Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.04.2002, Az. 3 StR 33/02

3. Strafsenat | REWIS RS 2002, 3839

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BUNDESGERICHTSHOFBESCHLUSS3 StR 33/02vom3. April 2002in der StrafsachegegenwegenVergewaltigung u.a.- 2 -Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwer-deführers und des Generalbundesanwalts am 3. April 2002 gemäß § 349Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landge-richts Oldenburg vom 15. Oktober 2001 mit den Feststellungenaufgehoben.Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auchüber die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammerdes Landgerichts zurückverwiesen.Gründe:Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tatein-heit mit Körperverletzung unter Einbeziehung von Einzelstrafen aus zwei Straf-befehlen zur Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verur-teilt und die Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Gegen das Urteil wendet sichder Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet unddie Verletzung materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat mit der SachrügeErfolg.1. Nach den Feststellungen waren der Angeklagte und die Zeugin M. seit ca. einem Jahr befreundet. In der Vergangenheit war es zwischen ihneneinmal zum Geschlechtsverkehr gekommen, im übrigen hatte die Zeugin Intim-kontakte abgelehnt. Die Zeugin war damit einverstanden, daß der Angeklagtein ihrer Wohnung übernachtet. Nachdem sich beide über ihre jeweiligen Bezie-- 3 -hungsprobleme - die Zeugin hatte psychische Probleme wegen der Trennungvon ihrem damaligen Freund - unterhalten hatten, legte sich der Angeklagte imSchlafzimmer in das ca. 1,40 m breite Bett, wobei er nur mit einer Boxershortsbekleidet war. Die lediglich mit einem ftlangen Nachthemd bekleidete Zeuginlegte sich neben ihn. Wrend die Zeugin auf Wunsch des Angeklagten des-sen Schlfen massierte, berrte der Angeklagte die Frau am Gesû. Obwohlsie mehrfacûerte, "daû sie das nicht wolle und der Angeklagte dies seinlassen solle", drehte der Angeklagte die Zeugin gegen ihren Willen unter An-wendung krperlicher Gewalt auf den Rcken und drckte gewaltsam ihre Bei-ne auseinander, wodurch er im Bereich des inneren linken Oberschenkels Blut-ersse und im Nackenbereich Kratzspuren verursachte. Sodann vollzog derAngeklagte mit der Zeugin, die ihren Widerstand aufgab und das weitere Ge-scr sich ergehen lieû, den Geschlechtsverkehr.2. Der Angeklagte rmt den Geschlechtsverkehr ein, bestreitet jedoch,Gewalt angewendet zu haben. Er hat sich dahingehend eingelassen, es seizum Austausch von Kssen gekommen, obwohl die Zeugin zchst "nein"gesagt habe. Dabei habe man sich so gedreht, daû sie auf dem Rcken gele-gen habe. Wrend des anschlieûenden Geschlechtsverkehrs habe sie ihrEinverstis bekundet. Diese Einlassung sieht die Strafkammer durch die alsglaubhaft bewertete Aussage der Zeugin M. widerlegt. Dabei sttzt sie sichvor allem auf die im wesentlichen konstanten Angaben der Zeugin bei ihrenverschiedenen Vernehmungen und die von zwei Ärztinnen besttigten Verlet-zungen. Nach Überzeugung der Kammer hat der Angeklagte beim Einsatz derGewalt billigend in Kauf genommen, damit einen bereits begonnenen, ernstgemeinten Widerstand der Frau gegen den Geschlechtsverkehr auszuschalten.