Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.04.2005, Az. IX ZR 258/01

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 4186

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/01
Verkündet am: 7. April 2005 [X.] als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

ZPO § 845 Abs. 1 Satz 1

Zur Bezeichnung der zu pfändenden Forderung in der Vorpfändungsanzeige des Gläubigers.

[X.] § 9

[X.] kann nur gegenüber dem [X.] erhoben werden.

[X.], [X.]eil vom 7. April 2005 - [X.]/01 - OLG Celle

LG Hildesheim - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. April 2005 durch [X.] [X.] und [X.] Ganter, [X.], [X.] und [X.]
für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das [X.]eil des 13. Zivilsenats des [X.] vom 13. September 2001 aufgeho-ben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der [X.]

mbH (fortan: Drittschuldne-rin). Er begehrt von der beklagten Gläubigerin der Sache nach die Einwilligung, daß ein von der Drittschuldnerin beim Amtsgericht u.a. zu Gunsten der [X.] hinterlegter Geldbetrag an ihn auszuzahlen sei.

Am 23. Februar 1999 brachte die Beklagte wegen einer titulierten Haupt-forderung von 88.199,24 DM zuzüglich Zinsen und Kosten gegen die [X.]- 3 -

GmbH (fortan: Schuldnerin) eine Vorpfändung aus, mit welcher diese die "Pfändung derjenigen Forderungen und Ansprüche" [X.], die der Schuldnerin gegen die Drittschuldnerin zuständen. Am 8. März 1999 erfolgte die Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 4. März 1999 an die Drittschuldnerin. Darin wird die gepfändete Forderung wie folgt bezeichnet: "Zahlung des [X.] aus dem Rechtsstreit – gem. [X.]eil des [X.] vom – aufgrund einer Leistungsklage". In der Folgezeit wurden der Drittschuldnerin [X.] der Schuldnerin vom 5. Februar 1999 über 37.934,86 DM an die Rechtsanwälte [X.]& Kollegen und vom 19./20. Februar 1999 über 160.000 DM an [X.]vorgelegt. Außerdem berühmte sich die Schuldnerin selbst des gepfändeten Anspruchs. Die Drittschuldnerin hinterlegte daraufhin den titulier-ten Betrag unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme beim Amtsgericht, un-ter anderem auch zu Gunsten der Beklagten. Ein Teilbetrag der Hinterlegungs-summe wurde später mit Einverständnis der Hinterlegungsberechtigten an die Drittschuldnerin zurückgezahlt. Hinsichtlich des verbliebenen Restes von [X.] (= 46.413,93 •) verweigerte die Beklagte die Freigabe.

Die von der Drittschuldnerin auf Bereicherung gestützte Klage hatte in erster Instanz Erfolg. Während des Berufungsverfahrens ist über das Vermö-gen der Drittschuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Der Kläger hat das Verfahren fortgesetzt. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision des [X.].

Entscheidungsgründe:
- 4 - Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Ur-teils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. [X.]

Das Berufungsgericht hat gemeint, der noch hinterlegte Betrag stehe der Beklagten zu, weil sich der Rang der Pfändung vom 4. März 1999 nach der Vorpfändung vom 23. Februar 1999 bestimme. Der Kläger habe nicht bewie-sen, daß die Schuldnerin eine Teilforderung von 160.000 DM vor Zustellung des vorläufigen Zahlungsverbots an [X.]abgetreten habe. Abzustellen sei auf den Tag, an dem die schriftliche Abtretungserklärung mit der Unterschrift des [X.]wieder bei der Schuldnerin eingegangen sei. [X.]habe bei seiner zeugenschaftlichen Vernehmung ausschließen können, daß er die von ihm un-terschriebene Erklärung vor dem 3. März 1999 - dieses Datum trage das Be-gleitschreiben - an die Schuldnerin zurückgesandt habe. Deshalb sei die [X.] bereits verstrickt gewesen, als die Annahme der Sicherungsabtretung bei der Schuldnerin eingegangen sei. Da die Teilabtretung an [X.] den streitgegenständlichen Betrag übersteige, komme es nicht darauf an, zu wel-chem Zeitpunkt die Abtretung des restlichen Teils der Forderung an die Rechtsanwälte [X.] & Kollegen erfolgt sei.

