Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.01.2003, Az. XI ZR 395/01

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 4952

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[X.]/01vom13. Januar 2003in dem [X.] 2 -Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 13. Januar 2003durch die [X.] [X.], Prof. Dr. [X.], [X.], [X.] unddie [X.]in [X.]:Die sofortige Beschwerde der Kläger gegen den [X.]. Zivilsenats des [X.] wird auf ihre Kosten als unzulässigverworfen.Die Ablehnungsgesuche der Kläger gegen die [X.]am [X.] [X.], Dr. M., [X.], Dr. Wa.und die [X.]in am [X.] Ma. [X.] unbegründet erklärt.Gründe:[X.] Kläger machen gegen die beklagte Bank im Zusammenhangmit der von ihnen als "drückervermittelte [X.]" be-zeichneten Darlehensaufnahme für den Erwerb einer [X.] und [X.] geltend. Ihren in [X.] erfolglos gebliebenen Klageantrag verfolgen sie mit [X.] 3 -Mit Schriftsatz vom 4. April 2002 - ergänzt durch weitere Schrift-sätze vom 24. April und 13. Mai 2002 - haben die Kläger den [X.] [X.] am [X.] N. und den [X.] am [X.] wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und hierzuim wesentlichen folgendes vorgetragen: Die im Schrifttum weit überwie-gend abgelehnte Rechtsprechung des [X.]. Zivilsenats zu den sog. "drük-kervermittelten [X.]en" offenbare eine verbraucher-feindliche, die Interessen der Banken in besonderem Maße [X.] Einstellung der abgelehnten [X.]. Anders sei ihre als "Rechtsbeu-gung durch Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör" [X.], die davon gekennzeichnet sei, daß sie Vorbringen derbetroffenen Anleger nicht vollständig zur Kenntnis nehme, nicht erklär-lich. Als Referenten bankrechtliche Fragen behandelnder Seminare [X.] verschiedentlich zusammen mit dem als "[X.]" der Bankenbezeichneten [X.]. in der Öffentlichkeit aufgetreten und hätten damitihre Nähe zu den Kreditinstituten deutlich gemacht. Sie hätten den "[X.]" hervorgerufen, weil sie verschiedentlich, [X.] dem von den - wie [X.] ist - banknahen "W." am 18. und19. Mai 2001 in [X.] veranstalteten Seminar als Referenten aufgetretenseien und für ihre Mitwirkung Honorare bezogen hätten, die [X.] den sehr hohen Teilnehmergebühren oder aber von den letztlichhinter dem Veranstalter stehenden Banken aufgebracht worden seien.Äußerungen des [X.]s am [X.] Dr. S. während der [X.] am 18. Mai 2001 hätten drei laufende Revisionsverfahren be-troffen; der abgelehnte [X.] habe erklärt, das betreffende Oberlan-desgericht habe den Verbraucherschutz auf seine Fahne [X.]" müsse "ein Ende bereitet werden". Dieser [X.] 4 -folgend habe der [X.]. Zivilsenat später die erwähnten [X.].Der Vorsitzende [X.] am [X.] N. habe in einem inder Universität L. gehaltenen Festvortrag Ausführungen gemacht, die- vor allem im Hinblick auf abfällige Äußerungen über die Rechtspre-chung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und über ab-weichende Literaturmeinungen - den Eindruck hervorrufen müßten, daßer sich als "Rechtsgestalter" und nicht als an das Gesetz gebundener"Rechtsanwender" verstehe.Zur Glaubhaftmachung eines Teils ihres Vorbringens haben sichdie Kläger auf die eidesstattliche Versicherung einer Redakteurin [X.] "F." und einen schriftlichen Bericht eines Rechtsanwalts bezo-gen, der an dem W.