Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.06.2022, Az. I ZR 135/18

1. Zivilsenat | REWIS RS 2022, 3916

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URHEBER- UND MEDIENRECHT URHEBER BUNDESGERICHTSHOF (BGH) MEDIEN SCHADENSERSATZ HAFTUNG INTERNET YOUTUBE

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Gegenstand

Urheberrechtsschutz im Internet: Täterschaftliches Handeln des Betreibers einer Sharehosting-Plattform bei einer rechtswidrigen öffentlichen Wiedergabe; Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung; Pflichten des Betreibers nach Hinweis des Rechtsinhabers auf die rechtswidrige öffentliche Zugänglichmachung - uploaded III


Leitsatz

uploaded III

1. Ergreift der Betreiber einer Sharehosting-Plattform, obwohl er vom Rechtsinhaber darauf hingewiesen wurde, dass ein geschützter Inhalt über seine Plattform rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht wurde, nicht unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen, um den Zugang zu diesem Inhalt durch Löschung oder Sperrung zu verhindern, nimmt er selbst eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 85 Abs. 1 Satz 1 Fall 3 UrhG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/EG vor. Für den durch Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2001/29/EG vollharmonisierten Bereich tritt mithin die Haftung als Täter an die Stelle der bisherigen Störerhaftung (im Anschluss an EuGH, Urteil vom 22. Juni 2021 - C-682/18 und C-683/18, GRUR 2021, 1054 Rn. 85 und 102 = WRP 2021, 1019 - YouTube und Cyando).

2. Die schon bisher für die Störerhaftung geltenden, an den Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung zu stellenden Anforderungen sind auf die Prüfung der öffentlichen Wiedergabe übertragbar.

3. Die zur täterschaftlichen Haftung des Betreibers einer Sharehosting-Plattform wegen einer öffentlichen Wiedergabe im Sinne von § 85 Abs. 1 Satz 1 Fall 3 UrhG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/EG führende Verletzung der durch einen Hinweis des Rechtsinhabers ausgelösten Prüfungspflicht umfasst neben der Pflicht zur unverzüglichen Verhinderung des Zugangs zur konkret beanstandeten Datei und zu weiteren, im Zeitpunkt der Beanstandung bereits hochgeladenen gleichartigen rechtsverletzenden Inhalten auch die Pflicht zur Vorsorge, dass es künftig nicht zu weiteren gleichartigen Rechtsverletzungen kommt.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] - 5. Zivilsenat - vom 28. Juni 2018 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin ist Tonträgerherstellerin und Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte am Musikalbum "[X.]" der Künstlergruppe "[X.]".

2

Die Beklagte, eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der [X.], betreibt den Share- bzw. File-Hostingdienst "Uploaded", der über die Webseite uploaded.net erreichbar ist. Der Dienst bietet Speicherplatz für den Upload von Dateien beliebigen Inhalts. Für jede hochgeladene Datei erstellt die Beklagte automatisch einen elektronischen Verweis (Download-Link) auf den Dateispeicherplatz und teilt diesen dem Nutzer automatisch mit. Der Dienst der [X.] verfügt nicht über eine Suchfunktion, so dass ein Herunterladen der Dateien nur dann möglich ist, wenn dem Internetnutzer die Internetadresse (URL) bekannt ist. Es ist jedoch unter den Nutzern von Sharehostern weit verbreitet, derartige URLs in Form von Hyperlinks per E-Mail zu verteilen oder auf anderen, von [X.] angebotenen Internetseiten in sogenannten Linksammlungen zu verbreiten. Der Dienst der [X.] kann anonym genutzt werden.

3

Die Nutzung des Dienstes der [X.] ist (eingeschränkt) auch kostenlos möglich. Der Dienst finanziert sich über sogenannte Premiumaccounts und Werbeeinblendungen. Nutzer des Dienstes können dadurch Geld verdienen, dass sie [X.] anwerben oder indem sie sich im Rahmen des sogenannten [X.] das Erreichen bestimmter Downloadzahlen vergüten lassen. Die Seiten der [X.] werden regelmäßig im Auftrag von Rechtsinhabern durch Rechercheunternehmen - im Streitfall die [X.] Gesellschaft zum Schutz geistigen Eigentums ([X.] GmbH) - nach rechtsverletzenden Inhalten durchsucht. Die Beklagte richtete eine Reihe von Melde- und Löschsystemen ein, welche es [X.] ermöglichen sollen, ihre Verwertungsrechte sicherzustellen. Stellt ein Mitarbeiter der [X.] GmbH fest, dass über den von der [X.] angebotenen Dienst ihrer Ansicht nach rechtsverletzende Inhalte verfügbar sind, an denen ihren Auftraggebern die ausschließlichen Verwertungsrechte zustehen, meldet sie die betroffenen Links dem Dienst der [X.] mittels einer E-Mail an den von der [X.] angegebenen "Abuse-Kontakt".

4

Die [X.] GmbH stellte am 23. Juni 2014 fest, dass unter der [X.]/     das Musikalbum "[X.]" der Künstlergruppe "[X.]" abgerufen werden konnte. Der Link wurde in der Linksammlung http://grabalbums.net/278-guano-apes-offline-2014.html gefunden. Ein Mitarbeiter der [X.] GmbH forderte die Beklagte mit E-Mail vom gleichen Tag auf, die Datei unter der vorgenannten URL unverzüglich zu sperren (Anlage [X.], [X.]). Die Beklagte bestätigte den Erhalt der E-Mail und teilte mit, der Vorgang werde bearbeitet. Am 25. Juni 2014 um 16.42 Uhr war die Datei noch immer unter der genannten URL abrufbar und enthielt die zehn Tonaufnahmen, die auf dem von der Klägerin veröffentlichten Originalalbum enthalten sind (Anlage [X.]). Daraufhin ließ die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 3. Juli 2014 auf Unterlassung in Anspruch nehmen und forderte die Beklagte zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung auf (Anlage K 3).

