Bundesgerichtshof, Urteil vom 29.11.2017, Az. 2 StR 271/17

2. Strafsenat | REWIS RS 2017, 1549

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Gegenstand

Verfallsanordnung nach altem Recht: Fall der Vermögensmehrung bei einem Drittbegünstigten und nicht beim Täter


Tenor

Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des [X.] vom 9. November 2016 wird verworfen.

Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt und eine Kompensationsentscheidung getroffen.

2

Die wirksam auf die unterlassene Anordnung des Verfalls von Wertersatz beschränkte, vom [X.] nicht vertretene Revision der Staatsanwaltschaft bleibt ohne Erfolg.

[X.]

3

Nach den Feststellungen des [X.]s war der Angeklagte Geschäftsführer und Mit- bzw. Alleingesellschafter der am         [X.] tätigen Speditionsunternehmen [X.] (nachfolgend "N. ") und der [X.] (nachfolgend "S.    "). Die [X.] entwickelte seit Ende der 90er Jahre, damals firmierend als [X.], auf einer vormals von den [X.] [X.] genutzten Fläche, die sog. “[X.]          “ (im Urteil und im Folgenden als "[X.]  " bezeichnet). Nach entsprechender Parzellierung vergab die [X.] an einzelnen Freiflächen Erbbaurechte an [X.], die das Frachtaufkommen am [X.] in         fördern sollten. Zur Erweiterung der Kapazitäten der N.  war der Angeklagte an dem Erwerb eines Erbbaurechts in der [X.]  interessiert.

4

Der zwischenzeitlich verstorbene [X.]    war als Angestellter in führender Rolle bei der [X.] mit der Vermarktung der Freiflächen befasst und hatte maßgeblichen Einfluss auf die Auswahl der Erbbauberechtigten in der [X.]  . Ihm oblag es, geeignete Investoren für die [X.]   auszusuchen, diese seinen Vorgesetzten vorzuschlagen, [X.] zu verhandeln und den abschließenden Entscheidungsprozess in einer Vorstandsvorlage der [X.] vorzubereiten.

5

Um für die [X.] (nachfolgend "[X.] "), eine Objektgesellschaft, die der Angeklagte und sein [X.] als [X.]er im Juli 2007 gegründet hatten, ein Erbbaurecht in der [X.]  zu erlangen und das Grundstück bebauen und nutzen zu können, vereinbarten der Angeklagte und [X.]     vor dem 20. August 2007, dass der Angeklagte an [X.]    , falls es zu einem Vertragsschluss mit der [X.] komme, 250.000 € zuzüglich Mehrwertsteuer in Monatsraten zu je 3.500 € netto zahlen werde.

6

[X.]     verpflichtete sich im Gegenzug, alles Nötige zu veranlassen, damit es zu dem geplanten Vertragsschluss komme. Zur Verschleierung der Abrede unterzeichneten beide am 20. August 2007 einen "Beratervertrag" zwischen einer [X.]und der N.  , der die ratenweise Zahlung von 250.000 € netto für eine von [X.]     angeblich zu erbringende Beratungsleistung vorsah. Der Vertragstext wurde später, unter Aufrechterhaltung der Zahlungsverpflichtung und teilweiser Einbeziehung der S.      , durch zum Teil erheblich rückdatierte Texte ersetzt. Nach dem übereinstimmenden Willen beider Beteiligten sollte die Zahlung in erster Linie das Zustandekommen des [X.] mit der [X.] sichern und die Gefahr minimieren, dass seitens der [X.] von der Vergabe des Erbbaurechts abgesehen oder das Erbbaurecht an einen anderen Bewerber vergeben werde. Darüber hinaus erbrachte [X.]    in geringem Umfang Beratungsleistungen zu Gunsten des Angeklagten bzw. der N.  und der S.     .