-Seminar in [X.] teilgenommen hat und seine "[X.] versichert" hat. Die abgelehnten [X.] haben sich zu [X.] dienstlich geäußert. Die Richtigkeit ihrer Angaben hat Rechts-anwalt beim [X.] Prof. Dr. K., der ebenfalls an dem ge-nannten W.-Seminar teilgenommen hat, "voll und ganz bestätigt".Durch Beschluß vom 14. Mai 2002 sind die [X.] unbegründet zurückgewiesen worden. Gegen den am 30. Mai 2002zugestellten Beschluß haben die Kläger mit am 22. Juni 2002 bei [X.] Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt und unterBezugnahme auf ihre Angriffe gegen die angefochtene Entscheidung diefünf Mitglieder des [X.]. Zivilsenats, welche diesen Beschluß gefaßt ha-ben, ebenfalls wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. [X.] sich die Kläger darauf, daß der Senat unter Mitwirkung der [X.] abgelehnten [X.] am 4. Juni 2002, also wenige Tage nach Zu-stellung des angefochtenen Beschlusses, in dem Verfahren [X.] ZR 357/01die Revision der Klägerin, welche die [X.] ebenfalls wegen [X.] Befangenheit abgelehnt hatte, nicht zur Entscheidung angenommenhat.Die abgelehnten [X.] haben sich dienstlich geäußert; die Klägerhatten Gelegenheit, hierzu Stellung zu nehmen. [X.] am [X.] ist wegen Erreichens der Altersgrenze mit Ablauf [X.] November 2002 in den Ruhestand getreten.I[X.] sofortige Beschwerde gegen den Beschluß vom 14. Mai 2002ist unzulässig, die gegen die übrigen [X.] des [X.]. Zivilsenats gerich-teten Ablehnungsgesuche sind nicht begründet. Das gilt nicht nur hin-sichtlich der einzelnen angeführten Ablehnungsgründe, sondern auchbezüglich ihrer Gesamtwürdigung.1. Nach § 46 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 567 Abs. 1 ZPO findet die sofor-tige Beschwerde allein gegen bestimmte im ersten Rechtszug erlasseneEntscheidungen der Amtsgerichte und der [X.] statt. Nach derseit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung der [X.] sofortige Beschwerde deswegen auch nicht eröffnet, wenn ein Senatdes [X.]s ein gegen eines seiner Mitglieder gerichtetesAblehnungsgesuch für unbegründet erklärt; in einem solchen Fall wärevielmehr nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO nur die Rechtsbeschwerde statt-- 6 -haft, soweit sie von dem [X.] in seinem Beschluß zugelas-sen worden ist (vgl. [X.]/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 46 Rdn. 14a).Gegen einen entsprechenden Beschluß des [X.]s [X.] nicht einmal diese eingeschränkte Möglichkeit der [X.] der getroffenen Entscheidung vor.Es bedarf keiner abschließenden Entscheidung, ob die Klägerstattdessen Gegenvorstellungen gegen die angefochtene Entscheidungerheben könnten (vgl. für Entscheidungen des OLG [X.]/Vollkommer,aaO § 46 Rdn. 14a am Ende). Denn diese hätten jedenfalls in der Sachekeinen Erfolg. Soweit eine solche Gegenvorstellung das gegen den[X.] am [X.] Dr. S. gerichtete Ablehnungsgesuch [X.], ist dasselbe mit seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst ohne-hin unzulässig geworden (vgl. [X.]/[X.], ZPO, 24. Aufl., § 46Rdn. 8); hinsichtlich des Vorsitzenden [X.]s am [X.] [X.] sie - wie sich aus den Ausführungen zu Ziff. 2. im einzelnen ergibt -in der Sache keinen Erfolg.2. Weder die Spruchpraxis des [X.]