Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.02.2012, Az. XII ZR 137/09

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 9125

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XII [X.]/09
Verkündet am:

15. Februar 2012

Breskic,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB §§
1579 Nr.
7; 1599 Abs.
1
a)
Verschweigt eine Ehefrau ihrem Ehemann, dass ein während der Ehe geborenes Kind möglicherweise von [X.] abstammt, verwirklicht dies grundsätzlich den Härtegrund eines Fehlverhaltens im Sinne von §
1579 Nr.
7 BGB. Die Anfechtung der Vaterschaft ist hierfür nicht Voraussetzung.
b)
Ein Härtegrund kann nicht nur angenommen werden, wenn die anderweitige leib-liche Vaterschaft unstreitig ist, sondern auch dann, wenn der Ausschluss der leib-lichen Vaterschaft des Ehemannes in zulässiger Weise festgestellt worden ist.
[X.], Urteil vom 15. Februar 2012 -
XII [X.]/09 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 15.
Februar 2012 durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Hahne
und die Rich-ter
Weber-Monecke, Dr.
Klinkhammer, Schilling und Dr.
Ne[X.]en-Boeger
für Recht erkannt:
Die Revision des [X.]
gegen das Urteil des 2.
[X.]s für Fami-liensachen des [X.] in [X.] vom 29.
Juli
2009 wird verworfen.
Die Revision der [X.]n gegen das vorgenannte Urteil wird [X.].
Die Kosten des Revisionsverfahrens werden zu 25
% dem Kläger und zu 75
% der [X.]n auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Abänderung einer notariellen Urkunde über nachehelichen Unterhalt.
Die Parteien heirateten im Januar 1967. Aus der Ehe ist eine 1967 gebo-rene Tochter hervorgegangen. Ein 1984 geborener [X.] der [X.]n gilt ebenfalls als Kind des [X.].
Für den geistig behinderten [X.]
ist eine recht-liche Betreuung eingerichtet. Die Ehe der Parteien wurde im Februar
1997 rechtskräftig geschieden.

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-
3
-
Im Juni 1996 hatten die Parteien eine notarielle Trennungs-
und Schei-dungsfolgenvereinbarung
abgeschlossen, in der sich der Kläger unter anderem zur Zahlung
nachehelichen
Unterhalts in Höhe von
3/7 seines Arbeitseinkom-mens und 1/2 seiner Betriebsrente, höchstens aber monatlich
5.000
DM
ver-pflichtet hatte. Zuletzt wurde der Unterhalt im Jahr 2005 einvernehmlich auf monatlich
1.500

tzt.
Die
1944 geborene [X.] ist gelernte Friseurin und war während der Ehe und auch nach der Scheidung nicht erwerbstätig. Sie bezieht seit Mai 2009 eine Altersrente
und bewohnt das ihr im Zuge der Vermögensauseinanderset-zung der Parteien übertragene Einfamilienhausgrundstück.
Der 1942 geborene Kläger ist Diplom-Ingenieur und bezieht ebenfalls Altersrente. Darüber hinaus ist er selbstständig freiberuflich tätig. Er ist wieder verheiratet.
Der Kläger
macht den Wegfall des Unterhalts ab November 2006
gel-tend. Er beruft sich darauf, dass die [X.] ihm den [X.] wissentlich "unter-geschoben"
und dadurch ihren Unterhaltsanspruch verwirkt
habe. Die [X.] habe durch ihr Verhalten sowohl in seine persönliche als auch seine finanzielle Lebensplanung eingegriffen und ihn insoweit nachhaltig geschädigt.
Das Amtsgericht
hat über die Abstammung des [X.]es Beweis erhoben. Das Sachverständigen-Gutachten
hat ergeben, dass die Vaterschaft des [X.] ausgeschlossen ist.
Das Amtsgericht
hat
der Klage sodann stattgegeben. Auf die Berufung der [X.]n hat das Berufungsgericht den Unterhalt ledig-lich herabgesetzt und in Höhe von
monatlich
400

e-hen lassen. Dagegen wenden sich beide Parteien mit ihrer jeweiligen Revision, mit welcher der Kläger eine vollständige Versagung des Unterhalts und die [X.] die Abweisung der Klage weiterverfolgt.

