Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.10.2015, Az. 3 StR 314/15

3. Strafsenat | REWIS RS 2015, 3286

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 314/15
vom
27. Oktober 2015
in der Strafsache
gegen

wegen gefährlicher
Körperverletzung
u.a.

-
2
-
Der 3. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 27. Oktober 2015
gemäß § 349 Abs.
2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 19. März 2015, soweit es ihn betrifft, im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.]s zurückver-wiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverlet-zung und versuchter gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung zweier Urteile des [X.] zu der [X.] von drei Jahren verurteilt. Während die auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestütz-te Revision des Angeklagten zum Schuldspruch keinen Erfolg hat, kann der Rechtsfolgenausspruch keinen Bestand haben. Die [X.] hat die Un-terbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB mit rechtsfehlerhafter Begründung abgelehnt. Dies führt gemäß § 5 Abs. 3, § 105 Abs. 1 [X.] auch zur Aufhebung des Strafausspruchs.
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1. Das [X.] hat die Voraussetzungen des Hangs, des symptoma-tischen Zusammenhangs sowie der Gefährlichkeit für gegeben erachtet. [X.] hat es -
dem Sachverständigen folgend -
die hinreichend konkrete Erfolgsaussicht (§ 64 Satz 2 StGB) verneint und dies vor allem mit dem [X.] Schulabschluss des Angeklagten, dem frühen Beginn seiner [X.] Auf-fälligkeiten, insbesondere seines [X.]s, sowie mit seiner Impul-sivität, Aggressivität und Reizbarkeit begründet.
Dies hält sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht stand; denn
diese Krite-rien werden teilweise durch die Feststellungen nicht belegt, teilweise sind sie für sich nicht geeignet, gegen die konkrete Aussicht zu sprechen, der -
thera-piewillige -
Angeklagte könnte durch den Vollzug der Maßregel geheilt und [X.] über eine erhebliche Zeitspanne vor einem Rückfall bewahrt werden, so dass zu erwarten steht, dass bei erfolgreichem Verlauf der Therapie seine Gefährlichkeit aufgehoben oder deutlich herabgesetzt werden wird (vgl. zu [X.],
Beschluss vom 22. Januar 2013 -
3 [X.], [X.]R StGB § 64 Satz 2 Erfolgsaussicht 1).
Im Einzelnen:
a) Allein ein fehlender Schulabschluss spricht nicht für eine intellektuelle Behinderung, die wegen ihrer Schwere dazu führen könnte, dass der [X.] in einer Entziehungsanstalt nicht behandelbar wäre (vgl. [X.] aaO; MüKoStGB/[X.], 2. Aufl., § 64 Rn. 68).
b) Darüber hinaus ist zwar von dem zu [X.] ein gewisses Maß an Introspektionsfähigkeit sowie Kränkungs-
und Frustrationstoleranz zu fordern (vgl. [X.], [X.], 414, 417). Dass es daran dem Angeklagten mangelt, wird aber durch die Feststellungen zu dessen persönlichen Werde-gang nicht belegt. Den Urteilsgründen ist insoweit nur zu entnehmen, dass im Jahre 2010 ein Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung gemäß § 45 2
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Abs. 2 [X.] eingestellt worden und dass es zwischen dem
Angeklagten und seinem Vater -
wegen seines Drogenkonsums (!) -
zu massiven, teils sogar ge-walttätigen Streitigkeiten gekommen war. Auch die verfahrensgegenständlichen Straftaten, die im Rahmen einer Auseinandersetzung zwischen zwei [X.] begangen wurden, belegen keine den Angeklagten von anderen Ge-walttätern unterscheidende höhere Aggressivität oder Reizbarkeit. Die Maßre-gel des § 64 StGB steht aber auch Gewalttätern offen.
c) Schließlich kommt es unter dem Aspekt der Verfestigung eines Kon-sumverhaltens weniger auf dessen Beginn als auf dessen Dauer an. Ein sechs Jahre andauernder [X.] vermag für sich betrachtet das Verdikt der Unbehandelbarkeit nicht zu begründen. Dies gilt umso mehr, als das Urteil keine Feststellung dahin enthält, dass sich der Angeklagte zuvor bereits einmal einer Therapie unterzogen hätte.
2. Die fehlerhafte Ablehnung der [X.] zieht gemäß § 5 Abs. 3, § 105 Abs. 1 [X.] die Aufhebung auch des Strafausspruchs nach sich (vgl. [X.], Beschluss vom 25. November 2014 -
5 [X.], juris Rn. 4).

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Dieser ist jedoch auch für sich genommen nicht bedenkenfrei. Der [X.] ver-weist insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des [X.] unter Ziffer 2 und 3 der Antragsschrift vom 24. August 2015.

Becker Pfister Schäfer

Gericke Spaniol

Meta

3 StR 314/15

27.10.2015

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.10.2015, Az. 3 StR 314/15 (REWIS RS 2015, 3286)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 3286

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3 StR 314/15

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