7

[X.]     präsentierte im Vorstand der [X.] zunächst die N.  als geeigneten Investor und erstellte unter dem 5. Juli 2007 eine Vorstandsvorlage, die u.a. den Abschluss eines [X.] mit der N.  vorsah. Im Rahmen weiterer Vorlagen für die Vorstandssitzung am 13. August 2007 stellte [X.]    dar, dass die N.  die [X.]   als Projektgesellschaft für die Errichtung einer Logistikanlage gegründet habe und die [X.]  diese Logistikanlage an die N.  vermieten werde. Am 13. August 2007 stimmte der Vorstand der [X.] dem Abschluss des [X.] mit der [X.]  zu. Einen anderen Interessenten für das Grundstück präsentierte [X.]    der [X.] nicht. Es war aber, wie der Angeklagte wusste, möglich, dass bei entsprechenden Bemühungen des [X.]   , Mitbewerber aus der Fracht- und Speditionsbranche Interesse gezeigt und das Erbbaurecht erworben hätten.

8

Der vom Angeklagten begehrte Erbbaurechtsvertrag über ein 7.400 qm großes Grundstück wurde am 19. September 2007 zwischen der [X.] und der [X.]  für die Dauer von 60 Jahren geschlossen. Der Erbbauzins betrug ab Übergabe 66.230 € netto jährlich und ab Fertigstellung der Speditions- und Logistikanlage 132.460 € netto jährlich. Der Angeklagte veranlasste zunächst über die N. , später, bis Juli 2012, über die S.        aufgrund entsprechender Rechnungen über angebliche Beratungsleistungen Zahlungen in Höhe von insgesamt 154.000 € netto an eine [X.].

9

Nachdem es dem Angeklagten nicht gelungen war, auf dem durch das Erbbaurecht belasteten Grundstück die von ihm geplante Bebauung zu finanzieren und umzusetzen, veräußerte er gemeinsam mit seinem [X.] die Anteile an der [X.]  am 25. Juli 2008 unter Berücksichtigung von Aufwendungen in Höhe von gut 600.000 € für insgesamt gut 1,2 Mio. €. Der Angeklagte erzielte dadurch für seinen [X.]santeil einen Veräußerungsgewinn nach Steuern in Höhe von 181.582,52 €. Das [X.] hat von der Anordnung des [X.] abgesehen, da nicht der Angeklagte selbst, sondern die [X.] als [X.] das Erbbaurecht und damit „etwas“ im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aF erlangt habe. Es hat die von der Rechtsprechung entwickelten Möglichkeiten eines Durchgriffs gegen den Angeklagten als Vertreter und Mitgesellschafter der [X.]  erörtert und eine Verfallsanordnung gegen den Angeklagten auch unter diesen Gesichtspunkten abgelehnt.

I[X.]

Das [X.] hat rechtsfehlerfrei von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz abgesehen.

1. Hinsichtlich der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung kommt im vorliegenden Verfahren das vor dem 1. Juli 2017 geltende Recht zur Anwendung. Zwar finden ausweislich der einschlägigen Übergangsvorschrift des Art. 316h [X.] zum Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 mit Inkrafttreten des Gesetzes für bereits laufende Verfahren grundsätzlich die neuen materiell-rechtlichen Regelungen Anwendung (vgl. dazu BT-Drucks. 18/11640, [X.]). Allerdings sind gemäß Art. 316h Satz 2 [X.] die neuen Vorschriften nicht in Verfahren anzuwenden, in denen bis zum 1. Juli 2017 bereits eine Entscheidung über die Anordnung des Verfalls oder des Verfalls von Wertersatz ergangen ist. Dies gilt gemäß § 14 [X.] auch für Verfahren, in denen festgestellt wurde, dass deshalb nicht auf Verfall erkannt wird, weil Ansprüche eines Verletzten im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB aF entgegenstehen. Nichts anders kann gelten, wenn das Gericht, wie vorliegend das [X.] Frankfurt am Main im Urteil vom 9. November 2016, nach Prüfung von einer Verfallsanordnung absieht, weil es die tatbestandlichen Voraussetzungen für nicht gegeben erachtet. Denn die Regelung des § 14 [X.] erfasst nach den Gesetzesmaterialien jede erstinstanzliche Entscheidung (BT-Drucks. 18/9525 S. 98).

2. Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aF kommt eine Verfallsanordnung gegen den Täter nur in Betracht, wenn er selbst unmittelbar aus der verfahrensgegenständlichen Tat „etwas“ erlangt, das zur Änderung seiner eigenen Vermögensbilanz geführt hat (vgl. Senat, Beschluss vom 7. September 2016 –2 [X.], [X.]R StGB § 73 Erlangtes 22; [X.], Beschluss vom 11. Juni 2015 – 1 [X.], [X.]R StGB § 73 Erlangtes 18). Erfasst ist dabei die Gesamtheit des [X.]. Der Verfall ist gemäß § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB aF gegebenenfalls auch auf die Surrogate des [X.] zu erstrecken (Senat, Beschluss vom 7. September 2016 – 2 [X.], aaO).

Hiervon zu unterscheiden sind Sachverhalte, in denen der Täter als Vertreter (§ 14 StGB) eines [X.] handelt und eine Vermögensmehrung ausschließlich bei diesem [X.], bei dem es sich um jede natürliche oder juristische Person handeln kann, eintritt (Senat, Beschluss vom 7. September 2016 – 2 [X.], aaO; [X.], Beschluss vom 11. Juni 2015 – 1 [X.], aaO). Dies gilt auch bei einer (Außen-) [X.] [X.], StGB, 64. Aufl., § 73 Rn. 29; MüKo-StGB/[X.], 3. Aufl., § 73 Rn. 72, LK/[X.], 12. Aufl., § 73 Rn. 51; [X.]/[X.], 9. Aufl., § 73 Rn. 25; [X.]/[X.], 5. Aufl., § 73 Rn. 34, [X.], [X.], 85), da dieser durch die Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechtsfähigkeit zukommt ([X.], Urteil vom 29. Januar 2001 – [X.], [X.]Z 146, 341). Zudem ist das gemäß § 718 Abs. 1 BGB gebildete [X.]svermögen auch bei der [X.] aufgrund der dinglichen Zuordnung zur [X.] von dem Privatvermögen der [X.]er zu unterscheiden ([X.]/[X.], 7. Aufl., § 718 Rn. 5).

Die Vermögensmehrung bei dem [X.] eröffnet nicht den Anwendungsbereich von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aF zum Nachteil des handelnden [X.]. Bei einer derartigen Sachverhaltsgestaltung, in der durch das Täterverhalten ein Vermögenszuwachs bei einem Tatunbeteiligten entsteht, kann gegebenenfalls eine selbständige Verfallsanordnung gegen den [X.] nach § 73 Abs. 3 StGB aF zu treffen sein (vgl. [X.], Urteil vom 30. Mai 2008 – 1 [X.], [X.]St 52, 227, 242; Beschluss vom 11. Juni 2015 – 1 [X.], aaO; Senat, Beschluss vom 7. September 2016 – 2 [X.], aaO). Dies kann erforderlichenfalls im Wege eines selbständigen Verfallsverfahrens gemäß §§ 440, 441, 442 Abs. 1 StPO erfolgen (vgl. [X.], Beschluss vom 29. Mai 2006 – 2 BvR 820/06, [X.], 639, 640; Senat, Beschluss vom 7. September 2016 – 2 [X.], aaO).

