Bundespatentgericht, Beschluss vom 20.03.2019, Az. 28 W (pat) 537/18

28. Senat | REWIS RS 2019, 9147

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Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2018 010 609.5

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] am 20. März 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Kortbein, des [X.] [X.] und des [X.] Dr. Söchtig

beschlossen:

Die Beschwerde gegen den Beschluss des [X.], Markenstelle für Klasse 7, vom 19. Juli 2018 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Wortzeichen

2

[X.]

3

ist am 24. April 2018 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] geführte Register für die nachfolgenden Waren angemeldet worden:

4

Klasse 7:

5

Maschinen für die Landwirtschaft und den Gartenbau;

6

Klasse 8:

7

Gartenscheren [Handwerkzeuge].

8

Mit Beschluss vom 19. Juli 2018 hat das [X.], Markenstelle für Klasse 7, die Anmeldung - nach vorangegangener Beanstandung vom 15. Mai 2018 - zurückgewiesen. Zur Begründung hat es unter Bezugnahme auf die Darlegungen im Beanstandungsbescheid ausgeführt, dem Anmeldezeichen fehle es an der für eine Eintragung erforderlichen Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Darüber hinaus bestehe an diesem auch ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.].

9

Der aus den allgemein verständlichen [X.] Wörtern „easy“ für „einfach, leicht, mühelos“ und „prune“ für „etwas schneiden, stutzen“ zusammengesetzte Ausdruck „[X.]“ weise in seiner Bedeutung „einfach, mühelos schneiden“ lediglich in unmittelbar beschreibender Weise darauf hin, dass die beanspruchten Waren unproblematisch ein (Be)Schneiden ohne großen Kraftaufwand bzw. ein einfaches und leichtes Schneiden ermöglichen würden. Kombinationen mit dem Bestandteil „easy“ seien bekannt und üblich. Das Anmeldezeichen werde deshalb im Zusammenhang mit den angemeldeten Waren von den angesprochenen Verkehrskreisen nicht als Hinweis auf ihre betriebliche Herkunft, sondern lediglich auf ihre Eigenschaften bzw. Bestimmung verstanden. Darüber hinaus unterliege das Anmeldezeichen auch einem Freihaltebedürfnis, weil es mit dem vorstehenden Bedeutungsgehalt geeignet sei, die von ihm beanspruchten Waren unmittelbar zu beschreiben.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde vom 26. Juli 2018, mit der sie sinngemäß beantragt,

den Beschluss des [X.]es, Markenstelle für Klasse 7, vom 19. Juli 2018 aufzuheben.

Zur Begründung führt sie aus, das [X.] habe zu Unrecht die Eintragungsfähigkeit des [X.] verneint. Die in dem angegriffenen Beschluss vertretene Auffassung, die Wortkombination „[X.]“ müsse mit „einfach, mühelos schneiden“ übersetzt werden, sei unzutreffend. Zwar könne das Anmeldezeichen grundsätzlich als der [X.] Ausdruck für „einfaches Schneiden“ angesehen werden. Dies gelte allerdings nur für [X.] Muttersprachler. Bei einem in [X.] lebenden Durchschnittsverbraucher, dessen Muttersprache nicht [X.] sei, könne nicht davon ausgegangen werden, der [X.] Sprache derart mächtig zu sein, um den Begriff „prune“ mit „schneiden“ übersetzen zu können. Der angesprochene inländische Verkehr fasse ihn nicht als ein Wort der [X.] Alltagssprache auf. Hinzu komme, dass er für das Verb „schneiden“ den viel bekannteren [X.] Begriff „cut“ verwenden würde. Aus diesem Grund werde „prune“ lediglich als ein Kunstwort ohne jeglichen Sinngehalt verstanden.

Selbst wenn man jedoch annehmen wollte, dass ein geringer Teil des englischsprachigen Publikums in [X.] den Begriff „prune“ übersetzen könne, so würde seine bekanntere Bedeutung, nämlich „Pflaume“ zugrunde gelegt werden, zumal er diese auch in der [X.] aufweise. Die angesprochenen Verkehrskreise seien ohne Weiteres in der Lage, das Anmeldezeichen als Marke des Unternehmens der Beschwerdeführerin zu erkennen. Es bestehe aus zwei einzelnen Wörtern, die vollkommen atypisch ohne Trennung zusammengesetzt seien, wodurch ein eindeutig unterscheidungskräftiger Charakter des Zeichens „[X.]“ entstehe. Abschließend verweist die Anmelderin noch auf aus ihrer Sicht vergleichbare Voreintragungen, welche die Eintragungsfähigkeit des beanspruchten Zeichens zu stützen geeignet seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Anmelderin keinen diesbezüglichen Antrag gestellt hat, Beweis nicht zu erheben und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch nicht aus Gründen der Sachdienlichkeit geboten war (§ 69 [X.]).

