Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.01.2011, Az. 4 StR 338/10

4. Strafsenat | REWIS RS 2011, 10034

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES Urteil 4 [X.] vom 27. Januar 2011 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen banden- und gewerbsmäßiger Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion u.a. - 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 27. Januar 2011, an der teilgenommen haben: Vorsitzender [X.] am [X.] [X.], [X.]innen am [X.] [X.], [X.], [X.] am [X.] [X.], [X.]als beisitzende [X.], Staatsanwältin beim [X.]

als Vertreterin der [X.], Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten [X.], Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten [X.] , Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, für Recht erkannt: - 3 - [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 12. März 2010 werden verworfen. Der Angeklagte [X.] hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Es wird davon abgesehen, dem Angeklagten [X.] die Kosten und Auslagen des Revisionsverfahrens aufzuerle-gen (§ 109 Abs. 2 i.V.m. § 74 JGG). Von Rechts wegen Gründe: Das [X.] hat die Angeklagten jeweils der banden- und gewerbs-mäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit banden- und gewerbsmäßigem Computerbetrug in sechs Fällen (Angeklagter [X.] ) bzw. in fünf Fällen (Angeklagter [X.] ) sowie der versuchten [X.] und gewerbsmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion schuldig gesprochen. Es hat den Angeklagten [X.] unter Einbeziehung der Strafe aus einer weiteren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von [X.], den Angeklagten [X.] unter Einbeziehung einer weiteren Verur-teilung zu einer Einheitsjugendstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verur-teilt. Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen, mit denen sie die Verletzung materiellen Rechts rügen. Die Rechtsmittel haben kei-nen Erfolg. 1 - 4 - [X.] Nach den Feststellungen des [X.]s schlossen sich die [X.] Mitte 2009 einer Gruppe von Landsleuten an, die in großem Umfang so ge-nannte —[X.] verübte. Bei diesen Taten werden Daten der EC- bzw. Kreditkarten von Bankkunden, die einen Geldautomaten benutzen, ausge-lesen und auf [X.] übertragen, mit denen anschließend unter [X.] der ebenfalls erlangten persönlichen Geheimzahl ([X.]) Geld von Geldautomaten abgehoben wird. Entsprechend der auf arbeitsteiliges Zusam-menwirken mit überwiegend unbekannten Mittätern ausgelegten Planung er-setzten die Angeklagten bei verschiedenen Bankfilialen in [X.], [X.] und [X.] jeweils das Kartenlesegerät des Türöffnungsme-chanismus durch ein mit einem Speichermedium versehenes Lesegerät, mit dem die Daten der Kunden ausgelesen wurden. Mit getarnten Kameras wurden die Bankkunden sowohl beim Betreten der Bank als auch bei der [X.]-Eingabe am Geldautomaten aufgenommen. Die so gewonnenen Daten wurden spätes-tens nach Abbau der Geräte an unbekannte Mittäter übergeben, die [X.] was den Angeklagten bekannt war [X.] die Daten umgehend auswerteten und [X.] vermutlich per Internet [X.] zu weiteren Mittätern nach [X.] transferierten, denen die Daten-lieferungen jeweils vorher angekündigt wurden. In [X.] wurden im unmittelba-ren Anschluss [X.] mit den Datensätzen beschrieben und auf diese Weise Kartendoubletten hergestellt. 2 In den Fällen I[X.] 2 bis I[X.] 7 der Urteilsgründe (der Fall I[X.] 2 war allerdings hinsichtlich des Angeklagten [X.]
