Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.01.2010, Az. 4 StR 450/09

4. Strafsenat | REWIS RS 2010, 10377

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Gegenstand

Strafverfahren wegen Steinwürfen von Autobahnbrücken: Prüfung des Vorsatzes der gefährlichen Körperverletzung; Mordmerkmal der Gemeingefährlichkeit


Tenor

1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 19. März 2009 aufgehoben,

a) soweit die Angeklagten wegen der Tat vom 7. März 2007 (Fall II. 2. a des Urteils) verurteilt wurden mit den zugehörigen Feststellungen zur inneren Tatseite,

b) im Ausspruch über die Gesamtstrafen.

2. Die weiter gehenden Revisionen der Staatsanwaltschaft werden verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

4. Die Revisionen der Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil werden verworfen. Sie haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe

1

Das [X.] hat die Angeklagten des versuchten Mordes in drei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr, des versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr, des versuchten Mordes in Tateinheit mit versuchtem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr und des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr schuldig gesprochen und den Angeklagten [X.] zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten und den Angeklagten [X.] zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und neun Monaten verurteilt. Hiergegen richten sich die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten. Die Staatsanwaltschaft rügt die Verletzung des materiellen Rechts; die Angeklagten beanstanden das Verfahren und erheben die Sachrüge. Die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft haben in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Die Revisionen der Angeklagten sind dagegen unbegründet.

I.

2

Nach den Feststellungen des Schwurgerichts warfen die Angeklagten entsprechend einem zuvor gemeinsam gefassten Entschluss an drei Tagen im März 2007 von einer Brücke bei [X.] [X.]e auf die darunter liegenden Fahrbahnen der [X.], um Unglücksfälle herbeizuführen (Fälle 1 bis 3); an einem anderen Tag - ebenfalls im März 2007 - setzten sie hierzu unmittelbar an (Fall 4). Dabei nahmen sie in allen Fällen erhebliche Schäden an auf der Autobahn fahrenden und mit den [X.]en kollidierenden Fahrzeugen und in drei Fällen (Fälle 2 bis 4) zudem billigend in Kauf, dass die Insassen dieser Fahrzeuge, die sich keines Angriffs versahen und keine Abwehrmöglichkeiten hatten, getötet werden.

3

(1.) Am 7. März 2007 warfen die Angeklagten gegen oder kurz nach 23.00 Uhr einen oder zwei [X.]e unbekannter Größe und Gewichts auf die Fahrbahn der in Richtung [X.] führenden Autobahn. Dabei kam ein [X.] auf dem linken Fahrstreifen zum Liegen, der zweite [X.] oder ein Teil des ersten [X.]s lag auf dem mittleren Fahrstreifen. Die [X.]e bzw. [X.]teile wurden von drei mit einer Geschwindigkeit von mindestens 130 km/h fahrenden Pkws überfahren, wobei die Fahrzeuge erheblich beschädigt wurden. Insbesondere wurde jeweils mindestens ein Reifen beschädigt oder zerstört. Aufgrund der besonnenen Reaktionen der [X.] - es handelte sich jeweils um Vielfahrer mit jahrelanger Erfahrung - kam es nicht zu weiteren Unfällen, auch wurde niemand verletzt.

4

(2.) Am 8. März 2007 warfen die Angeklagten gegen 23.15 Uhr mindestens drei 20 bis 30 kg schwere [X.]e, die sie - wie schon am 7. März - im Pkw des Angeklagten [X.] herangeschafft hatten, von derselben Brücke auf den rechten und den mittleren Fahrstreifen der in Richtung [X.] führenden Autobahn. Diese wurden von [X.]. (auf der rechten Fahrspur) und B. (auf der mittleren Fahrspur) mit jeweils einer Geschwindigkeit von etwa 130 km/h überfahren, wobei das von [X.]. gesteuerte Fahrzeug nach der Kollision nicht mehr lenkbar war, weil unter anderem das linke Vorderrad "herausgerissen" worden war. Auch an dem von B. gesteuerten Pkw wurde die Vorderachse "massiv zerstört", zudem waren durch die Kollision die Airbags ausgelöst worden und das Fahrzeuginnere hatte sich mit [X.] gefüllt, so dass er nichts mehr sehen konnte. Gleichwohl gelang es beiden Fahrzeugführern, die Pkws ohne weitere Kollision zum Stehen zu bringen.