5

Die Klägerin ließ die Beklagte ferner jeweils mit anwaltlichem Schreiben auf Unterlassung der öffentlichen Zugänglichmachung des Albums "[X.]" der Künstlerin "[X.]" und des Albums "[X.]" der Künstlergruppe "[X.]" in Anspruch nehmen.

6

Die Klägerin hat - soweit für die Revisionsinstanz von Bedeutung - beantragt,

der [X.] unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verbieten, es [X.] zu ermöglichen, das Musikalbum "[X.]" der Künstlergruppe "[X.]" mit den darauf enthaltenen 10 Tonaufnahmen [es folgt die Auflistung der Titel] im Sinne des § 19a [X.] öffentlich zugänglich zu machen, wie unter der [X.]/     geschehen.

7

Die Klägerin hat weiter - soweit für die Revisionsinstanz von Bedeutung - Zahlung der auf die drei Abmahnungen entfallenden außergerichtlichen Kosten in Höhe von insgesamt 2.327,85 € (jeweils 775,95 €) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5. August 2015 begehrt.

8

Das [X.] hat dem Unterlassungsantrag im Wege des Anerkenntnis-Teilurteils entsprochen, soweit [X.] das öffentliche Zugänglichmachen dadurch ermöglicht wird, dass die Beklagte nach wirksamer Inkenntnissetzung über eine Rechtsverletzung die konkret bezeichneten Dateien nicht unverzüglich löscht oder sperrt (Tenor I 1). Das [X.] hat der [X.] darüber hinaus auch im Übrigen unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel verboten, es [X.] zu ermöglichen, das Musikalbum öffentlich zugänglich zu machen, wie unter der im Antrag genannten URL geschehen (Tenor I 2), und auch die Abmahnkosten zugesprochen.

9

Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der [X.] die Klageanträge abgewiesen, soweit die Beklagte sie nicht anerkannt hat. Die Klägerin erstrebt mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Der Senat hat mit Beschluss vom 4. Juli 2019 das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 148 ZPO bis zu einer Entscheidung des Gerichtshofs der [X.] in dem Verfahren [X.] ausgesetzt. Der Gerichtshof der [X.] hat in diesem Verfahren durch Urteil vom 22. Juni 2021 ([X.]/18 und C-683/18, [X.], 1054 = [X.], 1019 - [X.] und [X.]) entschieden.

Entscheidungsgründe

A. Das Berufungsgericht hat die Klage für zulässig und hinsichtlich des über das Anerkenntnis der [X.] hinausgehenden Unterlassungsanspruchs sowie der Abmahnkosten für unbegründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:

Auf Unterlassung könne die Beklagte nur auf der Grundlage der Störerhaftung in Anspruch genommen werden. Da die Beklagte einen erheblichen Anreiz schaffe, ihren Dienst für massenhafte Rechtsverletzungen zu nutzen, könne ihr zwar keine anlasslose, wohl aber eine anlassbezogene Überwachungspflicht auferlegt werden, die durch einen Hinweis auf eine bereits erfolgte Rechtsverletzung ausgelöst werde.

Die Beklagte habe zwar keine Kenntnis von konkret bevorstehenden Urheberrechtsverletzungen gehabt, jedoch die Gefahr einer urheberrechtsverletzenden Nutzung ihres Dienstes durch eigene Maßnahmen gefördert. Die Beklagte erziele Umsätze über Werbeeinblendungen und durch die Vergütung für Premiumaccounts. Hohe Nutzerzahlen seien mit Blick auf die eingeblendete Werbung sowie die Attraktivität des [X.] von Bedeutung. Die mit einem Premiumaccount verbundenen Komfortmerkmale hinsichtlich der Geschwindigkeit der Ladevorgänge, der Dauer der Datenspeicherung und der Größe der hochladbaren Dateien seien zwar auch bei vielen legalen Nutzungen von Bedeutung, sie seien aber gerade auch für das rechtsverletzende Herunterladen urheberrechtlich geschützter Werke attraktiv. Je öfter Nutzer solche geschützten Inhalte ohne weitere Kosten bei der [X.] herunterlüden, desto eher seien sie bereit, die kostenpflichtigen Angebote der [X.] in Anspruch zu nehmen. Die Beklagte profitiere deshalb in erheblichem Maße von massenhaften Downloads, für die vor allem rechtswidrig abrufbare Dateien mit geschützten Inhalten attraktiv seien. Diese Attraktivität werde durch die Möglichkeit gesteigert, die Dienste der [X.] anonym in Anspruch zu nehmen.