Ausgangspunkt von § 73 Abs. 3 StGB aF ist der Gedanke, dass der [X.] als Rechtssubjekt über eine eigene Vermögensmasse verfügt, die vom Vermögen des [X.] zu unterscheiden ist (vgl. [X.], Beschluss vom 14. Juni 2004 – 2 BvR 1136/03, [X.], 409, 411). Kommt das aus der Tat unmittelbar erlangte „etwas“ ausschließlich dem [X.] zugute, scheidet eine Verfallsanordnung gegenüber dem Täter, der keinen unmittelbaren Tatvorteil erlangt hat, aus. Dies gilt auch dann, wenn der Täter die (legale) Möglichkeit hat, auf das Vermögen des [X.] zuzugreifen (vgl. [X.], Urteil vom 30. Mai 2008 – 1 [X.], [X.]St 52, 227, 256; Senat, Beschluss vom 7. September 2016 – 2 [X.], aaO). Lediglich in Ausnahmefällen kommt auf Grund wertender Betrachtung eine Verfallsanordnung gegen den Täter nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aF in Betracht; nämlich insbesondere dann, wenn der Dritte (insbesondere in Form einer juristischen Person) nur als formaler Mantel genutzt wird und eine Trennung zwischen [X.] und [X.]svermögen tatsächlich nicht existiert oder jeder aus der Tat folgende Vermögenszufluss an die [X.] sogleich an den Täter weitergeleitet wird (vgl. [X.], Urteil vom 30. Mai 2008 – 1 [X.], aaO; Senat, Beschluss vom 7. September 2016 – 2 [X.], aaO).

3. Nach diesen Maßstäben ist die unterbliebene Verfallsanordnung nicht zu beanstanden. Das durch das bemakelte Geschäft erworbene Erbbaurecht ist nicht dem Vermögen des Angeklagten, sondern der [X.]  zugeflossen. Eine Verfallsanordnung gegen den Angeklagten kann weder damit gerechtfertigt werden, dass der Angeklagte die [X.]  lediglich als formalen Mantel ohne Trennung zwischen seinem Privat- und dem [X.]svermögen genutzt hätte, noch dass jeder aus der Tat folgende Vermögenszuwachs an die [X.] sogleich an den Angeklagten weitergeleitet worden wäre. Der Verfall von Wertersatz kann schließlich weder auf eine Wertsteigerung des [X.] an der [X.]  zum Zeitpunkt des [X.], noch auf den später erzielten Veräußerungserlös von 181.582,52 € gestützt werden.

a) Mit dem Erwerb des Erbbaurechts ist allenfalls eine unmittelbare Mehrung des [X.]svermögens der [X.]  eingetreten. Die Bestechungshandlung des Angeklagten hat damit zur Begünstigung eines [X.] i.S.v. § 73 Abs. 3 StGB aF geführt. Das [X.]svermögen der rechtsfähigen Außengesellschaft bürgerlichen Rechts ist vom Privatvermögen des Angeklagten zu unterscheiden (vgl. [X.], Urteil vom 29. Januar 2001 – [X.], aaO; [X.]/[X.], aaO, § 718 Rn. 5). Eine unmittelbare Veränderung im Privatvermögen des Angeklagten ist durch den Rechtserwerb der [X.]  nicht eingetreten. Allein der Umstand, dass der Angeklagte am Gesamthandsvermögen der [X.]  beteiligt war, rechtfertigt keine andere Bewertung.

b) Eine möglicherweise zu einem anderen Ergebnis führende Ausnahmekonstellation liegt nicht vor. Die [X.]  stellte weder einen formalen Mantel dar, noch war ein aus der Tat resultierender Vermögenszufluss an die [X.] sogleich an den Angeklagten weitergeleitet worden. Auch sonstige Umstände, die die Annahme rechtfertigen könnten, der [X.] durch die [X.] habe zu einer unmittelbaren Änderung der Vermögensbilanz des Angeklagten geführt, sind nicht erkennbar.

(1) Die Annahme, der Angeklagte habe die [X.]  als formalen Mantel genutzt, findet in den Urteilsgründen keine Stütze. So hat der Angeklagte die [X.] kurze Zeit vor dem [X.] nicht „allein zur Tatbegehung gegründet“, etwa weil er selbst das Erbbaurecht nicht als Privatperson erwerben konnte. Vielmehr ist die [X.]  als typische Objektgesellschaft gegründet worden. Die [X.] sollte das Grundstück bebauen und wirtschaftlich (legal) nutzen. Ihr sind hierfür vor der Veräußerung der [X.]santeile Aufwendungen in Höhe von circa 600.000 € entstanden. Sie hat neben dem bemakelten [X.] vom 19. September 2007 eine Vielzahl weiterer Verträge geschlossen.