5

(3.) Am 12. März 2007 brachten die Angeklagten einen 58 kg schweren Granitstein zu der Autobahnbrücke. Gegen 22.25 Uhr warfen entweder beide Angeklagte oder nur einer von ihnen mit Billigung des anderen den [X.] auf die mittlere Fahrspur der in Richtung [X.] führenden Autobahn, als der sich dort mit 150 bis 160 km/h nähernde Pkw von [X.] noch 7,5 bis 17,4 Meter entfernt war. Dieser fuhr - ohne dass ihm eine Reaktion möglich war - auf den Gesteinsblock auf, wobei sofort die Bremsen an seinem Fahrzeug ausfielen. Gleichwohl und trotz erheblicher weiterer Schäden gelang es [X.], das Fahrzeug ohne weitere Kollision zum Stehen zu bringen; auch er wurde nicht verletzt.

6

(4.) Ab dem 13. März 2007 überwachte die Polizei das Geschehen auf der Autobahnbrücke. [X.]reits am 15. März 2007 gegen 22.25 Uhr fuhren die Angeklagten erneut mit dem Pkw des Angeklagten [X.] zu der Brücke, um von dort aus [X.]e auf die Fahrbahn der Autobahn zu werfen. Zu diesem Zweck hatten sie in den Kofferraum des Pkws drei Granitsteinblöcke mit einem Gewicht von jeweils 19 bis 33,7 kg geladen. Nachdem der Angeklagte [X.] von dem an der Brücke abgestellten Pkw den größten der [X.]e auf die Brücke über die mittlere der in Richtung [X.] führenden Fahrspuren der Autobahn getragen und sich zum Brückengeländer [X.] hatte, um ihn hinunterzuwerfen, wurde er von einem Polizeibeamten angesprochen; erst nach der Androhung des [X.] ließ er den [X.] auf die Brücke fallen.

II.

7

Die Rechtsmittel der Angeklagten haben keinen Erfolg.

8

1. Die vom Verteidiger des Angeklagten [X.] erhobenen Verfahrensrügen sind aus den vom [X.] in der Antragsschrift vom 30. September 2009 dargelegten Gründen unzulässig bzw. unbegründet. Zur Rüge eines Verstoßes gegen § 261 StPO wurde der durch die Gegenerklärung der Staatsanwaltschaft widerlegte Tatsachenvortrag vom Verteidiger des Angeklagten nicht aufrechterhalten.

9

Die von der Verteidigerin des Angeklagten [X.] erhobene Verfahrensrüge hat ebenfalls keinen Erfolg. Dabei kann dahinstehen, ob diese Alternativrüge zulässig ist. Sie ist jedenfalls unbegründet. Denn das Schwurgericht hat sich in dem angefochtenen Urteil ausführlich mit den Aussagen der [X.]. und [X.]. auseinandergesetzt und dabei auch erörtert, dass der Angeklagte [X.] bei seinen polizeilichen und ermittlungsrichterlichen Vernehmungen weitere Einzelheiten geschildert hat. Dass das [X.] den früheren Angaben des Angeklagten [X.] nicht in allen Einzelheiten gefolgt ist, vermag eine Verletzung des Verfahrensrechts nicht zu begründen.

2. Auch die von den Angeklagten erhobenen Sachrügen greifen nicht durch. Insofern besteht - ergänzend zu den Antragsschriften des [X.]s vom 30. September 2009 - lediglich Anlass zu folgenden Ausführungen:

a) [X.] hat sich ausreichend mit dem Schreiben des Angeklagten [X.] vom 26. Februar 2009 und den sich daraus ergebenden Widersprüchen zu früheren Angaben dieses Angeklagten sowie den "objektiven Erkenntnissen" auseinandergesetzt. Insbesondere durfte sie bei der [X.]wertung dieses Schreibens berücksichtigen, dass es in Kenntnis des gesamten Verfahrensstoffes abgefasst wurde und als interessengelenkte Aussage ein Falschbelastungsrisiko bergen konnte (vgl. [X.], [X.]schluss vom 8. Januar 2009 - 5 [X.], [X.], 145, 146). Das (mögliche) Motiv einer Selbstentlastung des Angeklagten [X.] auf Kosten des Angeklagten [X.] hat sie indes gesehen und ist - unter anderem deshalb - davon ausgegangen, dass nicht diese Ausführungen, sondern die Angaben des Angeklagten zum äußeren Tathergang gegenüber der Polizei und dem Ermittlungsrichter im Wesentlichen zutreffend sind. Ein Rechtsfehler liegt hierin nicht, auch wenn damit eine [X.]lastung des Angeklagten [X.] bezüglich der Taten vom 7. und 8. März 2007, die in dem Schreiben vom 26. Februar 2009 nicht näher erörtert sind, verbunden war. Denn das Schwurgericht durfte auch hinsichtlich dieser Taten - neben den von ihm hervorgehobenen weiteren Umständen - berücksichtigen, dass der Angeklagte [X.] bezüglich der gleichartigen späteren Taten durch weitere Umstände überführt wird; seine Mitwirkung an der Tat vom 12. März 2007 hatte er stets eingeräumt und am 15. März 2007 wurde er von dem Polizeibeamten mit dem [X.] auf der Autobahnbrücke angetroffen.

b) Es ist revisionsrechtlich auch nicht zu beanstanden, dass das [X.] in den Fällen 2 bis 4 einen Tötungsvorsatz der Angeklagten bejaht hat. Es durfte aus dem jeweiligen Tathergang und den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten den - schon nach dem äußeren Geschehen nahe liegenden - Schluss ziehen, dass sie bei [X.]gehung der Taten den Tod der Fahrzeuginsassen zumindest billigend in Kauf genommen haben (vgl. [X.], Urteil vom 4. Dezember 2002 - 4 [X.] [insoweit in [X.]St 48, 119, 120 nur abgekürzt wiedergegeben]; [X.], Urteile vom 6. Mai 1982 - 4 StR 133/82, [X.], 119; vom 15. Mai 1997 - 4 StR 118/97, [X.], 294, 295; [X.]schluss vom 10. Oktober 2000 - 4 StR 381/00, [X.], 133). Ausführungen zur Abgrenzung des bedingten Tötungsvorsatzes gegenüber bewusst fahrlässigen [X.]n vermisst der Senat nicht. Ebenso musste sich das Schwurgericht nicht näher mit der Einschätzung eines Polizeibeamten zum Vorsatz des Angeklagten [X.] befassen und auch die Frage nicht (noch) ausführlicher erörtern, warum es weitgehend den Angaben dieses Angeklagten zum jeweiligen äußeren Tathergang, aber nicht zur subjektiven Tatseite folgt.

Die [X.]jahung des [X.] der Heimtücke (vgl. zu dieser [X.]St 48, 119, 120; [X.], Urteil vom 15. Mai 1997 - 4 StR 118/97, [X.], 294, 295) sowie die Verurteilung wegen (versuchten) gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr (vgl. [X.]St 48, 119, 120 ff.; [X.], [X.]schluss vom 12. November 2002 - 4 StR 384/02, [X.], 206) begegnen ebenfalls keinen [X.]denken.

III.

Die Staatsanwaltschaft hat mit ihren Rechtsmitteln dagegen teilweise Erfolg. Sie beanstandet im Ergebnis zu Recht, dass die Angeklagten im Fall 1 lediglich wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr verurteilt wurden.

1. Die Verurteilung im Fall 1 (Tat vom 7. März 2007) nur wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr hat keinen [X.]stand, weil das Schwurgericht die sich aufdrängende Prüfung unterlassen hat, ob diese Tat auch als versuchte gefährliche [X.]rperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 StGB zu bewerten ist.

