Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.02.2017, Az. V R 51/15

5. Senat | REWIS RS 2017, 15040

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Keine Gemeinnützigkeit einer Kunststiftung bei Unterbringung der Kunstwerke in nicht öffentlich zugänglichen Privaträumen


Leitsatz

NV: Werden Kunstwerke in privaten --nicht der Allgemeinheit zugänglichen-- Räumlichkeiten untergebracht und nur teilweise gelegentlich öffentlich ausgestellt, verfolgt eine zur Bewahrung und Förderung von bildender Kunst gegründete Stiftung mangels Selbstlosigkeit keine gemeinnützigen Zwecke .

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 26. Februar 2015 1 K 487/14 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine von den Eheleuten [X.] und [X.] am ... 2011 errichtete Stiftung bürgerlichen Rechts. Die Stiftung wurde mit einem Geldbetrag von 5.000 € und mit Werken der [X.]ildenden Kunst aus dem Eigentum der Stifter zu [X.]nschaffungskosten von ca. 121.000 € ausgestattet, die in einer [X.]nlage zum Stiftungsgeschäft aufgeführt waren. Die Stiftung wurde vom [X.] 2011 anerkannt. [X.]m 15. Juli 2011 erteilte der [X.]eklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --F[X.]--) eine vorläufige [X.]escheinigung über die [X.]nerkennung der Gemeinnützigkeit der Klägerin.

2

Die Satzung der [X.] lautet auszugsweise wie folgt:

"... § 2 Stiftungszweck

(1) Die Stiftung verfolgt ausschließlich gemeinnützige Zwecke i. S. des [X.]bschnitts steuerbegünstigte Zwecke der [X.].

(2) Zweck der Stiftung ist die [X.]ewahrung und Förderung von bildender Kunst schwerpunktmäßig aus der geographischen Mitte [X.].

Der Stiftungszweck wird insbesondere verwirklicht durch:

a) Förderung von Vorhaben der bildenden Kunst in der geographischen Mitte [X.]

b) Unterstützung und Durchführung von künstlerischen Veranstaltungen und Förderprojekten

c) Vergabe von künstlerischen Förderprojekten

d) Gewährung von Stipendien

e) Zurverfügungstellung von Werken der Stiftung im Rahmen von öffentlichen [X.]usstellungen und Leihgaben.

...

§ 7

(1) Der Vorstand besteht aus mindestens einem Mitglied und höchstens zwei Mitgliedern.

Mitglieder des ersten Vorstands sind:

a) [X.] – als Vorsitzender

b) [X.]...

(2) Die Stifter gehören dem Vorstand auf Lebenszeit an. Die Stifter sind berechtigt, das [X.]mt jederzeit niederzulegen.

(3) [X.] einer der Stifter oder beide oder ein anderes Vorstandsmitglied aus dem Vorstand aus, wird bereits jetzt bestimmt, dass nach dem [X.]usscheiden einer der beiden aus dem Vorstand deren [X.], Herr ..., als lebenslanger Vorstand bestellt ist. [X.]eim [X.]usscheiden eines weiteren Vorstands wird bereits jetzt die Enkeltochter der Stifter, .... und bei [X.]usscheiden eines weiteren Vorstands der Enkelsohn der Stifter .... als lebenslanger Vorstand bestimmt.

Danach bestimmt jedes Vorstandsmitglied seinen eigenen Nachfolger ...."

3

Im Gründungsjahr 2011 und im Folgejahr 2012 erstreckte sich die Tätigkeit der Klägerin überwiegend auf die [X.]eschaffung weiterer Gemälde sowie die [X.]egleitung von Kunstprojekten, auch unter Gewährung von Stipendien. Entsprechend dem Stiftungszweck wurden weitere [X.]ilder für ca. 82.000 € und für ca. 96.000 € hinzuerworben.

4

Nach Eingang der Erklärungen zur Körperschaftsteuer und zur Gewerbesteuer für 2011 Ende März 2013 bestätigte das F[X.] die Gemeinnützigkeit mit [X.]escheid vom 28. Mai 2013 und forderte die Klägerin auf mitzuteilen, wo die [X.]ilder gelagert würden. Nachdem die Klägerin hierzu die private Wohnadresse der Stifter angegeben hatte, gelangte das F[X.] zu der [X.]uffassung, dass die [X.]ilder den Verfügungsbereich der Stifter nie verlassen hätten und kündigte an, die zuvor anerkannte Gemeinnützigkeit rückwirkend ab 2011 wieder zu versagen. Daraufhin teilte Herr [X.] dem F[X.] mit, dass die [X.]ilder ab Juli 2013 in einer von ihm dafür eigens angemieteten Wohnung in der [X.] in ... gelagert würden. Durch die Gründung der Stiftung habe er auch den Verkauf der [X.]ilder durch seine Erben verhindern wollen.