(2) Dass es sich bei dem Vermögen der [X.]  und dem Privatvermögen des Angeklagten nur um vorgeblich getrennte Vermögensmassen handelt, hat das [X.] nicht festgestellt. Ein irgendwie gearteter Übergang von [X.]svermögen in das Privatvermögen des Angeklagten oder ein Zugriff des Angeklagten auf das [X.]svermögen sind in dem angegriffenen Urteil nicht belegt.

(3) Die übrigen von der Revision aufgezeigten Erwägungen sind nicht geeignet, in Erweiterung der Rechtsprechung zur wertenden Betrachtung eine Verfallsanordnung gegen den Angeklagten zu rechtfertigen.

So kann die erstrebte Verfallsanordnung nicht mit einer Möglichkeit des Angeklagten zur gewinnbringenden Weiterveräußerung des Erbbaurechts belegt werden. Nach den Urteilsfeststellungen war die Weiterveräußerung des Erbbaurechts, das ohnehin der Verfügungsgewalt der [X.]  unterfiel, nur mit Zustimmung der [X.] möglich. Zudem ist nicht erkennbar, inwieweit sich die hypothetische und zustimmungspflichtige Veräußerung des Erbbaurechts durch die [X.]  unmittelbar auf die Vermögensbilanz des Angeklagten hätte auswirken sollen. Denn der Zufluss der Gegenleistung für die Veräußerung des Erbbaurechts wäre zwangsläufig zu Gunsten des [X.]svermögens erfolgt.

Eine Verfallsanordnung gegen den Angeklagten kann auch nicht auf den Umstand gestützt werden, dass der Angeklagte „die [X.] als Mittel zur Tatbegehung genutzt hat“. Das [X.] hat zutreffend darauf hingewiesen, dass ein Durchgriff auf die für die juristische Person handelnden Personen, entsprechend den eingangs dargestellten Maßgaben, aufgrund der unterschiedlichen Rechtsträger und Vermögensmassen auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben muss. Allein der Vermögenszufluss bei der tatunbeteiligten [X.] ist danach gerade nicht geeignet, einen Durchgriff in Abweichung von § 73 Abs. 1 StGB aF zu rechtfertigen.

Soweit die Revision meint, die Verfallsanordnung gegen den Angeklagten sei erforderlich, um zu verhindern, dass „der erlangte Vorteil zunächst bei einer zur Erlangung eines Vermögensvorteils durch die Straftat gegründeten juristischen Person „geparkt“ und erst später an den Täter weitergeleitet wird“, verkennt sie, dass die gesetzliche Regelung in § 73 Abs. 3 StGB aF für diesen Fall die Anordnung des Verfalls gegen die tatunbeteiligte juristische Person vorsieht, da diese durch das Handeln ihres tatbeteiligten Vertreters etwas erlangt hätte.

c) Die Anordnung eines [X.] kann auch nicht auf eine „unmittelbar, erhebliche Wertsteigerung“ des [X.] gestützt werden. Das [X.] hat zu Recht darauf hingewiesen, dass dieser Auffassung die zitierte Rechtsprechung, die nur ausnahmsweise den Durchgriff auf die für die juristische Person handelnden Personen gestattet, entgegensteht. Danach steht regelmäßig nur die Vermögensmasse der juristischen Person, innerhalb derer sich das Erlangte, mithin der bemakelte Gegenstand befindet, als Schuldnerin des [X.] zur Verfügung.

