Bundespatentgericht, Beschluss vom 12.02.2015, Az. 25 W (pat) 27/13

25. Senat | REWIS RS 2015, 15532

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Knallbrause" – Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2009 063 284.7

hat der 25. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung am 12. Februar 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.], der Richterin [X.] und des Richters Schmid

beschlossen:

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Bezeichnung

2

[X.]

3

ist am 27. Oktober 2009 unter der Nummer 30 2009 063 284.7 beim [X.] für die folgenden Waren der Klassen 30 und 32 angemeldet worden:

4

Klasse 30: Aromastoffe [pflanzliche], für Getränke, ausgenommen ätherische Öle; Backpulver; Backwaren [fein]; Biskuits; Bonbons; Brauselutscher; Brioches [Gebäck]; Brot; Brötchen; Butterkekse; Cornflakes; diätetische Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel für nicht medizinische Zwecke auf der Basis von Kohlenhydraten, Ballaststoffen, unter der Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in Klasse 30 enthalten;  Eiscreme; Eistee; Erdnusskonfekt; Fondants [Konfekt]; Fruchtgummi; Fruchtsaucen; Gebäck; Geleefrüchte [Süßwaren]; Grütze für [X.]; Getränke auf der Basis von Tee; Gewürze; Honig; [X.] [Speiseeis]; Kaffee; Kakao; Kakaoerzeugnisse; Kakaogetränke; Kandiszucker für [X.]; Karamellen; Kaugummi (nicht für medizinische Zwecke); Kekse; Kleingebäck; Konditorwaren; Konfekt; Kräcker [Gebäck]; Kuchen; Kuchenmischungen [pulverförmig]; Lakritz [Süßwaren]; Lakritzenstangen [Süßwaren]; Lebkuchen; Lutscher; Makronen [Gebäck]; Maltose; Mandelkonfekt; Marzipan; Milchschokolade [Getränk]; Pastillen [Süßwaren]; [X.] [Gebäck]; Pfefferminz für Konfekt; Pudding; [X.]; Schleckbrause; Schokolade; Schokoladegetränke; Sorbets [Speiseeis]; Speiseeis; Süßwaren; Schaumgummi [Süßwaren]; Traubenzucker (für [X.]) sowohl lose als auch als [X.]; Weingummi; Zuckermandeln; Zuckerwaren; Zuckerwaren als Christbaumschmuck, Zwieback.

5

Klasse 32: Brausegranulat; Brausekomprimat; Brausepulver.

6

Die Markenstelle für Klasse 30 des [X.]s hat die Anmeldung durch Beschluss vom 29. Juni 2010 teilweise zurückgewiesen. Auf die hiergegen gerichtete Erinnerung hat die Markenstelle durch Beschluss vom 6. Februar 2013 den angegriffenen Beschluss im Umfang der Zurückweisung der Anmeldung für die Waren „Lebkuchen; Pfefferminz für Konfekt“ aufgehoben. Die Erinnerung der Anmelderin blieb dagegen ohne Erfolg, soweit die Anmeldung im [X.] in Bezug auf folgende Waren zurückgewiesen worden ist:

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Klasse 30: Aromastoffe [pflanzliche], für Getränke, ausgenommen ätherische Öle; Bonbons; Brauselutscher; Fondants [Konfekt]; Fruchtgummi; Fruchtsaucen; Geleefrüchte [Süßwaren]; Grütze für [X.]; Kaugummi (nicht für medizinische Zwecke); Konfekt; Lakritz [Süßwaren]; Lakritzstangen [Süßwaren]; Lutscher; Schleckbrause; Süßwaren; Schaumgummi [Süßwaren]; Traubenzucker (für [X.]) sowohl lose als auch als [X.]; Weingummi; Zuckerwaren; Zuckerwaren als Christbaumschmuck

8

Klasse 32: Brausegranulat; Brausekomprimat; Brausepulver.