Bei dem Vorwurf der Verletzung von Lösch- und Sperrpflichten und dem Vorwurf der Verletzung von Prüfungspflichten handele es sich um unterschiedliche Streitgegenstände. Die Beklagte sei jeweils auf eine klare Rechtsverletzung in Bezug auf das Musikalbum hingewiesen worden und sei daher ab diesem Zeitpunkt verpflichtet gewesen, das konkrete Angebot unverzüglich zu sperren und Vorsorge dafür zu treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren gleichartigen Rechtsverletzungen komme. Allerdings ergebe sich aus dem Vortrag der Klägerin nicht, dass die Beklagte auch die Pflicht zur Vorsorge nicht erfüllt habe und es dadurch zu einer weiteren Rechtsverletzung gekommen sei oder eine solche konkret drohe. Deshalb könne die Beklagte nicht wegen der Verletzung dieser Vorsorgepflicht in Anspruch genommen werden.

Anspruch auf Erstattung der Kosten für die mit Blick auf die Musikalben "[X.]", "[X.]" und "Immer in Bewegung" ausgesprochenen Abmahnungen habe die Klägerin nicht, da die Abmahnungen nicht den Erfordernissen des § 97a Abs. 3 Satz 1 [X.] genügt hätten. Der Name des Verletzten und die Rechtsverletzung seien in den Abmahnungen zwar genau bezeichnet. Jedoch sei nicht klar und verständlich angegeben, inwieweit die vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgehe. Der in den Abmahnungen enthaltene Entwurf nehme zwar jeweils Bezug auf die konkrete URL, beschreibe aber die zu unterlassende Handlung ohne hinreichenden Bezug zum vorgeworfenen rechtswidrigen Verhalten, nämlich der unterbliebenen Löschung oder Sperrung. Im Text werde lediglich allgemein verlangt, es zu unterlassen, das jeweilige Musikalbum "im Sinne des § 19a [X.] öffentlich zugänglich zu machen, wie unter der URL … geschehen". Dies gehe deutlich über die vorgeworfene unterbliebene Löschung hinaus und habe der Konkretisierung im Sinne des von der [X.] anerkannten [X.] des landgerichtlichen Urteils bedurft.

Seien die Voraussetzungen des § 97a Abs. 3 Satz 1 [X.] nicht erfüllt, könnten die in dieser Vorschrift zum Ausdruck kommenden Wertungen auch nicht über den Umweg des Schadensersatzanspruchs nach § 97 Abs. 2 [X.] umgangen werden, abgesehen davon, dass die Beklagte als Störerin keinen Schadensersatz schulde. Gleiches gelte für einen bereicherungsrechtlichen Ausgleich.

B. Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Die Klage ist zulässig (dazu nachfolgend [X.]). Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können der mit der Klage geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 97 Abs. 1 [X.] wegen täterschaftlichen öffentlichen Zugänglichmachens (dazu nachfolgend [X.]I) sowie die Ansprüche auf Zahlung von Abmahnkosten gemäß § 97a Abs. 3 Satz 1 [X.] nicht abgelehnt werden (dazu nachfolgend [X.]II).

I. Die internationale Zuständigkeit [X.] Gerichte, die auch unter Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 21. Januar 2021 - [X.], [X.], 730 [juris Rn. 16] = WRP 2021, 471 - [X.], mwN), ist im Streitfall gegeben. Sie richtet sich wegen des Vorwurfs der Urheberrechtsverletzung in Bezug auf die in [X.] ansässige Beklagte nach dem Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, geschlossen in [X.] am 30. Oktober 2007 ([X.] [X.], [X.]), das für die [X.] am 1. Januar 2010 in [X.] getreten ist (BGBl. I 2009 S. 2862; zuletzt geändert durch [X.]. vom 3. März 2017 [[X.] [X.], [X.]; nachfolgend [X.]]).

Nach Art. 5 Nr. 3 [X.] kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates hat, in einem anderen Vertragsstaat vor dem Gericht des Ortes verklagt werden, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichsteht, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden. Diese Regelung entspricht inhaltlich Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO bzw. Art. 7 Nr. 2 Brüssel-Ia-VO (vgl. Zöllner in Cepl/[X.], ZPO, 2. Aufl., Vor § 12 Rn. 26). Der Erfolgsort einer unerlaubten Handlung ist bei einer behaupteten Verletzung des Urheberrechts oder verwandter Schutzrechte durch ein öffentliches Zugänglichmachen oder eine öffentliche Wiedergabe des [X.] über eine [X.]seite im Inland belegen, wenn die geltend gemachten Rechte im Inland geschützt sind und die [X.]seite (auch) im Inland öffentlich zugänglich ist (vgl. [X.], Urteil vom 21. April 2016 - [X.], [X.], 1048 [juris Rn. 17 f.] = WRP 2016, 1114 - An [X.] [X.]). Die von der [X.] betriebenen [X.]seiten sind im Inland abrufbar.

II. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann der mit der Klage geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 97 Abs. 1 [X.] wegen täterschaftlichen öffentlichen Zugänglichmachens nicht abgelehnt werden.

1. Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche sind nach [X.] Recht zu beurteilen. Nach Art. 8 Abs. 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 864/2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht ([X.]) ist auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus einer Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums das Recht des Staates anzuwenden, für den der Schutz beansprucht wird. Nach diesem Recht sind insbesondere das Bestehen des Rechts, die [X.]chaft des Verletzten, Inhalt und Umfang des Schutzes sowie der Tatbestand und die Rechtsfolgen einer Rechtsverletzung zu beurteilen (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 24. September 2014 - [X.], [X.], 264 [juris Rn. 24] = WRP 2015, 347 - [X.]; [X.], [X.], 1048 [juris Rn. 24] - An [X.] [X.], jeweils mwN). Da Gegenstand der Klage allein Ansprüche wegen einer Verletzung der Tonträgerherstellerrechte nach § 85 Abs. 1 Satz 1 [X.] sind, für die die Klägerin im Inland Schutz beansprucht, ist im Streitfall [X.] Urheberrecht anzuwenden.

2. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, nach der die Klägerin Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an den streitgegenständlichen Musikalben ist und ihr das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung der darauf enthaltenen Werke (§ 85 Abs. 1 Satz 1 Fall 3, § 19a [X.]) zusteht, nimmt die Revision als für sie günstig hin. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.

3. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können die Voraussetzungen einer täterschaftlich begangenen öffentlichen Wiedergabe in Gestalt des öffentlichen Zugänglichmachens im Sinne von § 85 Abs. 1 Satz 1 Fall 3, § 19a [X.] nicht verneint werden.

a) Im Streitfall stützt sich die Klägerin, wie die Revision zutreffend geltend macht, auf eine täterschaftliche Haftung der [X.] wegen der Verletzung der Pflicht, den Zugang zu rechtsverletzenden Inhalten nach einem Hinweis unverzüglich zu verhindern.

Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Klageantrag ("es zu unterlassen, Dritten zu ermöglichen, das Musikalbum "[X.]" der Künstlergruppe "[X.]" … im Sinne des § 19a [X.] öffentlich zugänglich zu machen") erfasse lediglich eine Störerhaftung. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass ein solcher Antrag sowohl auf die Täterhaftung als auch die Störerhaftung gerichtet sein kann und sich die Angriffsrichtung im Wege der Auslegung unter Heranziehung der Klagebegründung ergibt (vgl. [X.], Urteil vom 16. Mai 2013 - [X.], [X.], 1229 [juris Rn. 25] = WRP 2013, 1613 - Kinderhochstühle im [X.]; Urteil vom 10. Januar 2019 - I ZR 267/15, [X.], 813 [juris Rn. 27] = WRP 2019, 1013 - [X.]). Im Streitfall hat die Klägerin ihre Ansprüche vorrangig auf eine täterschaftliche Haftung, hilfsweise auf eine Gehilfenhaftung sowie weiter hilfsweise auf die Störerhaftung gestützt. Die gewählte Antragsfassung ist mit Blick auf die verfolgte täterschaftliche Haftung eines Diensteanbieters auch deshalb richtig, weil diese insofern akzessorisch ist, als sie voraussetzt, dass Nutzern eine Rechtsverletzung ermöglicht wird.

b) Die vom Berufungsgericht für die Ablehnung einer täterschaftlich begangenen öffentlichen Wiedergabe in Gestalt des öffentlichen Zugänglichmachens im Sinne von § 85 Abs. 1 Satz 1 Fall 3, § 19a [X.] gegebenen Begründung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

aa) Der auf Wiederholungsgefahr gestützte und in die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch besteht nur, wenn das beanstandete Verhalten der [X.] sowohl zum Zeitpunkt seiner Vornahme rechtswidrig war als auch zum Zeitpunkt der Revisionsentscheidung rechtswidrig ist (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 16. Dezember 2021 - [X.], [X.], 229 [juris Rn. 26] = WRP 2022, 318 - [X.], mwN).

bb) Nach der Rechtslage im Zeitpunkt der Vornahme der beanstandeten Handlungen ist das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung im Sinne von § 85 Abs. 1 Satz 1 Fall 3 [X.] in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/[X.] zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft wie folgt definiert:

Bei dem Recht der öffentlichen Zugänglichmachung handelt es sich um ein besonderes Recht der öffentlichen Wiedergabe (vgl. § 15 Abs. 2 und 3 [X.]). Da es sich bei den hier in Rede stehenden Rechten des [X.] zur öffentlichen Wiedergabe in Form der öffentlichen Zugänglichmachung um nach Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/[X.] harmonisiertes Recht handelt, sind die entsprechenden Bestimmungen des [X.] auszulegen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/[X.] diese Rechte in seinem Anwendungsbereich vollständig harmonisiert und die Mitgliedstaaten das durch diese Vorschrift begründete Schutzniveau daher weder unterschreiten noch überschreiten dürfen (vgl. [X.], Beschluss vom 20. September 2018 - [X.], [X.], 1239 [juris Rn. 15] = WRP 2018, 1480 - uploaded I, mwN).

Die im Streitfall in Rede stehende öffentliche Wiedergabe in Form der öffentlichen Zugänglichmachung fällt in den Anwendungsbereich von Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/[X.], weil bei dem Abruf einer im [X.] bereitgestellten Datei die Wiedergabe in Form der Zugänglichmachung gegenüber Mitgliedern der Öffentlichkeit erfolgt, die an dem Ort, an dem die Wiedergabe in Form der Zugänglichmachung ihren Ursprung nimmt, nicht anwesend sind (vgl. Erwägungsgründe 23 und 24 der Richtlinie 2001/29/[X.]; [X.], [X.], 1239 [juris Rn. 16] - uploaded I, mwN).