5

Zuwendungen (Spenden) habe die Klägerin in den Streitjahren ausschließlich von den Stiftern sowie von diesen nahestehenden Unternehmen erhalten. Dafür habe die Klägerin entsprechende Spendenbescheinigungen erteilt. Die Spenden beliefen sich im [X.] auf 229.355 € und im [X.] auf 195.710 €.

6

Unter Würdigung dieser Umstände erließ das F[X.] am 2. Juli 2014 einen nach § 173 [X.]bs. 1 Nr. 1 der [X.]bgabenordnung ([X.]) geänderten Körperschaftsteuerbescheid für 2011 und einen erstmaligen Körperschaftsteuerbescheid für 2012, in denen es Körperschaftsteuer jeweils auf 0 € festsetzte und den Feststellungsbescheid über die Gemeinnützigkeit rückwirkend wieder aufhob.

7

[X.]uf die hiergegen mit Zustimmung des F[X.] erhobene Sprungklage gab das Finanzgericht ([X.]) im Hinblick auf das Streitjahr 2011 der Klage statt, weil das F[X.] nicht befugt gewesen sei, die bestandskräftig festgestellte Gemeinnützigkeit für das Streitjahr 2011 wieder abzuerkennen und wies die Klage im Übrigen als unbegründet ab. Gemeinnützigkeit liege nicht vor, weil es an der nach § 52 [X.]bs. 1 i.V.m. § 55 [X.]bs. 1 [X.] erforderlichen Selbstlosigkeit fehle. Das Urteil des [X.] ist veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2016, 408.

8

Zur [X.]egründung ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Sie führt im Wesentlichen Folgendes aus:

9

Das [X.] habe insbesondere gegen § 5 [X.]bs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes ([X.]) i.V.m. § 55 [X.]bs. 1 und [X.]bs. 3 [X.] verstoßen. Es habe den [X.]egriff der Gemeinnützigkeit unzutreffend ausgelegt. Dabei stelle das [X.] [X.]nforderungen an die Selbstlosigkeit, welche die Voraussetzungen von § 5 [X.]bs. 1 Nr. 9 [X.] i.V.m. § 55 [X.]bs. 1, 3 [X.] überstiegen. Daneben habe das [X.] den Streitfall teilweise fehlerhaft unter die maßgeblichen [X.]estimmungen subsumiert.

Nach § 2 [X.]bs. 2 der Satzung der Klägerin seien als Stiftungszwecke die [X.]ewahrung und Förderung von bildender Kunst schwerpunktmäßig aus der geographischen Mitte der [X.]undesrepublik [X.] ([X.]) festgelegt. In der Satzung seien darüber hinaus die nach § 55 [X.]bs. 1 Nrn. 1 bis 5 [X.] notwendigen Voraussetzungen für die Selbstlosigkeit festgeschrieben. Diese würden von der Klägerin verwirklicht. Der festgelegte Stiftungszweck falle somit in den [X.]nwendungsbereich von § 52 [X.]bs. 2 Nr. 5 [X.]. Die Voraussetzungen für die Selbstlosigkeit und damit die [X.]nerkennung der Gemeinnützigkeit seien vollständig erfüllt. Ein rein eigenwirtschaftliches Interesse der Stifter stehe keineswegs im Vordergrund des Handelns der Klägerin und sei auch in keiner Weise gegeben. Durch das Wirken der Klägerin erhalte unzureichend bewertete mitteldeutsche Kunst verstärkt die Möglichkeit, kunstwissenschaftlich geachtet zu werden. [X.]uf diese Weise werde der Zusammenhalt der Gesellschaft bewahrt. Das [X.]nliegen der Klägerin bestehe darin, bildende Kunst insbesondere aus der Mitte [X.] zu bewahren und angemessen der [X.]llgemeinheit zugänglich zu machen.