. Zivilsenats zu den von den [X.] "drückervermittelten [X.]en" noch die Mit-wirkung an der angefochtenen Entscheidung oder dem Nichtannahmebe-schluß vom 4. Juni 2002 ([X.] ZR 357/01) begründen die Besorgnis [X.] der abgelehnten [X.].Im [X.] nach der Zivilprozeßordnung ist nichtdarüber zu entscheiden, ob der [X.] befangen ist, sondern ob aus [X.] einer objektiv und vernünftig urteilenden [X.] die Besorgnis [X.], der zur Entscheidung berufene [X.] stehe der Sache nicht un-- 7 -voreingenommen und unparteiisch gegenüber (st.Rspr. Nachw. bei[X.]/Vollkommer, aaO § 42 Rdn. 9). Zu dieser Vorstellung kann [X.] diesem objektivierten Maßstab urteilende [X.] nicht allein deswe-gen gelangen, weil der [X.] in seiner bisherigen Spruchtätigkeit oderim Rahmen wissenschaftlicher Erörterungen einen Rechtsstandpunkteingenommen hat, der der ablehnenden [X.] ungünstig ist; denn das[X.] dient nicht dazu, einer [X.] die Handhabe zu ge-ben, einen ihr genehmen, nämlich ihrem Anliegen gewogenen [X.]auszuwählen; es soll nur verhindern, daß ein [X.] über die Rechtssa-che entscheidet, der die zur Entscheidung stehenden Fragen - und damitauch seine bisher vertretene Ansicht - im Lichte der ihm unterbreitetenArgumente nicht unvoreingenommen und kritisch prüft und den [X.], in seiner Ansicht festgelegt oder gegenüber einer [X.] ab-lehnend gesonnen zu sein.Diese Voraussetzungen sind von den Klägern nicht glaubhaft ge-macht worden (§ 294 ZPO i.V.m. § 44 Abs. 2 ZPO). Insbesondere [X.] kein Anlaß zu der Annahme, der [X.]. Zivilsenat entscheide grund-sätzlich zugunsten der Banken.Zu dieser Überzeugung kann eine vernünftig und ihrerseits nichtvoreingenommen urteilende [X.] auch nicht deswegen gelangen, weil[X.] sich an dem in [X.] üblichen wissenschaftlichen Diskursbeteiligen und in diesem Zusammenhang sich nicht nur literarisch, son-dern auch in Diskussionsveranstaltungen äußern, dabei die Leitlinien [X.] verdeutlichen und sich der Kritik von Wissen-schaft und Praxis stellen. Auch kritische Äußerungen gegenüber anderenAnsichten - mögen sie von Gerichten, Wissenschaftlern oder praktisch- 8 -tätigen Juristen vertreten werden - rechtfertigen die Besorgnis der Be-fangenheit nicht, soweit deutlich wird, daß es sich bei der von dem[X.] vertretenen Meinung um eine vorläufige Stellungnahme handelt,die er bei besseren Argumenten zu revidieren bereit ist.Das gilt auch, wenn ein solcher Meinungsaustausch in Foren statt-findet, welche von Institutionen veranstaltet werden, hinter denen [X.] Interessengruppen stehen, und wenn den teilnehmenden rich-terlichen Referenten für ihre Vorbereitung und Mitwirkung ein Honorargezahlt wird. Denn niemand, der objektiv urteilt, wird annehmen, daß ein[X.] sich wegen eines solchen Honorars in seiner spruchrichterlichenTätigkeit beeinflussen, also - wie die Kläger es bezeichnet haben - [X.] der Bestechlichkeit aufkommen lassen wird. Das gilt selbstdann, wenn man - wie die Kläger in ihrer Beschwerdeschrift - annehmenwollte, die beiden [X.] des [X.]. Zivilsenats hätten sich das von [X.] der W.