Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.05.2012, Az. VII ZB 31/11

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 6156

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 31/11

vom

23. Mai 2012

in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 829
Die materielle Richtigkeit der erteilten Vollstreckungsklausel ist grundsätzlich nicht zur Überprüfung des Vollstreckungsgerichts gestellt. Seiner Nachprüfung unterliegt es, ob eine Klausel vorhanden ist und ob sie ordnungsgemäß erteilt wurde, nicht hin-gegen, ob sie erteilt werden durfte (im [X.] an [X.], Beschluss vom 12.
Januar
2012 -
VII
ZB
71/09, [X.], 367).

[X.], Beschluss vom 23. Mai 2012 -
VII ZB 31/11 -
LG [X.]

AG [X.]

-
2
-
Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat am 23.
Mai
2012 durch den
Vorsitzenden [X.] Prof.
Dr.
[X.], den [X.] [X.], die [X.]in [X.], den [X.] [X.] und den [X.] Halfmeier
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Gläubigers gegen den Beschluss der 3.
Zivilkammer des [X.] vom 20.
April
2011 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:
I.
Der Gläubiger erstrebt die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung zu einem [X.].
Die Parteien schlossen vor dem [X.] am 19.
Januar
2009 ei-nen Vergleich. Darin verpflichtete sich der damalige Beklagte und jetzige Schuldner, die von ihm angemietete Wohnung C.-Str.
6 III/9 in M. spätestens am 30.
April 2009 vollständig geräumt und besenrein mit allen Schlüsseln an den damaligen Kläger und jetzigen Gläubiger zurückzugeben. Des Weiteren ist bestimmt: "Sollte der Beklagte obige Wohnung nicht bis zum 30.
4.
2009 ord-nungsgemäß übergeben haben, so hat er die Klageforderung von 1.003,38

die Klägerseite zu zahlen. Ferner bis zum Auszug die vereinbarte Miete von 460

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Der [X.] der Geschäftsstelle des Amtsgerichts M. erteilte dem Kläger am 27.
März
2009 eine vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs. Mit Beschluss vom 14.
April
2010 wies das Amtsgericht -
Vollstreckungs-gericht
-
H. den Antrag des Gläubigers auf Erlass eines Pfändungs-
und Über-weisungsbeschlusses hinsichtlich der geltend
gemachten Hauptforderung in Höhe von 1.463,08

m-ten erteilte Klausel unwirksam sei. Da die Forderung von einer aufschiebenden Bedingung abhängig sei, bedürfe es einer [X.] gemäß §
726 ZPO durch den Rechtspfleger. Die gegen diesen Beschluss eingelegte sofortige Be-schwerde hat das [X.] mit Beschluss vom 18.
Mai
2010 zurückge-wiesen.
Den daraufhin vom Gläubiger bei dem [X.] gestellten Antrag auf Erteilung einer von dem [X.] für erforderlich gehaltenen Vollstre-ckungsklausel hat die Rechtspflegerin mit Beschluss vom 15.
März
2011 mit der Begründung zurückgewiesen, die von dem [X.]n
erteilte Klausel sei für die Zwangsvollstreckung ausreichend. Die dagegen eingelegte sofortige Be-schwerde hatte keinen Erfolg. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Gläubiger seinen Antrag weiter.