3
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5
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-
4
-
Entscheidungsgründe:
Beiden
Revisionen bleibt ein Erfolg
versagt.
Für das Verfahren ist gemäß Art.
111 Abs.
1 [X.] noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor [X.] Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. [X.]sbeschluss vom 3.
November 2010 -
XII
ZB
179/10
-
FamRZ 2011, 100 Rn.
10).

I.
Nach der Auffassung des Berufungsgerichts greift der [X.] nach §
1579 Nr.
7 BGB
durch. In dem Verhalten der [X.]n, dem Klä-ger gegenüber mehr als 20
Jahre zu verschweigen, dass als
Vater des [X.]es H. [X.] in Frage komme, liege jedenfalls deshalb ein subjek-tiv vorwerfbares schuldhaftes Verhalten, weil der [X.] tatsächlich nicht vom Kläger abstamme. Das stehe nach dem erstinstanzlich eingeholten [X.] fest. Die Bedenken der [X.]n gegen eine Inzidentfeststel-lung der Vaterschaft seien nicht begründet. Der Grundsatz der Statuswahrheit verlange
zwar, alles zu vermeiden, was die Übereinstimmung von statusmäßi-ger und tatsächlicher biologischer Abstammung beeinträchtigen könne. Dieser Grundsatz sei jedoch durch das Gesetz zur Klärung der Vaterschaft [X.] vom Anfechtungsverfahren maßgeblich geändert worden.
Die [X.] habe es zumindest für möglich gehalten, dass der Kläger nicht der leibliche Vater ihres [X.]es sei. Das Vorbringen der [X.]n, (nur) Anfang März 1984 anlässlich einer Feier im alkoholisierten Zustand sexuellen Kontakt mit [X.] gehabt zu haben, ohne dass es zum [X.] gekommen sei, sei nicht schlüssig, denn
es stehe fest, dass 7
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-
der Kläger nicht der Vater sei. Sie habe es deshalb für möglich gehalten, dass der Kläger nicht der leibliche Vater sei, möge sie diesen Umstand auch [X.] haben. Sie habe dem Kläger damit zumindest bedingt vorsätzlich ein nicht von ihm stammendes Kind "untergeschoben".
Insbesondere durch die beim Abschluss der Trennungs-
und Schei-dungsfolgenvereinbarung unterlassene Aufklärung des [X.] über "den Fehl-tritt"
und die sich daraus ergebenden Zweifel an der biologischen Vaterschaft
habe sie ihre eheliche Solidarität in einem Ausmaß verletzt, das die Annahme einer offensichtlichen Schwere ihres Fehlverhaltens rechtfertige. Ein ausdrückli-ches Leugnen der außerehelichen Zeugung des Kindes sei hierfür nicht erfor-derlich.

