BUNDESGERICHTSHOF (BGH) VERWALTUNGSRECHT STAATSRECHT UND STAATSORGANISATIONSRECHT RECHTSSTAAT EUROPA ASYL- UND AUSLÄNDERRECHT FLÜCHTLINGE GRUNDRECHTE ASYL FLUGVERKEHR VERFAHRENSGRUNDSÄTZE DEUTSCHER ANWALTVEREIN (DAV) VERFAHREN VERFAHRENSDAUER Hinzufügen
Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.
Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Erinnerung gegen Kostenfestsetzungsbeschluß (Kosten für Vertretung durch mehrere Anwälte in einem bedeutsamen Verfahren; Kosten für gutachterliche Mitwirkung eines weiteren Anwalts)
[X.]
- 2 BvR 1516/93 -
des togoischen Staatsangehörigen
S ...
gegen a) | den Beschluß des Verwaltungsgerichts [X.]vom 21. Juli 1993 - 13 [X.] 20003/93.A (2) -, |
b) | die Verfügung des [X.]renzschutzamtes [X.] vom 4. Juli 1993 - [X.]-3227-[X.] -, |
c) | den Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 4. Juli 1993 - A 1740795-283 - |
sowie - mittelbar -
gegen | § 18a des Asylverfahrensgesetzes (AsylVf[X.]) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Juli 1993 ([X.] I Seite 1361) |
Beteiligt: Die Bundesregierung, vertreten durch das [X.],
hier: | Erinnerungen gegen die Kostenfestsetzung |
hat das [X.] - Zweiter Senat - unter Mitwirkung der [X.]innen und [X.]
Präsidentin [X.],
[X.]raßhof,
Kruis,
Kirchhof,
Winter,
[X.],
Jentsch,
Hassemer
am 22. Juni 1998 einstimmig beschlossen:
[X.] werden zurückgewiesen.
1. Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers richtete sich unmittelbar gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts [X.] vom 21. Juli 1993 - 13 [X.] 20003/93.A (2) - , durch den die [X.]ewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt worden war, gegen die Verfügung des [X.]renzschutzamtes [X.] vom 4. Juli 1993 - [X.]-3277-[X.] -, durch die ihm die Einreise ins Bundesgebiet verweigert worden war, und gegen den Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 4. Juli 1993 - A 1740795-283 -, durch den sein Asylantrag als "offensichtlich unbegründet" abgelehnt worden war, sowie mittelbar gegen die Regelung des § 18a AsylVf[X.] i.d.F. des [X.]esetzes zur Änderung asylverfahrens-, ausländer- und staatsangehörigkeitsrechtlicher Vorschriften vom 30. Juni 1993 (B[X.]Bl I S. 1062); zugleich wurde zur vorläufigen Sicherung der Rechte des Beschwerdeführers der Erlaß einer einstweiligen Anordnung beantragt.
Die begehrte einstweilige Anordnung erging durch Beschluß vom 27. Juli 1993 (BVerf[X.]E 89, 106).
Durch Beschluß vom 20. November 1995 wurde dem Beschwerdeführer mit Wirkung vom 31. Oktober 1995 Prozeßkostenhilfe ohne Festsetzung von Ratenzahlungen bewilligt und Rechtsanwalt [X.] Fränkel zur Wahrung seiner Rechte beigeordnet.
Im Urteil vom 14. Mai 1996 (BVerf[X.]E 94, 166 ff.) hat der [X.] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21., 22. und 23. November sowie 5. Dezember 1995 u.a. entschieden, daß das [X.] dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen für das [X.] zur Hälfte und für das Verfahren betreffend den Erlaß einer einstweiligen Anordnung voll zu erstatten hat.
a) Während der Beschwerdeführer im Verfahren betreffend den Erlaß einer einstweiligen Anordnung allein von den Rechtsanwälten [X.] Fränkel und Kollegen vertreten worden ist, haben sich für ihn im [X.] nach der Ladung zur mündlichen Verhandlung außerdem noch am 14. November 1995 Rechtsanwalt [X.], am 15. November 1995 Professor Dr. [X.] und am 17. November 1995 Rechtsanwalt Helmut Bäcker als weitere Bevollmächtigte bestellt.