Da es sich bei der öffentlichen Zugänglichmachung um einen besonderen Fall der öffentlichen Wiedergabe handelt, kann eine öffentliche Zugänglichmachung nur vorliegen, wenn das beanstandete Verhalten die Tatbestandsmerkmale einer öffentlichen Wiedergabe erfüllt. Der Begriff der "öffentlichen Wiedergabe" im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/[X.] hat zwei Tatbestandsmerkmale, nämlich eine Handlung der Wiedergabe und die Öffentlichkeit dieser Wiedergabe. Ferner erfordert dieser Begriff eine individuelle Beurteilung. Im Rahmen einer derartigen Beurteilung sind eine Reihe weiterer Kriterien zu berücksichtigen, die unselbständig und miteinander verflochten sind. Da diese Kriterien im jeweiligen Einzelfall in sehr unterschiedlichem Maß vorliegen können, sind sie einzeln und in ihrem Zusammenwirken mit den anderen Kriterien anzuwenden. Unter diesen Kriterien hat der Gerichtshof die zentrale Rolle des Nutzers und die [X.] seines Handelns hervorgehoben (vgl. [X.], [X.], 1239 [juris Rn. 17] - uploaded I, mwN).

cc) Der Begriff der Öffentlichkeit der Wiedergabe ist nur bei einer unbestimmten Zahl potentieller Adressaten und recht vielen Personen erfüllt, die gleichzeitig und nacheinander Zugang zu demselben Werk haben. Diese Voraussetzung liegt vor, wenn - wie im Streitfall - urheberrechtlich geschützte Inhalte auf einer [X.]plattform zum Abruf durch deren Nutzer bereitgestellt werden (vgl. [X.], [X.], 1239 [juris Rn. 27 f.] - uploaded I, mwN).

dd) Für eine Einstufung als "öffentliche Wiedergabe" im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/[X.] ist es weiterhin erforderlich, dass ein geschütztes Werk unter Verwendung eines technischen Verfahrens, das sich vom bisher verwendeten unterscheidet, oder - ansonsten - für ein neues Publikum wiedergegeben wird, also für ein Publikum, an das der Inhaber des Urheberrechts nicht dachte, als er die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubte (vgl. [X.], [X.], 1239 [juris Rn. 29] - uploaded I, mwN).

Auch diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt. Das Einstellen urheberrechtlich geschützter Inhalte ohne Zustimmung des [X.] auf einer Webseite erfolgt selbst dann für ein neues Publikum, wenn diese Inhalte zuvor mit Zustimmung des [X.] und ohne beschränkende Maßnahmen, die ein Herunterladen verhindern, auf einer anderen Webseite eingestellt worden sind. Soweit der angegriffenen Wiedergabe keine öffentliche Wiedergabe im [X.] vorausgegangen ist, handelt es sich darüber hinaus um ein anderes technisches Verfahren (vgl. [X.], [X.], 1239 [juris Rn. 30] - uploaded I, mwN).

ee) Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können die Voraussetzungen einer Handlung der Wiedergabe nicht verneint werden.

(1) Zur Handlung der Wiedergabe hat der [X.] auf Vorlage des Senats entschieden, dass zwar der Betreiber einer [X.] hinsichtlich der von seinen Nutzern bewirkten Zugänglichmachung potenziell rechtsverletzender Inhalte eine zentrale Rolle spielt, dass jedoch sowohl im Hinblick auf die Bedeutung der Rolle, die ein solches Tätigwerden des Betreibers einer Plattform bei der Wiedergabe durch den Nutzer dieser Plattform spielt, als auch im Hinblick auf dessen [X.] zu beurteilen ist, ob das betreffende Tätigwerden unter Berücksichtigung des spezifischen Kontexts als Handlung der Wiedergabe einzustufen ist. Insbesondere kann ein Tätigwerden in voller Kenntnis der Folgen des betreffenden Verhaltens und mit dem Ziel, der Öffentlichkeit Zugang zu geschützten Werken zu verschaffen, zur Einstufung dieses Tätigwerdens als "Handlung der Wiedergabe" führen. Um festzustellen, ob der Betreiber einer [X.] in voller Kenntnis seines Verhaltens bei der unerlaubten Wiedergabe geschützter Inhalte durch Nutzer seiner Plattform tätig wird, um anderen [X.]nutzern Zugang zu solchen Inhalten zu verschaffen, sind alle Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die die betreffende Situation kennzeichnen und es ermöglichen, direkt oder indirekt Schlussfolgerungen hinsichtlich der Frage zu ziehen, ob der Betreiber bei der unerlaubten Wiedergabe dieser Inhalte vorsätzlich tätig wird oder nicht ([X.], [X.], 1054 [juris Rn. 77 bis 81 und 83] - [X.] und Cyando).

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] zählen zu den insoweit maßgeblichen Gesichtspunkten die Tatsache, dass ein solcher Betreiber, obwohl er weiß oder wissen müsste, dass über seine Plattform im Allgemeinen durch Nutzer derselben geschützte Inhalte rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht werden, nicht die geeigneten technischen Maßnahmen ergreift, die von einem die übliche Sorgfalt beachtenden Wirtschaftsteilnehmer in seiner Situation erwartet werden können, um Urheberrechtsverletzungen auf dieser Plattform glaubwürdig und wirksam zu bekämpfen, sowie die Tatsache, dass dieser Betreiber an der Auswahl geschützter Inhalte, die rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht werden, beteiligt ist, auf seiner Plattform Hilfsmittel anbietet, die speziell zum unerlaubten Teilen solcher Inhalte bestimmt sind, oder ein solches Teilen wissentlich fördert, wofür der Umstand sprechen kann, dass der Betreiber ein Geschäftsmodell gewählt hat, das die Nutzer seiner Plattform dazu anregt, geschützte Inhalte auf dieser Plattform rechtswidrig öffentlich zugänglich zu machen ([X.], [X.], 1054 [juris Rn. 84] - [X.] und Cyando).

