Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.01.2007, Az. IX ZR 122/04

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 5713

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/04 Verkündet am: 18. Januar 2007 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB §§ 675, 249 Bb Macht der Mandant die Entscheidung über einen [X.] erkennbar davon abhängig, dass entstandene Kursverluste mit Gewinnen verrechnet werden können und erteilt der Steuerberater daraufhin eine rechtlich fehlerhafte [X.], die den Mandanten veranlasst, von der Veräußerung abzusehen, so haftet der Berater dem Mandanten grundsätzlich für weitere Kursverluste. [X.], [X.]eil vom 18. Januar 2007 - [X.]/04 - [X.]

LG Mannheim - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. Januar 2007 durch [X.] [X.] und [X.] Ganter, [X.], [X.] und Dr. [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] wird das [X.]eil des 17. Zivilsenats des [X.] vom 25. Mai 2004 aufgehoben. Auf die Berufung des [X.] wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das [X.]eil der 3. Zivilkammer des [X.] vom 4. April 2002 abgeändert und die [X.] verurteilt, an den Kläger 121.045,98 • nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 9. April 2001 zu zahlen. Die weitergehende Klage bleibt abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die Beklagte ist für den Kläger als Steuerberaterin tätig. Anfang des [X.] 2001 waren dem Kläger in seinem Wertpapierdepot Verluste in Höhe von etwa 370.000 DM entstanden. Nach Beratung seiner Bank erwog der Kläger, die Verluste durch Veräußerung der Wertpapiere noch innerhalb der [X.] - 3 - onsfrist zu begrenzen. Hierbei sollte der für 2001 anzusetzende Verlust mit dem Spekulationsgewinn von etwa 350.000 [X.] sowie künftigen Spekulationsgewinnen verrechnet werden. Am 1. Februar 2001 rief der Kläger in Beisein des [X.] die Beklagte an, um sich bei ihr zu [X.], ob eine solche Verrechnung möglich sei. Der Kläger machte hierbei der [X.] deutlich, dass seine Entscheidung, die Wertpapiere zu veräußern, allein davon abhängig sei, ob der Vorjahresgewinn von 350.000 DM mit den Verlusten verrechnet werden könne. Die Beklagte teilte unter Verkennung von § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG mit, dass ein Verlustrücktrag auf das [X.] nicht möglich und deshalb die beabsichtigte Maßnahme wirtschaftlich nicht sinnvoll sei. Daraufhin sah der Kläger davon ab, seine Wertpapiere zu veräußern. Nachdem der Kläger am 14. März 2001 anderweitig über die tatsächliche Rechtslage unterrichtet worden war, informierte er unverzüglich die Beklagte. Diese räumte am 15. März 2001 ein, dass sie sich geirrt habe und tatsächlich bereits zum 1. Februar 2001 eine Veräußerung der Wertpapiere unter Verrech-nung der entstandenen [X.] mit den Gewinnen des Vorjahres möglich gewesen sei. Hierauf veräußerte der Kläger seine Wertpapiere noch am 15. März 2001. Durch den zwischenzeitlich eingetretenen weiteren Wertver-fall ist ihm ein Verlust von 236.745,36 DM [= 121.045,98 •] entstanden, den er mit der vorliegenden Klage geltend macht. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des [X.] hatte keinen Erfolg. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Klä-ger sein Schadensersatzbegehren weiter. 2 - 4 - Entscheidungsgründe: Die Revision hat Erfolg und führt zur Abänderung der instanzgerichtli-chen Entscheidungen. 3 [X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Beklagte habe zwar ihre aus dem Beratungsvertrag obliegenden Pflichten verletzt, indem sie unter [X.] von § 23 Abs. 3 EStG mitgeteilt habe, ein Verlustrücktrag auf das [X.] sei nicht zulässig. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger bei [X.] [X.] seine Wertpapiere am 1. Februar 2001 veräußert hätte und der später entstandene Kursverlust vermieden worden wäre. Der Zweck der [X.] sei darauf gerichtet gewesen, den Kläger darüber zu unterrichten, ob die beabsichtigte Wertpapierveräußerung auch unter Einbezie-hung steuerlicher Gesichtspunkte wirtschaftlich sinnvoll sei. Sinn und Zweck dieser Pflicht sei es jedoch nicht gewesen, den Kläger vor Vermögensschäden zu bewahren, die sich aus anderen als steuerlichen Gründen hätten einstellen können. Der geltend gemachte Vermögensschaden des [X.] in Form der Kursverluste sei nicht vom Schutzzweck der eingegangenen Verpflichtung um-fasst. 4 I[X.] Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. 5 - 5 - 1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die [X.] den ihr obliegenden Verpflichtungen aus dem mit dem Kläger bestehen-den steuerlichen Beratungsvertragsverhältnis nicht ordnungsgemäß nachge-kommen ist. Die von ihr erteilte [X.], die beabsichtigte Verrechnung des Verlustes mit den im Vorjahr erzielten Gewinnen sei nicht möglich, stand in [X.] zur Vorschrift des § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG. 6 2. Die Ansicht des Berufungsgerichts, der geltend gemachte Schaden werde vom Schutzzweck der verletzten Beratungsverpflichtung nicht erfasst, ist rechtlich nicht zutreffend. 7 a) Grundsätzlich haftet derjenige, der für ein schädigendes Ereignis ver-antwortlich ist, dem Geschädigten für alle dadurch ausgelösten rechtlichen und wirtschaftlichen Nachteile. Jedoch darf dem Anspruchsgegner nur der Schaden zugerechnet werden, der innerhalb des Schutzbereichs der verletzten Norm eingetreten ist. Dieser auch im Vertragsrecht geltende Grundsatz bedeutet für den Bereich der Anwalts- und Steuerberaterhaftung, dass der Berater nur für solche Nachteile einzustehen hat, zu deren Abwendung er die aus dem Mandat folgenden Pflichten übernommen hat ([X.] 116, 209, 213; [X.], [X.]. v. 6. Fe-bruar 2002 - [X.]/01, [X.], 2459, 2460; v. 13. Februar 2003 - [X.] ZR 62/02, [X.], 1621, 1622). Der Steuerberater, der dem [X.] nur hinsichtlich eines bestimmten für das Vorhaben bedeutsamen Einzelpunk-tes Aufklärung schuldet, hat daher im Falle eines Fehlers lediglich für die Risi-ken einzustehen, für deren Einschätzung die geschuldete Aufklärung maßgeb-lich war ([X.], [X.]. v. 13. Februar 2003, aaO). 8 - 6 - b) Die Revision rügt jedoch zu Recht, dass die Beklagte trotz dieser die Schadenszurechnung begrenzenden Regeln für die finanziellen Nachteile ein-zustehen hat, die dem Kläger aus ihrer fehlerhaften Rechtsauskunft entstanden sind. 9 Nach den von der Revisionserwiderung nicht in Frage gestellten [X.] war der [X.] bei [X.]serteilung [X.], dass die beabsichtigte Wertpapierveräußerung nur von der Frage ab-hing, ob der eingetretene Verlust mit den im Vorjahr erzielten Gewinnen ver-rechnet werden könne. Die von der [X.] erbetene steuerliche [X.] diente folglich für diese erkennbar allein dazu, dem Kläger die für das in [X.] kommende Wertpapiergeschäft gewünschte steuerrechtliche Information zu geben. Der Kläger hatte ihr gegenüber zum Ausdruck gebracht, dass er die Papiere verkaufen wolle, wenn er auf diesem Wege eine steuerliche Verrech-nung bewirken könne. In diesem Falle war der Kläger willens, die Papiere nicht länger zu halten. Die Aufgabe der Steuerberaterin bestand demnach gerade darin, den Kläger darüber zu belehren, ob die steuerliche Voraussetzung gege-ben war, unter welcher der Kläger die Papiere veräußern wollte mit der Folge, dass das Risiko weiterer Verluste entfiel. Der dem Kläger infolge des von der [X.] zu verantwortenden [X.] entstandene Kursverlust stellt damit den Nachteil dar, der nach dem Inhalt der von der [X.] übernom-menen Pflicht gerade vermieden werden sollte. Anders als in der vom [X.] herangezogenen Fallgestaltung im [X.]eil des [X.] vom 30. Januar 1990 ([X.], NJW 1990, 2057, 2058) scheidet hier ein Ersatzanspruch des Mandanten nicht deshalb aus, weil ihm kein steuerlicher Schaden entstanden ist. Der geltend gemachte weitere Kursverlust fällt nach Art und Entstehungsweise unmittelbar unter den Schutzzweck der durch die 10 - 7 - [X.] verletzten Beratungspflicht der [X.]. Daher hat die [X.] für den eingetretenen Schaden aufzukommen. 