aa) [X.]estützt auf die [X.]im Urteil vom 14. Mai 1996 haben die Rechtsanwälte [X.] Fränkel und Kollegen, Rechtsanwalt [X.] und Rechtsanwalt Helmut Bäcker Kostenfestsetzung und -ausgleich unter Ausspruch der Verzinsung der festgesetzten Kosten beantragt.
bb) Den Anträgen hat die Rechtspflegerin durch Kostenfestsetzungsbeschluß vom 4. März 1998 nur teilweise entsprochen: Als im [X.]erstattungsfähig sind die Kosten von zwei Rechtsanwälten angesehen worden; abgesetzt worden sind u.a. die geltend gemachten Kosten für die "gutachterliche Mitwirkung" von Rechtsanwalt [X.] auch im Verfahren betreffend den Erlaß einer einstweiligen Anordnung sowie die Kosten der "gutachterlichen Begleitung und Anwesenheit am 5. Dezember 1995" von Rechtsanwältin [X.].
b) Die an den beigeordneten Rechtsanwalt [X.] Fränkel zu vergütende Prozeßkostenhilfe ist von der Rechtspflegerin durch Beschluß vom 1. April 1998 festgesetzt worden. An den geltend gemachten Kosten sind - entsprechend der Kostenfestsetzung im [X.] - Absetzungen vorgenommen worden.
2. [X.]egen den Kostenfestsetzungsbeschluß vom 4. März 1998 haben sowohl die bevollmächtigten Rechtsanwälte als auch das erstattungspflichtige [X.] Erinnerungen eingelegt; gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß vom 1. April 1998 hat der beigeordnete Rechtsanwalt [X.] Fränkel gleichfalls Erinnerung eingelegt.
a) Die bevollmächtigten Rechtsanwälte wenden im wesentlichen ein, als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig seien die Kosten dreier Rechtsanwälte anzusehen. Rechtsanwalt [X.] Fränkel macht darüber hinaus geltend, die Hinzuziehung des Rechtsanwalts [X.] und der Rechtsanwältin [X.] sei erforderlich gewesen.
Das [X.] macht im wesentlichen geltend, die Kosten des Rechtsanwalts [X.] seien nicht erstattungsfähig; die Vertretung des Beschwerdeführers durch mehr als einen Rechtsanwalt sei nicht als "notwendig" anzusehen.
b) [X.]egen die Festsetzung der Vergütung für den mit der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt [X.] Fränkel hat dieser dieselben Einwendungen erhoben wie gegen die Festsetzung des Erstattungsanspruchs des Beschwerdeführers gegen das [X.].
Dem Vertreter der Staatskasse ist [X.]elegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.
3. Auf die Erinnerung der Rechtsanwälte [X.] Fränkel und Kollegen vom 6. März 1998 hin hat die Rechtspflegerin durch Kostenfestsetzungsbeschluß vom 2. April 1998 als weitere, vom [X.] an den Beschwerdeführer zu erstattende Kosten die Auslagen des als Sachverständigen gehörten Dr. [X.]rässner sowie Umsatzsteuer festgesetzt. Darüber hinaus hat sie den Erinnerungen nicht abgeholfen.
[X.], über die entsprechend § 11 Abs. 2 Satz 2 RPfl[X.] der Senat zu entscheiden hat, sind statthaft, haben in der Sache jedoch keinen Erfolg.
1. Das [X.]esetz über das [X.] definiert nicht, was unter "notwendigen Auslagen" im Sinne von § 34a Abs. 2 BVerf[X.][X.] zu verstehen ist. Nach der Rechtsprechung des [X.]s fallen darunter im allgemeinen diejenigen Auslagen, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Verfahren vor dem [X.] entstanden sind; die Erstattungsfähigkeit einer geltend gemachten Auslage hängt maßgeblich davon ab, ob sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung "notwendig" war. Diese Frage kann nicht im Wege eines schematischen Rückgriffs auf § 91 ZPO entschieden werden; vielmehr sind auch die Besonderheiten des verfassungsgerichtlichen Verfahrens zu berücksichtigen (vgl. BVerf[X.]E 46, 321 <323>; 87, 270 <272>).
