Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.12.2003, Az. IXa ZB 207/03

IXa- Zivilsenat | REWIS RS 2003, 239

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BUNDESGERICHTSHOFBESCHLUSSIXa [X.]/03vom12. Dezember 2003in dem [X.]: ja[X.]Z: nein_____________________ZPO § 850c; [X.] § 54 Abs. 4Sozialleistungsansprüche nicht erwerbstätiger Schuldner, die nach § 54Abs. 4 [X.] wie Arbeitseinkommen pfändbar sind, unterliegen den pau-schalierten [X.] des § 850c ZPO ohne Abschläge für [X.].[X.], Beschluß vom 12. Dezember 2003 - IXa [X.]/03 -LG [X.] des [X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], von [X.] die Richterin Dr. Kessal-Wulfam 12. Dezember 2003beschlossen:Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der12. Zivilkammer des [X.] vom 26. [X.] wird auf Kosten der Gläubigerin zurückgewiesen.Wert: bis 1.200 Gründe:[X.] Die Gläubigerin erwirkte vor dem Amtsgericht wegen einer For-derung in Höhe von 1.004,16 i-nen Pfändungs- und [X.], der die gegenwärtigen undkünftigen Ansprüche des Schuldners gegen die Drittschuldnerin [X.] und Altersruhegelder sowie Pensionen in Höhe der nach § 54Abs. 4 [X.] i.V. mit § 850c ZPO pfändbaren Beträge zum [X.]. Mit der Begründung, der Schuldner stehe nicht mehr im [X.], sondern beziehe bereits Rentenleistungen, beantragte die Gläubi-gerin, die Pfändungsfreigrenze um die Pauschalen herabzusetzen, dieder Gesetzgeber bei der Bemessung des dem Schuldner monatlich zu-- 3 -stehenden Selbstbehalts für die Kosten der Fahrten zur Arbeitsstätte(51,13 ) )[X.] Amtsgericht hat den Antrag als unzulässig zurückgewiesen. Die [X.] Beschwerde der Gläubigerin ist vor dem [X.]. Dagegen wendet sie sich mit ihrer - zugelassenen - Rechts-beschwerde.I[X.] Das gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2, § 575 ZPO statt-hafte und auch im übrigen zulässige Rechtsmittel ist [X.] Nach Auffassung des [X.] fehlt es an einerRechtsgrundlage für die von der Gläubigerin erstrebte Absenkung [X.]. Nach dem Gesetz (§ 850c Abs. 4 ZPO) könne sielediglich beantragen, den Ehegatten des Schuldners, der über eigenesEinkommen verfüge, bei der Bemessung des Freibetrages als unter-haltsberechtigte Person unberücksichtigt zu lassen. Weitere Ausnahmenhabe der Gesetzgeber, der die Pfändungsfreigrenzen pauschal [X.] wollen, um das Vollstreckungsverfahren zu vereinfachen undseine Funktionsfähigkeit zu erhalten, nicht vorgesehen. Die Gläubigerinverkenne, daß durch die Pauschalierung neben einer Herabsetzung aucheine Heraufsetzung der Pfändungsfreigrenze auf Antrag des Schuldnersausgeschlossen sei.Dem hält die Rechtsbeschwerde entgegen, zwar habe sich [X.] bei Festsetzung des unpfändbaren Betrages bewußt für ei-ne Pauschalierung entschieden. Das zuständige Vollstreckungsorgankönne aber ohne größeren Aufwand zwischen erwerbstätigen und nicht- 4 -erwerbstätigen Schuldnern unterscheiden, ein Abzug der für [X.] vorgesehenen Pauschalen sei daher ohne weiteres möglich. [X.], die Freibeträge für Aufwendungen [X.] nehmen könnten, die sie tatsächlich nicht hätten, und [X.] sei durch keinen sachlichen Grund gerechtfertigt und ver-stoße gegen Art. 3 I GG. Der Gläubiger werde unangemessen benach-teiligt, da er seine Außenstände nicht realisieren könne, obwohl [X.] auf den [X.] in voller Höhe nicht angewiesensei. Die §§ 850a bis 850i ZPO regelten unmittelbar nur die Pfändung [X.]