Aufgrund des schwerwiegenden Fehlverhaltens der [X.]n sei der Fortbestand der Unterhaltsverpflichtung in der vereinbarten Höhe grob unbillig. Die [X.] habe den Kläger über einen Zeitraum von 1984 bis 2005 nicht über mögliche Zweifel an der Vaterschaft aufgeklärt und seit der Trennung nicht unerhebliche Unterhaltszahlungen entgegengenommen. Dabei sei auch zu be-rücksichtigen, dass der Kläger seine Lebensplanung ab 1993 wegen der be-sonderen [X.] des [X.]es geändert
habe
und diese hierfür zumindest mitursächlich gewesen seien. Auch die lange Ehedauer und der [X.], dass die [X.] im Vertrauen auf die Unterhaltsvereinbarung nicht er-werbstätig gewesen sei, gäben
keinen Anlass, die Unterhaltszahlungen in voller Höhe weiterhin für zumutbar zu halten.
Unter Berücksichtigung der Schwere des Fehlverhaltens einerseits und der langen Ehedauer, der ehebedingten wirtschaftlichen Nachteile der Beklag-ten,
der aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse und der beabsichtigten [X.] der [X.]n andererseits scheide eine vollständige Versagung des Un-11
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6
-
terhalts aber aus, zumal die Parteien in der Vereinbarung selbst ein langjähri-ges Zusammenleben der [X.]n mit einem neuen Partner nur in der Weise berücksichtigt hätten, dass auch in diesem Fall immer noch 50
% des [X.] geschuldet würden.
Bei der Herabsetzung seien die derzeitigen Einkommens-
und Vermö-gensverhältnisse zu berücksichtigen. Eine Verwertung des [X.] sei von der [X.]n nicht zu verlangen. Dass die Parteien die Abänderung der Unterhaltsvereinbarung auf veränderte tatsächliche und wirtschaftliche [X.] beschränkt hätten, habe jedenfalls nicht zur Folge, dass ein Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht geltend gemacht werden könne.
Eine weitergehende Herabsetzung oder
Befristung nach §
1578
b BGB
sei nicht vorzunehmen. Zwar sei im Fall des [X.] der Versorgungs-ausgleich
zu berücksichtigen, wobei der schuldrechtliche Versorgungsausgleich
noch ausstehe. Die von der [X.]n bezogene Rente erreiche aber der Höhe nach nicht die Rente, die sie im Fall ununterbrochener Berufstätigkeit beziehen würde.
Des Weiteren
sei nicht ersichtlich, wie die [X.] sich zukünftig auf den Wegfall des Unterhalts einstellen solle.

II.
Die Revision des [X.] ist unzulässig. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.]s
kann sich die Eingrenzung der Rechtsmittelzulassung nicht nur aus dem Entscheidungstenor, sondern auch aus den Entscheidungsgründen erge-ben (vgl. [X.]surteile vom 12.
November 2003 -
XII
ZR
109/01
-
FamRZ 2004, 612
Rn.
7 und [X.]Z 179, 43 =
[X.], 406 Rn.
10
f. jeweils mwN).

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-
7
-
Das Berufungsgericht hat die Revision zur Klärung der Frage zugelas-sen, ob die [X.] weitergehende Ausnahmen zulässt, als sie bislang von der Rechtsprechung
des [X.]
anerkannt worden sind. Hierbei handelt es sich zwar um eine Rechtsfrage, auf die für sich ge-nommen die Revisionszulassung nicht beschränkt werden kann. Etwas anderes gilt aber, wenn sich die Rechtsfrage auf einen abgrenzbaren Teil des Streitge-genstands
bezieht, auf den auch die Revision
beschränkt werden könnte
(vgl. [X.]surteile
[X.]Z 179, 43 =
[X.], 406 Rn.
11 mwN
und [X.]Z 153, 358, 360
ff.
=
FamRZ
2003, 590
f.). So verhält es sich im vorliegenden Fall. Die vom Berufungsgericht zugelassene
Ausnahme von der [X.] des §
1599 Abs.
1 BGB beschwert nur die [X.] und betrifft einen abgrenz-baren Teil des [X.]. Von der Klärung der Rechtsfrage ist nur die Herabsetzung des Unterhalts von monatlich 1.500

ängig. Die vom Kläger darüber hinausgehend erstrebte vollständige Versagung des [X.] ist dagegen vom Berufungsgericht ohne Rücksicht auf die fragliche Aus-nahme von der [X.] abgelehnt worden.

III.
1. Das Berufungsgericht hat zutreffend die Abänderungsklage
nach §
323 ZPO
aF und nicht die Vollstreckungsabwehrklage nach §
767 ZPO
als die richtige Klageart angesehen. Das ergibt sich schon daraus, dass im vorliegen-den Verfahren nicht lediglich die Versagung und Herabsetzung nach §
1579
BGB
zu überprüfen ist, sondern auch eine Herabsetzung und Befristung des Unterhalts nach §
1578
b BGB,
und überdies die Entscheidung im vorliegenden Verfahren die notarielle Urkunde als Unterhaltstitel ersetzt.

