Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.01.2018, Az. EnVR 9/17

Kartellsenat | REWIS RS 2018, 15256

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:230118BENVR9.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
EnVR
9/17

Verkündet am:

23. Januar
2018

Bürk

Amtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in der energiewirtschaftsrechtlichen Verwaltungssache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.]
[X.] §§ 10, 23 Abs. 6 Satz 1
Der Vorrang des [X.] nach §
10 [X.] vor der Genehmigung einer [X.] nach §
23 Abs.
6 Satz
1 [X.] tritt zurück, wenn die Kosten der geplanten [X.] durch den [X.] nicht einmal an-satzweise abgedeckt werden.
[X.], Beschluss vom 23. Januar 2018 -
EnVR 9/17 -
[X.]

-
2 -
Der [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
23.
Januar
2018
durch die Präsidentin
des Bundesgerichtshofs
Limperg
und die Richter Dr.
Grüneberg, Dr.
Bacher, [X.] und Dr.
Deichfuß
beschlossen:
Die
Rechtsbeschwerde
gegen den
Beschluss des 3.
Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf
vom 21.
Dezember
2016
wird [X.].
Die [X.] trägt die Kosten
des Rechtsbeschwerdeverfah-rens und die notwendigen Auslagen der Antragstellerin.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf
8.500.000

festge-setzt.

-
3 -
Gründe:
I.
Die Antragstellerin
betreibt das
Elektrizitätsverteilernetz
in [X.]. Mit Schrei-ben
vom 27.
März
2013
beantragte sie bei der [X.] die Genehmigung einer [X.] gemäß §
23 Abs.
6 i.V.m. Abs.
1 Satz
2 Nr.
7 [X.] für das Projekt "Umstrukturierung Netz Mitte". Dieses Projekt umfasste die folgenden [X.]n:

Optimierung und Umstrukturierung der Mittelspannungs-,
Niederspannungs-
und Sekundärnetze,

Ersatz der 10-kV-Schaltanlagen und der [X.] in den [X.] und [X.] und

Errichtung des 110/10-kV-Umspannwerkes S.-Straße einschließlich 110-kV-
Kabellegung und 110-kV-Netz-Optimierung.
Mit Beschluss vom 4. Mai 2015 genehmigte die [X.]
die Inves-titionsmaßnahme nur teilweise. Die [X.] "Errichtung des 110/10-kV-Um-spannwerkes S.-Straße einschließlich 110-kV-Kabellegung und 110-kV-Netz-
Optimierung" lehnte sie ab, soweit Anlagegüter unterhalb der Hochspannungsebene betroffen sind.
Sie begründete dies damit, dass insoweit mit der [X.] eine Änderung von Parametern einherginge, die bei der Bestimmung des [X.] zu berücksichtigen sei, und deshalb der Vorrang des [X.] nach § 10 [X.] eingreife.
Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin hat das Be-schwerdegericht den Beschluss insoweit aufgehoben, als die [X.] die [X.] abgelehnt hat, und die [X.] verpflichtet, die Antrag-stellerin unter Beachtung seiner Rechtsauffassung erneut zu bescheiden. Dagegen 1
2
3

-
4 -
wendet sich die [X.] mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung
([X.], [X.], 220) im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die
Voraussetzungen für die Genehmigung der [X.] nach §
23 Abs.
6 [X.] seien dem Grunde nach erfüllt. Die von der Antragstellerin ge-planten Ausbaumaßnahmen würden Netzstrukturen im [X.] von [X.] in ein modernes, effizienteres und leistungsstärkeres Versorgungsnetz überführen. Sie [X.] zur Gewährleistung der technischen Sicherheit des Netzes erforderlich. Dies habe die zuständige Energieaufsichtsbehörde des Landes [X.] bestätigt und werde von der [X.] nicht in Frage gestellt.
Die Genehmigung der [X.] scheitere nicht an dem in §
23 Abs.
6 Satz
1 [X.] normierten und in Ziffer
7 der Festlegung
der Bundesnetzagen-tur zur Verwendung anderer Parameter zur Ermittlung des [X.] nach §
10 Abs.
2 Satz
2 Nr.
4 [X.] für [X.] vom 8.
September 2010 ([X.]-10/004; Amtsblatt der [X.] 2010, S.
2889; im Folgenden: Festlegung [X.]-10/004) näher ausgestalteten Vorrang des [X.].
Der Vorrang des [X.] nach §
10 [X.] vor der Genehmigung einer [X.] nach §
23 Abs.
6 [X.] ergebe sich zwar für die [X.] mit bindender Wirkung aus Ziffer
7 der Festlegung [X.]-10/004, weil [X.] gegenüber der Antragstellerin bestandskräftig geworden sei.
Von diesem [X.] seien aber jedenfalls die Fälle nicht mehr erfasst, in denen -
wie hier -
4
5
6
7
8

