Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.11.2017, Az. I ZR 143/16

I. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 1457

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:301117UIZR143.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
I [X.]
Verkündet am:

30. November 2017

Führinger

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

BGB § 280 Abs. 1, § 254 Abs.
1 Da; [X.] §§ 60 ff., 63
a)
Ein Schadensersatzanspruch, den der Versicherungsnehmer gegen den Versicherungsvermittler nicht wegen einer Pflichtverletzung bei einer Vertragsanbahnung, sondern wegen einer Pflichtverletzung bei der Abwicklung eines Versicherungsfalls geltend macht, hat seine Grundlage nicht in den §§
60
ff., 63 [X.], sondern in der allgemeinen Vorschrift des §
280 Abs.
1 BGB.
b)
Der [X.] umfasst grundsätzlich auch die Hilfestellung bei der Re-gulierung eines Versicherungsschadens.
c)
Der Umstand, dass es zur eigenen Verantwortung des Versicherungsnehmers gehört, sich nach einem Versicherungsfall über Ausschlussfristen nach den Versicherungsbedingungen zu informieren, lässt keinen Raum für die Verteidigung des Versicherungsmaklers, sich auf diese Obliegenheit des Versi-cherungsnehmers zu berufen, weil die Obliegenheit allein das Verhältnis des Versicherungsnehmers zum Versicherer betrifft; der Versicherungsnehmer bedient sich gerade des Versicherungsmaklers als sachkundigen Fachmanns, um seine Ansprüche zu wahren und durchzusetzen.
d)
Die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens gilt ohne Einschränkungen, wenn für die zu beratende Person bei ordnungsgemäßer Beratung nur eine einzige verständige Entschlussmöglichkeit bestanden hätte.
e)
Bei einem Versicherungsmaklervertrag kann der zu beratenden Person, auch wenn sie über einschlä-gige Kenntnisse verfügt, regelmäßig nicht als mitwirkendes Verschulden vorgehalten werden, sie hätte das, worüber sie der Berater hätte aufklären oder unterrichten sollen, bei entsprechenden Bemühun-gen ohne fremde Hilfe selbst erkennen können. Abweichendes kann gelten, wenn die zu beratende Person Warnungen oder ohne weiteres erkennbare Umstände, die gegen die Richtigkeit des vom [X.] eingenommenen Standpunkts sprechen, nicht genügend beachtet oder den Berater nicht über ei-ne fundierte abweichende Auskunft unterrichtet, die sie von einer sachkundigen Person erhalten hat, oder von der Gefährdung ihrer Interessen sonst Kenntnis hat.
[X.], Urteil
vom 30. November 2017 -
I [X.] -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 30.
November 2017 durch [X.] Dr.
Büscher, [X.], Dr.
Kirchhoff, Prof. Dr.
Koch und die Richterin Dr.
Marx

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 14.
Zivilsenats des [X.] vom 9.
Juni 2016 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht [X.].
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin nimmt die Beklagte zu
1, eine Versicherungsvermittlerin, und die für diese als selbständige Handelsvertreterin tätige Beklagte zu
2 we-gen von ihr behaupteter Pflichtverletzungen aus einem Maklervertrag auf [X.] in Anspruch.
Die Klägerin, die selbst geprüfte Versicherungsfachfrau ist und von 2008 bis Ende 2010 für die Beklagte zu
1 tätig war, vermittelte während dieser [X.] für sich selbst bei der Z.

Versicherung (im Folgenden: Versicherung) ei-
nen Unfallversicherungsvertrag, bei dem auch ihr nunmehriger Ehemann G.

N.