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18
-
8
-
2. Das Berufungsgericht ist aufgrund der
Tatsache, dass die [X.] dem Kläger über lange Zeit bestehende Zweifel an dessen leiblicher Vater-schaft hinsichtlich des [X.]es vorenthalten hat, vom Tatbestand des §
1579 Nr.
7 BGB
(bzw. §
1579 Nr.
6 [X.]) ausgegangen. Das hält den Revisions-angriffen der [X.]n
stand.
a) Eine Beschränkung oder Versagung des Unterhaltsanspruchs nach §
1579 Nr.
7 BGB
ist begründet, wenn dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den [X.] zur Last fällt.
aa) [X.] führt allerdings als solcher noch nicht ohne weiteres zum
Ausschluss oder zur Herabsetzung des Unterhalts nach §
1579 BGB. Zwar handelt es sich bei einem Verstoß gegen die Pflicht zur ehelichen Treue grund-sätzlich um ein Fehlverhalten im Sinne von §
1579 Nr.
7 BGB
(vgl. [X.]surteil vom 12.
Januar
1983 -
IVb
ZR
348/81
-
FamRZ 1983, 670; [X.] FamRZ 2003, 1173, 1174). Das Gesetz fordert indessen darüber hinaus, dass das Fehlverhalten eindeutig beim Berechtigten liegt. Selbst
bei
einem feststehenden einseitigen Fehlverhalten führt der Ehebruch allein aber noch nicht zur [X.] oder Herabsetzung des Unterhalts, sondern diese erfordern nach der Rechtsprechung
des [X.]s eine so schwerwiegende Abkehr von ehelichen Bindungen, dass nach dem Grundsatz der Gegenseitigkeit, der dem ehelichen Unterhaltsrecht zugrunde liegt,
die Inanspruchnahme des anderen Ehegatten grob unbillig erschiene ([X.]surteile [X.]Z 176, 150 =
FamRZ
2008, 1414 Rn.
22 mwN
und vom 12.
Januar
1983 -
IVb
ZR
348/81
-
FamRZ 1983, 670). Dementsprechend hat der [X.] einen Härtegrund
(erst) bei Aufnahme eines nachhaltigen, auf längere Dauer angelegten intimen Verhältnisses angenom-men, wenn darin die Ursache für das Scheitern der Ehe lag (vgl. [X.]surteil 19
20
21
-
9
-
[X.]Z 176, 150 =
FamRZ
2008, 1414 Rn.
22 mwN). Derartige Umstände sind im vorliegenden Fall nicht gegeben.
bb)
Ein Härtegrund
kann sich indessen auch aus anderen Umständen ergeben, welche einen über den Ehebruch hinausgehenden Vorwurf begrün-den.
[X.] Ein über den Ehebruch als solchen hinausgehender Vorwurf trifft eine
unterhaltsberechtigte Ehefrau auch dann, wenn ein während der Ehe [X.] Kind möglicherweise bei dem Ehebruch gezeugt wurde und sie ihren [X.] in dem Glauben gelassen hat, dass allein er als Vater
des Kindes in [X.] kommt. Dadurch hat sie in einer elementaren persönlichen Frage in die [X.] eingegriffen und diese insbesondere bei anschließender
Fortsetzung der Ehe seiner autonomen Entscheidung [X.]. Ein solches Verhalten stellt einen gravierenden Eingriff in die persönliche Lebensgestaltung
des Ehemannes dar, dessen Verhältnis und Einstellung zu dem Kind und regelmäßig auch zu der Ehe wesentlich von dem Bestehen [X.] -
leiblichen
-
Vaterschaft abhängen. Das Verschweigen der möglichen Va-terschaft eines anderen Mannes stellt demnach ein offensichtlich schwer-wiegendes Fehlverhalten
dar
(vgl. [X.]surteil vom 5.
Dezember 1984