-
5 -
die geplante [X.] durch den [X.] nicht einmal an-satzweise abgedeckt werde.
Das Instrument des [X.] beruhe darauf, dass ein Zuwachs der in §
10 Abs.
2 [X.] genannten Parameter
einen "typischen Zuwachs" an [X.] bedinge. [X.] indes Parameterzuwachs und damit verbundene [X.] in einem auffälligen Missverhältnis zueinander, sei die dem [X.] zugrundeliegende Annahme nicht mehr erfüllt und eine Korrektur mittels einer restriktiven Auslegung geboten. Dies folge auch aus dem Wortlaut der Festlegung, der eine "Abbildbarkeit" der Mehrkosten durch den [X.] fordere.
Ein solches Missverhältnis sei hier gegeben. Von den Kosten der abgelehnten [X.] in Höhe von 15,5 Mio. g-lich 20.000

s-punkten ergäben sich über den [X.] zu erzielende Erlöse von 425.000

Investitionskosten entspreche. Soweit die Bundesnetz-agentur dieses offensichtliche Missverhältnis angesichts des zu erwartenden signifi-kanten [X.] und weiterer zusätzlicher Anschlusspunkte infolge des [X.] in Frage stelle, sei dieses Vorbringen mangels näherer Dar-
legung unsubstantiiert.
Diese einschränkende Auslegung entspreche auch dem Wortlaut des §
23 Abs.
6 Satz 1 [X.].
Da §
10 [X.] die kostenmäßigen Auswirkungen nachhalti-ger Änderungen der Versorgungsaufgabe durch Rückgriff auf die Änderung bestimm-ter als Kostentreiber ermittelter Strukturparameter erfassen solle, sei
eine genaue Ermittlung der Kosten einer [X.] gerade nicht vorgesehen. Gleich-zeitig
ordne der Verordnungsgeber in §
23 Abs.
6 Satz
1 [X.] den Vorrang der Erfassung einer [X.] über den [X.] für Sachverhalte unterhalb der Hochspannungsebene nur
an, soweit
die Investition durch den [X.] berücksichtigt werde. Darin komme der gesetzgeberische Wille zum Ausdruck, den Vorrang des [X.] nicht von einer vollständigen Kos-9
10
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-
6 -
tendeckung im Einzelfall abhängig zu machen. Soweit
sich die Parameter nach §
10 Abs.
2 Satz
2 [X.] allerdings als offensichtlich ungeeignet zur Abbildung der [X.] einer bestimmten Investition
auf die Kosten darstellten, könne
nicht mehr von einer "Berücksichtigung" der Investition durch den [X.] gespro-chen werden, da dieser grundsätzlich die Erfassung der gesteigerten Netzkosten in der Erlösobergrenze ermöglichen solle.
2. Diese Beurteilung
hält der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
a) Entgegen der Auffassung des [X.]
enthält die Festlegung [X.]-10/004 allerdings keine Regelung über einen Vorrang des [X.] nach §
10 [X.] vor der Genehmigung einer [X.] nach §
23 Abs.
6 [X.].
aa) Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts
und damit der Umfang seiner Bindungswirkung ist entsprechend §§
133, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln. Die Auslegung eines Verwaltungsaktes richtet sich dabei nicht nach den subjektiven Vorstellungen des Adressaten oder der erlassenden Behörde. Maßgebend ist ent-sprechend der Auslegungsregel des §
133 BGB der erklärte Wille, wie ihn der [X.] bei objektiver Würdigung verstehen konnte (vgl. Senatsbeschluss vom 13.
Dezember 2016 -
EnVR 34/15, [X.], 187 Rn.
50 -
Festlegung individueller Netzentgelte; BVerwGE 148, 146 Rn.
14; jeweils mwN). Auszugehen ist dabei vom verfügenden Teil des Verwaltungsakts (vgl. §
41 Abs.
4 Satz
1 VwVfG). Dieser ist von der Begründung nach §
39 VwVfG zu unterscheiden, die nicht in Bestandskraft erwächst. Sie ist allerdings bei der Ermittlung des
objektiven Erklärungswertes eines Verwaltungsakts heranzuziehen, weil sie erläutert, warum die Behörde den verfü-genden Teil ihres Verwaltungsakts so und nicht anders erlassen hat. Die [X.] bestimmt damit den Inhalt der getroffenen Regelung mit, so
dass sie in aller Regel unverzichtbares Auslegungskriterium ist (vgl. BVerwG, aaO mwN).