(im Folgenden: Ehemann) versicherte Person war. Sie hat nach ihrem
Vortrag alle bei der Beendigung ihrer Tätigkeit für die Beklagte zu
1 in ihrem 1
2
-
3
-
Besitz befindlichen Unterlagen über die von ihr vermittelten [X.] der Beklagten zu
2 zur Weiterbetreuung übergeben.
Am 24.
April 2012 erlitt der Ehemann einen schweren Verkehrsunfall, der der
Versicherung gemeldet wurde. Das ausgefüllte Formular für die Unfallan-zeige wurde vom Büro der Beklagten zu
2 aus an die Versicherung gefaxt. Ebenso
wurde vom Büro der Beklagten zu
2 aus am 18.
Juni 2012 der Entlas-sungsbrief der Klinik für den Ehemann an die Versicherung gefaxt. Diese wies die Klägerin mit Schreiben vom 19.
Juni 2012 darauf hin, ein Anspruch auf [X.] bestehe nur, wenn die unfallbedingte Invalidität innerhalb von zwölf Monaten nach dem Unfall eintrete und innerhalb von 18
Monaten nach dem Unfall ärztlich festgestellt werde.
Mit Schreiben vom 21.
November 2014 lehnte die Versicherung den [X.] auf eine Invaliditätsleistung mit der Begründung ab, die [X.] sei nicht innerhalb der [X.] ärztlich festgestellt worden.
Die Klägerin macht für die Versäumung der Frist die Beklagten verant-wortlich.
Diese
hätten
die Klägerin nach dem Maklervertrag unabhängig von der Versicherung auf das
Erfordernis hinweisen müssen, die Invalidität innerhalb von 18
Monaten ärztlich feststellen zu lassen.
Mit der Beklagten zu
2
sei
zudem vereinbart worden, dass diese sich um die gesamte Schadensabwicklung kümmern würde. Die Beklagte zu
2 hätte
daher
dafür sorgen müssen, dass die Invalidität innerhalb der [X.] ärztlich festgestellt und der [X.] angezeigt worden wäre.
Die von der Klägerin auf Ersatz entgangener Versicherungsleistungen in Höhe von 37.842,45

1.590,91

gerichtete Klage ist in
beiden Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben.
3
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6
-
4
-
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:
[X.] Das Berufungsgericht hat eine Schadensersatzpflicht der Beklagten aus einem Maklervertrag mit der Klägerin verneint. Es hat offengelassen, ob die Beklagte zu
2 durch die Übernahme sämtlicher Unterlagen zu den zuvor von der Klägerin betreuten Kunden und
Verträgen die sich aus diesen Verträgen ergebenden Pflichten übernommen und ob die Beklagte zu
2 gegenüber der Klägerin