IVb
ZR
55/83
-
FamRZ 1985, 267, 268 mwN; [X.], 1098; zu §
1587
c BGB: [X.] NJW-RR 2008, 1031; [X.] FamRZ 1998, 749).
Da zudem mindestens
ein bedingter Vorsatz bestehen muss, liegt das Fehlverhalten regelmäßig allein bei der Ehefrau, weil sie im Ge-gensatz zum Ehemann über die notwendige Kenntnis verfügt.
(2) Das Berufungsgericht ist von einem bedingten Vorsatz der [X.]n
ausgegangen. Dass sie zwar auf einer von beiden Parteien besuchten Feier stattgefundene sexuelle Kontakte eingeräumt habe, nicht aber einen Ge-22
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-
10
-
schlechtsverkehr, sei nicht schlüssig, weil feststehe, dass der Kläger nicht der leibliche Vater ihres [X.]es sei. Dass es zu einem Geschlechtsverkehr mit dem sie bedrängenden Mann nicht gekommen sei, sei ihr "nicht abzunehmen".
Dass sie es nicht ausgeschlossen habe, geschwängert worden zu sein, ergebe sich zudem aus der glaubhaften Behauptung des [X.], dass die [X.] nach Abbruch sexueller Kontakte im Jahr 1983 überraschend im März 1984 nach der Feier den Geschlechtsverkehr mit ihm noch einmalig zugelassen habe. Sie ha-be daher befürchtet, von [X.] schwanger zu sein und habe es deshalb für möglich gehalten, dass der Kläger nicht der Vater sei, möge sie die-sen Umstand auch verdrängt haben.
Die hiergegen von der [X.]n erhobenen Revisionsrügen sind nicht begründet. Dass die Begründung des
Berufungsgerichts denkgesetzwidrig sei, ist nicht zu erkennen. Vielmehr geht aus seiner Würdigung hervor, dass es der Behauptung der [X.]n, dass sie keinen Geschlechtsverkehr mit [X.] gehabt habe, keinen Glauben geschenkt hat, schon weil
die [X.], dass das Kind von [X.] abstammt, dagegen spricht. Die weitere Überlegung des Berufungsgerichts, dass sie vor dem Geschlechtsver-kehr mit ihrem Ehemann ihre Schwangerschaft von [X.] be-fürchtet habe, baut dagegen auf
der Feststellung des außerehelichen [X.]s auf und soll diese nicht begründen. Auch dass nach [X.] der [X.]n die Feststellungen
des Berufungsgerichts zum Vorsatz un-zureichend seien, trifft nicht zu. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die [X.] Kenntnis von dem Geschlechtsverkehr hatte, was damit übereinstimmt, dass sie das Geschehen detailliert vorgetragen und ihre damali-ge Alkoholisierung ihr Erinnerungsvermögen somit nicht entscheidend beein-trächtigt hat. Unter diesen Umständen brauchte das Berufungsgericht entgegen der von der [X.]n vertretenen Auffassung auch nicht näher zu begründen, warum die [X.] nicht etwa einen
alkoholbedingten "Blackout"
gehabt habe. 25
-
11
-
Dass das Berufungsgericht seinen Feststellungen angefügt hat, die [X.] könne die Möglichkeit, dass der Kläger nicht der Vater ihres [X.]es sei, "[X.]"
haben, steht dem von ihm festgestellten -
zumindest
-
bedingten [X.] nicht entgegen. Denn diese Bemerkung ist ersichtlich nicht in dem Sinne zu
verstehen, dass die einmal begründete Kenntnis etwa durch außergewöhnli-che Umstände später aufgehoben worden sein könnte.
Dass das Berufungsge-richt eine solche Möglichkeit nicht in Betracht gezogen hat, zeigt sich daran, dass es in seiner Begründung sogleich im [X.] an die genannte Bemer-kung von einem bedingten Vorsatz der [X.]n auch zum Zeitpunkt des [X.] der Trennungs-
und Scheidungsfolgenregelung ausgegangen ist.