Der bloße Umstand, dass der Betreiber allgemein Kenntnis von der rechtsverletzenden Verfügbarkeit geschützter Inhalte auf seiner Plattform hat, genügt hingegen nicht, um anzunehmen, dass er mit dem Ziel handelt, den [X.]nutzern Zugang zu diesen Inhalten zu verschaffen. Anders verhält es sich jedoch, wenn der Betreiber, obwohl er vom Rechtsinhaber darauf hingewiesen wurde, dass ein geschützter Inhalt über seine Plattform rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht wurde, nicht unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen ergreift, um den Zugang zu diesem Inhalt zu verhindern ([X.], [X.], 1054 [juris Rn. 85] - [X.] und Cyando).

Ob das fragliche Tätigwerden Erwerbszwecken dient, ist zwar nicht gänzlich unerheblich, doch allein die Tatsache, dass der Betreiber einer [X.] verfolgt, erlaubt weder die Feststellung, dass er hinsichtlich der rechtswidrigen Wiedergabe geschützter Inhalte durch einige seiner Nutzer vorsätzlich handelt, noch eine dahingehende Vermutung ([X.], [X.], 1054 [juris Rn. 86] - [X.] und Cyando).

Es ist Sache der Gerichte der Mitgliedstaaten, anhand dieser Kriterien zu bestimmen, ob diese Betreiber hinsichtlich der geschützten Inhalte, die von den Nutzern ihrer Plattform auf diese hochgeladen werden, selbst Handlungen der öffentlichen Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] vornehmen ([X.], [X.], 1054 [juris Rn. 90] - [X.] und Cyando).

Danach besteht eine Haftung wegen täterschaftlicher öffentlicher Wiedergabe, wenn der Betreiber einer [X.], obwohl er vom Rechtsinhaber darauf hingewiesen wurde, dass ein geschützter Inhalt über seine Plattform rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht wurde, nicht unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen ergreift, um den Zugang zu diesem Inhalt durch Löschung oder Sperrung zu verhindern. In einem solchen Fall trägt der Betreiber über die bloße Bereitstellung der Plattform hinaus dazu bei, der Öffentlichkeit unter Verletzung von Urheberrechten Zugang zu solchen Inhalten zu verschaffen, so dass eine öffentliche Wiedergabe im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] vorliegt ([X.], [X.], 1054 [juris Rn. 85 und 102] - [X.] und Cyando).

(2) Vor diesem Hintergrund hält der Senat an der vom Berufungsgericht aus damaliger Sicht zutreffend zugrunde gelegten Rechtsprechung, nach der in dieser Konstellation keine Haftung als Täter einer rechtswidrigen öffentlichen Wiedergabe, sondern allenfalls eine Haftung als Störer in Betracht kam (vgl. [X.], Beschluss vom 13. September 2018 - [X.], [X.], 1132 [juris Rn. 48 f.] = WRP 2018, 1338 - [X.] I), für den durch Art. 3 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2001/29/[X.] vollharmonisierten Bereich nicht mehr fest. Hier tritt mithin die Haftung als Täter an die Stelle der bisherigen Störerhaftung. Die schon bisher für die Störerhaftung geltenden, an den Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung zu stellenden Anforderungen sind auf die Prüfung der öffentlichen Wiedergabe übertragbar, weil haftungsauslösend auch hier nur die konkrete Kenntnis von der Urheberrechtsverletzung im Einzelfall ist (vgl. [X.], [X.], 1054 [juris Rn. 102] - [X.] und Cyando).

(3) Die Voraussetzungen einer täterschaftlichen öffentlichen Wiedergabe im Sinne von § 85 Abs. 1 Satz 1 Fall 3 [X.] in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/[X.] sind im Streitfall auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen erfüllt.

Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die [X.] GmbH am 23. Juni 2014 die Verfügbarkeit des Musikalbums "[X.]" der Künstlergruppe "[X.]" zum Abruf unter der [X.]/     festgestellt habe. Der Link sei in der Linksammlung http://                        gefunden worden. Ein Mitarbeiter der [X.] GmbH habe die Beklagte mit E-Mail vom gleichen Tag aufgefordert, die Datei unter der vorgenannten URL unverzüglich zu sperren. Die Beklagte habe den Erhalt der E-Mail bestätigt und mitgeteilt, der Vorgang werde bearbeitet. Am 25. Juni 2014 um 16.42 Uhr sei die Datei noch immer unter der genannten URL abrufbar gewesen und habe die zehn Tonaufnahmen enthalten, die auf dem von der Klägerin veröffentlichten [X.] enthalten seien.

Danach hat die Beklagte ihre durch den Hinweis auf die klare Verletzung der Rechte der Klägerin am genannten Musikalbum ausgelöste Pflicht verletzt, unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um den Zugang zu diesen Inhalten zu verhindern. Insbesondere hat die Beklagte unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Einzelfalls auch nicht unverzüglich gehandelt, weil das Musikalbum nach dem Hinweis noch zwei Tage lang verfügbar war (vgl. [X.], Urteil vom 15. August 2013 - [X.], [X.] 2013, 514 [juris Rn. 43 bis 46]).

c) Die Revision wendet sich weiter mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte könne zwar wegen einer Verletzung der Pflicht zur Löschung oder Sperrung nach Hinweis auf eine Rechtsverletzung in Anspruch genommen werden, nicht aber wegen der Verletzung der Pflicht zur Vorsorge, dass es künftig nicht zu weiteren gleichartigen Rechtsverletzungen kommt.