Auch wenn es den Angeklagten auf Personenschäden nicht ankam, schließt dies nicht aus, dass sie im Rahmen ihres Tatplans auch in diesem Fall (zumindest) Verletzungen der Insassen der mit den [X.]en kollidierenden Fahrzeuge billigend in Kauf genommen haben. Dies liegt nahe, zumal die [X.] im Rahmen ihrer Ausführungen zur „subjektiven Tatseite“ selbst darlegt, dass

jedem normalintelligenten, ungestörten und straßenverkehrserfahrenen Menschen klar [sei], dass das Werfen von [X.]en … auf eine unbeleuchtete [X.] zu schweren Verkehrsunfällen mit erheblichen Sach- und Personenschäden führt. Dass keine Personen zu Schaden gekommen sind, ist [X.] zu verdanken, die über der Autobahn geschwebt sein müssen´. Hiervon konnten die Angeklagten jedoch bei [X.]gehung ihrer Taten keinesfalls ausgehen. Durch ihre Vorgehensweise haben sie vielmehr sichergestellt, dass es auf jeden Fall zu erheblichen Unfällen kommen würde. So haben sie im Fall II. 2. a) [Tat vom 7. März 2007] [X.]e in die mittlere und die linke Spur geworfen und so dafür gesorgt, dass insbesondere bei Verkehr auf den anderen Fahrstreifen ein Ausweichen vollkommen ausgeschlossen ist (UA 58).

2. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Urteils im Fall 1 (Tat vom 7. März 2007). Da die Feststellungen insbesondere zum äußeren Hergang dieser Tat rechtsfehlerfrei getroffen wurden, hat dies lediglich die Aufhebung der zur inneren Tatseite getroffenen Feststellungen zur Folge (vgl. [X.] 52. Aufl. § 353 Rdn. 15), wodurch der neu zur Entscheidung berufenen Tatrichter aber nicht daran gehindert wäre, auch diese Tat nicht nur als versuchte gefährliche [X.]rperverletzung, sondern ebenfalls als versuchten Mord zu würdigen.

Die (teilweise) Aufhebung des Urteils zieht die Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe nach sich. Insofern bedarf es einer Aufhebung der Feststellungen indes nicht.

3. Die weiter gehenden Revisionen der Staatsanwaltschaft haben dagegen keinen Erfolg.

a) Ein Rechtsfehler liegt insbesondere nicht darin, dass das Schwurgericht in den Fällen 2 bis 4 [X.] "mit gemeingefährlichen Mitteln" verneint hat.

Das Mordmerkmal der Tötung mit gemeingefährlichen Mitteln ist erfüllt, wenn der Täter ein Mittel zur Tötung einsetzt, das in der konkreten [X.] eine Mehrzahl von Menschen an Leib und Leben gefährden kann, weil er die Ausdehnung der Gefahr nicht in seiner Gewalt hat. Dabei ist nicht allein auf die abstrakte Gefährlichkeit eines Mittels abzustellen, sondern auf seine Eignung und Wirkung in der konkreten Situation unter [X.]rücksichtigung der persönlichen Fähigkeiten und Absichten des [X.] ([X.]St 38, 353, 354; [X.], Urteile vom 16. August 2005 - 4 [X.], [X.]R StGB § 211 Abs. 2 Gemeingefährliche Mittel 2, und vom 16. März 2006 - 4 StR 594/05, [X.], 503, 504).