(3) Mit ihrer Revision beanstandet die [X.], dass den Vorinstanzen verwehrt gewesen sei, die Abstammung des [X.]es gutachterlich klären zu lassen. Das greift als Verfahrensrüge nicht durch. Die von der [X.]n ange-führte Sperrwirkung nach §
1599 Abs.
1 BGB ergibt sich aus
dem materiellen
Recht und betrifft das Beweisverfahren als solches nicht. Die ordnungsgemäße Beweisaufnahme steht außer Frage, zumal der Kläger und auch der [X.]
H.
-
durch seine
Betreuerin
-
ihrer Einbeziehung in die [X.] zugestimmt haben. Die Einbeziehung der [X.]n war wegen des
bereits er-wiesenen [X.] nicht notwendig. Ob das Beweisergebnis für die Entscheidung auch erheblich ist, ist in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung. Selbst eine Beweiserhebung über eine letztlich rechtsunerhebliche Frage
würde die Beweisaufnahme grundsätzlich zwar überflüssig, aber noch nicht verfahrenswidrig
machen.
cc) Dass der Kläger
auch heute noch rechtlicher Vater des Kindes ist, steht der Annahme eines Härtegrundes
nach §
1579 Nr.
7 BGB
nicht entgegen.

26
27
-
12
-
[X.] Der [X.] hat
bereits in seiner bisherigen Rechtsprechung
die Gel-tendmachung der fehlenden leiblichen Abstammung für einen Härtegrund nach §
1579 BGB
nicht als ausgeschlossen betrachtet, wenn die Abstammung des Kindes von [X.] unstreitig ist ([X.]surteil
vom 26.
Oktober
1984 -
IVb
ZR
36/83
-
FamRZ 1985, 51, 52
f.; vgl. zu §
1587
c BGB [X.]sbe-schluss vom 25.
Juni 2008 -
XII
ZB
163/06
-
FamRZ 2008, 1836 mwN
in Ab-grenzung zum [X.]sbeschluss vom 15.
Dezember 1982 -
IVb
ZB
544/80
-
FamRZ 1983, 267). In einer
weiteren Fallkonstellation
hat der [X.] die Berufung auf die unstreitig fehlende leibliche Abstammung zugelassen, wenn diese für die
Haftung des Rechtsanwalts, der die Nichteinhaltung der An-fechtungsfrist zu verantworten hat, erheblich ist
(Urteile vom 23.
September 2004 -
IX
ZR
137/03
-
FamRZ
2005, 261; [X.]Z 72, 299, 301 =
FamRZ 1979, 112). In diesen
Fällen ist trotz [X.] Vaterschaft eine Berücksichti-gung der abweichenden biologischen Abstammung zulässig.
Anders lag inso-weit der Fall des
[X.]surteils vom 16.
April 2008 (XII
ZR
144/06 -
FamRZ 2008, 1424; ebenso [X.]surteil vom 22.
Oktober
2008 -
XII
ZR
46/07
-
[X.], 32; vgl. auch [X.]surteil vom 9.
November 2011 -
XII
ZR
136/09
-
FamRZ
2012, 200), in dem das Kind -
nach Anfechtung der Vaterschaft
-
recht-lich vaterlos war und von daher eine Gefährdung des Familienfriedens allein durch das Hinterfragen der leiblichen Abstammung von vornherein nicht zu be-sorgen war.