Zudem würde ein Rückgriff auf eine „Wertsteigerung“ des [X.]santeils nicht die gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aF erforderliche Unmittelbarkeit des Vermögenszuflusses wahren. Denn die Abschöpfung muss spiegelbildlich dem Vermögensvorteil entsprechen, den der Täter gerade aus der Tat gezogen hat ([X.], Urteil vom 2. Dezember 2005 – 5 [X.], [X.]St 50, 299, 309; [X.], Beschluss vom 14. Juni 2004 – 2 BvR 1136/03, [X.], 409, 411). Der unmittelbar aus der Tat entspringende Vorteil ist jedoch dem Vermögen der [X.]  in Form des Erbbaurechts zugeflossen.

Im Übrigen ist der knapp ein Jahr später und unter Einbeziehung weiterer Aufwendungen von mehr als 600.000 € erzielte Veräußerungserlös nicht geeignet, eine denkbare Wertsteigerung des [X.]santeils am 19. September 2007 zu belegen. Es kann nämlich nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden, dass der wirtschaftliche Wert eines [X.]santeils im Privatvermögen des [X.] mit jedem Zufluss bei der [X.] steigt ([X.], Beschluss vom 29. Mai 2006 – 2 BvR 820/06, [X.], 639, 640). Eine Wertsteigerung des [X.]santeils allein durch den Erwerb des Erbbaurechts liegt zudem keineswegs auf der Hand. Es ist weder erkennbar noch naheliegend, dass die [X.] als am Markt operierendes Unternehmen, dass die Vermarktung der Flächen der [X.]  im Fokus hatte, die Erbbaurechte unter Wert veräußert haben könnte.

d) Schließlich bietet auch die spätere Anteilsveräußerung des Angeklagten an der [X.]  keinen Anlass für eine Verfallsanordnung gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aF.

(1) Der Veräußerungserlös in Höhe von 181.582,52 € stellt kein erlangtes „etwas“ dar. Denn der Veräußerungserlös aus einem späteren Rechtsgeschäft ist kein Vermögenswert, der dem Angeklagten unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes des § 299 Abs. 2 StGB in irgendeiner Tatphase zugeflossen ist (vgl. [X.], Urteil vom 2. Dezember 2005 – 5 [X.], [X.]St 50, 299, 309, [X.], aaO, § 73 Rn. 11). Bereits in chronologischer Hinsicht ergibt sich nach den Feststellungen des [X.]s kein innerer Zusammenhang zwischen der Bestechungstat des Angeklagten, die entsprechend seiner Vorstellung zum Erwerb des Erbbaurechts zu Gunsten der [X.]  am 19. September 2007 führte, und der (später beschlossenen) rechtsgeschäftlichen Veräußerung der [X.]santeile am 25. Juli 2008. Der Angeklagte hat sich nämlich erst zur Veräußerung seines [X.]santeils entschlossen, nachdem die Finanzierung der Grundstücksbebauung – entgegen seiner ursprünglichen Vorstellung – gescheitert war. Die Veräußerung des [X.]santeils und der damit einhergehende Erlös sind damit weder objektiv noch nach der Vorstellung des Angeklagten als Teil der von ihm begangenen Bestechung im geschäftlichen Verkehr zu erfassen.

(2) Der Veräußerungserlös stellt letztlich kein Surrogat i.S.d. § 73 Abs. 2 StGB aF dar. Denn der Angeklagte realisierte diesen Vermögenszuwachs als Mitgesellschafter aus der Veräußerung seines [X.]santeils an der [X.] und nicht etwa aus einer Veräußerung des Erbbaurechts, das sich zu keinem Zeitpunkt in seinem Privatvermögen befand. Bei dem Veräußerungserlös handelt es sich daher um keinen mittelbaren Vorteil, der von § 73 Abs. 2 StGB aF erfasst wäre.

[X.]     

      

Zeng     

      

Bartel

      

Grube     

      

[X.]     

      

Meta

2 StR 271/17

29.11.2017

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Urteil

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Frankfurt, 9. November 2016, Az: 5 Ss 170/17

§ 14 StGB, § 73 Abs 1 S 1 StGB vom 13.11.1998, § 73 Abs 3 StGB vom 13.11.1998

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 29.11.2017, Az. 2 StR 271/17 (REWIS RS 2017, 1549)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 1549

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