2. Mit zutreffenden Erwägungen hat das [X.] das Vorliegen der für eine Eintragung erforderlichen Unterscheidungskraft des [X.] verneint (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]).

a) Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die dem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. [X.] [X.], 610 - [X.]; [X.], 608 - [X.]; [X.], 569 - [X.]; GRUR 2013, 731 - [X.]; [X.], 1143 - Starsat; [X.], 1044 - [X.]; [X.], 825 - [X.]; [X.], 935 - [X.]; [X.], 850 - [X.]). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. [X.] [X.], 233 - Standbeutel; [X.], 229 - BioID; [X.], 608 - [X.]; [X.] [X.], 710 - [X.]; [X.], 949 - [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. [X.] [X.], 1143 - Starsat; [X.], 1044 - [X.]; [X.], 270 - Link economy).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die bean-spruchten Waren und Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der betei-ligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen [X.] bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. [X.] [X.], 411 - Matratzen [X.]/[X.]; [X.], 943 - SAT.2; [X.] [X.], 935 - [X.]; [X.], 825 - [X.]; [X.], 850 - [X.]).

Hiervon ausgehend besitzen Zeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens (vgl. [X.] 2013, 1143 - Aus Akten werden Fakten) lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. [X.] [X.], 674 - Postkantoor; [X.] [X.], 270 - Link economy; [X.], 952 - [X.]Card; [X.], 850 - [X.]; [X.], 417 - [X.]; [X.], 1151 - marktfrisch; [X.], 1153 - antiKALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. [X.] [X.], 850 - [X.]; [X.], 1050 - [X.]; [X.], 1143 - [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. [X.] [X.], 1100 - [X.]!; [X.], 850 - [X.]).

b) Das Anmeldezeichen ist aus den beiden englischsprachigen [X.]en „Easy“ und „Prune“ zusammengesetzt. Das Adjektiv bzw. Adverb „easy“ wird ins [X.] mit „einfach“ bzw. „leicht“ übersetzt (vgl. unter „[X.]“, Suchbegriff: „easy“) und ist mit dieser Bedeutung bereits in die [X.] eingegangen (vgl. unter „www.duden.de“, Suchbegriff: „easy“). Damit eignet es sich als Sachhinweis auf die einfache Handhabbarkeit der Waren und auf die unkomplizierte Inanspruchnahme der Dienstleistungen, die mit ihm gekennzeichnet sind (vgl. [X.], 25 W (pat) 128/14 - easySchutz). Das zweite Zeichenelement „Prune“ hat als Verb im [X.]n die Bedeutungen „ausästen“ bzw. „abschneiden“ (vgl. unter „[X.]“, Suchbegriff: „prune“). In seiner Gesamtheit vermittelt damit das Anmeldezeichen die Aussage „einfach, mühelos schneiden“, worauf das [X.] in seinem angegriffenen Beschluss bereits zutreffend hingewiesen hat.

c) Entgegen der Auffassung der Anmelderin ist davon auszugehen, dass ein relevanter Teil der angesprochenen Verkehrskreise der Fachleute sowie der gartenaffinen Durchschnittsverbraucher um die vorgenannte Bedeutung des [X.]s „Prune“ im Sinne von „abschneiden“ und damit des Gesamtzeichens wissen.

Zum einen handelt es sich bei [X.] um eine Welthandelssprache (vgl. hierzu [X.], 28 W (pat) 38/10 - [X.]). Angesichts der weiten Verbreitung der [X.] Sprache auch und gerade im täglichen Leben ist es naheliegend, dass beschreibende englischsprachige Begriffe regelmäßig als solche verstanden werden (vgl. auch [X.] Markenrecht, Kur/v. [X.]/[X.], 16. Edition, Stand: 14. Januar 2019, § 8, Rdnr. 274). Dies gilt insbesondere auch auf Grund der Tatsache, dass die [X.] Sprache weiten Teilen des Verkehrs zumindest in ihren Grundzügen vertraut ist, so dass er nicht nur einfache Wörter mit leicht verständlichem Sinngehalt versteht, sondern auch Fachbegriffe, werbeübliche Sätze und Zusammensetzungen.