Wenn die Vaterschaft eines anderen Mannes zwar nicht unstreitig ist, aber die mangelnde leibliche Vaterschaft des Ehemannes in zulässiger Weise festgestellt ist, muss das gleiche gelten.
Abweichend von der früheren Sicht-weise
stellt die feststehende rechtliche Vaterschaft nicht mehr einen generellen Hinderungsgrund für die Aufklärung der biologischen Abstammung dar. [X.] hat der (rechtliche) Vater nach der Rechtsprechung des [X.] ein von Art.
2 Abs.
1 iVm Art.
1 Abs.
1 GG gewährleistetes Recht 28
29
-
13
-
auf Kenntnis der Abstammung seines Kindes von
ihm ([X.] FamRZ 2007, 441). Aufgrund dessen hat der Gesetzgeber das
sog. [X.] nach §
1598
a BGB
eingeführt, das vom rechtlichen Status gänzlich unabhängig ist (vgl.
[X.]sbeschluss vom 25.
Juni 2008 -
XII
ZB
163/06
-

FamRZ
2008,
1836 mwN).
Daran zeigt sich, dass das Gesetz dem Familien-frieden und einer bewusst nicht aufgeklärten biologischen Abstammung [X.] dann nicht mehr den Vorrang einräumt, wenn der rechtliche Vater als einer der Klärungsberechtigten eine Aufklärung der
leiblichen Abstammung anstrebt
und er gegen Mutter und Kind einen Anspruch auf Mitwirkung an der [X.] hat oder letztere -
soweit zur Klärung des [X.] er-forderlich
-
zur Mitwirkung bereit sind.
(2) In seiner bisher zu §
1579 BGB ergangenen Entscheidung ([X.]sur-teil vom 26.
Oktober
1984 -
IVb
ZR
36/83
-
FamRZ 1985, 51, 52
f.) hatte der [X.] allerdings das Fehlverhalten der unterhaltsberechtigten Ehefrau noch damit begründet, dass sie den Ehemann von der Anfechtung der Vaterschaft abgehalten hatte. Das verhält sich im vorliegenden Fall anders, denn der Kläger hat sich, nachdem er über die mögliche Vaterschaft eines anderen Mannes in-formiert und seine Nichtvaterschaft im vorliegenden Verfahren zudem erwiesen ist, in Kenntnis aller Umstände dafür entschieden, seine Vaterschaft aufrecht-zuerhalten.
Eine Anfechtung der Vaterschaft ist indessen nicht Voraussetzung für die Erhebung des Einwands
nach §
1579 Nr.
7 BGB, weil dessen Voraussetzungen nicht an die rechtliche Abstammung des
Kindes, sondern an die Verfehlung des Unterhaltsberechtigten gegenüber dem Unterhaltspflichtigen anknüpfen.
Die fortbestehende Vaterschaft ist im Zusammenhang mit dem Ehegat-tenunterhalt nur dort zwingend zu berücksichtigen, wo der Unterhalt des -
ge-30
31
32
-
14
-
schiedenen
-
Ehegatten an die gemeinsame Elternschaft anknüpft oder diese ansonsten für die Bemessung des Unterhalts bedeutsam ist. Demnach kann der Ehemann sich auf seine fehlende biologische Vaterschaft nicht berufen, wenn der Unterhaltsberechtigte das Kind betreut, weil es sich um ein gemein-schaftliches Kind im Sinne von §
1570 Abs.
1 BGB handelt. Ebenso können Belange des Kindes einer Versagung oder Herabsetzung des Unterhalts nach §
1579 BGB entgegenstehen.
In diesen Fällen hängt der Unterhalt oder seine Bemessung mit dem bestehenden [X.] und somit auch der fortbestehenden Verantwortung des Ehemannes als -
rechtlicher
-
Vater des Kindes zusammen.
Soweit die Täuschung über die (mögliche) anderweitige Abstammung hingegen von der Vaterschaft und der gemeinsamen Elternschaft unabhängige Gesichtspunkte betrifft, die eine aktuelle oder frühere Betreuung des [X.] Kindes durch die Unterhaltsberechtigte nicht in Frage stellen, ist der Unterhaltspflichtige nicht gehindert, diese als Härtegrund nach §
1579 Nr.
7 BGB anzuführen, weil insoweit allein der
Umfang der fortwirkenden nacheheli-chen Solidarität in Frage steht.
[X.]) Weil die [X.] den Kläger nicht über die mögliche Vaterschaft ei-nes anderen Mannes zu dem [X.] H. aufklärte und den Kläger mehr als 20
Jahre in dem Glauben ließ, dass allein er der Vater des [X.]es sein könne, ist das [X.] nach den vorgenannten Grundsätzen zu Recht zu einer Herabsetzung des Unterhalts wegen eines schwerwiegenden Fehlverhal-tens im
Sinne von §
1579 Nr.
7 BGB gelangt.
Durch die Geltendmachung des Härtegrundes setzt der Kläger sich zu der fortbestehenden Vaterschaft zu dem [X.] H. nicht in Widerspruch. Denn zum einen stehen die rechtlichen Wirkungen der Vaterschaft für den Ehegat-33
34
35
-
15
-
tenunterhalt im oben angesprochenen Sinne hier nicht in Rede. Weder handelt es sich um Betreuungsunterhalt, noch stehen die Belange des [X.]es aktuell der Beschränkung des Unterhalts nach §
1579 BGB entgegen.
Zum anderen wäre es bei der gegebenen Sachlage im
Gegenteil sogar widersprüchlich, wenn man von dem Kläger verlangen würde, die Vaterschaft zu dem [X.] anzufech-ten, um einen Härtegrund geltend machen
zu können. Dann müsste der Kläger seine über Jahrzehnte gefestigte Elternschaft und rechtliche Verantwortung für den [X.] ohne Notwendigkeit beenden. Das wird
im vorliegenden Fall
beson-ders deutlich. Der Kläger gab nicht nur seine gut bezahlte Berufstätigkeit vorzei-tig auf, um sich der Betreuung des geistig behinderten [X.]es widmen zu kön-nen. Ihm wurde nach der Scheidung auch die elterliche Sorge über den [X.] übertragen.
ee)
Das vom Berufungsgericht in tatrichterlicher Verantwortung [X.] ist nach revisionsrechtlichen Maßstäben nicht zu beanstanden.
Das Berufungsgericht ist unter Würdigung der Einzelfallumstände zu ei-ner Herabsetzung des Unterhalts auf monatlich 400