wie diese behauptet
erklärt hat, die gesamte Schadensabwicklung zu übernehmen. Es könne nicht angenommen werden, dass die Klägerin die ärztliche Feststellung der unfallbedingten Invalidität rechtzeitig veranlasst hätte, wenn die Beklagten sie auf die laufende Frist hingewiesen hätten.
In
diesem Zusammenhang
sei zu berücksichtigen, dass zum [X.]punkt des von der Klägerin behaupteten Vertragsschlusses in zeitlicher Nähe zum Unfall ihres Ehemanns
keineswegs festgestanden habe, dass die vertraglich vorausgesetzte unfallbedingte Invalidität verbleiben würde. Die Beklagte zu
2 hätte daher seinerzeit allenfalls einen allgemeinen Hinweis auf die [X.] erteilen müssen. Die an sich zugunsten der Klägerin streitende Vermutung beratungsgerechten Verhaltens sei dadurch entkräftet, dass die Klägerin die ärztliche Feststellung nicht veranlasst habe, obwohl sie mit dem Schreiben der Versicherung vom 19.
Juni 2012 genau den Hinweis erhalten
habe, den die [X.] allenfalls hätten erteilen müssen. In diesem nur eine Seite umfassenden Schreiben sei
graphisch hervorgehoben auf die Anspruchsvoraussetzungen hingewiesen
worden, dass die unfallbedingte Invalidität innerhalb von zwölf Monaten nach
dem Unfall eintreten und innerhalb von 18
Monaten nach dem Unfall ärztlich festgestellt und unter Vorlage dieser ärztlichen Feststellung beim 7
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-
Versicherer geltend gemacht werden müsse. Die Klägerin, die selbst als Versi-cherungsvermittlerin tätig gewesen sei,
habe diesen Hinweis auch ohne weitere Erläuterungen der Beklagten verstehen und umsetzen können.
I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin ist [X.], weil sich die Entscheidung des Berufungsgerichts weder aus den an-gegebenen Gründen noch aus anderen Gründen als richtig darstellt
(dazu un-ter
II
1 bis 3). Sie führt daher zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§§
561, 562 Abs.
1 ZPO)
und, da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist
(dazu unter
II
4), zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht (§
563 Abs.
3 Satz
1 und Abs.
3 ZPO).
1. Der nach den getroffenen Feststellungen in Betracht kommende Schadensersatzanspruch der Klägerin hat, da keine Pflichtverletzung der [X.] bei einer Vertragsanbahnung, sondern eine Pflichtverletzung bei der Abwicklung eines Versicherungsfalls in Rede steht, seine Grundlage nicht in den §§
60
ff., 63 [X.], sondern in der allgemeinen Vorschrift des §
280 Abs.
1 BGB (vgl. [X.] in [X.]/[X.], [X.], 29.
Aufl., §
63 Rn.
6; Münch-Komm.[X.]/Reiff, 2.
Aufl., §
60 Rn.
29 und §
63 Rn.
36; [X.] in
Beckmann/[X.], [X.], 3.
Aufl., §
5 Rn.
331). Danach kann, wenn der Versicherungsmakler eine nicht in den §§
60, 61 [X.] geregelte Pflicht aus dem Maklervertrag mit dem Versicherungsnehmer verletzt, dieser Ersatz des ihm hierdurch entstandenen Schadens verlangen (§
280 Abs.
1 Satz
1 BGB). Dies gilt nicht, wenn der Makler die Pflichtverlet-zung nicht zu vertreten hat (§
280 Abs.
1 Satz
2 BGB).
2. Das Berufungsgericht hat unterstellt, dass sich die Beklagte zu
2 ge-genüber
der
Klägerin
nach dem Unfall des Ehemanns vertraglich
verpflichtet hatte, die gesamte Abwicklung des Schadensfalles zu übernehmen. Die Kläge-rin hat zu dem Inhalt dieses Vertrags vorgetragen, die Beklagte zu
2 habe sich verpflichtet, die Klägerin hinsichtlich sämtlicher mit der Schadensabwicklung in Zusammenhang stehender Fragen umfassend zu beraten und dafür zu sorgen, 10
11
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6
-
dass innerhalb der [X.] die ärztliche Invaliditätsfeststellung erfolgen und der Versicherung angezeigt werden würde.
Das ist nicht geschehen. [X.] wäre die Klage jedenfalls dem Grunde nach ohne weiteres gegen beide Beklagten begründet, weil
nach Behauptung der Klägerin ein Maklervertrag mit der Beklagten zu
1 bestand, in den die Beklagte zu
2 eingeschaltet war.
3. Die Revision weist zudem mit Recht darauf hin, dass -
unabhängig von dieser vom Berufungsgericht unterstellten vertraglichen Vereinbarung
mit der Beklagten zu
2
-
der

weite (vgl. [X.], Urteil vom 12.
Dezember 2013

III
ZR
124/13, [X.]Z 199, 216 Rn.
13; Urteil vom 26.
März 2014

IV
ZR
422/12, NJW 2014, 2038 Rn.
25; Urteil vom 10.
März 2016

I
ZR
147/14, [X.]Z 209, 256 Rn.
18, jeweils mwN)
-
Pflichtenkreis des Versi-cherungsmaklers grundsätzlich auch die Hilfestellung bei der Regulierung eines Versicherungsschadens umfasst (vgl. [X.], Urteil vom 16.
Juli 2009