9

Nach Auffassung der Markenstelle fehlt der angemeldeten Marke in Bezug auf diese Waren die Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Das Wort „[X.]“ sei eine sprachüblich gebildete und tatsächlich verwendete Wortkombination, die das angesprochene Publikum im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Waren ausschließlich als schlagwortartigen Sachhinweis auf eine vorwiegend pulverförmige Zuckerware verstehe, deren Verzehr einen Knalleffekt im Mundraum auslöst. Die angemeldete Bezeichnung werde für „Schleckbrause; Brausegranulat; Brausekomprimat; Brausepulver“ als Angabe der Art der Ware aufgefasst. In Bezug auf „Bonbons, Brauselutscher; Fondants (Konfekt); Fruchtgummi; Fruchtsaucen; Geleefrüchte; Grütze für [X.]; Kaugummi; Konfekt; Lakritz (-stangen); Lutscher; Süßwaren; Schaumgummi; Weingummi, Zuckerwaren (als Christbaumschmuck)“ werde sie als Hinweis darauf verstanden, dass sie [X.] enthalten. Betreffend „Aromastoffe für Getränke; Traubenzucker“ werde sie als eine Zutat wahrgenommen, die zur Zubereitung von [X.] verwendet werde. Ausweislich verschiedener, der Anmelderin zur Kenntnis gebrachter [X.] sei die angemeldete Bezeichnung nicht als Wortneubildung einzuordnen. Unabhängig davon werde sie aber nicht als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst, weil der sachbezogene Bedeutungsgehalt des Zeichens unmittelbar erkennbar sei.

Hiergegen hat die Anmelderin Beschwerde erhoben. Sie hält die angemeldete Marke in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren für schutzfähig. Der Ausdruck „[X.]“ werde nicht als Sachangabe verwendet und habe keinen feststehenden Bedeutungsgehalt. Die Kombination der Wortbestandteile „Brause“, der für „Dusche“, „Limonade“ oder „Pulver zur Herstellung von Erfrischungsgetränken“ stehe, und „Knall“, der ein plötzlich auftretendes, lautes Geräusch bezeichne, sei mehrdeutig und entziehe sich einem unmittelbar warenbeschreibenden Wortverständnis. Aus diesem Grund stehe der Eintragung des angemeldeten Zeichens weder das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 noch dasjenige nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegen.

Auch nach dem [X.] vom 19. Dezember 2014, in dem die Anmelderin unter Übersendung diverser Unterlagen zur Verwendung des Begriffs „[X.]“ auf Zweifel an den Erfolgsaussichten der Beschwerde insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] aufmerksam gemacht worden ist, hat sie an ihrer Auffassung festgehalten und weiter ausgeführt, dass die betroffenen Waren überwiegend keine Brausebestandteile enthielten oder die Zugabe dieser Bestandteile jedenfalls nicht Gegenstand einer im Rahmen der Präsentation derartiger Waren üblichen Sachangabe sei.

Die Anmelderin beantragt,

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 30 des [X.]s vom 29. Juni 2010 und vom 6. Februar 2013 aufzuheben, soweit die Anmeldung bzw. die Erinnerung zurückgewiesen worden ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung steht bezogen auf die beschwerdegegenständlichen Waren das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegen. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher im Ergebnis zu Recht gemäß § 37 Abs. 1 [X.] zurückgewiesen.

Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, welche ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der [X.] der (beanspruchten) Waren oder der Erbringung der (beanspruchten) Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Die mit Art. 3 Abs. 1 Buchst. c Markenrichtlinie übereinstimmende Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] verfolgt vor allem das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass Zeichen oder Angaben, die Merkmale der beanspruchten Waren beschreiben können, von [X.] frei verwendet werden können. Sie erlaubt es daher nicht, dass die Verfügung über solche Zeichen und Angaben infolge ihrer Eintragung nur einem Unternehmen vorbehalten wird. Entscheidendes Kriterium für den Ausschluss der Eintragung ist allein die Eignung einer Bezeichnung zur beschreibenden Verwendung (vgl. [X.] GRUR 1999, 723, Rn. 25, 30 – [X.]; [X.], 146, Rn. 31 f. – [X.]; [X.], 272, Rn. 9, 17 – Rheinpark-Center Neuss).

Für die Beurteilung der Eignung als beschreibende Angabe ist auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers als maßgebliche Verkehrskreise abzustellen (vgl. [X.] GRUR 1999, 723, Rn. 29 – [X.]; [X.], 411, Rn. 24 – Matratzen Concord). Dabei ist auf das Verkehrsverständnis zum Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens abzustellen (vgl. [X.], 1143, Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten).

Auf dieser Grundlage stellt die angemeldete Bezeichnung "[X.]“ in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren der Klassen 30 und 32 eine zur Beschreibung von Merkmalen der Waren geeignete Angabe i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] dar.