bereits Gegenstand der gegen diesen er-gangenen einbezogenen Entscheidung) hoben mehrere unbekannte Mittäter sodann unter Verwendung der Kartendoubletten und der jeweils zugehörigen [X.] an verschiedenen, überwiegend in [X.] gelegenen Geldautomaten 3 - 5 - Bargeld in Höhe von insgesamt etwa 300.000 Euro von den Konten der Bank-kunden ab. Im Fall I[X.] 1 der Urteilsgründe übergaben die Angeklagten die Spei-chermedien mit den gewonnenen Daten zur Weiterleitung nach [X.] an den hierfür zuständigen Mittäter in [X.]. Das [X.] hat nicht festgestellt, dass auch mit diesen Daten Kartendoubletten hergestellt wurden. Zu unberech-tigten Abhebungen unter Verwendung der ausgespähten Daten konnte es schon deswegen nicht kommen, weil die Manipulation an dem Türöffner bereits am nächsten Tag bemerkt und die entsprechenden Kontensperrungen [X.] wurden. I[X.] Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der Sachrüge hat einen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten nicht ergeben. 4 Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch. Dies gilt auch, soweit das [X.] im Fall I[X.] 1 der Urteilsgründe eine ver-suchte banden- und gewerbsmäßige Fälschung von Zahlungskarten mit [X.] angenommen hat. 5 1. Nach § 22 StGB versucht eine Straftat, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt. Hierfür ist nicht erforderlich, dass der Täter bereits ein Tatbestandsmerkmal verwirklicht. Es genügt, dass er Handlungen vornimmt, die nach seinem [X.] der Erfül-lung eines Tatbestandsmerkmals vorgelagert sind und unmittelbar in die tat-bestandliche Handlung einmünden. Das Versuchsstadium erstreckt sich [X.] auch auf Handlungen, die in ungestörtem Fortgang unmittelbar zur Tatbe-standserfüllung führen sollen oder die in unmittelbarem räumlichen und zeitli-chen Zusammenhang mit ihr stehen. Dies ist der Fall, wenn der Täter subjektiv 6 - 6 - die Schwelle zum —jetzt geht es [X.] überschreitet, es eines weiteren —Willens-impulsesfi nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbestandsmäßigen Angriffs-handlung ansetzt, so dass [X.] ohne Zwischenakte in die Erfüllung des Tatbestands übergeht (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 9. Oktober 2002 [X.] 5 StR 42/02, [X.]St 48, 34 m.w.[X.]). Diese abstrakten Maßstäbe bedürfen angesichts der Vielzahl denkbarer Sachverhaltsgestaltungen stets der wertenden Konkreti-sierung unter Beachtung der Umstände des Einzelfalles (vgl. [X.], Urteil vom 12. Dezember 2001 [X.] 3 StR 303/01, [X.], 1057). 2. Gemessen daran ist die Würdigung des [X.]s, die Angeklagten hätten spätestens mit der Weitergabe der Daten zur Verwirklichung des [X.] unmittelbar angesetzt, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. 7 a) Zu Recht hat das [X.] auf das enge Ineinandergreifen der [X.] einem festen Ablaufplan folgenden Tatbeiträge und auf den nach dem [X.] engen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Tatbeitrag der Ange-klagten und dem Beschreiben der [X.] durch andere Bandenmitglie-der als eigentlicher Fälschungshandlung abgestellt. Die dem Auslesen der [X.] und der Weitergabe der Speichermedien nachfolgenden Arbeitsschritte bis hin zu den [X.] der Tatbestandsverwirklichung des § 152b StGB nachgelagerten [X.] Abhebungen an den Geldautomaten mussten vonstatten gehen, bevor die [X.] an den Lesegeräten in den Bankfilialen bemerkt wurde. Die schnelle zeitliche Abfolge wurde durch das eingespielte System von [X.], bei dem den in [X.] sitzenden Mittätern die einzelnen Datenüber-sendungen jeweils avisiert wurden. Diese wussten dadurch bereits im Voraus, dass die Erbringung ihres eigenen Tatbeitrags unmittelbar bevorstand. Es [X.] mithin keines neuen [X.] bei einem der durch die [X.] verbundenen Mittäter mehr, sondern die Angeklagten setzten mit der [X.] - 7 - tergabe der Daten [X.] was ihnen bewusst war [X.] gleichsam einen automatisierten Ablauf in Gang, so dass auch unter dem Gesichtspunkt der konkreten nahen Rechtsgutsgefährdung (vgl. [X.], Urteil vom 12. Dezember 2001 [X.] 3 StR 303/01, aaO; Beschluss vom 2. August 1989 [X.] 3 StR 239/89, [X.]R StGB § 22 Ansetzen 11; Beschluss vom 7. Oktober 1993 [X.] 4 StR 506/93, [X.], 240) die Annahme eines unmittelbaren Ansetzens geboten ist. Dass dem Beschrei-ben der [X.] die Auswertung der Speichermedien durch Abgleich von Videoaufzeichnungen und ausgelesenen Kartendaten und die Übersendung der Daten nach [X.] vorausgingen, stellt danach bei der gebotenen wertenden Betrachtung (vgl. [X.], Urteil vom 30. April 1980 [X.] 3 StR 108/80, NJW 1980, 1759) keine diese Annahme hindernden Zwischenschritte dar (vgl. auch [X.], Beschluss vom 24. Mai 1991 [X.] 5 StR 4/91, [X.]R StGB § 22 Ansetzen 14; [X.] vom 11. Mai 2010 [X.] 3 StR 105/10). b) Soweit der 2. Strafsenat in seinem Urteil vom 13. Januar 2010 (2 [X.], [X.], 209) einen strafbaren Versuch des gewerbs- und banden-mäßigen [X.] von Zahlungskarten mit Garantiefunktion verneint hat, lag der Entscheidung ein vollkommen anders gelagerter Sachverhalt zu [X.]: Dort hatten sich die Angeklagten, ohne bereits über die aufzuspielenden Daten zu verfügen, lediglich darum bemüht, [X.] zu erhalten; die aus [X.] kommende Sendung mit [X.] war jedoch bei der Ausgabestelle des [X.] in [X.] angehalten und die [X.] waren bei dem Versuch, das Päckchen abzuholen, festgenommen worden. Ausgehend hiervon hat der 2. Strafsenat ausgeführt, dass ein Versuch des (gewerbs- und bandenmäßigen) [X.] von Zahlungskarten erst dann gegeben ist, wenn der Täter vorsätzlich und in der tatbestandsmäßigen Absicht mit der Fälschungshandlung selbst - also dem Herstellen der falschen Karte - beginnt ([X.] aaO, Rz. 10). Er bezieht sich dabei zu Recht auf die von der 9 - 8 - Rechtsprechung entwickelten allgemeinen Grundsätze zur Abgrenzung von Vorbereitungshandlungen zum strafbaren Versuch ([X.] aaO, Rz. 9). Deshalb ist auch nach dieser Entscheidung das Beginnen mit der Fälschungshandlung als Beginnen im Sinne der allgemeinen Definition des unmittelbaren Ansetzens zu verstehen; hiervon sind auch vorgelagerte Handlungsakte umfasst, sofern diese nach der Tätervorstellung in ungestörtem Fortgang unmittelbar zur Tatbe-standserfüllung führen oder mit ihr in einem unmittelbaren räumlichen und zeit-lichen Zusammenhang stehen (vgl. Fischer, StGB, 58. Aufl., § 22 Rn. 10 m.w.[X.]). Eine entsprechende Abgrenzung hat auch der 5. Strafsenat unter Be-zugnahme auf das vorerwähnte Urteil des 2. Strafsenats vorgenommen ([X.] vom 14. September 2010 - 5 StR 336/10). Seiner Entscheidung lag ein Sachverhalt zu Grunde, bei dem die Bemühungen des [X.], durch den Ein-satz von Kartenlesegeräten in den Besitz der Daten zu gelangen, gescheitert war, weil die Lesegeräte bereits vor ihrem Abbau entdeckt und sichergestellt worden waren. Ausgehend hiervon hat der 5. Strafsenat ein unmittelbares An-setzen zur Tatbestandsverwirklichung verneint, da der Täter die aufgezeichne-ten Datensätze noch nicht in seinen Besitz bringen und sie deshalb auch nicht an seine Mittäter, die in [X.] die Herstellung der Kartendoubletten vornehmen sollten, übermitteln konnte ([X.], aaO, Rz. 4). 10 - 9 - Beide Entscheidungen stehen mithin der Annahme einer Versuchstat im Fall I[X.] 1 der Urteilsgründe nicht entgegen, denn hier hätte die Weiterleitung der gewonnenen Daten nach der Vorstellung der Angeklagten bei ungestörtem Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen sollen. 11 Ernemann [X.] [X.] [X.] [X.]

Meta

4 StR 338/10

27.01.2011

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.01.2011, Az. 4 StR 338/10 (REWIS RS 2011, 10034)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 10034

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