Kunst sei nach [X.]uffassung der Stifter ein zu schützendes Gemeingut, das für die Fortschreibung der Kunstgeschichte und der Geschichte der Menschheit bewahrt werden müsse. Die Stifter hätten daher eigene Kunstwerke allein mit einem [X.]nschaffungswert von 122.205 € in die Stiftung eingebracht. Hierdurch hätten die Stifter ihr Vermögen nicht unerheblich geschmälert. Eine freie Verfügung über die [X.]ildwerke sei bereits durch die Stiftungssatzung untersagt. Hinzu kämen die jährlich anfallenden Fixkosten wie z.[X.]. der Mietaufwand der Klägerin. Zudem hätten sich die Stifter verpflichtet, aus ihrem eigenen Vermögen jährlich 5.000 € mindestens für den Zeitraum von sechs Jahren an die Klägerin zu zahlen.

Das [X.] verkenne, dass die Kunst– und Sammelleidenschaft die Intention zur Gründung jeder Stiftung sei. Dass es einen gewissen Zusammenhang zwischen dem Zweck der Stiftung und dem Interesse der Stifter gebe, sei eine in der Natur der Sache liegende Verbindung, die deutlich mache, dass die zu fördernde Tätigkeit nicht nur der [X.]llgemeinheit, sondern in der Regel notwendig auch den einzelnen Mitgliedern mehr oder weniger zugutekomme.

Mit Errichtung der Stiftung hätten die Stifter die Kunstwerke getrennt, indem sie diese nicht in der Wohnung der Stifter, sondern in separaten, ursprünglich gewerblich genutzten Räumen im [X.] im Erdgeschoss der [X.] in ... aufbewahrt hätten. Die Wohnung der Stifter befinde sich in der ersten und zweiten Etage dieses Gebäudes, nicht jedoch im Erdgeschoss. Frau [X.] habe im Übrigen das Eigentum an dem Wohn– und Geschäftshaus mit notariellem [X.] auf ihren [X.] übertragen, so dass das entsprechende Gebäude zum Zeitpunkt der Zwischenlagerung des [X.]ildkonvoluts überwiegend im Fremdeigentum und nicht im Eigentum der Stifter gestanden habe. [X.]b dem ... 2013 hätten Räumlichkeiten in der [X.] angemietet und ein [X.]ildlager eingerichtet werden können.

Das [X.] habe insoweit zu Unrecht darauf abgestellt, dass die Lagerung der Kunstwerke bis zum ... 2013 "in den Wohnräumen" des [X.] erfolgt sei. Das [X.] stütze damit seine Entscheidung auf eine Tatsache, die wesentlich sei, so dass allein deshalb das Urteil aufzuheben sei. Das [X.] sei diesbezüglich seiner Sachaufklärungspflicht nicht nachgekommen.

Die Klägerin habe im [X.] die Kunstwerke in erheblichem Umfang der [X.]llgemeinheit bekannt gemacht. Sie habe zwei Leihverträge vereinbart und u.a. mehrere [X.] erstellt oder deren Herstellung unterstützt. Ferner seien mit verschiedenen Künstlern projektbezogene Verträge vereinbart worden. Insgesamt hätten schon mehr als 100 Personen die [X.]ildwerke in den angemieteten Räumen der Klägerin besichtigt.

Die Klägerin beantragt, das [X.]-Urteil aufzuheben, soweit es die Versagung der [X.]nerkennung der Gemeinnützigkeit und die Körperschaftsteuerfestsetzung für das [X.] betrifft, den [X.]escheid über die Körperschaftsteuer für 2012 vom 2. Juli 2014 aufzuheben und das F[X.] zu verpflichten, einen Freistellungsbescheid zur Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer zu erlassen, hilfsweise, das [X.]-Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen.

Das F[X.] beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Es hält die Vorentscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

Das [X.] hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin mit der von ihr gegründeten Stiftung keine gemeinnützigen Zwecke verfolgt, weil es ihr an der erforderlichen Selbstlosigkeit fehlt.

1. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 [X.] sind Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 51 bis 68 [X.]) von der Körperschaftsteuer befreit. § 3 Nr. 6 des [X.] ([X.]) enthält eine entsprechende Regelung für die Befreiung von Gewerbesteuer. Gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 [X.] verfolgt eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Eine Förderung oder Unterstützung geschieht nach § 55 Abs. 1 [X.] selbstlos, wenn dadurch nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke z.B. gewerbliche Zwecke oder sonstige Erwerbszwecke verfolgt werden und im Übrigen die weiteren in § 55 Abs. 1 Nrn. 1 bis 5 [X.] genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Nach der Rechtsprechung handelt eine Körperschaft selbstlos, wenn sie weder selbst noch zugunsten ihrer Mitglieder eigennützige oder eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt (Urteil des [X.] --[X.]-- vom 13. Dezember 1978 I R 39/78, [X.], 330, [X.] 1979, 482).

Dabei trägt eine Körperschaft, die eine Steuerbefreiung oder Steuerermäßigung wegen Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke begehrt, die [X.] für die Tatsachen, aus denen sich ergibt, dass sie die Voraussetzungen der Steuerbefreiung oder Steuerermäßigung erfüllt (z.B. [X.] vom 28. Oktober 2004 I B 95/04, [X.] 2005, 160).

2. Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen hat das [X.] im Streitfall zu Recht angenommen, dass jedenfalls im Streitjahr das eigennützige Interesse der Stifter im Vordergrund des Handelns der Klägerin stand, so dass es an der gebotenen Selbstlosigkeit i.S. von § 55 Abs. 1 [X.] mangelte. Die Klägerin hat im Streitjahr den in § 2 der Satzung verankerten Stiftungszweck nicht in ausreichendem Umfang verwirklicht, insbesondere was die vorgesehene Zurverfügungstellung von Werken der Stiftung im Rahmen von öffentlichen Ausstellungen und Leihgaben angeht.

a) Der Senat ist mangels einer begründeten Verfahrensrüge der Klägerin an die tatsächlichen Feststellungen gebunden, die das [X.] dazu in dem angefochtenen Urteil getroffen hat (§ 118 Abs. 2 [X.]O).

Die Klägerin macht zwar im Rahmen einer Verfahrensrüge geltend, das [X.] habe zu Unrecht bei seiner Entscheidung darauf abgestellt, dass sich die Gemälde "in den Wohnräumen" der Stifter befunden hätten, während es sich in Wahrheit lediglich um die gleiche Adresse, aber von der Wohnung getrennte Räumlichkeiten in einer anderen Etage gehandelt habe. Dieser Umstand ist aber schon nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin nicht entscheidungserheblich, weil es nach den Ausführungen des [X.] in diesem Zusammenhang auf die durch den ausschließlichen Zugang in derselben Adresse gesicherte tatsächliche --die Allgemeinheit für diesen Zeitraum ausschließende-- Sachherrschaft der Stifter an den Gemälden ankam. Dieser Umstand wird auch von der Klägerin nicht grundsätzlich in Frage gestellt, zumal sie auch zu keiner Zeit vorgetragen hat, dass die Gemälde zu bestimmten Öffnungszeiten der Allgemeinheit zugänglich gewesen wären.

b) Das [X.] hat diese Tatsachen rechtsfehlerfrei gewürdigt.

Das [X.] hat hierzu ausgeführt, dass der Stifter und Vorstand der Klägerin, Herr A, sich unstreitig aufgrund seiner Kunst- und Sammelleidenschaft seit Jahren in diesem Bereich engagiert habe. Sein Eigeninteresse liege im Sammeln und Besitzen von Kunstgegenständen aus der geographischen Mitte [X.]. Dieses Interesse habe Herr A mit der Gründung der Stiftung weiterverfolgt. Denn auch nach der Übertragung seiner privat angeschafften Kunstwerke auf die Stiftung habe sich für ihn faktisch nichts geändert, weil er nach wie vor den unmittelbaren Besitz an diesen Kunstwerken [X.] wie an den von der Klägerin in den Streitjahren angeschafften [X.] habe. Sämtliche Kunstwerke hätten sich noch bis Juli 2013 im Besitz von [X.] befunden. Auch danach seien die Kunstwerke in einer von diesem in der Nähe angemieteten Wohnung gelagert worden. Die Allgemeinheit habe in dieser Zeit kaum einen Nutzen an den Kunstwerken gehabt, da ihnen diese --abgesehen von wenigen Kunstwerken als Leihgaben bei [X.] nicht zugänglich gemacht worden seien. Gegen das Vorliegen der Selbstlosigkeit spreche auch, dass durch die in § 7 der Satzung enthaltene Regelung der Verbleib der Stiftung und damit auch der unmittelbare Besitz am Stiftungsvermögen für die nächsten beiden Generationen unmittelbar im Familienbesitz bereits sichergestellt sei. Daran ändere der in § 12 der Satzung vorgesehene Anfall des Vermögens der Stiftung bei Auflösung derselben auf andere gemeinnützige Einrichtungen nichts, weil diese Regelung lediglich den in § 55 Abs. 1 Nr. 4 [X.] vorgesehenen Mindestvorgaben für die Anerkennung der Selbstlosigkeit entspreche.