Das Wort „[X.]“ war bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung eine übliche Bezeichnung für „knisterndes Brausepulver“. „Brausepulver“ besteht vorrangig aus Natron und Wein- oder Zitronensäure (vgl. [X.]-Auszug, [X.]age 2 zum [X.] vom 19. Dezember 2014). Der Anfangswortbestandteil „Knall-“ benennt in werbesprachlich übertreibender Form ein knisterndes Geräusch, das entsteht, wenn das Brausepulver mit Flüssigkeit bzw. dem Mundspeichel in Kontakt kommt und dadurch aufplatzt (vgl. die Erläuterung gemäß [X.]age 3 zum [X.]). Die tatsächliche Verwendung dieses auch lexikalisch belegten Begriffs (vgl. [X.], Auszug als [X.]age 1 zum [X.] übermittelt) ist insbesondere auch vor dem Anmeldetag umfangreich nachgewiesen (vgl. die [X.]agen zum Beanstandungsbescheid vom 3. März 2010, [X.]agen 4 und 5 zum Beschluss der Markenstelle vom 6. Februar 2013 sowie die [X.]agen 3 – 5 zum [X.]). „[X.]“ - Angebote und mit „[X.]“ angereicherte Süßwaren sind unter dieser Bezeichnung bereits seit den 80er Jahren eingeführt (vgl. [X.]age zum Beschluss der Markenstelle vom 29. Juni 2010; vgl. auch [X.] „Knallzucker“). Zuletzt ist Brausepulver mit Knalleffekt durch die Molekulargastronomie aufgegriffen und vielfältigen weiteren Anwendungen zugeführt worden (vgl. [X.]age 4 zum Beschluss der Markenstelle vom 6. Februar 2013 und [X.]agen 4, [X.]. [X.], und 5 zum [X.]).

In dieser Bedeutung ist die angemeldete Wortmarke geeignet, die beschwerdegegenständlichen Waren „Aromastoffe (pflanzliche), für Getränke, ausgenommen ätherische Öle; Bonbons; Brauselutscher; Lutscher; Schleckbrause; Süßwaren“ und „Brausegranulat; Brausekomprimat; Brausepulver“, die begrifflich die Warengattung „[X.]“ umfassen, in Bezug auf ihre Art gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] zu bezeichnen.

„[X.]“ kann darüber hinaus anderen Süßwaren zugegeben werden und dadurch diese Waren durch eine ungewöhnliche gustatorische und sensuelle Wirkung aufwerten. Die Verwendung von Brausepulverstandteilen in Schokolade, Dessert ([X.]. 4 [X.], [X.]. 43 d.A.), Konfekt ([X.]. 4, [X.]. 46 d.A.), [X.] ([X.]. 4, [X.]. 53 d.A.), Fruchtgummi ([X.]. 4, [X.]. 54 d.A.), Traubenzucker (Auszug in der mündlichen Verhandlung übergeben) ist belegt. Angesichts der langjährigen Bekanntheit von „[X.]“ als Bestandteil zur Verfeinerung verschiedener Süßwaren und zur Bereicherung des Süßwarensortiments war bereits zum Anmeldungszeitpunkt der Marke vernünftigerweise mit einer Nutzung auch für andere Süßwaren zu rechnen. Insofern ist der Begriff geeignet, einen erheblichen und regelmäßig werblich herausgestellten Teilaspekt der [X.] anzugeben (vgl. [X.], 872, Rn. 31 - [X.]), soweit die Anmeldung die Waren „Fondants [Konfekt]; Fruchtgummi; Fruchtsaucen; Geleefrüchte [Süßwaren]; Grütze für [X.]; Kaugummi (nicht für medizinische Zwecke); Konfekt; Lakritz [Süßwaren]; Lakritzstangen [Süßwaren]; Schaumgummi [Süßwaren]; Traubenzucker (für [X.]) sowohl lose als auch als [X.]; Weingummi; Zuckerwaren; Zuckerwaren als Christbaumschmuck“ beansprucht.

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

Meta

25 W (pat) 27/13

12.02.2015

Bundespatentgericht 25. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 12.02.2015, Az. 25 W (pat) 27/13 (REWIS RS 2015, 15532)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 15532

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