Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.04.2020, Az. XII ZR 120/18

12. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 1029

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Gegenstand

Gewerberaummietvertrag: Auslegung der Betriebskostenumlage


Leitsatz

1. Wie jede schuldrechtliche Vereinbarung muss diejenige über eine Betriebskostenumlage bestimmt oder zumindest bestimmbar sein, um wirksam zu sein. Weitergehende Anforderungen an die Transparenz einer individualvertraglichen Betriebskostenvereinbarung bestehen hingegen anders als bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht (Abgrenzung zu Senatsurteil vom 2. Mai 2012 - XII ZR 88/10, NJW-RR 2012, 1034).

2. Der in einem Gewerberaummietvertrag verwendete Begriff "Betriebskosten" erfasst dann, wenn sich kein übereinstimmendes abweichendes Begriffsverständnis der Vertragsparteien feststellen lässt, auch ohne weitere Erläuterungen alle zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in die gesetzliche Definition nach § 556 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB i.V.m. § 2 BetrKV einbezogenen Kostenarten (Fortführung von BGH Urteil vom 10. Februar 2016 - VIII ZR 137/15, NJW 2016, 1308).

3. Einer einzelvertraglichen Vereinbarung, wonach der Mieter sämtliche Betriebskosten zu tragen hat, fehlt es im Bereich der Gewerberaummiete nicht an der für eine Vertragsauslegung erforderlichen Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit.

4. Eine solche Regelung erfasst auch dann alle von der Betriebskostenverordnung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses aufgelisteten Kostenarten, wenn sich ihr eine mit "insbesondere" eingeleitete Aufzählung einzelner Kostenarten aus dem Katalog anschließt.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 2. Zivilsenats des [X.] vom 9. November 2018 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte als Gewerberaummieterin verpflichtet ist, dem Kläger - ihrem Vermieter - die Grundsteuer für das Mietobjekt als Betriebskosten zu erstatten.

2

Mit Vertrag vom 13. August 1990 mietete die Beklagte vom Kläger ein bebautes Grundstück zum Betrieb eines Supermarkts mit Getränkehandel und Parkplätzen. Zu den Betriebskosten enthält der Vertrag folgende Regelung:

"Sämtliche Betriebskosten werden von dem Mieter getragen. Hierunter fallen insbesondere die Kosten der Be- und Entwässerung sowie der Heizungs- einschließlich Zählermiete und Wartungskosten. (…)"

3

In den jährlichen Betriebskostenabrechnungen bis einschließlich 2011 ließ der Kläger die für das Mietobjekt anfallende Grundsteuer unberücksichtigt. [X.] machte er erstmals für die [X.] und 2013 wegen der Grundsteuer eine Nachforderung von jeweils 5.116,92 € geltend, die die Beklagte nicht beglich.

4

Das [X.] hat der Klage auf Zahlung der beiden Grundsteuerbeträge nebst Zinsen stattgegeben und die auf Feststellung, nicht zur Tragung der Grundsteuer als Betriebskosten verpflichtet zu sein, gerichtete Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] das erstinstanzliche Urteil abgeändert, die Klage abgewiesen und die mit der Widerklage begehrte Feststellung ausgesprochen.

5

Dagegen wendet sich der Kläger mit der vom [X.] zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

7

Dieses hat seine in [X.], 263 veröffentlichte Entscheidung wie folgt begründet:

8

Einem Antrag auf Nachzahlung von anteiliger Grundsteuer stehe zwar weder der Einwand der Verwirkung entgegen, weil das Umstandsmoment nicht erfüllt sei, noch greife die Einrede der Verjährung durch. Auf der Grundlage der mietvertraglichen Regelung sei der Kläger aber nicht berechtigt, die Grundsteuer auf die Beklagte umzulegen. Denn der streitgegenständlichen Klausel fehle es an der inhaltlichen Bestimmtheit. Sie enthalte weder eine abschließende Aufzählung der umzulegenden Betriebskosten noch einen konkreten Hinweis auf die Betriebskostenverordnung. Es könne auch nicht unbesehen auf den [X.] des § 556 BGB zurückgegriffen werden, weil diese Vorschrift für [X.] nicht zur Anwendung komme. Gegen die Anwendung spreche, dass bei Gewerberaum formularvertraglich auch die Umlage von Betriebskosten möglich sei, die nicht im Betriebskostenkatalog des § 2 [X.] genannt seien. Die Formulierung "sämtliche Betriebskosten" sei intransparent, weil sie die von der Mieterseite zu tragende Kostenlast - mit Ausnahme der aufgezählten Einzelpositionen - nicht ansatzweise in einer dem Bestimmtheitsgebot genügenden Weise erkennen lasse. Selbst wenn man den [X.] als Hilfsmittel heranziehe, verblieben wegen der durch das Wort "insbesondere" eingeleiteten Aufzählung nicht behebbare Zweifel. Für dieses Vertragsverständnis spreche auch signifikant das Verhalten des [X.], der in der [X.] zwischen 1990 und 2016 der [X.] zu keinem [X.]punkt Grundsteuer als Betriebskostenart in Rechnung gestellt habe.

9

Der Kläger berufe sich ohne Erfolg auf § 305 c Abs. 2 BGB. Er habe noch in erster Instanz vorgetragen, bei dem Vertragstext habe es sich um eine Individualvereinbarung gehandelt, die von der [X.] vorgelegt worden sei. Mit der erstmals in der Berufungsinstanz aufgestellten und von der [X.] bestrittenen Behauptung, bei der Regelung zu den Betriebskosten handele es sich um eine Formularklausel, sei er daher ausgeschlossen. Selbst wenn man das anders sähe, fehle es an der ausreichenden Bestimmtheit.

II.

Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die Berechtigung des [X.], die Grundsteuer auf die Beklagte umzulegen, nicht verneint werden.

1. [X.] nicht zu beanstanden ist allerdings, dass das Berufungsgericht die mietvertragliche Regelung zur Tragung der Betriebskosten als Individualvereinbarung eingeordnet hat. Dies wird weder von der Revision noch von der Revisionserwiderung in Zweifel gezogen. Auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts sind die Voraussetzungen für das Vorliegen Allgemeiner Geschäftsbedingungen gemäß § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht gegeben.

2. Die daher streitentscheidende Frage, ob der einzelvertraglichen Regelung die Verpflichtung der Mieterin zu entnehmen ist, die Grundsteuer zu tragen, hat das Berufungsgericht hingegen rechtsfehlerhaft verneint.

a) Nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB hat der Vermieter die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Der Vermieter hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen (§ 535 Abs. 1 Satz 3 BGB). Dazu gehören auch die Betriebskosten. Das Gesetz geht mithin davon aus, dass der Vermieter die aus der Gebrauchsgewährung herrührenden Kosten in die Miete einkalkuliert und diese mit dem vereinbarten Mietentgelt abgegolten werden. Abweichungen hiervon bedürfen der Vereinbarung (Senatsurteil vom 2. Mai 2012 - [X.] - NJW-RR 2012, 1034 Rn. 13), zu deren Inhalt § 556 BGB nur für die Wohnraummiete (vgl. Senatsurteil [X.], 117 = NJW 2010, 1065 Rn. 18 ff.) gesetzliche Vorgaben enthält und die auch konkludent getroffen werden kann (vgl. etwa Senatsurteil vom 10. September 2014 - [X.]/11 - NJW 2014, 3722 Rn. 27 mwN).