12
13
14

-
7 -
bb) Nach diesen Maßgaben trifft die Festlegung [X.]-10/004 keine Regelung über einen Vorrang des [X.] nach §
10 [X.] vor der Genehmigung einer [X.] nach §
23 Abs.
6 [X.]. Der [X.] enthält keine solche Feststellung, sondern beschränkt sich auf die
Festlegung des Parameters "Anzahl der Einspeisepunkte dezentraler Erzeugungsanlagen" als Para-meter nach §
10 Abs.
2 Satz
2 Nr.
4 [X.] und der auf dieser Grundlage neuge-fassten Formel zur Berechnung des [X.]. Der
Vorrang des [X.] nach §
10 [X.] wurde von der [X.] dagegen
nicht
-
auch nicht im Wege einer Bezugnahme (siehe dazu etwa Senatsbeschluss vom 13.
Dezember 2016 -
EnVR 34/15, [X.], 187 Rn.
4 und 55 -
Festlegung indivi-dueller Netzentgelte) -
eigenständig festgestellt, sondern im Rahmen der [X.] des Beschlusses als bloße Rechtsansicht der Behörde mitgeteilt. Die Bundes-netzagentur hat die Festlegung
auch lediglich
auf §
32 Abs.
1 Nr.
3 [X.] gestützt, so dass -
was auch die Bezeichnung der Festlegung
zeigt -
bei objektiver Würdigung keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass ihr die Behörde einen über die Fest-legung eines weiteren Parameters hinausgehenden Regelungsgehalt beimessen wollte.
Hierfür spricht auch, dass sich eine Ermächtigungsgrundlage zum Erlass [X.] Festlegung über einen Vorrang des [X.] der Vorschrift des §
32 Abs.
1 [X.], insbesondere seiner
Nummern
3, 8 und 8a,
nicht entnehmen
lässt.
b) Ohne Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde gegen die Annahme des [X.], dass der in §
23 Abs.
6 Satz
1 [X.] (in der seit dem 14. März 2012 unverändert gebliebenen Fassung) normierte Vorrang des [X.] nach §
10 [X.] vorliegend nicht eingreift.
aa) Nach den von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen Feststellungen des [X.] liegen die Voraussetzungen für die Genehmigung einer In-vestitionsmaßnahme nach §
23 Abs.
6 Satz
1 i.V.m. Abs.
1 Satz
2 Nr.
6 bis 8 [X.] dem Grunde nach vor, weil die von der Antragstellerin geplanten Ausbaumaßnah-men die
Netzstrukturen im [X.] von [X.] in ein modernes, effizienteres und leistungsstärkeres Versorgungsnetz überführen sollen
und zur Gewährleistung der 15
16
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-
8 -
technischen Sicherheit des Netzes erforderlich sind. Dagegen ist nichts zu erinnern. Bei der noch im Streit befindlichen [X.] handelt es sich -
was die Bundes-netzagentur ebenfalls nicht in Frage stellt -
um eine Erweiterungsinvestition, weil mit der Errichtung des [X.] die Umspannkapazität zwischen der Hochspan-nungs-
und der Mittelspannungsebene vergrößert wird
(vgl. Senatsbeschluss vom 17.
Dezember 2013 -
EnVR 18/12, [X.], 291 Rn.
13 -
50Hertz Transmission GmbH). Die Erheblichkeitsgrenze
des §
23 Abs.
6 Satz
2 und 3 [X.] ist überschrit-ten.
bb) Aufgrund dessen können Netzbetreibern nach §
23 Abs.
6 Satz
1 [X.] [X.]n durch die Regulierungsbehörde genehmigt werden, soweit diese nicht durch den [X.] nach §
10 [X.] berücksichtigt werden. Diesen Vorrang des [X.] hat das Beschwerdegericht aber vorliegend rechts-
und verfahrensfehlerfrei zu Recht nicht eingreifen lassen.
(1) Im Ausgangspunkt ist allerdings davon auszugehen, dass der Vorrang des [X.] vor [X.]n entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeerwiderung nicht nur dann gilt, wenn der betreffende Netzbetrei-ber -
wie hier nicht -
einen Antrag nach §
10 [X.] tatsächlich gestellt hat, sondern auch dann, wenn er einen solchen Antrag stellen kann.