Nach Auffassung des erkennenden Senats sind diese Ausführungen des [X.] zur fehlenden Selbstlosigkeit nicht zu beanstanden.

c) Die von der Klägerin hiergegen erhobenen Einwendungen greifen nicht durch.

aa) Die Behauptung der Klägerin, mit der tatsächlichen Sachherrschaft an den Gemälden in den nur ihnen zugänglichen Räumlichkeiten werde den Stiftern lediglich ein unbeachtlicher ideeller Vorteil gewährt, geht fehl. Denn auf diese Weise wird der interessierten Allgemeinheit abgesehen von einzelnen Ausstellungen in entscheidungserheblicher Weise der zur Erfüllung des Stiftungszwecks maßgebliche Kunstgenuss an den Gemälden verwehrt.

bb) Die nach Darstellung der Klägerin gebotene "Bewahrung von Gemeingut von Kunst und Kultur" steht im Einklang mit dem aufgezeigten eigennützigen Interesse der Stifter an der Anschaffung und dem Sammeln der Kunstwerke und vermag Letzteres daher nicht zu entkräften.

cc) Dasselbe gilt für den Hinweis der Klägerin, dass die Kunstwerke durch die Stiftung auf Dauer dem Vermögen der Stifter entzogen seien mit der Maßgabe, dass das Stiftungsvermögen zugleich nach § 4 Abs. 2 der Satzung in seinem Bestand dauernd und ungeschmälert zu erhalten sei; denn dieser Umstand bedeutet angesichts der Lagerung der Kunstwerke im Erdgeschoss des eigenen Wohnhauses bzw. in hierfür später angemieteten Räumlichkeiten nicht, dass die Stifter ihren tatsächlichen Besitz --und damit auch ihren durch jederzeitigen Zugang möglichen eigennützigen [X.] an den früheren und von der Stiftung neu erworbenen Kunstwerken der Sammlung in irgendeiner Form grundsätzlich eingeschränkt hätten. Auf die von der Klägerin beschriebenen geänderten Eigentumsverhältnisse an dem Gebäude durch die Übertragung auf den [X.] der Stifter kommt es insoweit nicht an, da sich an der tatsächlichen Sachherrschaft bezogen auf die Gemälde für die Öffentlichkeit nichts geändert hat.

Zwar hat die Klägerin mit der Vorbereitung und Durchführung einzelner Ausstellungen die Kunstwerke zum Teil --und nur zeitweise-- auch der Allgemeinheit zum Kunstgenuss zur Verfügung gestellt. Dies bedeutet aber gleichfalls nicht, dass die Stifter hierdurch dauerhaft ihre eigennützigen Motive zur Aufrechterhaltung und dem weiteren Ausbau ihrer --ihnen selbst stets zugänglichen-- Kunstsammlung eingeschränkt oder gar aufgegeben hätten.

Dem steht auch nicht der Vortrag der Klägerin entgegen, dass inzwischen mehr als 100 Personen die Kunstwerke in den Räumen der Stiftung besichtigt hätten. Zum einen handelt es sich insoweit um neues tatsächliches Vorbringen, das im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden kann, zumal sich diese Behauptung außerdem auch noch auf Verhältnisse jenseits des [X.] bezieht. Zum anderen ist dieser Vortrag auch nicht entscheidungserheblich, weil der nur ausnahmsweise nach vorheriger Absprache geregelte Zugang Dritter --insbesondere von Künstlern und [X.] zum Lagerraum der Klägerin den nach der Satzung erforderlichen umfassenden Kunstgenuss zugunsten der Allgemeinheit nicht ersetzen kann.

