U 24/13 -

Meta

IX ZR 151/14

08.09.2016

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.09.2016, Az. IX ZR 151/14 (REWIS RS 2016, 5741)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 5741

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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