I[X.]

Diese Begründung hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

1. Aufgrund des Verzichtes auf das Recht der Rücknahme durch die Drittschuldnerin (§ 376 Abs. 2 Nr. 1, § 378 BGB) ist der Kläger nicht gehindert, - 5 - Rechte an dem hinterlegten Betrag geltend zu machen. Durch die unwiderrufli-che Hinterlegung wird der Schuldner von seiner Verbindlichkeit befreit, wie wenn er zur [X.] geleistet hätte. Bestand die zu tilgende [X.] nicht oder ist sie anderweitig erfüllt worden, richtet sich die [X.] nach Bereicherungsrecht. Hat der Gläubiger den hinterlegten Betrag noch nicht erhalten, muß er seine durch die Hinterlegung gegenüber der [X.] erlangte "Sperrposition" auf den Schuldner zurückübertragen (vgl. [X.]/[X.], 4. Aufl. § 378 Rn. 9). Entsprechendes gilt, wenn dem Gläubiger - wie hier der Beklagten - kein Einziehungsrecht an der gepfändeten Forderung zusteht, weil die Pfändung ins Leere gegangen ist. Auch in diesem Fall hat er die Rechtsstellung als Hinterlegungsberechtigter ohne Rechtsgrund auf Kosten des Drittschuldners erlangt und ist daher zur Freigabe verpflichtet.

2. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts kann nicht ausge-schlossen werden, daß der am 8. März 1999 an die Drittschuldnerin zugestellte Pfändungs- und [X.] vom 4. März 1999 ins Leere gegangen ist, weil die gepfändete Forderung der Schuldnerin zu diesem Zeitpunkt schon abgetreten war.

a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es darauf an, ob der Schuldnerin die von der Beklagten gepfändete Forderung noch am 8. März 1999 zustand.

[X.]) Das Berufungsgericht hat übersehen, daß die am 23. Februar 1999 ausgebrachte Vorpfändung (§ 845 Abs. 1 ZPO) nicht zu einem Pfandrecht der Beklagten (§ 845 Abs. 2, § 930 Abs. 1 Satz 2, § 804 ZPO) geführt hat, weil das - 6 - vorläufige Zahlungsverbot die zu pfändende Forderung nicht hinreichend ge-nug bezeichnet. Hierfür gelten die gleichen Maßstäbe wie für die Pfändung selbst (vgl. [X.], [X.]. v. 8. Mai 2001 - [X.] ZR 9/99, [X.], 1223, 1224). Die gepfändete Forderung muß wenigstens in allgemeinen Umrissen angegeben werden, damit sie von anderen unterschieden werden kann ([X.] 13, 42, 43 f; 93, 82, 83 f; [X.], [X.]. v. 8. Mai 2001 [X.]O S. 1224). Hierbei ist es ohne Bedeu-tung, ob sämtliche Ansprüche der Schuldnerin gegen die Drittschuldnerin ge-pfändet sein sollten oder ob die Schuldnerin möglicherweise gegen die [X.] überhaupt nur über eine Forderung verfügte. Der [X.] hat sowohl Umschreibungen, nach denen Forderungen aus allen Rechts-gründen gepfändet werden sollen, als nichtssagend und unbestimmt verworfen ([X.] 13, 42, 43) als es auch im Interesse des sicheren Rechtsverkehrs als unerheblich angesehen, daß Gläubiger, Schuldner und Drittschuldner überein-stimmend wissen, der Schuldner verfüge nur über eine einzige Forderung ge-gen den Drittschuldner (vgl. [X.] 13, 42, 44; [X.], [X.]. v. 28. Februar 1975 - [X.], NJW 1975, 980, 981; v. 28. April 1988 - [X.] ZR 151/87, NJW 1988, 2543, 2544; v. 21. Februar 1991 - [X.] ZR 64/90, NJW-RR 1991, 1197, 1198; v. 14. Januar 2000 - [X.], [X.], 1268, 1269). An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten.