III
ZR
21/09, [X.] 2009, 1688 Rn.
8). Die vom Berufungsgericht [X.] gegenteilige Ansicht wäre zwar nicht entscheidungserheblich, wenn dessen Annahme zuträfe, das von der Klägerin als Pflichtverletzung geltend gemachte Unterlassen eines Hinweises auf die Notwendigkeit der ärztlichen Feststellung der unfallbedingten Invalidität innerhalb von 18
Monaten nach dem Unfall sei für die Ablehnung des Leistungsantrags durch die Versicherung wegen Versäu-mung dieser Frist nicht ursächlich gewesen. Davon kann jedoch nicht [X.] werden.
a) Nach Ansicht des Berufungsgerichts
ist die zunächst zugunsten der Klägerin streitende Vermutung, dass die Klägerin sich auf einen Hinweis der Beklagten zur rechtzeitigen ärztlichen Feststellung der unfallbedingten Invalidi-tät und Anzeige gegenüber der Versicherung beratungsgerecht verhalten hätte,
dadurch entkräftet, dass die Klägerin mit Schreiben der Versicherung vom 19.
Juni 2012 genau den Hinweis erhalten habe, den die Beklagten ebenfalls geschuldet hätten.
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14
-
7
-
b) Diese Auffassung steht nicht in Einklang mit der Rechtsprechung des [X.]. Danach kann von einem Versicherungsmakler ein Hinweis auf den drohenden Verlust des Versicherungsanspruchs wegen Nichteinhaltung der Frist zur ärztlichen Feststellung und Geltendmachung einer eingetretenen Invalidität erwartet werden und ist eine Belehrungsbedürftigkeit des [X.]snehmers regelmäßig anzunehmen, wenn für den Versicherungsmakler erkennbar ist, dass Ansprüche wegen Invalidität gegen die Unfallversicherung ernsthaft in Betracht kommen. Der Umstand, dass es zur eigenen Verantwor-tung des Versicherungsnehmers gehört, sich über Ausschlussfristen nach
den Versicherungsbedingungen zu informieren, lässt keinen Raum für die Verteidi-gung des Versicherungsmaklers, sich auf diese Obliegenheit des [X.]snehmers zu berufen, weil sie lediglich das Verhältnis des Versicherungs-nehmers zum Versicherer betrifft.
Der Versicherungsnehmer
bedient sich aber gerade des Versicherungsmaklers als sachkundigen Fachmanns, um seine [X.] zu wahren und durchzusetzen (vgl. [X.], [X.] 2009, 1688 Rn.
10 und 12).
c) Nach der Lebenserfahrung spricht auch nichts dafür, dass die Klägerin durch die Nichteinhaltung der gegenüber der Versicherung zu wahrenden Frist von 18
Monaten für die Geltendmachung der unfallbedingten Invalidität unter Vorlage einer ärztlichen Feststellung trotz des entsprechenden Hinweises im

zunächst vor Allem eine Empfangsbestätigung für die Schadensanzeige dar-stellenden
Schreiben der Versicherung vom 19.
Juni 2012 gezeigt hat, dass sie auf ihr von den Beklagten gezielt gegebene Hinweise auf den drohenden Ablauf dieser Frist ebenfalls nicht reagiert hätte. Dies galt zumal dann, wenn die Beklagte zu
2 -
wie das Berufungsgericht zugunsten der Klägerin unterstellt hat
-
durch die Übernahme sämtlicher Unterlagen zu den zuvor von dieser be-treuten Kunden und Versicherungsverträgen alle Pflichten aus den [X.] übernommen hatte.
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-
8
-
d) Die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens würde zwar mög-licherweise nicht gelten, wenn für die Klägerin nicht nur eine einzige verständi-ge Entschlussmöglichkeit bestanden hätte, sondern nach [X.] Bera-tung verschiedene Handlungsweisen ernsthaft in Betracht gekommen wären, die unterschiedliche Vorteile und Risiken mit sich gebracht hätten (so für den Bereich der Rechtsanwaltshaftung [X.], Urteil vom 10.
Mai 2012