aa) Schon bisher ist anerkannt, dass der [X.], der nach einem hinreichend konkreten Hinweis auf eine geschehene Rechtsverletzung zur Abwendung der Haftung als Störer verpflichtet ist, den Zugang zu dem als rechtsverletzend beanstandeten Inhalt zu sperren und dabei nicht nur die im konkreten Einzelfall beanstandete Datei zu löschen und den künftigen Upload identischer Dateien zu unterbinden, sondern auch das fortgesetzte öffentliche Zugänglichmachen rechtsverletzender Inhalte durch gleichartige Verletzungshandlungen im Rahmen des technisch und wirtschaftlich Zumutbaren zu unterbinden. Bei urheberrechtlich geschützten Rechtspositionen sind solche Verletzungshandlungen gleichartig, die dieses Recht bezogen auf das im konkreten Fall geschützte Werk oder die geschützte Leistung erneut verletzen, ohne dass es darauf ankäme, welcher Nutzer eine Datei mit vergleichbarem rechtsverletzenden Inhalt hochgeladen hat ([X.], Urteil vom 12. Juli 2012 - [X.], [X.]Z 194, 339 [juris Rn. 32] - Alone in the Dark; Urteil vom 15. August 2013 - [X.], [X.], 1030 [juris Rn. 49] = WRP 2013, 1348 - File-Hosting-Dienst). Der [X.] muss mithin zum einen zumutbare Vorsorgemaßnahmen ergreifen, mit denen das Hochladen von Dateien mit vergleichbarem rechtsverletzenden Inhalt in Zukunft verhindert wird ([X.], Urteil vom 17. August 2011 - [X.], [X.]Z 191, 19 [juris Rn. 39] - [X.]; Urteil vom 5. Februar 2015 - [X.], [X.], 485 [juris Rn. 52] = WRP 2015, 577 - Kinderhochstühle im [X.]I; Urteil vom 19. März 2015 - [X.], [X.], 1129 [juris Rn. 42] = WRP 2015, 1326 - Hotelbewertungsportal); zum anderen kann sich seine Verpflichtung aber auch darauf erstrecken, das fortgesetzte öffentliche Zugänglichmachen solcher weiterer Dateien abzustellen, die im Zeitpunkt der Beanstandung durch den Rechtsinhaber bereits von verschiedenen Nutzern auf die Plattform hochgeladen worden sind (vgl. [X.]Z 194, 339 [juris Rn. 31, 33, 35] - Alone in the Dark; [X.], [X.], 1030 [juris Rn. 47, 51, 57] - File-Hosting-Dienst). Demnach kann der Diensteanbieter auch zur Beseitigung fortdauernder und damit in die Zukunft reichender Rechtsverletzungen verpflichtet sein (zu der den [X.] insoweit treffenden Verpflichtung vgl. [X.], Beschluss vom 8. Dezember 2016 - [X.] 118/15, [X.], 318 [juris Rn. 12] = WRP 2017, 328 mwN).

bb) Diese Grundsätze gelten in gleicher Weise für die täterschaftliche Haftung wegen öffentlicher Wiedergabe im Sinne von § 85 Abs. 1 Satz 1 Fall 3 [X.] in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/[X.]. Die Beschränkung des Anspruchsumfangs auf die Unterbindung der konkret beanstandeten Verletzungshandlung wäre mit dem Gebot der wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums gemäß Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2004/48/[X.] zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums unvereinbar, weil damit die durch den Hinweis des [X.] ausgelösten Prüfungspflichten und darauf bezogene Maßnahmen der Rechtsdurchsetzung - etwa ein gerichtlicher Unterlassungstitel - schon durch nur unbedeutende Abwandlungen umgangen werden könnten und ihnen die praktische Wirksamkeit genommen wäre (zu Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/[X.] über den elektronischen Geschäftsverkehr vgl. [X.], Urteil vom 3. Oktober 2019 - [X.]/18, [X.], 1208 [juris Rn. 41 bis 46] = WRP 2019, 1452 - Glawischnig-Piesczek).

cc) Damit umfasste auch im Streitfall die durch den Hinweis der Klägerin ausgelöste Prüfungspflicht sowohl die Pflicht zur unverzüglichen Verhinderung des Zugangs zur konkret beanstandeten Datei und zu weiteren, im Zeitpunkt der Beanstandung bereits hochgeladenen gleichartigen rechtsverletzenden Inhalten als auch die Pflicht zur Vorsorge, dass es künftig nicht zu weiteren gleichartigen Rechtsverletzungen kommt. Dem Erfolg des [X.] steht damit - anders als das Berufungsgericht gemeint hat - nicht entgegen, dass die Klägerin zwar dargelegt hat, der konkret beanstandete Inhalt sei nach Erteilung des Hinweises noch zugänglich gewesen, sie aber nicht eine danach erfolgte weitere gleichartige Rechtsverletzung vorgetragen hat.

d) Auf die Haftungsprivilegierung, die in der der Umsetzung des Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/[X.] dienenden Vorschrift des § 10 TMG vorgesehen ist, kann sich die täterschaftlich haftende Beklagte nicht berufen (vgl. [X.], [X.], 1054 [juris Rn. 107] - [X.] und Cyando).

III. Mit Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die Aberkennung der mit der Klage geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung von Abmahnkosten durch das Berufungsgericht.