In zwei höchstrichterlichen Entscheidungen (vgl. [X.], [X.]. v. 26. Januar 1983 - [X.], NJW 1983, 886; BFH NJW 1990, 2645, 2646) ist es [X.] als ausreichend angesehen worden, daß das Rechtsverhältnis [X.] ansatzweise umrissen war ("Forderungen aus Lieferungen und Leistun-gen [Bohrarbeiten]"; "[Steuer-Nr. –] Erstattungsanspruch für das [X.] und 1981"). Entsprechende Umstände liegen hier nicht vor. Aus diesen Ent-scheidungen kann deshalb für den hier vorliegenden Fall, in dem auf eine Indi-- 7 - vidualisierung der gepfändeten Forderung gänzlich verzichtet worden ist, nichts hergeleitet werden.

[X.]) Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen getroffen, die den Schluß rechtfertigen, die Abtretung der Schuldnerin an [X.] sei nach § 134 BGB oder nach § 138 Abs. 1 BGB unwirksam. Entgegen der von der Revisi-onserwiderung geäußerten Auffassung ergibt sich die Nichtigkeit der Abtretung des Teilanspruchs in Höhe von 160.000 DM auch nicht aus der Aussage des Zeugen [X.] vor dem [X.].

(1) Bei Rechtshandlungen, deren Inhalt und Zweck im wesentlichen nur darin bestehen, die Gläubiger zu benachteiligen, regeln die Sondervorschriften des Anfechtungsgesetzes und der [X.] grundsätzlich abschlie-ßend, unter welchen Voraussetzungen die Gläubiger geschützt werden. Die [X.] Bestimmungen der §§ 134, 138 Abs. 1 BGB kommen daneben nicht zur Anwendung, sofern das Rechtsgeschäft nicht besondere, über die Gläubi-gerbenachteiligung hinausgehende Umstände aufweist ([X.] 56, 339, 355; [X.], [X.]. v. 4. März 1993 - [X.] ZR 151/92, [X.], 602, 603).

(2) Solche Umstände können der Aussage des Zeugen [X.]

nicht ent-nommen werden. Er hat im [X.] bekundet, zur Vorbereitung einer [X.] einen Geschäftskontakt hergestellt zu haben, wofür ihm ein Teil der Vermittlungsprovision zugeflossen sei. Die Zahlung sei nicht über die zur Provision berechtigte Person abgewickelt, sondern ihm direkt von der [X.] Schuldnerin zugewendet worden. Der von dem Zeugen geschilderte Vorgang enthält keine Tatsachen, welche die rechtliche Würdigung tragen, die Abtretungsvereinbarung enthalte über die - 8 - tragen, die Abtretungsvereinbarung enthalte über die Gläubigerbenachteiligung hinaus ein besonders verwerfliches Element.

b) Das Berufungsgericht hat nicht abschließend geprüft, ob die Schuld-nerin vor dem 8. März 1999 über die gepfändete Forderung ganz oder teilweise verfügt hat, weil dies aus seiner Sicht nicht entscheidungserheblich war.

[X.]) Die Revisionserwiderung meint, aufgrund der Aussage des Zeugen [X.]könne nicht festgestellt werden, daß der Schuldnerin die [X.] vor dem 8. März 1999 zugegangen sei. Deswegen stehe nicht fest, daß der Sicherungsabtretungsvertrag vor dem 8. März 1999 wirksam geworden sei. Der Pfändungs- und [X.] habe sonach den [X.] auf die Beklagte selbst dann bewirkt, wenn die Vorpfändung außer Betracht bleibe.