IX
ZR
125/10, [X.]Z 193, 193 Rn.
36; Urteil vom 17.
März 2016

IX
ZR
142/14, [X.], 2091 Rn.
14, jeweils mwN; anders allerdings für den Bereich der Kapitalanlageberatung [X.], Urteil vom 8.
Mai 2012

XI
ZR
262/10, [X.]Z 193, 159 Rn.
33; Urteil vom 15.
März 2016

XI
ZR
122/14, NJW-RR 2016, 1187 Rn.
17 mwN). Im Streitfall bestand für die Klägerin
bei gehöriger Aufklärung über den [X.], der bei Versäumung der Frist von 18
Monaten für die Geltendmachung der unfallbedingten Invalidität unter Vorlage einer entsprechenden ärztlichen Feststellung eintreten würde, jedoch keine sachgerechte Handlungsalternative.
4. Die Beklagten haben vorsorglich auch bestritten, dass der Ehemann einen Unfall hatte und bei ihm eine unfallbedingte Invalidität vorliegt.
Außerdem haben sie die [X.] geltend gemachten außergerichtlichen Kosten in Abrede gestellt.
Das Berufungsgericht hat sich mit diesem [X.] der Beklagten -
von seinem Standpunkt aus folgerichtig
-
nicht befasst.
II[X.] In der wiedereröffneten Berufungsinstanz wird das
Berufungsgericht zunächst Feststellungen zu den zwischen den Parteien streitigen Tatsachen, zu denen es bislang keine Feststellungen getroffen hat (vgl. oben unter
II
4), und, sollten die [X.] danach nicht ausgeschlossen sein, zu der von ihm im ersten Berufungsverfahren zugunsten der Klägerin unterstellten vertragli-chen Verpflichtung der Beklagten zu
2 zur Abwicklung des [X.] (vgl. oben unter
II
2) zu treffen haben.
Sollte es danach noch darauf ankommen, wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, inwieweit auf der Grundlage der
vorste-henden
Ausführungen zu II
3 eine Verpflichtung der Beklagten bestand, die 17
18
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9
-
Klägerin auf den bevorstehenden Ablauf der gegenüber der Versicherung ein-zuhaltenden Fristen hinzuweisen. Dabei wird es zu berücksichtigen haben, dass entsprechende Hinweise erst nach Ablauf eines angemessenes [X.]raums nach der Entlassung des Ehemanns der Klägerin aus dem Krankenhaus sinn-voll waren, weil erst dann eine Einschätzung der verbleibenden unfallbedingten Invalidität möglich war. Andererseits mussten die Hinweise so frühzeitig erfol-gen, dass die Einhaltung der Fristen auch unter Berücksichtigung der noch zu treffenden ärztlichen Feststellungen gewährleistet war.
Gegebenenfalls wird das Berufungsgericht weiterhin der Frage nachzu-gehen
haben, ob die Klägerin
sich im Falle einer Haftung der Beklagten dem Grunde nach ein ihren Anspruch gemäß §
254 BGB minderndes [X.] anrechnen lassen muss. Bei einem Beratungsvertrag kann der
zu beraten-den Person allerdings
regelmäßig nicht als mitwirkendes Verschulden vorgehal-ten werden, sie hätte das, worüber sie ihr
Berater hätte aufklären oder unter-richten sollen, bei entsprechenden Bemühungen ohne fremde Hilfe selbst er-kennen können ([X.], Urteil vom 15.
April 2010