-Veranstaltung aufgebrachte gesamte Gebührenauf-kommen geteilt. Davon abgesehen ist die dieser Vorstellung zugrunde-liegende Rechnung offensichtlich abwegig, denn jede sachlich urteilende[X.] wird erwägen, daß der Veranstalter für die Konzeption, die Vorbe-reitung und die Durchführung einer solchen in angemieteten [X.] erhebliche Mittel aufwendenmuß und daß deswegen [X.] - und nicht nur den richterlichen - Refe-renten lediglich ein geringes Honorar gezahlt werden kann, das- ermittelt man [X.] - weit unter den Beträgen liegt, [X.] ihren Mandanten in Rechnung zu stellen pflegen.Auch der Umstand, daß der [X.]. Zivilsenat nach der [X.] Kläger regelmäßig in dem Zusammenhang der sog. "drückervermit-- 9 -telten [X.]en" zu Lasten der Anleger entschieden hat,begründet nicht den Vorwurf der Voreingenommenheit. Eine sachlich ur-teilende und nicht einseitig von der Richtigkeit des eigenen Standpunktsüberzeugte [X.] würde nämlich nicht - wie die Kläger, die in diesemZusammenhang den Vorwurf der Rechtsbeugung erheben - aus dieserJudikatur den Schluß ziehen, daß das Gericht ihre Erwägungen nicht [X.] nimmt und willkürlich handelt, sondern sie würde sich fragen,ob entweder die eigenen Argumente nicht tragfähig genug sind oder obes an ihrer hinreichenden Darstellung im Prozeß gemangelt hat, um den[X.] zu überzeugen. Eine ihrem Anliegen gegenüber [X.] können die Kläger auch nicht daraus herleiten, daß sie indiesem Zusammenhang bemängeln, der [X.]. Zivilsenat und vor allem [X.] gäben dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit vor dem derEinzelfallgerechtigkeit den Vorzug; denn eben diese Vorgehensweise istdem [X.] mit dem jüngst reformierten [X.] den Gesetzgeber aufgegeben worden.Voreingenommenheit der [X.] des [X.]. Zivilsenats kann auchnicht daraus hergeleitet werden, daß sie den Ablehnungsgesuchen ge-gen den Vorsitzenden [X.] am [X.] N. und den [X.]am [X.] Dr. S. im Hinblick auf deren angebliche Äußerun-gen in [X.] und L. nicht entsprochen haben. Ob das Vorbringen der [X.] die von ihnen vorgelegten Schilderungen von [X.]. [X.]. auch unter Berücksichtigung der gegenteiligenDarstellungen der abgelehnten [X.] und des Rechtsanwalts am [X.] als glaubhaft gemacht anzusehen ist, ist [X.] wertender richterlicher Erkenntnis; die Kläger verkennen die Bedeu-tung der Glaubhaftmachung, wenn sie erwarten, die bloße Vorlage von- 10 -ihre Vorwürfe teilweise bestätigenden Schriftstücken reiche für die ge-botene Glaubhaftmachung aus, so daß das Gericht, das dem nicht folge,seine fehlende Unvoreingenommenheit offenbare und deswegen mit [X.] abgelehnt werden könne.Zu Unrecht leiten die Kläger schließlich die Besorgnis der Befan-genheit daraus her, daß der [X.]. Zivilsenat in der Sache [X.] ZR 357/01 am4. Juni 2002 - unter Mitwirkung der abgelehnten [X.] - die [X.] von der Klägerin jenes Rechtsstreits eingelegten [X.] hat. Es beruht auf einer Verkennung der nach der Zivilpro-zeßordnung bestehenden Rechtsmittelmöglichkeiten, wenn sie meinen,der Senat habe vor "Ablauf der [X.]" des § 569 ZPO nicht entschei-den dürfen, weil der Beschluß vom 14. Mai 2002 vorher nicht in formelle- 11 -Rechtskraft erwachsen sei. Wie oben ausgeführt, ist das von den [X.] für gegeben erachtete Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde nichtstatthaft.[X.][X.] Kurzwelly [X.] Münke

Meta

XI ZR 395/01

13.01.2003

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.01.2003, Az. XI ZR 395/01 (REWIS RS 2003, 4952)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 4952

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