Dies legt bereits der Wortlaut des §
23 Abs.
6 Satz
1 [X.] nahe, der die weitere Voraussetzung aufstellt, dass die [X.]n nicht durch den [X.] nach §
10 [X.] berücksichtigt werden. Diese Wendung stellt eher auf die objektiv mögliche Berücksichtigung der Investitionskosten über
den Er-weiterungsfaktor ab und räumt dem betroffenen Netzbetreiber kein Wahlrecht ein.
Entscheidend für den Vorrang des [X.] spricht die historische Auslegung des §
23 Abs.
6 Satz
1 [X.]. Zu der Vorgängerfassung dieser Norm, die insoweit
einen unveränderten Wortlaut hatte, heißt es in der Begründung des Verordnungsgebers, dass [X.] nur in den Fällen Anwendung finden, 18
19
20
21

-
9 -
in denen der [X.] nicht greift, weil in Verteilernetzen Erweiterungsin-vestitionen grundsätzlich durch den [X.] nach §
10 [X.] berück-sichtigt werden ([X.]. 417/07, S.
68). Im Rahmen der Änderung des §
23 [X.] durch die Verordnung vom 14.
März 2012 ([X.] I S.
489) hat der [X.] durch die Streichung der Worte "Im Einzelfall" lediglich klargestellt, dass die Genehmigung von [X.]n nicht auf extreme Ausnahmefälle be-schränkt bleiben soll, im Übrigen aber an dem Vorrang des [X.] vor [X.]n ausdrücklich festgehalten (vgl. [X.] 860/11, S.
10).
Aus dem Sinn und Zweck der beiden Normen folgt nichts anderes. Bei Investi-tionsmaßnahmen und bei dem [X.] handelt es sich um unterschiedli-che Instrumente, mit denen Veränderungen der Versorgungsaufgabe berücksichtigt werden. Die [X.] erkennt die mit der konkreten Investition verbun-denen Kosten schon in der Planungsphase als dauerhaft nicht beeinflussbar an, während sich der [X.] von den mit der Veränderung der Versorgungs-aufgabe konkret verbundenen Kosten löst und stattdessen an die Veränderung von (exogenen) Strukturdaten anknüpft. Der Vorrang des einen Instruments vor dem an-deren folgt damit nicht aus der Natur der Sache, sondern steht -
wie in §
23 Abs.
6 Satz
1 [X.] erfolgt -
im Regelungsermessen des Gesetz-
oder Verordnungsge-bers.
(2) Der Vorrang des [X.] vor [X.]n hat [X.] im Wege einer am Normzweck orientierten Auslegung
des §
23 Abs.
6 Satz
1 [X.] zurückzutreten, wenn seine Beachtung zu einem mit seinem Zweck nicht mehr vereinbaren Ergebnis führt.
(a) Wie bereits ausgeführt, handelt es sich bei [X.]n und bei dem [X.] um unterschiedliche Instrumente. Während die Investiti-onsmaßnahme an die mit der konkreten Investition verbundenen Kosten anknüpft, führt der [X.] zu einer pauschalierenden Betrachtung.
22
23
24

