Bundessozialgericht, Beschluss vom 22.10.2012, Az. B 11 AL 59/12 B

11. Senat | REWIS RS 2012, 2111

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Verletzung rechtlichen Gehörs - Nichtberücksichtigung eines Beweisantrags


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des [X.] vom 29. Mai 2012 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

Die ausschließlich auf Verfahrensfehler des [X.] ([X.]) gestützte Beschwerde ist unzulässig. Ein Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 [X.] Sozialgerichtsgesetz ([X.]) ist nicht in der nach § 160a Abs 2 [X.] [X.] gebotenen Weise bezeichnet.

2

Nach § 160a Abs 2 [X.] [X.] muss in der Begründung der Beschwerde der Verfahrensmangel, auf dem das Urteil des [X.] beruhen kann, bezeichnet werden. Eine Bezeichnung in diesem Sinne liegt nur vor, wenn die den Mangel (angeblich) begründenden Tatsachen substantiiert und schlüssig dargetan sind (stRspr, [X.] [X.] 1500 § 160a [X.]). Das [X.] ([X.]) muss allein anhand der Begründung darüber entscheiden können, ob ein die Revisionsinstanz eröffnender Verfahrensmangel in Betracht kommt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (vgl ua Beschluss des Senats vom 29.12.2010 - [X.] [X.] 82/10 B - mwN). Diese Anforderungen verfehlt die vorgelegte Beschwerdebegründung.

3

Der Kläger und Beschwerdeführer macht geltend, die Vorgerichte hätten unter Verletzung der Amtsermittlungspflicht sowie der Verletzung des rechtlichen Gehörs angenommen, er habe grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht.

4

Bei diesem Vorbringen beachtet der Beschwerdeführer nicht hinreichend, dass die Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 [X.]) nach § 160 Abs 2 [X.] [X.] den [X.] nur eröffnet, wenn geltend gemacht wird, das [X.] sei einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt. Insoweit obliegt es nach ständiger Rechtsprechung jedenfalls einem anwaltlich vertretenen Beteiligten, im Berufungsverfahren gestellte Beweisanträge in der mündlichen Verhandlung oder bei Entscheidung im schriftlichen Verfahren nach Erhalt der Anhörungsmitteilung ausdrücklich aufrechtzuerhalten (vgl [X.] [X.] 3-1500 § 160 [X.] 29; [X.] [X.] 4-1500 § 160 [X.] 13 mwN). In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde muss konkret vorgetragen werden, dass vor dem [X.] ein Beweisantrag formgerecht gestellt worden ist (vgl zu den Anforderungen [X.] [X.] 4-1500 § 160a [X.]). Dass dies der Fall gewesen wäre, ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen jedoch nicht.

5

Die Beschwerdebegründung enthält vorwiegend Ausführungen zum Verfahrensablauf vor dem Sozialgericht. Verfahrensmängel iS des § 160 Abs 2 [X.] [X.] sind jedoch Verstöße im unmittelbar vorangehenden Rechtszug (vgl [X.], Beschluss vom 28.1.2009 - B 6 [X.] 27/07 B; [X.], [X.], 2. Aufl 2010, Rd[X.] 440, 445). Soweit zusätzlich vorgetragen wird, der im Berufungsverfahren anwaltlich vertretene Kläger habe bestimmte Vorgänge oder Ausführungen aus dem erstinstanzlichen Verfahren in der Berufungsinstanz "ausdrücklich vorgetragen und unter Beweis gestellt", bleibt unklar, welcher Beweisantrag mit welchem Inhalt wann gestellt und in welcher Weise ein bestimmter Beweisantrag vor der abschließenden Entscheidung des [X.] aufrechterhalten worden ist.

6

Soweit der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der angeblichen Nichtbeachtung eines Beweisantrags auch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs behauptet, ist dies ebenfalls unzureichend. Zwar kann als Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 [X.] iVm § 62 [X.] gerügt werden, das Gericht habe wesentliches Vorbringen nicht in Erwägung gezogen. Bezieht sich dieser Vorwurf jedoch auf Beweisanträge und enthält er im [X.] lediglich eine Wiederholung des zu § 103 [X.] Vorgebrachten, so kann die Beschwerde hierauf nicht gestützt werden, weil die in § 160 Abs 2 [X.] [X.] geregelte Beschränkung nicht über den Umweg des § 62 [X.] erweitert werden darf (vgl [X.], Beschlüsse vom 28.7.1992 - 2 BU 37/92 -, vom [X.] - [X.] [X.] B - [X.] 3-1500 § 160 [X.] 22 und vom 3.12.2010 - B 12 KR 11/10 B).

7

Keine formgerechte Bezeichnung eines Verfahrensmangels enthält auch das Vorbringen, der Kläger sehe in dem vorliegenden Verfahren seine Glaubwürdigkeit in Frage gestellt. Insoweit ist nicht beachtet, dass nach § 160 Abs 2 [X.] [X.] der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 S 1 [X.] (Entscheidung des Gerichts nach freier, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnener Überzeugung) gestützt werden kann.

8

Das Beschwerdevorbringen genügt schließlich den Anforderungen des § 160a Abs 2 [X.] [X.] schon deshalb nicht, weil nicht schlüssig dargelegt ist, dass die angefochtene Entscheidung des [X.] auf einem etwaigen Verfahrensmangel beruhen kann. In der Beschwerdebegründung wird der zugrundeliegende Sachverhalt nur unvollständig und nur aus der Sicht des [X.] geschildert; es bleibt unklar, wie im Einzelnen das [X.] aufgrund welcher tatsächlicher Feststellungen und welcher Rechtsgrundlagen entschieden hat. Eine Bezugnahme auf vorinstanzliche Schriftsätze reicht nicht aus (vgl Beschluss des Senats vom 12.11.2008 - [X.] [X.] 125/08 B). Damit kann der Senat allein aufgrund der Angaben der Beschwerdebegründung nicht beurteilen, wie ein etwa vorliegender Verfahrensmangel die angefochtene Entscheidung beeinflusst haben kann. Es ist nicht Aufgabe des [X.], sich selbst anhand des Urteils und der Akten ein Urteil darüber zu bilden (vgl [X.] [X.] 1500 § 160a [X.]; stRspr).

9

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 [X.]).

Die unzulässige Beschwerde ist zu verwerfen (§§ 160a Abs 4 S 1, 169 [X.]).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 [X.].

Meta

B 11 AL 59/12 B

22.10.2012

Bundessozialgericht 11. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AL

vorgehend SG Frankfurt, 1. Dezember 2010, Az: S 1 AL 14/06, Urteil

§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 62 SGG, § 103 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 22.10.2012, Az. B 11 AL 59/12 B (REWIS RS 2012, 2111)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2111

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