. Auf Rentenbezüge seien sie lediglich infolge der in§ 54 Abs. 4 [X.] enthaltenen Verweisung anwendbar. Bei Heraufset-zung des pfändungsfreien Anteils des Arbeitseinkommens im Zuge dergesetzlichen Neuregelung zum 1. Januar 2002 sei übersehen worden,daß die Freibeträge nicht für Rentenempfänger gelten könnten, bei de-nen das gesetzgeberische Ziel, den Schuldner zu weiterer Erwerbstätig-keit anzuhalten, von vornherein nicht erreicht werden könne. Es sei [X.] Aufgabe der Rechtsprechung, berichtigend einzugreifen und [X.] in entsprechender Anwendung des § 850c Abs. 4 ZPO [X.] zuzubilligen, die Kürzung der Freibeträge um die Pauschale fürberufsbedingte Mehrausgaben zu [X.] Der Standpunkt der Rechtsbeschwerde kann nicht überzeugen.a) Das Beschwerdegericht ist zutreffend davon ausgegangen, [X.] Gläubigerin keine Herabsetzung der Pfändungsfreigrenze [X.]. Ein solches Recht sehen die §§ 850 ff. ZPO nur unter [X.] vor, die vorliegend nicht gegeben sind. So kann [X.] auf Antrag des Gläubigers nach billigem Ermessen- 5 -bestimmen, daß eine Person, welcher der Schuldner aufgrund gesetzli-cher Verpflichtung Unterhalt gewährt, bei der Berechnung des unpfänd-baren Teils des Arbeitseinkommens ganz oder teilweise unberücksichtigtbleibt, wenn sie über eigene Einkünfte verfügt (§ 850c Abs. 4 ZPO). [X.] ermöglicht § 850f Abs. 2 ZPO auf Antrag des Gläubigers dem [X.], bei der Zwangsvollstreckung wegen einer [X.] einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, den pfändba-ren Teil des Arbeitseinkommens ohne Rücksicht auf die in § 850c ZPOvorgesehene Beschränkung zu bestimmen, wenn dem Schuldner sovielbelassen wird, wie er für seinen notwendigen Unterhalt und zur [X.] laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten bedarf. Nach § 850fAbs. 3 ZPO kann im Falle einer Zwangsvollstreckung wegen anderer alsder in Abs. 2 der Vorschriften bezeichneten Forderungen und der in§ 850d ZPO aufgeführten Unterhaltsansprüche die Pfändbarkeit unterBerücksichtigung der Belange des Gläubigers und des Schuldners [X.] nach freiem Ermessen festgesetzt werden, wennsich das Arbeitseinkommen des Schuldners auf mehr als monatlich2.815 [X.] einem Arbeitseinkommen von 2.815 850c ZPO ergeben wür-de. Kann sich ein Gläubiger auf die genannten Vorschriften nicht beru-fen, ist er weder bei Erlaß des Pfändungs- und [X.] noch zu einem späteren Zeitpunkt (§ 850g ZPO) berechtigt, eine [X.] Pfändung der Einkünfte des Schuldners zu beantragen.b) Der Rechtsbeschwerde ist nicht darin zu folgen, der Gläubigerinmüsse ein solches Antragsrecht in entsprechender Anwendung des§ 850c Abs. 4 ZPO zugebilligt werden. Es fehlt bereits an der dafür er-forderlichen gesetzlichen Regelungslücke. Nach § 54 Abs. 4 [X.] sind- 6 -Ansprüche auf laufende Sozialleistungen, die in Geld zu erbringen sind,"wie Arbeitseinkommen" pfändbar. Damit unterliegen die Rentenansprü-che des Schuldners gegen die Drittschuldnerin den §§ 850 ff. ZPO; ihrpfändungsfreier Teil bestimmt sich nach § 850c ZPO ([X.], [X.] § 54 [X.]. 11; Wannagat/[X.], [X.] § 54 [X.]. 9; [X.]/[X.], [X.] K § 54 [X.]. 26; [X.], [X.] 3. Aufl. § 54[X.]. 20; [X.] in: [X.] § 54 [X.][X.]. 7.4; Stöber, Forderungspfändung 13. Aufl. [X.]. 1362; vgl. auchBSGE 61, 274, 276 f.). Anderweitige Bestimmungen, die die [X.] laufenden, auf Geld gerichteten Sozialleistungsansprüchen betreffenund ihren Besonderheiten Rechnung tragen, enthält das [X.] - über dieRegelung in § 54 Abs. 4 hinaus - nicht.Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde beruht dies nicht aufeinem Versehen des Gesetzgebers. Denn er hat sich auch an andererStelle dafür entschieden, die Einkünfte von erwerbstätigen und nicht(mehr) erwerbstätigen Schuldnern vollstreckungsrechtlich gleichzuset-zen. Zu den Arbeitseinkommen im Sinne des § 850 ZPO, die nach [X.] der §§ 850a bis 850i ZPO gepfändet werden können, zählen [X.] 2 und 3 der Vorschrift unter anderem Dienst- und Versor-gungsbezüge der Beamten, Ruhegelder und ähnliche nach dem [X.] oder dauernden Ausscheiden aus dem Dienst oder [X.] gewährte fortlaufende Einkünfte sowie Renten, die aufgrund vonVersicherungsverträgen gewährt werden, wenn die Verträge zur [X.] oder eines unterhaltsberechtigten An-gehörigen eingegangen worden sind. Unbeschadet des versorgungs-rechtlichen Charakters dieser Ansprüche ist § 850c ZPO auf sie an-wendbar, sofern nicht die Sonderregelungen für Ansprüche auf [X.] 7 -(§ 850d ZPO) und aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung (§ 850f Abs. [X.]) vorgehen (vgl. [X.]/[X.], ZPO 25. Aufl. § 850c [X.]. [X.]/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz 3. Aufl.§ 850 ZPO [X.]. 10, 12; [X.]/Stöber, ZPO 24. Aufl. § 850 [X.]. 17; [X.]/[X.], ZPO 3. Aufl. § 850 [X.]. 3, 4). Für [X.], die gemäß § 54 Abs. 4 [X.] "wie Arbeitseinkommen" (§ 850 ZPO)pfändbar sind, gilt nichts anderes.c) In welcher Höhe Arbeitseinkommen - oder ihm gleichgestellteSozialleistungsansprüche - pfändbar sind, ist § 850c Abs. 1, 2 und 3 [X.] mit der dem Gesetz als Anlage beigefügten Tabelle zu [X.]. Der Gesetzgeber hat darin feste Beträge bestimmt, die denpfändungsfreien Teil des Arbeitseinkommens ausmachen. An sie ist [X.] grundsätzlich gebunden. Von ihnen kann nur nachMaßgabe des § 850c Abs. 4 sowie des § 850f Abs. 2 und 3 ZPO zu-gunsten des Gläubigers und des § 850f Abs. 1 ZPO zugunsten [X.] abgewichen werden. Soweit der Gesetzgeber in den Gesetz-gebungsmaterialien (Gesetzesbegründung zum Entwurf eines7. Gesetzes zur Änderung der Pfändungsfreigrenzen, [X.]/6812, 9) offengelegt hat, wie sich die für Arbeitseinkommen geltendenPfändungsfreigrenzen ermitteln, handelt es sich um [X.], die im Gesetz selbst nur mit ihrem Endbetrag, nicht aber mit ihrenEinzelposten Niederschlag gefunden haben. Schon deshalb verbietet essich, von den in § 850c ZPO nebst der dazugehörigen Tabelle vorgege-benen Beträgen Abschläge vorzunehmen, weil der Schuldner, wie [X.] geltend macht, keiner Erwerbstätigkeit nachgeht [X.] keine Fahrtkosten zu seiner Arbeitsstätte entstehen. Soweit der Ge-setzgeber in den aufgeführten Vorschriften Abweichungen zuläßt, tragen- 8 -diese den Belangen des Gläubigers abschließend Rechnung. Soweit siezugunsten des Schuldners gelten, sind sie darin begründet, daß [X.] Ausdruck des Sozialstaatsprinzips das Existenzminimum zu belassenist. Eine Pfändungsmaßnahme darf im - die Zwangsvollstreckungsmög-lichkeiten des Gläubigers beschränkenden - Interesse der Allgemeinheitnicht dazu führen, daß der Schuldner seinen notwendigen Lebensunter-halt ganz oder teilweise aus öffentlichen Mitteln der Sozialhilfe bestreitenmuß (vgl. BT-Drucks. aaO S. 8 f., 40; [X.]/Walker, aaO [X.]. 3 f.).Die von der Rechtsbeschwerde vertretene Lesart der §§ 850, 850cZPO widerspräche schließlich dem Bestreben des Gesetzgebers, [X.] praktikabel zu gestalten und die Durchsetzung [X.] nicht unzumutbar zu erschweren. Er hat sich deshalb füreine Pauschalierung der pfändungsfreien Beträge entschieden und ihreStaffelung nach personenbezogenen Elementen ausdrücklich abgelehnt(BT-Drucks. aaO S. 8).Kreft Raebel Boetticher v. Lienen Kessal-Wulf

Meta

IXa ZB 207/03

12.12.2003

Bundesgerichtshof IXa- Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.12.2003, Az. IXa ZB 207/03 (REWIS RS 2003, 239)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 239

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