[X.]) Diese Würdigung trifft nicht zu. Auf der Grundlage des von dem Zeugen [X.] bekundeten Zeitablaufs kam der Abtretungsvertrag zustande, bevor die Pfändung mit Zustellung des [X.] an die [X.] gemäß § 829 Abs. 3 ZPO Wirksamkeit erlangen konnte. Ein Zu-gang der Annahmeerklärung war hierfür nach § 151 Satz 1 BGB nicht erforder-lich, weil eine Abtretung [X.]nur einen rechtlichen Vorteil brachte. Zwar muß auch bei solchen Geschäften eine Annahme des Angebots erfolgen ([X.], [X.]. v. 12. Oktober 1999 - [X.], [X.], 2477, 2478). Die Betätigung des [X.] durch den Zessionar [X.]liegt im Streitfall spätestens in der Absendung des Begleitschreibens vom 3. März 1999 nebst unterschriebener Abtretungsvereinbarung, die der Zeuge [X.] auf den 3. oder 4. März 1999 - 9 - (Donnerstag) datiert hat. Hinweise auf einen späteren Zeitpunkt gibt es nach dem Ergebnis der bisherigen Beweisaufnahme nicht.

3. Das angefochtene [X.]eil kann deshalb keinen Bestand haben.

a) Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, die Wirksamkeit und gegebenenfalls den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Teil-abtretungen erneut zu prüfen. Dabei ist zunächst der Frage nachzugehen, ob Zedent der Abtretungsvereinbarung vom 19./20. Februar 1999 die Schuldnerin war oder ob in Wahrheit der Vater des Geschäftsführers der Schuldnerin, [X.]sen., angeblich ihm zustehende Ansprüche an [X.]abgetreten hat. Liegt ei-ne Abtretung der Schuldnerin vor, ist diese wirksam und gelangt das [X.] zu dem Ergebnis, daß die Annahme der Abtretungsvereinbarung vor dem 8. März 1999 erfolgt ist, kann der Pfändungs- und Überweisungsbe-schluß nur den restlichen Teil der titulierten Forderung gegen den [X.] über insgesamt 198.798,72 DM zuzüglich Zinsen erfaßt haben. In diesem Fall wird das Berufungsgericht sich auch mit der Teilabtretung an die Rechts-anwälte [X.]& Kollegen auseinandersetzen müssen, die das [X.] vom 5. Februar 1999 trägt.

b) Sollte sich ergeben, daß der Pfändungs- und [X.] ganz oder teilweise ins Leere gegangen ist, weil die Schuldnerin über die ge-pfändete Forderung zuvor schon anderweitig verfügt hatte, kann die Beklagte dem Einwand der früheren Zession nicht mit der Einrede der Anfechtbarkeit (vgl. § 9 [X.]) begegnen. Dies setzte nämlich voraus, daß der Kläger Anfech-tungsgegner der Beklagten wäre; nur in diesem Fall könnte sie dem Einwand der früheren Zession mit dem Gegeneinwand der Anfechtung begegnen (vgl. - 10 - [X.], [X.] 9. Aufl. § 9 Rn. 5). Im Streitfall geht es dagegen um den mögli-cherweise anfechtbaren Erwerb eines [X.]. Dieser berührt den vom Kläger verfolgten Bereicherungsanspruch des Drittschuldners, der ohne Rechtsgrund an den pfändenden Gläubiger gezahlt oder - wie hier - den Betrag zu dessen Gunsten hinterlegt hat, nicht.
- 11 - c) Schließlich wird der Kläger zu erwägen haben, ob er seinen in dem ersten Berufungsverfahren gestellten Antrag dahin klarstellt, daß er die Verur-teilung der Beklagten zur Einwilligung in die Auszahlung des Hinterlegungsbe-trages begehrt.

[X.] Ganter [X.]

[X.] [X.]

Meta

IX ZR 258/01

07.04.2005

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.04.2005, Az. IX ZR 258/01 (REWIS RS 2005, 4186)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 4186

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.