Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 30.10.2012, Az. 1 ABR 64/11

1. Senat | REWIS RS 2012, 1815

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Gegenstand

Unzulässige Beschwerde


Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des [X.] vom 1. Juli 2011 - 8 [X.] - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die [X.]eteiligten streiten über die gerichtliche Durchsetzung des [X.] einer Einigungsstelle.

2

Die Arbeitgeberin betreibt ein Unternehmen, das bundesweit Dienstleistungen im [X.]ereich des Geld- und Werttransportes erbringt. Antragsteller ist der im [X.] gebildete [X.]etriebsrat.

3

Im Dezember 2008 errichteten die [X.]etriebsparteien eine Einigungsstelle zum Thema „Gefährdungsbeurteilung und Unterweisung“. In ihrer achten Sitzung fasste diese mehrheitlich den [X.]eschluss, alle Arbeitsplätze der [X.] und ausgesuchte andere Arbeitsplätze gemeinsam zu begehen. Dabei sollten [X.]. auch die Arbeitsplätze an Geldausgabeautomaten in Augenschein genommen sowie die Arbeitsplätze der Fahrer beladener Transporte in einer [X.] besichtigt werden. Zu der beschlossenen [X.]esichtigung der Arbeitsplätze ist es bislang nicht gekommen.

4

Der [X.]etriebsrat hat geltend gemacht, die Arbeitgeberin habe die [X.]egehung der in dem Zwischenbeschluss der Einigungsstelle aufgeführten Arbeitsplätze durch die Mitglieder der Einigungsstelle zu dulden. Ohne die beschlossenen Ortsbesichtigungen könnten die Gefährdungspotenziale der Arbeitsplätze nicht abschließend beurteilt werden.

5

Der [X.]etriebsrat hat beantragt,

        

der Arbeitgeberin aufzugeben, unter Androhung eines Ordnungsgeldes, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die Durchführung des [X.]eschlusses der Einigungsstelle zum Regelungsgegenstand „Gefährdungsbeurteilung und Unterweisung“ zu dulden, der wie folgt lautet: Es soll nunmehr eine gemeinsame [X.]egehung der Einigungsstelle aller Arbeitsplätze der Geschäftsstelle [X.] am [X.]etriebsstandort [X.], einschließlich der [X.]üroarbeitsplätze, ebenso stattfinden, wie auch der exemplarisch ausgesuchten Arbeitsplätze an den [X.] (Geldausgabe-Automaten)-Standorten S, [X.] sowie [X.]. Weiterhin soll die Einigungsstelle als [X.]eispiel für Arbeitsplätze der Fahrer beladene Geldtransporter in der [X.] besichtigen, die nachmittags zwischen ca. 13:00 bis 15:00 Uhr von ihrer Tour in der Geschäftsstelle [X.] ankommen, bevor die Ladung mit dem Geld in der [X.] entladen wird. Exemplarisch hierfür sollen die unterschiedlich beladenen Fahrzeuge (mit 3,5 Tonnen) der Tour Nr. 50 ([X.]rtgeld), der Tour Nr. 2 (normale Mischtour) und der LZ[X.] ([X.] Nr. 25 (mit einem LKW von 12 Tonnen als Fahrzeug) besichtigt werden.

6

Die Arbeitgeberin hat Antragsabweisung beantragt.

7

Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen. Das [X.] hat die [X.]eschwerde des [X.]etriebsrats zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt dieser sein [X.]egehren weiter.

8

[X.]. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet, weil bereits die [X.]eschwerde des [X.]etriebsrats gegen den erstinstanzlichen [X.]eschluss des Arbeitsgerichts unzulässig war.

9

I. Die Zulässigkeit der [X.]eschwerde ist eine vom Rechtsbeschwerdegericht von Amts wegen zu prüfende Prozessfortführungsvoraussetzung für die Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens (vgl. [X.]AG 27. Juli 2010 - 1 [X.] - Rn. 17, [X.] 2010, 1446).

II. Die [X.]eschwerde des [X.]etriebsrats gegen den [X.]eschluss des Arbeitsgerichts war unzulässig.

1. Nach § 89 Abs. 2 Satz 2 ArbGG iVm. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO ist Voraussetzung einer ordnungsgemäßen [X.]eschwerdebegründung die [X.]ezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Die [X.]eschwerdebegründung muss sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen [X.]eschlusses befassen. Allgemeine, formelhafte Wendungen genügen hierfür nicht. Auch darf sich der [X.]eschwerdeführer nicht darauf beschränken, seine Rechtsausführungen aus den Vorinstanzen zu wiederholen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der [X.]eschwerdeführer die angefochtene Entscheidung im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und mit [X.]lickrichtung auf die Rechtslage durchdenkt (vgl. [X.]AG 27. Juli 2010 - 1 [X.] - Rn. 13, [X.] 2010, 1446).