II.
Die gemäß §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, die Zwangsvollstreckung aus dem in dem [X.] titulierten Zahlungsanspruch setze die Ertei-lung einer qualifizierten Vollstreckungsklausel nach §
726 ZPO nicht voraus. 3
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Diese Vorschrift erfasse nur die Fälle, in denen der Gläubiger den Eintritt der Tatsachen nach dem Inhalt des Titels oder nach allgemeinen Beweislastregeln zu beweisen habe. Dies sei hier nicht der Fall. Es sei eine allgemein anerkannte Beweislastregel, dass der Verpflichtete die Erfüllung einer ihm
obliegenden Leistung, die in [X.] bestehe, beweisen müsse, und zwar auch dann, [X.]n sich an die Nichterfüllung oder die nicht rechtzeitige Erfüllung un-günstige Rechtsfolgen knüpften, die der Gläubiger geltend mache. Folgerichtig treffe den Schuldner die Beweislast für die rechtzeitige Erfüllung des [X.]. Der [X.] der Geschäftsstelle habe daher die einfache Vollstreckungsklausel nach §§
724, 725 ZPO erteilen können.
2. Die Rechtsbeschwerde macht geltend, es könne dahinstehen, ob eine einfache Vollstreckungsklausel gemäß §
795b ZPO zu erteilen gewesen sei. Da die qualifizierte Vollstreckungsklausel dem Gläubiger keine weitergehenden Rechte als die einfache Vollstreckungsklausel verschaffe, sei sie jedenfalls in den Fällen zu erteilen, in denen der Gläubiger die Erteilung einer qualifizierten Vollstreckungsklausel beantrage und der Eintritt der Tatsache, von der die [X.] abhänge, gerichtsbekannt sei.
3. Die Entscheidung des [X.] hält der rechtlichen Über-prüfung stand.
a) Gemäß §
726 Abs.
1, §
795 ZPO darf von [X.]en, deren Vollstreckung nach ihrem Inhalt von dem durch den Gläubiger zu beweisenden Eintritt einer anderen Tatsache als einer dem Gläubiger obliegenden Sicherheit abhängt, eine vollstreckbare Ausfertigung nur erteilt werden, [X.]n der Beweis durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden geführt wird. Für die Ent-scheidung, ob die vollstreckbare Ausfertigung gemäß §
725 ZPO von dem Ur-kundsbeamten der Geschäftsstelle
oder gemäß §
726 ZPO, §
20 Nr.
12 RPflG 7
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von dem Rechtspfleger zu erteilen ist, kommt es darauf an, wem der Titel die Beweislast zuweist, nicht darauf, [X.] sie nach der materiell-rechtlichen An-spruchsgrundlage treffen würde, aus der der titulierte Anspruch
hergeleitet wird. Der Titel ist insoweit auszulegen. Es ist zu fragen, ob mit der Bedingung im Titel dem Gläubiger die Zwangsvollstreckung erst ermöglicht oder nur dem Schuld-ner die Möglichkeit eingeräumt werden soll, die Zwangsvollstreckung abzu[X.]-den (vgl. [X.]/Walker/[X.], Vollstreckung und Vorläufiger Rechts-schutz, 5.
Aufl., §
726 ZPO Rn.
3).
b) Das Beschwerdegericht hat den Vergleich dahin ausgelegt, dass die den Zahlungsanspruch des Gläubigers von der Nichterfüllung des [X.] durch den Schuldner abhängig machende Abrede dem Zweck diene, den Gläubiger von jedem Risiko der Verzögerung freizustellen und umgekehrt dem Schuldner die Befugnis zu gewähren, die Fälligkeit und Vollstreckung des Zahlungsanspruchs durch rechtzeitige Erfüllung der Herausgabeverpflichtung abzu[X.]den. Dies
ist ebenso wie die von dem Beschwerdegericht daraus ab-geleitete Rechtsfolge, dass den
Schuldner die Beweislast für die rechtzeitige Erfüllung des Herausgabeanspruchs
treffen soll, eine mögliche und nicht von [X.] beeinflusste Auslegung.
4. Mit dieser Entscheidung ist dem Gläubiger nicht endgültig die [X.] genommen, den mit dem Vergleich titulierten Zahlungsanspruch zu voll-strecken.
a) Zwar hat das Vollstreckungsgericht den Antrag des Gläubigers auf Er-lass eines Pfändungs-
und Überweisungsbeschlusses auf der Grundlage der ihm erteilten einfachen Klausel rechtskräftig abgewiesen. Es hat die Erteilung eines solchen Beschlusses davon abhängig gemacht, dass der Gläubiger eine qualifizierte Klausel vorlegt. Das war rechtsfehlerhaft. Der [X.] hat inzwischen 10
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entschieden ([X.], Beschluss vom 12.
Januar
2012 -
VII
ZB
71/09, [X.], 367), dass das Vollstreckungsgericht bei einem Antrag auf Erteilung eines Pfändungs-
und Überweisungsbeschlusses nur zu prüfen hat, ob eine Klausel vorhanden ist und ob sie ordnungsgemäß erteilt wurde, nicht hingegen, ob sie erteilt werden durfte. Deshalb ist es insbesondere nicht Sache des mit der [X.] des Titels befassten [X.], die Wirksamkeit der Klausel am Inhalt des Titels zu messen und die erforderliche Abgrenzung zwi-schen unbedingt und bedingt vollstreckbaren Titeln vorzunehmen.
b) Der Gläubiger kann, gestützt auf die bereits vorgelegte, vom [X.] erteilte einfache Klausel und den vorliegenden Beschluss erneut einen Pfändungs-
und Überweisungsbeschluss hinsichtlich des Zahlungsanspruchs aus dem Vergleich beantragen. Dem steht die Rechtskraft des die Erteilung ablehnenden Beschlusses nicht entgegen. Denn dieser Beschluss entfaltet [X.] materielle Rechtskraftwirkung. Eine solche Wirkung kommt lediglich Be-schlüssen zu, die formell rechtskräftig werden und inhaltlich eine der materiellen Rechtskraft fähige Entscheidung enthalten (vgl. [X.], Beschluss vom 3.
März
2004

IV
ZB 43/03, [X.], 1805, 1806 m.w.N.). Um eine solche Entscheidung handelt es sich bei dem den Erlass des beantragten Pfändungs-
und Überweisungsbeschlusses abweisenden Beschluss nicht; entschieden worden ist insoweit lediglich über das Vorliegen einer formellen Voraussetzung der Zwangsvollstreckung.
Dem Gläubiger fehlt für einen erneuten gleichlautenden Antrag auf Er-lass eines Pfändungs-
und Überweisungsbeschlusses auch nicht das Rechts-schutzbedürfnis. Denn aufgrund der zwischenzeitlichen Entscheidung des
Se-nats, dass das Vollstreckungsgericht bei einem Antrag auf Erteilung eines Pfändungs-
und Überweisungsbeschlusses nicht zu prüfen hat, ob eine vorhan-dene Klausel erteilt werden durfte, ist insoweit eine Klärung herbeigeführt wor-13
14
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7
-
den, so dass von dem Vollstreckungsgericht auf dieser Grundlage neu über einen entsprechenden Antrag zu befinden sein wird (vgl. Musielak/[X.], ZPO, 9. Aufl., § 127 Rn. 6 a.E.).

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

[X.]
[X.]
[X.]

Eick

Halfmeier
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 15.03.2011 -
9 [X.] (81) -

LG [X.], Entscheidung vom 20.04.2011 -
3 [X.]/11 -

15

Meta

VII ZB 31/11

23.05.2012

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.05.2012, Az. VII ZB 31/11 (REWIS RS 2012, 6156)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6156

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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