3. Entgegen der von der [X.] in der mündlichen Verhand-lung geäußerten Ansicht entfällt der Zurechnungszusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schadensereignis nicht deshalb, weil das Unterlassen der Wertpapierveräußerung auf einem Willensentschluss des [X.] beruhte. 11 Es entspricht gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass ein eigener selbständiger Willensakt des Geschädigten es nicht ausschließt, dem-jenigen die Schadensfolge zuzurechnen, der die Kausalkette in Gang gesetzt hat. Wurde die Handlung des Mandanten durch das haftungsbegründende [X.] geradezu herausgefordert, so bleibt der Zurechnungszusammenhang mit dem Verhalten des Beraters bestehen ([X.], [X.]. v. 28. Juni 1990 - [X.] ZR 209/89, [X.], 1917, 1922; v. 17. Juni 1993 - [X.] ZR 206/92, [X.], 1798, 1800; v. 20. Oktober 1994 - [X.] ZR 116/93, [X.], 398, 402; v. 13. März 2003 - [X.] ZR 181/99, NJW-RR 2003, 850, 855; [X.] in Zugehör/[X.]/Sieg/[X.], Handbuch der Anwaltshaftung 2. Aufl. Rn. 1018; Zugehör [X.] Sonderbeilage Nr. 3/2006, [X.]). Der eingetretene weitere [X.] ist der [X.] haftungsrechtlich zuzurechnen. Ihr war bekannt, dass der Kläger willens war, den Verkaufsauftrag zu erteilen, falls die Möglichkeit, Kursgewinne und -verluste zu verrechnen, bestand. Damit hat sie den Ent-schluss des [X.], die Papiere nicht zu veräußern, herausgefordert, indem sie den bei Kenntnis der Rechtslage veräußerungsbereiten Kläger durch ihre [X.] davon abhielt, seine Verkaufsabsichten zu verwirklichen. 12 4. Dem Kläger ist ein Schaden in Höhe des [X.] entstanden. 13 - 8 - a) Steuervorteile, die dem Geschädigten in adäquatem Zusammenhang mit der Pflichtverletzung des Steuerberaters zufließen, sind auf den [X.] grundsätzlich anzurechnen ([X.], [X.]. v. 11. Oktober 2001 - [X.]/00, [X.], 888, 890; [X.]. v. 13. Januar 2004 - [X.] 355/02, NJW 2004, 1868, 1870; [X.], aaO Rn. 1082; Zugehör [X.] aaO S. 26). Als Steuervorteil im vorgenannten Sinn kommt auch die Möglichkeit in Betracht, die dem Kläger nach dem 1. Februar 2001 entstandenen Kursverluste im Rahmen eines steuerlichen [X.] zur Minderung der künftigen Steuerschuld nach § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG einzusetzen. 14 b) In der Rechtsprechung des [X.] ist anerkannt, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des [X.] trägt ([X.] 94, 195, 217; [X.], [X.]. v. 23. Juni 1992 - [X.] 247/91, NJW-RR 1992, 1397; [X.]. v. 17. Oktober 2003 - [X.], NJW-RR 2004, 79, 81). Dies gilt auch im Rahmen eines steuerlichen [X.] ([X.], [X.]. v. 31. Januar 1991 - [X.] ZR 124/90, [X.] 1991, 814; [X.]. v. 23. Oktober 2003 - [X.] ZR 249/02, [X.] 2004, 475, 477). Danach hat der Steuerberater darzutun, dass und gegebenenfalls in welcher Höhe der [X.] einen auszugleichenden Vermögensvorteil erlangt hat. Das trifft auch dann zu, wenn dem Geschädigten, wie im Streitfall, kein entsprechend § 255 BGB abtretbarer anderweitiger Anspruch erwachsen ist. 15 c) Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der [X.] nicht. Sie hat lediglich allgemein auf die rechtliche Möglichkeit einer Anrechnung gemäß § 23 Abs. 3 EStG hingewiesen, ohne dies für die vorliegende Fallgestaltung näher zu konkretisieren. Da sie weiterhin die steuerlichen Angelegenheiten des [X.] betreut, war sie jedenfalls in der Lage, die wirtschaftlichen Auswirkungen eines derartigen Vorteils nachvollziehbar darzustellen, insbesondere vorzutragen, ob 16 - 9 - die in Rede stehenden Verluste angemeldet und eine konkrete Anrechnung be-reits erfolgt oder in nächster Zeit zu erwarten ist. Hieran fehlt es. Dr. [X.] [X.] [X.] [X.] Dr. [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 04.04.2002 - 3 O 441/01 - [X.], Entscheidung vom 25.05.2004 - 17 U 73/02 -

Meta

IX ZR 122/04

18.01.2007

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.01.2007, Az. IX ZR 122/04 (REWIS RS 2007, 5713)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 5713

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