-
10 -

Die Vorschrift des §
10 [X.]
soll sicherstellen, dass die Kosten für [X.], die sich bei einer nachhaltigen Änderung der Versorgungsaufga-be des Netzbetreibers im Laufe der [X.] ergeben,
bei der Bestim-mung der [X.] berücksichtigt werden (vgl. [X.]. 417/07, S.
49). Dies erfolgt durch einen [X.] in der [X.]. Dadurch wird einerseits
dem berechtigten Interesse des Netzbetreibers Rechnung getragen, die Erlösobergrenze an die veränderten Umstände anzupassen, und andererseits eine vollständig neue Kostenprüfung vermieden, indem die Anpassung nach der in Anla-ge
2 zu §
10 [X.] definierten
Formel erfolgt, in die lediglich bestimmte Parameter der Versorgungsaufgabe einfließen. Die Änderung der Netzkosten erfolgt
danach unter vereinfachenden Annahmen proportional zu den als dominant festgelegten Ein-flussfaktoren.
Dadurch kann es allerdings dazu kommen, dass die tatsächlichen Kos-ten, die durch die Veränderung der Versorgungsaufgabe auf den Netzbetreiber [X.], nicht vollständig abgebildet werden. Im Hinblick auf die pauschalierende Betrachtung ist dies aber unumgänglich und in der Vorschrift
angelegt.
§
23 Abs.
6 Satz
1 [X.] will dagegen für die in
dieser Vorschrift genannten privilegierten Maßnahmen Investitionsanreize auch für [X.] schaf-fen, wenn solche Maßnahmen
im Hinblick auf Investitionsvolumen und Komplexität mit Erweiterungs-
und Umstrukturierungsmaßnahmen in die Übertragungsnetze [X.] sind (vgl. [X.]. 417/07, S.
68 und [X.]. 860/11, S.
10). Anders als bei § 10 [X.] können vom Netzbetreiber nach §
23 Abs.
6 Satz
4 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 [X.] die mit der konkreten Investition verbundenen Betriebs-
und Kapital-kosten geltend gemacht
werden. Diese Privilegierung hat der
Verordnungsgeber damit begründet, dass solche
Investitionen oft nicht mit einem Zuwachs der Parame-ter in §
10 [X.] verbunden werden können (vgl. [X.]. 860/11, S.
10).
Fällt die Erhöhung der [X.] durch den [X.] so niedrig aus, dass diese Erhöhung dem Charakter der in Rede stehenden Maßnahme nicht einmal ansatzweise Rechnung trägt, ist dies mit dem Sinn
und Zweck des §
10 25
26
27