dd) Auch das Vorbringen der Klägerin, das [X.] habe zu Unrecht angenommen, dass die an die jeweiligen Künstler zum Teil vergebenen Stipendien nicht nach Maßgabe allgemein zugänglicher Vergabekriterien erfolgt seien, sondern auf dem entsprechenden "Gutdünken" der Stifter beruhten, greift nicht durch. Soweit die Klägerin hierzu vorträgt, die von ihr geförderten Projekte gingen grundsätzlich von einem definierten von ihr bereits erarbeiteten literarischen Werk aus, so dass von vornherein einschränkende Kriterien bei der Auswahl des Künstlers gelten würden, ergibt sich daraus schon, dass entsprechend der vom [X.] angestellten Überlegung eine allgemeine Ausschreibung für alle Künstler von vornherein ausgeschlossen war.

ee) Ferner führt auch der Hinweis auf die Rechtsprechung des [X.] (Urteil vom 23. Juli 2003 I R 29/02, [X.]E 203, 251, [X.] 2003, 930) mit dem Ziel der Verfolgung gemeinnütziger Zwecke durch vorbereitende Tätigkeiten zu keinem anderen Ergebnis.

Zwar hat der [X.] insoweit geklärt, dass bereits Tätigkeiten einer neu gegründeten Körperschaft, die die Verwirklichung der steuerbegünstigten [X.] nur vorbereiten, ausreichen, um die tätigkeitsbezogenen Voraussetzungen der Steuerbefreiung zu erfüllen ([X.]-Urteil in [X.]E 203, 251, [X.] 2003, 930, Rz 16). Dies ändert aber nichts daran, dass im Hinblick auf den steuerbegünstigten Satzungszweck auch die Voraussetzungen der Selbstlosigkeit i.S. von § 55 Abs. 1 [X.] erfüllt sein müssen.

ff) Entgegen der Auffassung der Klägerin spricht der vom [X.] zudem angeführte Umstand, dass das Stiftungsvermögen zumindest für die nächsten zwei Generationen ausschließlich in Familienhand bleiben solle, gleichfalls gegen das Vorliegen von Selbstlosigkeit.

Die Klägerin weist zwar zu Recht darauf hin, dass die Stifter im Rahmen der ihnen zustehenden Stifterfreiheit (Privatautonomie) auch die eigenen Nachkommen als Nachfolger vorsehen können. Gleichwohl ist eine solche Vorgehensweise aber besonders geeignet, das eigennützige --familiäre-- Interesse der Stifter im Verhältnis zur Allgemeinheit für einen generationsübergreifenden Zeitraum zu sichern.

Dem steht auch nicht das Vorbringen der Klägerin entgegen, sie sei vom Innenministerium zu einer entsprechenden Überarbeitung der Nachfolgeregelung veranlasst worden, die in ihrer ursprünglichen Fassung keinen geregelten Übergang auch auf die Enkelgeneration vorgesehen habe. Denn die nun außerdem gewählte Formulierung: "Danach bestimmt jedes Vorstandsmitglied seinen eigenen Nachfolger" stellt zudem sicher, dass auch die Enkel ihre eigene Nachfolge in der [X.] damit ihr eigennütziges [X.] längerfristig sichern können.

3. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

V R 51/15

23.02.2017

Bundesfinanzhof 5. Senat

Urteil

vorgehend Thüringer Finanzgericht, 26. Februar 2015, Az: 1 K 487/14, Urteil

§ 52 Abs 2 Nr 5 AO, § 55 Abs 1 AO, § 3 Nr 6 GewStG 2002, § 5 Abs 1 Nr 9 KStG 2002, KStG VZ 2011, KStG VZ 2012, GewStG VZ 2011, GewStG VZ 2012

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.02.2017, Az. V R 51/15 (REWIS RS 2017, 15040)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 15040

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

V B 123/15 (Bundesfinanzhof)

Keine Gemeinnützigkeit einer Stiftung zur Bewahrung und Förderung von bildender Kunst bei maßgeblichem Eigeninteresse des …


V R 30/16 (Bundesfinanzhof)

Zur Körperschaftsteuerpflicht einer Stiftung


V R 67/16 (Bundesfinanzhof)

Fehlende Selbstlosigkeit einer zu steuerbegünstigten Finanzierungszwecken zwischengeschalteten gGmbH


I R 16/18 (Bundesfinanzhof)

Verdeckte Gewinnausschüttung - Gemeinnützige Stiftung als nahestehende Person


V R 50/17 (Bundesfinanzhof)

Zur Körperschaftsteuerpflicht von Stiftungen


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.