- 4 -3. Die Beweiswrdilt rechtlicher Nachprfung nicht stand. Aller-dings beschrkt sich, da die Beweiswrdigung Sache des Tatrichters ist, dierevisionsgerichtliche Nachprfung darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler un-terlaufen sind. Ein sachlichrechtlicher Fehler liegt aber u.a. dann vor, wenn dieBeweise nicht erscfend gewrdigt (st. Rspr., vgl. BGHSt 29, 18, 20; Engel-hardt in KK 4. Aufl. § 261 Rdn. 49 m. w. N.), insbesondere bei der Auswertungvon Beweistatsachen naheliegende andere Mlichkeiten nicht errtert werden(BGHR StPO § 261 Beweiswrdigung, unzureichende 5).a) Gemessen daran, begegnet die Beweiswrdigung des angefochtenenUrteils schon zum objektiven Sachverhalt rechtlichen Bedenken. Da sich dieZeugin ihre Verletzungen auch bei dem vom Angeklagten geschilderten Ge-schehensablauf zugezogen haben kann und diese daher kein objektiver Um-stand von Gewicht sind, steht in den wenigen, aber entscheidenden Punkten,in denen die Einlassung des Angeklagten und die Aussage der Gescigtenvoneinander abweichen, letztlich Aussage gegen Aussage. In einem solchenFall, in dem die Entscheidung allein davt, welcher Person das Ge-richt Glauben schenkt, muû der Tatrichter erkennen lassen, daû er alle Um-st, die die Entscheidung zu beeinflussen geeignet sind, erkannt und inseine Überlegungen einbezogen hat (vgl. BGHSt 44, 153, 159; 256, 257;BGHR StPO § 261 Beweiswrdigung 23). Diesen hohen Anforderungen ent-spricht das Urteil nicht. Stten die Abweichungen in den im wesentlichenkonstant gebliebenen Angaben der Zeugin M. bei ihren verschiedenenVernehmungen (UA S. 9) umfassend dargestellt und die Äuûerungen der Zeu-gin, mit der sie ihren entgegenstehenden Willen artikuliert hat, detailliert wie-dergegeben werden mssen. Auûerdem tte errtert werden mssen, ob die- 5 -festgestellten schwerwiegenden psychischen Probleme der Zeugin (UA S. 5, 8,12) deren Aussageverhalten oder das Tatgeschehen beeinfluût haben k.b) Auch zur subjektiven Tatseite erweist sich die Beweiswrdigung alsrechtsfehlerhaft. Das Landgericht errtert nicht die hier naheliegende Mlich-keit, daû der Angeklagte den von der Zeugin artikulierten entgegenstehendenWillen als nicht ernst gemeint aufgefaût und auf Grund der Gesamtsituationvon deren Einverstis mit sexuellen Handlungen ausgegangen ist. Wegendes Verhaltens der Zeugin, die sich nur mit einem Nachthemd bekleidet zumAngeklagten ins Bett gelegt und dessen Schlfen massiert hatte, liegt derSchluû nahe, der Angeklagte sei zchst von einem generellen Einverstd-nis mit sexuellen Handlungen ausgegangen. In dieser Situation muûte der An-geklagte die - wenig aussagekrftigen - Äuûerungen der Frau "sie wolle dasnicht", nicht zwingend als ernst gemeinten Widerstand auffassen, zumal zuderen Bestimmtheit, Intensitt und Lautstrke keiren Feststellungengetroffen sind. Auûerdem waren die vom Angeklagten auste Gewalt undder von der Zeugin auste Widerstand nicht heftig und nachhaltig. Hinzukommt, daû der Angeklagte am chsten Morgen, als er erneut versuchte, mitder Zeugin intim zu werden, wegen deren deutlich ablehnenden Haltung davonAbstand nahm (UA S. 7).4. Fr die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf folgendes hin:Fr die Beweiswrdigung ist es ohne Bedeutung, daû andere Zeugendie Zeugin M. als glaubwrdig und deren Angaben als glaubhaft bewertet- 6 -haben (UA. S. 11), da diese Beurteilung Aufgabe des Gerichts ist. Bei der Ge-samtstrafenbildung muû in der Urteilsformel mitgeteilt werden, welche der un-terschiedlichen Sperrfristen fr die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis auf-rechterhalten wird, damit Klarheit r den Fristablauf besteht.Tolksdorf Rissing-van Saan Richter am Bundesgerichtshof Dr. Miebach ist infolge Urlaubs an der Unterschrift gehindert. Tolksdorf Pfister von Lienen

Meta

3 StR 33/02

03.04.2002

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.04.2002, Az. 3 StR 33/02 (REWIS RS 2002, 3839)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 3839

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