b) Wie jede schuldrechtliche Vereinbarung muss diejenige über eine Betriebskostenumlage bestimmt oder zumindest bestimmbar sein, um wirksam zu sein (vgl. Senatsurteil vom 24. Juli 2013 - [X.]/12 - NJW 2013, 3361 Rn. 21 mwN; [X.], 248 = [X.], 310 f.; [X.]/[X.]/[X.] 2. Aufl. § 556 BGB Rn. 12). Weitergehende Anforderungen an die Transparenz einer individualvertraglichen Betriebskostenvereinbarung bestehen hingegen nicht, anders als bei [X.], wo es wegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB einer ausdrücklichen, inhaltlich bestimmten Regelung bedarf, damit der Mieter sich zumindest ein grobes Bild davon machen kann, welche zusätzlichen Kosten auf ihn zukommen können (vgl. Senatsurteile vom 10. September 2014 - [X.]/11 - NJW 2014, 3722 Rn. 25 mwN und vom 6. April 2005 - [X.]/01 - NJW-RR 2006, 84, 85). Denn bei einer einzelvertraglichen Regelung bedarf keine Vertragspartei des Schutzes davor, dass ihr mittels vorformulierter Vertragsbedingungen ihrem Umfang nach nicht durchschaubare Pflichten auferlegt werden und auf diese Weise die Entschließungsfreiheit beim Abschluss des Vertrags eingeschränkt wird (vgl. [X.]/[X.]/[X.] Gewerberaummiete 2. Aufl. § 307 BGB Rn. 7 und 74). Deshalb stellt sich hier - von den Fällen des § 138 BGB abgesehen - nicht die von § 307 BGB aufgeworfene Frage einer entgegen den Geboten von [X.] und Glauben erfolgenden unangemessenen Benachteiligung. Soweit dem Senatsurteil vom 2. Mai 2012 ([X.] - NJW-RR 2012, 1034 Rn. 14) etwas anderes entnommen werden könnte, hält der Senat daran nicht fest.

c) Ob eine Betriebskostenart durch eine entsprechende Individualvereinbarung auf den Mieter umgelegt ist, ist durch Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Während bei [X.] eine objektive, nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung geboten ist (vgl. etwa Senatsurteile vom 17. Februar 2016 - [X.]/13 - NJW-RR 2016, 572 Rn. 10 mwN und [X.], 39 = NJW 2005, 1183, 1184), ist bei der Auslegung von einzelvertraglichen Vereinbarungen nach §§ 133, 157 BGB der wirkliche Wille der Erklärenden zu erforschen. Empfangsbedürftige Willenserklärungen sind so auszulegen, wie sie der Empfänger nach [X.] und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste. Dabei ist vom Wortlaut der Erklärung auszugehen und demgemäß in erster Linie dieser und der ihm zu entnehmende objektiv erklärte [X.] zu berücksichtigen. Bei seiner Willenserforschung hat der Tatrichter aber auch den mit der Absprache verfolgten Zweck, die Interessenlage der Parteien und die sonstigen Begleitumstände zu berücksichtigen, die den Sinngehalt der gewechselten Erklärungen erhellen können (st. Rspr., vgl. etwa Senatsbeschluss vom 7. September 2011 - [X.] - [X.] 2012, 268 Rn. 17 mwN und [X.], 128 = [X.], 887 Rn. 33 mwN).

Die Auslegung von Individualvereinbarungen ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Dessen Auslegung ist für das Revisionsgericht bindend, wenn sie rechtsfehlerfrei vorgenommen worden ist und zu einem vertretbaren Auslegungsergebnis führt, selbst wenn ein anderes Auslegungsergebnis möglich erscheint. Sie kann deshalb vom Revisionsgericht grundsätzlich nur darauf überprüft werden, ob der Auslegungsstoff vollständig berücksichtigt worden ist, ob gesetzliche Auslegungsregeln oder allgemein anerkannte Auslegungsgrundsätze, sonstige Erfahrungssätze oder die Denkgesetze verletzt sind oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht (st. Rspr., vgl. etwa Senatsurteil vom 30. Januar 2019 - [X.]/18 - [X.], 474 Rn. 15 mwN).

d) Auch in Anbetracht dieses eingeschränkten Überprüfungsmaßstabs wird die angefochtene Entscheidung, die der Regelung zu den Betriebskosten die erforderliche Bestimmtheit abspricht, den rechtlichen Anforderungen an die Vertragsauslegung nicht gerecht.