g-ten neben der von ihr bezogenen Rente sowie dem Wohnen im eigenen Haus eine -
wenn auch auf geringerem Lebensstandard
-
auskömmliche Unterhaltssi-cherung ermöglichen. Es hat dabei neben der Schwere des Fehlverhaltens ins-besondere die Dauer der Ehe
und die Rollenverteilung, die übertragenen [X.] sowie die beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse berücksich-tigt.
Dass das Berufungsgericht auch über den gesetzlichen Unterhaltsanspruch hinausgehende Vergünstigungen aufgrund der notariellen Vereinbarung mit einbezogen hat und auf den (fraglichen) rechtlichen Bestand der Vereinbarung nicht
eingegangen ist, beschwert die [X.] als Revisionsklägerin nicht.
Das Berufungsgericht ist schließlich zu Recht davon ausgegangen, dass die von 36
37
-
16
-
den Parteien
getroffene
Vereinbarung die Abänderung der Urkunde aufgrund des Einwands nach §
1579 Nr.
7 BGB (bzw. §
1579 Nr.
6 [X.]) nicht [X.]. Das
greift die
[X.]
mit ihrer Revision
auch nicht an.
3. Das Berufungsgericht hat neben
der Herabsetzung nach §
1579 Nr.
7 BGB
keine (weitere) Herabsetzung und Befristung des Unterhalts nach §
1578
b BGB
vorgenommen. Auch das bedarf im Revisionsverfahren keiner Überprüfung, weil es für die [X.] als Revisionsklägerin günstig ist.

Hahne

Weber-Monecke

Klinkhammer

Schilling

Ne[X.]en-Boeger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 23.01.2009 -
8 [X.]/07 -

OLG [X.], Entscheidung vom [X.] -
10 UF 23/09 -

38

Meta

XII ZR 137/09

15.02.2012

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.02.2012, Az. XII ZR 137/09 (REWIS RS 2012, 9125)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9125

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XII ZR 137/09

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