Zum anderen ist eine generell restriktive Handhabung der Schutzfähigkeitsprüfung bei fremdsprachigen Angaben nicht angezeigt, da insbesondere die [X.] Sprache auf Grund der internationalen Verflechtungen der Wirtschaft, des zunehmenden Tourismus und der grenzüberschreitenden Kommunikationstechnologie in immer größerem Umfang im Inland Verbreitung findet (vgl. auch [X.]/[X.], [X.], 3. Auflage, 2010, § 8, Rdnr. 87 m. w. N.).

Schließlich ist in Betracht zu ziehen, dass bereits das Verständnis der (am Handel) beteiligten Fachkreise für sich allein von ausschlaggebender Bedeutung ist. Demzufolge können bereits die Kenntnisse eines relativ kleinen Teils aller beteiligten Verkehrskreise einer Markeneintragung entgegenstehen (vgl. [X.]/Hacker/Thiering, [X.], 12. Auflage, § 8, [X.]. 46 und 154). Die Bedeutung des von der Anmelderin in Rede gestellten [X.]s „Prune“ wird sich zumindest dem Fachverkehr erschließen, der sich in besonderem Maße mit Maschinen für die Landwirtschaft und den Gartenbau sowie mit Gartenscheren befasst. Gerade im Rahmen des [X.] und Imports dieser Waren werden vielfach englischsprachige Begriffe verwendet, zu denen auch das Wort „prune“ gehören wird, mit dem die Grundfunktion der Maschinen und Scheren benannt wird.

d) Alle angemeldeten Waren können dazu dienen, Gegenstände einfach zu schneiden. Zu den Maschinen für die Landwirtschaft und den Gartenbau gehören beispielsweise Häcksler oder Rasenmäher, die so ausgestaltet sein können, dass mit ihnen Holz oder Gras einfach geschnitten wird. Mit Hilfe von Gartenscheren lassen sich abhängig von der eingesetzten Technik wiederum Zweige oder Äste einfach schneiden. Das Anmeldezeichen vermittelt somit einen rein beschreibenden Hinweis auf den Verwendungszweck der solchermaßen gekennzeichneten Waren, was der Annahme der für die Eintragung erforderlichen Unterscheidungskraft entgegensteht.

e) Daran ändert auch die von der Anmelderin geltend gemachte Mehrdeutigkeit der Begriffskombination „[X.]“ nichts. Wie sie zutreffend ausführt, kommt dem [X.] „Prune“ als Substantiv im [X.]en auch die Bedeutung „Pflaume“ zu (vgl. unter „[X.]“, Suchbegriff: „prune“). Demzufolge kann das Anmeldezeichen auch im Sinne von „Leichte Pflaume“ verstanden werden. Allerdings fehlt einem mehrdeutigen Zeichen bereits dann die erforderliche Hinweisfunktion, wenn es - wie vorliegend - in einer seiner möglichen Bedeutungen beschreibend ist. Der durch verschiedene Deutungsmöglichkeiten hervorgerufene Interpretationsaufwand des angesprochenen Verkehrs reicht für sich nicht aus, um die Unterscheidungskraft zu begründen (vgl. [X.], a. a. [X.], § 8, Rdnr. 149).

f) Auch die von der Beschwerdeführerin angeführten Voreintragungen führen zu keinem anderen Ergebnis. Etwaige Entscheidungen über (unterstelltermaßen) ähnliche Anmeldungen sind zwar, soweit sie bekannt sind, im Rahmen der Prüfung zu berücksichtigen, ob im gleichen Sinn zu entscheiden ist oder nicht. Sie sind aber keinesfalls bindend (vgl. [X.] [X.], 667 - [X.] u. [X.] [[X.]]). Da das [X.] die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zutreffend bejaht hat, kommt es auf die weiteren Voreintragungen nicht an, weil zum einen aus nicht begründeten Eintragungen anderer Marken keine weitergehenden Informationen für die Beurteilung der konkreten Anmeldung entnommen werden können und zum anderen auch unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht von einer den rechtlichen Vorgaben entsprechenden Entscheidung abgesehen werden darf (vgl. [X.] [X.], 667 - [X.] u. [X.] [[X.]]; [X.] 2011, 230 - [X.]; [X.], 349 - [X.] Rätsel Woche; [X.], 276 - Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V.).

3. Ob der Eintragung des [X.] darüber hinaus auch ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegensteht, kann angesichts vorstehender Ausführungen im Ergebnis dahinstehen.

Meta

28 W (pat) 537/18

20.03.2019

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 20.03.2019, Az. 28 W (pat) 537/18 (REWIS RS 2019, 9147)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 9147

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