2. a) Danach sind dem Beschwerdeführer vom [X.] keine weitergehenden, aber auch keine geringeren Kosten als die in den Beschlüssen der Rechtspflegerin bereits festgesetzten zu erstatten. Die Kosten des Rechtsanwalts Helmut Bäcker, der sich als dritter anwaltlicher Bevollmächtigter bestellt hat, sind daher nicht erstattungsfähig.
aa) Die Mandatierung von zwei Rechtsanwälten war erforderlich, aber auch ausreichend.
(1) Das Verfahren der Verfassungsbeschwerde erschöpft sich nicht im individuellen Rechtsschutz - zu dessen Verwirklichung erscheint die Mandatierung eines Rechtsanwalts regelmäßig ausreichend -, sondern hat daneben die Aufgabe, das objektive Verfassungsrecht zu wahren sowie seiner Auslegung und Fortbildung zu dienen (vgl. BVerf[X.]E 79, 365 <367>). Wenn in einem [X.] mit einem umfangreichen und besonders schwierigen Verfahrensgegenstand eine mündliche Verhandlung stattfindet, zu der die dem Beschwerdeführer gegenüberstehenden Verfahrensbeteiligten für spezielle Rechtsgebiete besondere Kenner aufbieten, kann es unter dem [X.]esichtspunkt der "Waffengleichheit" erforderlich sein, die Mandatierung mehrerer Rechtsanwälte für notwendig zu halten (vgl. BVerf[X.]E 46, 321 <324>). So liegt es hier.
(2) [X.]egenstand des [X.]s war insbesondere das sog. "Flughafenverfahren" des § 18a AsylVf[X.] als Teil des politisch heftig umstrittenen und in der Öffentlichkeit besonders lebhaft und kontrovers diskutierten "Asylkompromisses" vom 6. Dezember 1992. Dabei handelte es sich um ein objektiv derart bedeutsames Verfahren, daß die Vertretung durch nur einen Rechtsanwalt nicht als ausreichend angesehen werden kann. Bestätigung findet dies u.a. darin, daß die Bundesregierung dem Verfahren beigetreten (§ 94 Abs. 5 Satz 1 BVerf[X.][X.]) und daß zur mündlichen Verhandlung von vornherein auf erforderlichenfalls zwei Verhandlungstage geladen worden ist. Für die Frage der Notwendigkeit einer Vertretung durch zwei Rechtsanwälte ist nicht darauf abzustellen, in welchem Umfang ein bestimmter Bevollmächtigter später im einzelnen tätig geworden ist (eine derartige, auf den bloßen Umfang anwaltlicher Tätigkeit gerichtete Betrachtungsweise widerspräche übrigens auch dem anwaltlichen [X.]ebührenrecht), sondern ob nach einer [X.]esamtbetrachtung des Verfahrensgegenstandes die Mandatierung von mehr als einem Bevollmächtigten als notwendig anzusehen ist. Dies ist aus den bereits genannten [X.]ründen zu bejahen.
(3) Allerdings ist nicht ersichtlich, daß eine Vertretung durch mehr als zwei Rechtsanwälte erforderlich gewesen wäre. Eine rein quantitative Betrachtung - etwa unter Hinweis darauf, daß auf Seiten der dem Verfahren beigetretenen Bundesregierung in der mündlichen Verhandlung mit dem Bevollmächtigten Professor Dr. Hailbronner jeweils mehr als 40 Beamte in leitender Funktion vertreten gewesen seien, deren präsentes Wissen habe abgefragt werden können und auch abgefragt worden sei - ist nicht angebracht. Den Bevollmächtigten des Beschwerdeführers wäre es ebenfalls möglich gewesen, ihrerseits weitere fachkundige Personen zuzuziehen. Dafür, warum neben zwei Rechtsanwälten, die die Vertretung der Interessen des Beschwerdeführers arbeitsteilig wahrnehmen konnten, noch ein dritter Rechtsanwalt erforderlich gewesen sei, ist bei Anlegung des gebotenen objektivierten Maßstabs weder den Erinnerungen noch sonstigen Umständen etwas zu entnehmen.
bb) Auch soweit Rechtsanwalt [X.] Fränkel für bestimmte Einzeltätigkeiten die Kosten weiterer Rechtsanwälte angesetzt hat, ist deren Notwendigkeit zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht ersichtlich. Insoweit besteht kein Anlaß, vom [X.]rundsatz des § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO - wonach die Kosten mehrerer Rechtsanwälte nur insoweit zu erstatten sind, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten mußte - abzuweichen.