Auf dieser Grundlage hängt es vom konkreten Einzelfall ab, ob [X.]würfe von einer Autobahnbrücke bei Vorliegen eines entsprechenden Vorsatzes als Tötung bzw. [X.] mit gemeingefährlichen Mitteln zu bewerten sind. Trifft der Täter bei einem solchen [X.]wurf ein bestimmtes Fahrzeug, so schließt ein solcher Angriff gegen dessen Insassen, also bereits individualisierte Opfer, zwar die Annahme, er habe ein gemeingefährliches Mittel eingesetzt, nicht vor vorneherein aus. Eine tödliche Gefahr für eine Vielzahl von Menschen wird jedoch zumeist nur dann bestehen, wenn dichter Verkehr herrscht und in der Folge des durch den [X.]wurf unmittelbar verursachten Unfalls eine unbestimmte Anzahl weiterer Personen - also regelmäßig die Insassen anderer Fahrzeuge - tödliche Verletzungen erleiden können (vgl. [X.]St 38, 353, 355; [X.] in [X.] § 211 Rdn. 104 m.w.[X.]). Nichts anderes gilt in den Fällen, in denen der Täter bei dem [X.]wurf noch kein bestimmtes Fahrzeug im Auge hat, sondern sich die Tat auf ein beliebiges, sich möglicherweise noch außerhalb seines [X.] befindliches Fahrzeug und dessen Insassen bezieht. Auch hier fehlt es bezogen auf die Kollision zwischen diesem Fahrzeug und dem auf der Fahrbahn liegenden [X.] regelmäßig daran, dass allein hierdurch eine Mehrzahl von Menschen an Leib und Leben gefährdet werden kann, weil der Täter die Ausdehnung der Gefahr nicht in seiner Gewalt hat. Daher wird auch in solchen Fällen eine Tötung mit gemeingefährlichen Mitteln - von Ausnahmefällen wie etwa einer Kollision eines voll besetzten [X.] mit dem [X.] abgesehen - nur dann in [X.]tracht kommen, wenn [X.] mit tödlichen Verletzungen drohen.

Ausgehend hiervon hat das Schwurgericht zu Recht in den Fällen 2 bis 4 einen mit gemeingefährlichen Mitteln begangenen Mordversuch verneint und lediglich eine heimtückische Tatbegehung bejaht. Es hat dabei rechtsfehlerfrei vorrangig darauf abgestellt, dass zu den [X.] am späten Abend jeweils ruhiger Verkehr herrschte. Zudem hat die [X.] eine Gefährdung Dritter durch oder infolge der Unfallgeschehen nicht festgestellt. Vielmehr war es - soweit das Urteil dies mitteilt - den jeweiligen Fahrern gelungen, die Pkws auf dem Standstreifen bzw. an der Mittelleitplanke zum Stehen zu bringen und ordnungsgemäß abzusichern; der am 12. März 2007 verwendete [X.] befand sich dabei immer noch unter dem Fahrzeug von [X.], die am 8. März 2007 zur Tat benutzten [X.]e konnten nicht sichergestellt werden. Feststellungen dazu, dass nach den Kollisionen mit den [X.]en weitere Unfälle von oder mit dritten Fahrzeugen drohten, hat das [X.] nicht getroffen.

b) Auch die Angriffe der Staatsanwaltschaft gegen die vom Schwurgericht vorgenommene Strafrahmenverschiebung nach §§ 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB in den Fällen des versuchten Mordes haben keinen Erfolg.

[X.] hat bei der Prüfung dieser Strafrahmenmilderungen die "Nähe zu dem tatbestandlichen Erfolg" erörtert und im Fall 3 zudem ausdrücklich berücksichtigt, dass es sich um einen "sehr großen [X.]" und eine "damit einhergehende gesteigerte Gefahr" gehandelt hat. Deshalb und vor dem Hintergrund der weiteren Urteilsausführungen ist nicht zu besorgen, dass sie übersehen hat, dass der [X.] des Erfolges jeweils auf glücklichen, von den Angeklagten nicht beeinflussbaren Umständen beruhte. Der Senat schließt ebenfalls aus, dass das Schwurgericht bei der Strafrahmenbestimmung unbeachtet gelassen hat, dass die Angeklagten die vier Straftaten innerhalb eines kurzen Zeitraumes begangen haben, zumal es die "Rückfallgeschwindigkeit" sowohl bei der Zumessung der Einzelstrafen als auch bei der [X.]messung der Gesamtstrafe ausdrücklich berücksichtigt hat.

Tepperwien                                Maatz                                   Solin-Stojanović

                            Franke                              Mutzbauer

Meta

4 StR 450/09

14.01.2010

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Urteil

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Leipzig, 19. März 2009, Az: 1 Ks 303 Js 13597/07 - 5 AR 60/09, Urteil

§ 15 StGB, § 22 StGB, § 23 StGB, § 211 Abs 2 StGB, § 224 Abs 1 Nr 5 StGB, § 224 Abs 2 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.01.2010, Az. 4 StR 450/09 (REWIS RS 2010, 10377)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 10377

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