-
11 -
[X.] nicht mehr vereinbar (vgl. Senatsbeschluss vom 8.
April 2014 -
EnVR 61/12, Rn.
10). Diese Vorschrift führt zwar aufgrund der pauschalierenden Betrachtung zu Vergröberungen, die der Verordnungsgeber bewusst in Kauf genommen hat, um
ei-ne vollständig neue Kostenprüfung zu vermeiden. Dies darf aber im berechtigten In-teresse des Netzbetreibers nicht dazu führen, dass die Kosten einer
Investitions-maßnahme über den [X.] nur unzureichend oder sogar praktisch gar nicht abgebildet werden. Die Investitionskosten sind dann nicht mehr mit einem Zu-wachs der Parameter nach §
10 [X.] verbunden und werden damit im [X.] nicht durch den [X.] "berücksichtigt". Insoweit ist auch zu bedenken, dass für eine [X.] bei -
wie hier -
Erfüllung der tatbestandlichen Voraus-setzungen nach §
23 Abs.
6 Satz
1 [X.] gerade auch im Hinblick auf Investitions-volumen und Komplexität an sich die konkreten Betriebs-
und Kapitalkosten geltend gemacht werden können. In einem solchen Fall muss daher der Vorrang des §
10 [X.] zurücktreten, so dass die betreffende [X.] nach §
23 Abs.
6 Satz
1 [X.] genehmigungsfähig
ist.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde führt dies auch nicht zu [X.] doppelten Berücksichtigung der [X.]. Soweit der Vorrang des [X.] nach §
10 [X.] hinter die [X.] zurückzutre-ten hat, kann der Netzbetreiber -
wie hier auch nicht geschehen -
diese nicht zusätz-lich
über den [X.] geltend
machen. Die einschränkende Auslegung der Vorrangregelung in §
23 Abs.
6 Satz
1 [X.] bedingt insoweit ebenfalls eine einschränkende Auslegung des §
10 [X.].
(b) Nach diesen Maßgaben ist die streitgegenständliche
[X.] nach §
23 Abs.
6 Satz
1 [X.] genehmigungsfähig.
Nach den Feststellungen des [X.] würde
der [X.] nach §
10 [X.] die hier in Rede stehenden Investitionskosten der nicht geneh-migten [X.] in Höhe von ca. 15,5
Mio.

ken.
Dieses sowohl in relativer als auch in absoluter Hinsicht offensichtliche Missverhält-28
29
30

-
12 -
nis trägt dem Charakter der in Rede stehenden Maßnahme nicht einmal
ansatzweise Rechnung. Soweit das Beschwerdegericht hilfsweise die Errichtung von ca. 60 [X.] berücksichtigt und daraus über den [X.] zu er-zielende Mehrerlöse von 425.000

gilt nichts anderes.
Dagegen
wendet sich die
Rechtsbeschwerde ohne Erfolg. Das Beschwerde-gericht hat mit seiner Berechnung auf der Grundlage der Investitionskosten nicht die falsche Bezugsgröße gewählt. Sowohl §
10 [X.] als auch §
23 Abs.
6 Satz
1 [X.] wollen sicherstellen, dass die Kosten der [X.] bei der Be-stimmung der [X.] berücksichtigt werden. Sie nehmen
damit in beiden Fällen die Investitionskosten der konkreten Maßnahme
in den Blick. Soweit die Rechtsbeschwerde darauf verweist, dass auch bei Genehmigung der [X.] nach §
23 Abs.
6 Satz
1 [X.] die Investitionskosten nicht hundertprozentig erlöst werden, ist dies unerheblich. Der im Falle einer solchen Genehmigung der Antrag-stellerin zufließende Vorteil ist -
was aus der übereinstimmenden Angabe der [X.] zum Streitwert der Beschwerdeinstanz in Höhe von 8,5
Mio.

-
ungleich größer als der sich aus der Anwendung des
[X.] ergebende Mehr-erlös von 20.000

Gegenteiliges hat die Bundes-netzagentur auch mit der Rechtsbeschwerde nicht substantiiert vorgetragen.
Soweit die Rechtsbeschwerde vorbringt, dass ab der dritten [X.] §
10 [X.] nicht mehr anzuwenden (§
34 Abs.
7 Satz
1 [X.]) und aufgrund des neu eingeführten [X.] gemäß §
10a [X.] eine [X.] der Antragstellerin nicht mehr gegeben sei, ist dies vorliegend unmaßgeb-lich. Die Antragstellerin hat die Genehmigung der [X.] und die An-passung der Erlösobergrenze beginnend ab dem
Jahr 2014
und damit bereits für die zweite [X.] gestellt.
31
32

-
13 -
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 EnWG.

Limperg
Grüneberg
Bacher

[X.]
Deichfuß
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 21.12.2016 -
VI-3 Kart 102/15 -

33

Meta

EnVR 9/17

23.01.2018

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.01.2018, Az. EnVR 9/17 (REWIS RS 2018, 15256)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 15256

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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