2. Diesen Anforderungen genügt die [X.]eschwerdebegründung des [X.]etriebsrats nicht. Der [X.]etriebsrat hat hierin lediglich seine Rechtsauffassung dargelegt, ohne sich mit den [X.]egründungsansätzen des Arbeitsgerichts zur Unzulässigkeit des Antrags auseinanderzusetzen.

a) Das Arbeitsgericht hat zur [X.]egründung der Antragsabweisung ausgeführt, der Antrag des [X.]etriebsrats sei schon deshalb unzulässig, weil das Einigungsstellenverfahren noch nicht abgeschlossen sei und der [X.]etriebsrat dessen Fortsetzung verlangen könne. Des Weiteren hat es angenommen, es gebe keine Rechtsgrundlage dafür, dass der [X.]etriebsrat für die Einigungsstelle mithilfe des Gerichts als Vollstreckungsorgan fungiere. [X.]eschlüsse der Einigungsstelle seien kraft Gesetzes nicht vollstreckungsfähig. Auch für [X.] sei von Gesetzes wegen eine Zwangsvollstreckung nicht vorgesehen. Die Durchsetzung solcher [X.]eschlüsse könne mangels gesetzlicher Grundlage auch nicht durch das Arbeitsgericht erzwungen werden.

b) In der [X.]eschwerdebegründung wendet sich der Kläger zunächst gegen die Auffassung des Arbeitsgerichts, der Antrag sei unzulässig, weil das Einigungsstellenverfahren nicht abgeschlossen sei. Hierzu macht er geltend, die Fortsetzung des [X.] habe mit dem anhängigen [X.]eschlussverfahren nichts „gemeinsam“. Dies ergebe sich bereits aus dem Regelungsgegenstand der Einigungsstelle, der sich nicht nur auf die Gefährdungsbeurteilung, sondern auch auf die Unterweisung beziehe. Schon wegen der bisher nicht verhandelten Unterweisung sei die Einigungsstelle fortzusetzen, ohne dass sich dies negativ auf das anhängige [X.]eschlussverfahren auswirken dürfe. Im [X.] daran meint er, es könne nicht sein, dass die Einigungsstelle [X.] bleibe, weil sich die Arbeitgeberin weigere, der Durchführung des [X.] zuzustimmen. Da es sich bei der angestrebten [X.]etriebsvereinbarung um eine „gestaltende [X.]etriebsvereinbarung“ handele und diese Gestaltung durch die Einigungsstelle erst erfolgen könne, wenn diese sich über alle erforderlichen Tatsachen ein eigenes [X.]ild verschafft habe, sei es Aufgabe einer der [X.]etriebsparteien der Einigungsstelle die Durchsetzung eines [X.] zu ermöglichen. Soweit [X.]eschlüsse der Einigungsstelle kraft Gesetzes nicht selbst vollstreckungsfähig seien, müsse für den [X.]etriebsrat die Möglichkeit gegeben sein, diese [X.]eschlüsse gerichtlich erwirken zu können, um sicherzustellen, dass der gesetzliche Auftrag, die Einigung vollständig abzuschließen, erfüllt werden könne.

c) Damit legt der [X.]etriebsrat lediglich seine Rechtsauffassung dar. Mit der [X.]egründung des Arbeitsgerichts zur fehlenden Anspruchsgrundlage für sein [X.]egehren setzt er sich an keiner Stelle inhaltlich auseinander. Seine [X.]eschwerdebegründung erschöpft sich in der pauschalen [X.]ehauptung, es könne nicht sein, dass der Zwischenbeschluss der Einigungsstelle nicht gerichtlich durchgesetzt werden könne. Erst in dem nach Ablauf der [X.]eschwerdebegründungsfrist als Replik auf die [X.]eschwerdebeantwortung der Arbeitgeberin eingegangenen Schriftsatz vom 28. Juni 2011 hat der [X.]etriebsrat geltend gemacht, ein derartiger „Durchsetzungsanspruch“ müsse sich zumindest aus „§ 76 [X.]etrVG iVm. § 242 [X.]G[X.]“ ergeben. Hierdurch wird jedoch der Mangel der [X.]eschwerdebegründung nicht geheilt.

        

    Schmidt    

        

    Koch    

        

    [X.]    

        

        

        

    Manfred Genz    

        

    N. Schuster    

                 

Meta

1 ABR 64/11

30.10.2012

Bundesarbeitsgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG Berlin, 22. Februar 2011, Az: 38 BV 10891/10, Beschluss

§ 89 Abs 2 S 2 ArbGG, § 520 Abs 3 S 2 Nr 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 30.10.2012, Az. 1 ABR 64/11 (REWIS RS 2012, 1815)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1815

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