Welche Tätigkeiten Rechtsanwalt [X.] im Verfahren betreffend den Erlaß einer einstweiligen Anordnung sowie im [X.] "gutachterlich" entfaltet hat, wird im übrigen weder näher aufgezeigt noch ist dies sonst erkennbar. In bezug auf die Kosten der Rechtsanwältin [X.] für die "gutachterliche Begleitung" am 5. Dezember 1995 ist jedenfalls nicht ersichtlich, warum eine Vertretung des Rechtsanwalts [X.] Fränkel nicht sozietätsintern oder durch den zweiten Bevollmächtigten, Rechtsanwalt [X.], möglich gewesen wäre.
b) Soweit Rechtsanwalt [X.] Fränkel als beigeordneter Rechtsanwalt gegen die Festsetzung der ihm zu vergütenden Prozeßkostenhilfe Erinnerung eingelegt hat, hat sie aus den oben unter [X.]) genannten [X.]ründen keinen Erfolg.
[X.] | [X.]raßhof | Kruis |
Kirchhof | Winter | [X.] |
Jentsch | Hassemer |
Meta
22.06.1998
Sachgebiet: BvR
Zitiervorschlag: Bundesverfassungsgericht, Entscheidung vom 22.06.1998, Az. 2 BvR 1516/93 (REWIS RS 1998, 15)
Papierfundstellen: REWIS RS 1998, 15 BVerfGE 99, 338-341 BVerfGE 98, 163-169 BVerfGE 94, 166-240
Auf Mobilgerät öffnen.
Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
1 BvR 1183/90 (Bundesverfassungsgericht)
Erinnerung im Kostenfestsetzungsverfahren; Anwaltskosten eines äußerungsberechtigten Betriebsrats
1 BvR 1174/90 (Bundesverfassungsgericht)
Prozeßgebühr für einen Rechtsanwalt bei der Vertretung mehrerer Beschwerdeführer in einer gegen eine Rechtsnorm erhobenen …
2 BvR 1516/93 (Bundesverfassungsgericht)
Erinnerung gegen Kostenfestsetzung; keine Kostenerstattung für Zwangsvollstreckungsmaßnahmen aus einem Kostenfestsetzungsbeschluß des Bundesverfassungsgerichts
1 BvR 402/87 (Bundesverfassungsgericht)
Erinnerung gegen Kostenfestsetzungsbeschluß im Verfassungsbeschwerde-Verfahren; keine Erstattung der Kosten zweier eine Partei vertretenden Rechtsanwälte
1 BvR 1243/88 (Bundesverfassungsgericht)
Willkür und Bindung des Richters an Gesetz und Recht; hier: Erörterungsgebühr für die arbeitsgerichtliche Güteverhandlung
M 2 S 18.30968, M 2 S 18.30970
M 2 S 17.44568, M 2 K 17.40821
M 17 S 17.39975, M 17 K 17.39973
M 17 S 17.43925, M 17 E 17.43926
M 17 S 17.41928, M 17 K 17.41924
M 17 S 17.40621, M 17 K 17.40619
M 2 S 17.46095, M 2 S 17.46098
M 21 K 16.33950, M 21 S 16.33951
M 17 S 17.31192, M 17 K 17.31190
M 17 S 16.31575, M 17 K 16.31574
M 16 S 16.31580, M 16 S 16.31654
M 17 S 16.31245, M 17 K 16.31244
M 17 S 16.30706, M 17 K 16.30705
M 24 S 15.31573, M 24 K 15.31572, M 24 S 15.31571, M 24 K 15.31570
M 16 S 15.30084, M 16 S 15.30090