IX
ZR
189/09, WM
2010, 993 Rn.
14; Urteil vom 17.
März 2011

IX
ZR
162/08, [X.], 1529 Rn.
12; Urteil vom 14.
Juni 2012

IX
ZR
145/11, [X.]Z 193, 297 Rn.
37). Das gilt auch für
rechtlich und wirtschaftlich erfahrene Personen ([X.]Z 193, 297 Rn.
37). Selbst wenn eine
zu beratende Person
über einschlägige Kenntnisse verfügt, muss sie darauf vertrauen können, dass der von ihr
beauftragte Berater die anstehenden Fragen fehlerfrei bearbeitet, ohne dass eine Kontrolle notwendig ist (vgl.

jeweils zur Steuerberaterhaftung
-
[X.], [X.], 993 Rn.
14; [X.], 1529 Rn.
12; [X.]Z 193, 297 Rn.
37). Der Berater, der seine Vertragspflicht zur sachgerechten Beratung verletzt hat, kann deshalb gegenüber dem [X.] des geschädigten Mandanten nach [X.] und Glauben regel-mäßig nicht geltend machen, diesen treffe ein Mitverschulden, weil er sich auf die Beratung verlassen und dadurch einen Mangel an Sorgfalt gezeigt habe
([X.], [X.], 993 Rn.
14; [X.], 1529 Rn.
12).
20
-
10
-
Von diesem Grundsatz Abweichendes kann etwa gelten, wenn der [X.] Warnungen oder ohne weiteres erkennbare Umstände, die gegen die Richtigkeit des vom Berater eingenommenen Standpunkts sprechen, nicht ge-nügend beachtet oder den Berater nicht über eine fundierte abweichende [X.] unterrichtet, die er von einer sachkundigen Person erhalten hat ([X.], [X.], 1529 Rn.
13). Eine Obliegenheit zur [X.] kommt auch in Betracht, wenn der Mandant von der Gefährdung seiner Interessen Kenntnis hat ([X.], Urteil vom 14.
Oktober 2010 -
I
ZR
212/08, [X.], 2138 Rn.
19 =
[X.], 546 -
Mega-Kasten-Gewinnspiel).
Diese Grundsätze gelten regelmäßig entsprechend für die Frage eines anspruchsmindernden Mitverschuldens des Versicherungsnehmers bei Bera-tungspflichtverletzungen des Versicherungsmaklers.
So ist
die Annahme eines jeweils hälftigen Mitverschuldens bei vom Versicherungsnehmer verspäteter Mitteilung der mangelnden Regulierung und eines
Schreibens
der Versicherung hinsichtlich der Ergänzung der [X.] als nicht rechtsfehler-haft
angesehen
worden (vgl. [X.], NJW-RR 2009, 1688 Rn.
15 bis 17). Ein Mitverschulden des Versicherungsnehmers
kann zu verneinen sein, wenn der Versicherungsmakler im Rahmen der ihm obliegenden Aufgabe, den [X.]sbedarf zu ermitteln, nicht beim Versicherungsnehmer nachgefragt hat, welche konkreten Tätigkeiten dieser im Rahmen seines Betriebs tatsächlich ausübte (vgl. [X.], NJW 2014, 2038 Rn.
24
ff., 28).
21
22
-
11
-
Nach diesen Grundsätzen wird die Annahme eines Mitverschuldens [X.] allenfalls in Betracht kommen, wenn
die Beklagten ihre oben unter
II
3 dargestellten Hinweispflichten verletzt haben sollten, nicht dagegen, wenn eine nach dem Eintritt des [X.] vertraglich übernommene Pflicht zu dessen Abwicklung verletzt worden sein sollte.
Büscher
Schaffert
Kirchhoff

Koch
Marx
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 14.12.2015 -
9 O 1585/15 -

OLG [X.], Entscheidung vom 09.06.2016 -
14 U 11/16 -

23

Meta

I ZR 143/16

30.11.2017

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.11.2017, Az. I ZR 143/16 (REWIS RS 2017, 1457)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 1457

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I ZR 143/16

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