aa) [X.] ist bereits der rechtliche Ausgangspunkt des [X.], das für die wirksame Umlage der Betriebskosten eine ausdrückliche und inhaltlich bestimmte Regelung fordert, die es dem Mieter ermöglicht, sich zumindest ein grobes Bild davon zu machen, welche zusätzlichen Kosten auf ihn zukommen können, und die streitgegenständliche Formulierung daher unter [X.] prüft. Denn damit legt es den für die Überprüfung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gültigen Maßstab an, obwohl die Vertragsparteien nach den im Revisionsverfahren nicht angegriffenen tatrichterlichen Feststellungen eine einzelvertragliche Vereinbarung geschlossen haben (vgl. auch [X.]/[X.] ZfIR 2019, 194, 195).

bb) Darüber hinaus wird die Auslegung des [X.] dem Wortlaut der vertraglichen Bestimmung und hierbei insbesondere dem darin verwendeten Begriff der "Betriebskosten" nicht gerecht.

(1) Ist ein von den Vertragsparteien verwendeter Rechtsbegriff gesetzlich definiert, so kann für die Auslegung regelmäßig auf diese Definition zurückgegriffen werden, wenn sich kein übereinstimmendes abweichendes Begriffsverständnis der Parteien feststellen lässt (vgl. etwa Senatsurteil [X.], 299 = NJW 2010, 671 Rn. 23 ff.; [X.] BGB/[X.] [Stand: 1. Februar 2020] § 556 Rn. 51; [X.] in [X.]/[X.] Miete 5. Aufl. § 556 BGB Rn. 276; [X.]/[X.]/[X.] 2. Aufl. § 556 BGB Rn. 20; [X.]/Singer BGB [2017] § 133 Rn. 46 mwN). Denn eine solche gesetzliche Definition ist geeignet, die fachsprachliche Bedeutung eines Begriffs im Zusammenhang mit der Regelung rechtlicher Beziehungen zu umschreiben. Ohne Auswirkung ist insoweit grundsätzlich, ob die die Definition enthaltende Gesetzesbestimmung auf den [X.] kommt. Daher hat es der Senat als zulässig erachtet, für die Auslegung des in [X.] enthaltenen Begriffs der "Verwaltungskosten" auf die in § 1 Abs. 2 Nr. 1 [X.] und § 26 Abs. 1 der II. Berechnungsverordnung enthaltenen Definitionen zurückzugreifen, obwohl diese Bestimmungen für die Gewerberaummiete nicht einschlägig sind (vgl. Senatsurteile [X.], 299 = NJW 2010, 671 Rn. 24 und vom 10. September 2014 - [X.]/11 - NJW 2014, 3722 Rn. 19 mwN).

(2) Nicht anders verhält es sich im Ergebnis bei der hier erforderlichen Auslegung des Begriffs der "Betriebskosten".

(a) Dieser ist seit vielen Jahrzehnten durch Rechtsverordnung und später durch Gesetz definiert. Bereits in der am 1. November 1957 in [X.] getretenen Zweiten Berechnungsverordnung ([X.] [X.]) fand sich in § 27 die Definition, dass es sich dabei um die Kosten handelt, die "dem Eigentümer (…) durch das Eigentum am Grundstück (…) oder durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Gebäudes oder der Wirtschaftseinheit laufend entstehen". Seit dem 1. Januar 2007 ist die im wesentlichen unveränderte Definition (statt "der Wirtschaftseinheit" lautet es inzwischen "der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks") in § 556 Abs. 1 Satz 2 BGB selbst enthalten. Zudem ergibt sich aus § 556 Abs. 1 Satz 3 BGB der Verweis auf die Aufstellung der Betriebskostenverordnung vom 25. November 2003 ([X.] [X.]), die den bis 31. Dezember 2003 geltenden - und seinerseits die Auflistung in § 27 Abs. 1 Satz 2 der Zweiten Berechnungsverordnung ablösenden - Betriebskostenkatalog in der Anlage 3 zu § 27 der Zweiten Berechnungsverordnung ersetzt hat (vgl. [X.] Urteil vom 10. Februar 2016 - [X.] - NJW 2016, 1308 Rn. 15). Von Anfang an waren in der Aufzählung die laufenden öffentlichen Lasten und namentlich die Grundsteuer als Betriebskostenart aufgeführt.