1. Diese Ansprüche sind nach § 97a Abs. 3 Satz 1 [X.] in der im Zeitpunkt des Zugangs der Abmahnung (vgl. nur [X.], Urteil vom 21. Januar 2021 - [X.], [X.], 752 [juris Rn. 13 und 32 bis 34] = WRP 2021, 746 - Berechtigte Gegenabmahnung, mwN) geltenden Fassung, also der vom 1. Oktober 2013 bis zum 1. Dezember 2020 geltenden Fassung (aF), zu beurteilen. Danach kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden, soweit die Abmahnung berechtigt ist und sie § 97 Abs. 2 Satz 1 Nummer 1 bis 4 [X.] entspricht. Nach § 97a Abs. 2 [X.] aF hat die Abmahnung in klarer und verständlicher Weise Name oder Firma des Verletzten anzugeben, wenn der Verletzte nicht selbst, sondern ein Vertreter abmahnt ([X.]), die Rechtsverletzung genau zu bezeichnen (Nr. 2), geltend gemachte Zahlungsansprüche als Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüche aufzuschlüsseln (Nr. 3) und, wenn darin eine Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtung enthalten ist, anzugeben, inwieweit die vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht (Nr. 4).

2. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können die geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung der Abmahnkosten nach § 97a Abs. 3 Satz 1 [X.] aF nicht abgelehnt werden.

a) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Name des Verletzten und die Rechtsverletzung seien in den Abmahnungen zwar genau bezeichnet. Jedoch sei nicht klar und verständlich angegeben, inwieweit die vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgehe. Der in den Abmahnungen enthaltene Entwurf nehme zwar jeweils Bezug auf die konkrete URL, beschreibe aber die zu unterlassende Handlung ohne hinreichenden Bezug zum vorgeworfenen rechtswidrigen Verhalten, nämlich der unterbliebenen Löschung oder Sperrung. Im Text werde lediglich allgemein verlangt es zu unterlassen, das jeweilige Musikalbum "im Sinne des § 19a [X.] öffentlich zugänglich zu machen, wie unter der URL … geschehen". Dies gehe deutlich über die vorgeworfene unterbliebene Löschung hinaus. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

b) Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, dass das in den Abmahnungen enthaltene Unterlassungsverlangen im Sinne des § 97a Abs. 2 Nr. 4 [X.] aF über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausging.

Umfasst die durch den Hinweis der Klägerin ausgelöste Prüfungspflicht neben der Pflicht zur unverzüglichen Verhinderung des Zugangs zur konkret beanstandeten Datei und zu weiteren, im Zeitpunkt der Beanstandung bereits hochgeladenen gleichartigen rechtsverletzenden Inhalten auch die Pflicht zur Vorsorge, dass es künftig nicht zu weiteren gleichartigen Rechtsverletzungen kommt (dazu vorstehend Rn. 47), kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht angenommen werden, die von der Klägerin ausgesprochenen Abmahnungen gingen unter Verstoß gegen § 97a Abs. 2 Nr. 4 [X.] aF über die bestehende Unterlassungsverpflichtung hinaus. Die von der Klägerin verfolgte [X.] entsprach in ihrem Umfang den durch den Hinweis der Klägerin ausgelösten Prüfungspflichten.

C. Danach ist das angegriffene Urteil im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als darin zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist. Im Umfang der Aufhebung ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Eine eigene Sachentscheidung ist dem Senat mangels Entscheidungsreife verwehrt. Zwar liegen nach dem Vorstehenden nach der im Zeitpunkt der beanstandeten Handlung bestehenden Rechtslage hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs die Voraussetzungen einer täterschaftlichen Haftung vor. Das Berufungsgericht wird jedoch weiter zu prüfen haben, ob die Beklagte auch nach den Regelungen des seit dem 1. August 2021 - und damit im Entscheidungszeitpunkt - geltenden Gesetzes über die urheberrechtliche Verantwortlichkeit von Diensteanbietern für das Teilen von [X.] ([X.]) unterliegt und sich aus § 97 Abs. 1 [X.] in Verbindung mit diesem Gesetz ihre Haftung ergibt. Hinsichtlich der Abmahnkostenforderung hat das Berufungsgericht keine Feststellungen zu den Voraussetzungen des § 97a Abs. 2 Nr. 3 [X.] aF und zur Anspruchshöhe getroffen, so dass auch insoweit noch Feststellungen erforderlich sind.

Koch     

      

Schwonke     

      

Feddersen

      

Schmaltz     

      

Odörfer     

      

Meta

I ZR 135/18

02.06.2022

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 28. Juni 2018, Az: 5 U 150/16

Art 3 Abs 2 Buchst b EGRL 29/2001, Art 3 Abs 2 EGRL 48/2004, § 19a UrhG, § 85 Abs 1 S 1 Alt 3 UrhG, § 97 Abs 1 UrhG, § 97a Abs 2 UrhG, § 97a Abs 3 UrhG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.06.2022, Az. I ZR 135/18 (REWIS RS 2022, 3916)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 3916 NJW 2022, 2998 REWIS RS 2022, 3916 MDR 2022, 1230-1231 REWIS RS 2022, 3916


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. I ZR 135/18

Bundesgerichtshof, I ZR 135/18, 02.06.2022.


Az. 5 U 150/16

Oberlandesgericht Köln, 5 U 150/16, 21.03.2018.

Oberlandesgericht Köln, 5 U 150/16, 07.11.2017.


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