Bundesgerichtshof, Beschluss vom 05.02.2020, Az. 2 StR 517/19

2. Strafsenat | REWIS RS 2020, 1358

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Gegenstand

Berücksichtigung der Sicherstellung der zum Weiterverkauf bestimmten Betäubungsmittel im Rahmen der Strafzumessung


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 9. Juli 2019 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,

a) im gesamten Strafausspruch und

b) soweit die Einziehung des [X.], amtliches Kennzeichen                               , nebst Fahrzeugpapieren und Fahrzeugschlüssel, sowie die Einziehung des [X.], silber, schwarzes Ledercover, angeordnet wurde.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt, Wertersatzeinziehung in Höhe von 33.300 Euro angeordnet, das zur Tatbegehung genutzte Grundstück und den verwendeten Personenkraftwagen [X.]    sowie diverse - im [X.] ebenfalls näher bezeichnete - sichergestellte und beschlagnahmte Gegenstände, darunter ein silberfarbenes [X.] eingezogen. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

2

1. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der [X.] hat im Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

3

2. Der Strafausspruch hat hingegen keinen Bestand.

4

a) Die in sämtlichen drei abgeurteilten Fällen verhängten Einzelstrafen unterliegen schon deshalb der Aufhebung, weil das [X.] sowohl bei Ablehnung der Annahme minder schwerer Fälle im Sinne von § 29a Abs. 2 BtMG als auch bei der anschließenden konkreten Strafzumessung zum Nachteil des Angeklagten rechtsfehlerhaft berücksichtigt hat, der Angeklagte, der „selbst kein Drogenkonsument oder gar drogenabhängig“ war, habe auch „nicht unter dem Eindruck einer existenzbedrohenden finanziellen Notlage“ gehandelt; die Taten „erfolgten vielmehr allein aus Gewinnstreben, wobei sie [...] Züge organisierter Kriminalität trugen“. Diese Formulierungen lassen besorgen, dass die [X.] entgegen § 46 Abs. 3 StGB mit dem Gewinnstreben einen bereits zum Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gehörenden Umstand verwertet hat (vgl. [X.], Beschluss vom 22. Mai 2018 - 4 StR 100/18, NStZ-RR 2018, 286; Senat, Beschlüsse vom 31. Januar 2017 - 2 StR 413/16, [X.], 147 und vom 29. April 2014 - 2 [X.], [X.]R StGB § 46 Abs. 3 Handeltreiben 7). Jedenfalls hat das [X.] hiermit rechtsfehlerhaft das Fehlen möglicher Strafmilderungsgründe zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt (vgl. [X.], Beschluss vom 9. November 2010 - 4 StR 532/10, [X.], 271).

5

b) Hinsichtlich der am 14. Januar 2019 begangenen Tat hat die [X.] zudem nicht in die Strafzumessung eingestellt, dass die zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmten Betäubungsmittel sichergestellt wurden und deshalb nicht in den Verkehr gelangten.

6

Bei diesem Gesichtspunkt handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung des [X.] wegen des damit verbundenen Wegfalls der von Betäubungsmitteln üblicherweise ausgehenden Gefahr für die Allgemeinheit um einen bestimmenden Strafzumessungsgrund, der sowohl bei der [X.] als auch bei der konkreten Strafzumessung zu beachten ist ([X.], Beschluss vom 8. Februar 2017 - 3 [X.], [X.], 117 mwN) und der demzufolge gemäß § 267 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 StPO in den Gründen des Strafurteils angeführt werden muss ([X.], Beschluss vom 5. Juni 2013 - 4 StR 169/13, [X.], 662).

7

c) Das [X.] hat die Einziehung des zur Tatbegehung gebrauchten PKW des Angeklagten auf § 74 Abs. 1 StGB gestützt. Es hat dabei zwar grundsätzlich bedacht, dass eine Maßnahme nach dieser Vorschrift den Charakter einer Nebenstrafe hat und damit eine [X.] darstellt (vgl. [X.], Beschluss vom 19. März 2019 - 3 StR 522/18, [X.], 739). Wird dem Täter auf diese Weise ein ihm zustehender Gegenstand von nicht unbeträchtlichem Wert entzogen, ist dies als bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden Strafe im Wege einer Gesamtbetrachtung der den Täter treffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen (st. Rspr.; Senat, Beschluss vom 5. November 2019 - 2 StR 447/19, juris Rn. 4 mwN siehe auch [X.], 4. Aufl., § 74 Rn. 3). Eine solche Gesamtbetrachtung hat das [X.] indes nicht ausreichend vorgenommen; zu dem Wert des PKW hat es keine Feststellungen getroffen.

8

d) Der Senat kann nicht ausschließen, dass die [X.] bei Beachtung der oben dargelegten Grundsätze die Einzelstrafen milder bemessen hätte. Der Wegfall der Einzelstrafen zieht die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs nach sich.

9

3. Die Einziehungsentscheidung hat hinsichtlich des Personenkraftwagens [X.]     und des silberfarbenen [X.]s keinen Bestand; im Übrigen ist sie rechtsfehlerfrei.

a) Bereits der Wegfall des Strafausspruchs führt - unbeschadet fehlender Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 74f StGB - zur Aufhebung der Einziehungsentscheidung des zur Tatbegehung genutzten PKW; denn diese steht mit der Bemessung der Strafe - wie beschrieben - in einem untrennbaren inneren Zusammenhang (vgl. Senat, Beschluss vom 5. November 2019 - 2 StR 447/19, juris Rn. 6 mwN).

b) Die offensichtlich auf § 74 Abs. 1 StGB gestützte Einziehungsentscheidung hinsichtlich des silberfarbenen [X.] hält rechtlicher Überprüfung ebenfalls nicht stand. Weder kann den Feststellungen und den sie tragenden Beweiserwägungen zweifelsfrei entnommen werden, dass der Angeklagte dieses Mobiltelefon als Tatmittel verwendet hat, noch belegen die Urteilsgründe, dass sich das [X.] des Umstands bewusst gewesen ist, eine Ermessensentscheidung zu treffen.

Franke     

        

Appl     

        

Eschelbach

        

Zeng     

        

Grube     

        

Meta

2 StR 517/19

05.02.2020

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Stralsund, 9. Juli 2019, Az: 22 KLs 10/19

§ 29 Abs 1 S 1 Nr 1 BtMG, § 29a Abs 1 Nr 2 BtMG, § 29a Abs 2 BtMG, § 46 StGB, § 74 Abs 1 StGB, § 267 Abs 2 S 1 Halbs 2 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 05.02.2020, Az. 2 StR 517/19 (REWIS RS 2020, 1358)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 1358

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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