(b) Wie der [X.] für die Wohnraummiete bereits entschieden hat, ist der in einem Mietvertrag verwendete Begriff der "Betriebskosten" mit Blick auf diese Gesetzeslage ohne Weiteres in dem in diesen Bestimmungen niedergelegten Sinne zu verstehen (vgl. [X.] Urteil vom 10. Februar 2016 - [X.] - NJW 2016, 1308 Rn. 15 f.).

(c) Obwohl § 556 BGB nicht auf [X.] anwendbar ist, gilt für diese das Gleiche, so dass auch dort die gesetzliche Definition zur Beantwortung der Frage herangezogen werden kann, welchen Bedeutungsgehalt der in einem Mietvertrag verwendete Begriff "Betriebskosten" hat (vgl. [X.], 128; [X.] in [X.]/[X.] Miete 5. Aufl. § 556 BGB Rn. 276; Bub/[X.]/[X.] Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 5. Aufl. [X.] III Rn. 189; [X.]/[X.]/[X.] 2. Aufl. § 556 BGB Rn. 20; [X.]/[X.] Miete 14. Aufl. § 556 BGB Rn. 68; a.[X.] jurisPR-MietR 7/2019 [X.]). Dem steht nicht entgegen, dass im Bereich der Gewerberaummiete auch [X.]en auf den Mieter umgelegt werden können, die im Katalog des § 2 [X.] nicht aufgeführt sind (vgl. Senatsurteile [X.], 299 = NJW 2010, 671 Rn. 25 und vom 10. September 2014 - [X.]/11 - NJW 2014, 3722 Rn. 19 mwN). Denn es ist den Vertragsparteien unbenommen, es bei der Umlage der von der Betriebskostenverordnung erfassten [X.]en zu belassen. Sonstige Kosten werden freilich vom Begriff der Betriebskosten regelmäßig nicht erfasst sein; insoweit bedarf es einer konkreten Einigung.

cc) In Anbetracht dieses Wortsinns fehlt es einer Vereinbarung, wonach der Mieter sämtliche Betriebskosten zu tragen hat, auch im Bereich der Gewerberaummiete nicht an der für eine Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB erforderlichen Bestimmbarkeit, ohne dass es einer Bezugnahme auf die gesetzlichen Normen oder der Aufzählung der einzelnen [X.]en bedarf (vgl. [X.], 128; [X.], 789, 790; [X.] ZMR 1997, 233, 234; BeckOGK/Drager BGB [Stand: 1. Januar 2020] § 556 Rn. 32; [X.] BGB/[X.] [Stand: 1. Februar 2020] § 556 Rn. 46; [X.] in [X.]/[X.] Miete 5. Aufl. § 556 BGB Rn. 276; Bub/[X.]/[X.] Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 5. Aufl. [X.] III Rn. 189; [X.]/[X.]. § 556 Rn. 117; [X.] Mietrecht 15. Aufl. § 556 BGB Rn. 1; [X.]/[X.]/[X.] 2. Aufl. § 556 BGB Rn. 20; [X.]/[X.] Betriebskosten- und Heizkostenrecht 9. Aufl. [X.] Rn. 21 und 91; [X.]/[X.] Miete 14. Aufl. § 556 BGB Rn. 68; [X.]/[X.] BGB [2018] § 556 Rn. 51; a.A. OLG Düsseldorf ZMR 2003, 109, 110; [X.] Mietrecht/[X.] [Stand: 1. Dezember 2019] BGB § 556 Rn. 1127; [X.]/[X.] 3. Aufl. § 556 Rn. 7 mwN). Vielmehr erfasst eine solche Regelung dann, wenn sich kein übereinstimmendes abweichendes Begriffsverständnis der Vertragsparteien feststellen lässt, alle zum [X.]punkt des Vertragsschlusses in die gesetzliche Definition - hier nach § 27 [X.] 3 - einbezogenen Kostenarten, so dass vorliegend die Grundsteuer vom Wortsinn der vertraglichen Regelung erfasst sein kann.

Nichts anderes folgt - entgegen der Auffassung des [X.] - daraus, dass in Satz 2 der streitgegenständlichen Betriebskostenregelung einzelne Kostenarten aufgeführt sind, die sich in dem zum [X.]punkt des Vertragsschlusses geltenden Katalog nach Anlage 3 zu § 27 [X.] fanden (a.A. wohl [X.] [X.] 2012, 305). Diese Formulierung kann schon nach ihrem Wortsinn nicht dahin verstanden werden, dass doch nur die ausdrücklich genannten Kostenarten aus dem Katalog umgelegt werden sollen. Denn indem in Satz 1 von "sämtlichen" Betriebskosten die Rede und der Nennung im [X.] ein "insbesondere" vorangestellt ist, wird deutlich, dass es bei diesen Positionen nicht sein Bewenden hat, sondern es sich lediglich um eine beispielhafte Aufzählung handelt (vgl. [X.] Urteil vom 10. Februar 2016 - [X.] - NJW 2016, 1308 Rn. 20; [X.]/[X.] Betriebskosten- und Heizkostenrecht 9. Aufl. [X.] Rn. 50).

3. Die angefochtene Entscheidung ist daher gemäß § 562 ZPO aufzuheben und die Sache ist gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist.

Das Berufungsgericht wird die erforderliche Auslegung des Mietvertrags unter Beachtung vorstehender Ausführungen vorzunehmen haben. Dabei wird es zudem in den Blick zu nehmen haben, dass das dem Vertragsschluss nachfolgende Verhalten der Parteien - hier die jahrzehntelange Nichtumlage der Grundsteuer - unter Umständen Bedeutung für die Ermittlung des tatsächlichen Willens und das tatsächliche Verständnis der an dem Rechtsgeschäft Beteiligten bei Vertragsschluss haben kann (vgl. [X.] Urteil vom 10. Oktober 2007 - [X.] - NJW 2008, 283 Rn. 16 mwN). Überdies wird aus der bloßen jahrelangen Nichtabrechnung einer ursprünglich als auf den Mieter umgelegt vereinbarten [X.] nur bei Hinzutreten besonderer Umstände die konkludente Abänderung der [X.] abgeleitet werden können (vgl. Senatsurteil [X.], 117 = NJW 2010, 1065 Rn. 23 ff. und [X.] Urteil vom 13. Februar 2008 - [X.] - NJW 2008, 1302 Rn. 10).

Sofern das Berufungsgericht danach zu dem Ergebnis gelangt, dass die Grundsteuer wirksam vertraglich auf die Beklagte umgelegt worden ist, wird es auch zu klären haben, ob die vom Kläger geforderten Beträge einen unberechtigten, weil dem Kläger nicht entstandenen Umsatzsteueranteil enthalten (vgl. Senatsurteil vom 21. Januar 2009 - [X.]/07 - NJW-RR 2009, 593 Rn. 16).

Dose     

      

Schilling     

      

Günter

      

Nedden-Boeger     

      

[X.]     

      

Meta

XII ZR 120/18

08.04.2020

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Celle, 9. November 2018, Az: 2 U 81/18, Urteil

§ 133 BGB, § 157 BGB, § 566 Abs 1 S 2 BGB, § 566 Abs 1 S 3 BGB, § 2 BetrKV

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.04.2020, Az. XII ZR 120/18 (REWIS RS 2020, 1029)

Papier­fundstellen: MDR 2020, 664-666 REWIS RS 2020, 1029


Verfahrensgang

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Az. XII ZR 120/18

Bundesgerichtshof, XII ZR 120/18, 08.04.2020.


Az. 2 U 81/18

Oberlandesgericht Celle, 2 U 81/18, 09.11.2018.


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