Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.04.2009, Az. I ZR 5/07

I. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 3917

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[X.] DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 22. April 2009 [X.] als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja [X.] § 11 Abs. 1 a) Die Pflicht der Verwertungsgesellschaft, aufgrund der von ihr wahrgenom-menen Rechte jedermann auf Verlangen zu angemessenen Bedingungen Nutzungsrechte einzuräumen, besteht ausnahmsweise dann nicht, wenn im Einzelfall eine missbräuchliche Ausnutzung der faktischen Monopolstellung der Verwertungsgesellschaft ausscheidet und diese dem Verlangen auf [X.] von Nutzungsrechten vorrangige berechtigte Interessen entgegen-halten kann. b) Die Beurteilung, ob eine sachlich gerechtfertigte Ausnahme vom [X.] nach § 11 Abs. 1 [X.] gegeben ist, erfordert eine Abwägung der Interessen der Beteiligten unter Berücksichtigung der Zielsetzung des [X.] der grundsätzlichen Abschlusspflicht der Verwertungsgesellschaft. c) Die Verwertungsgesellschaft darf die Einräumung von Nutzungsrechten [X.] dann verweigern, wenn der Interessent an der von ihm beabsichtigten Ausübung der begehrten Nutzungsrechte aus Rechtsgründen gehindert ist, weil es dazu der Einräumung weiterer Nutzungsrechte bedarf, die er nicht er-langen kann. [X.], Urteil vom 22. April 2009 - [X.] - [X.] - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 22. April 2009 durch [X.] [X.] und [X.], Dr. Schaffert und [X.] für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil des 29. Zivilsenats des [X.] vom 16. November 2006 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen. Von Rechts wegen Tatbestand:Die Klägerin möchte einen Tonträger ([X.]) mit zwölf Musikstücken unter dem Titel "[X.]" herstellen und verbreiten. Sänger, teilweise auch Komponist und Textdichter ist der Streithelfer der [X.] [X.] (im Weiteren: Streithelfer). Die Musikstücke waren von der Klägerin be-reits 1993 in [X.] mit dem Streithelfer als Sänger aufgenommen worden; damals war eine [X.] mit dem Titel "[X.]" erstellt worden. Grundlage war ein Künstlerexklusivvertrag zwischen der Klägerin und dem Streithelfer vom 23. Juli 1993. 1 Die Klägerin hat bei der [X.], der [X.] ([X.]), die die Rechte der Komponisten, Textdichter und Musikverleger wahrnimmt, unter Verwendung 2 - 3 - des Formulars der [X.] "Lizenzantrag Tonträger - Verbreitung an das Publikum zum persönlichen Gebrauch" die Erteilung einer Lizenz für die Her-stellung des Tonträgers beantragt. Die [X.] hat die Erteilung der beantrag-ten Lizenz mit der Begründung abgelehnt, der Streithelfer sehe durch eine Ver-öffentlichung des Tonträgers sein Urheberpersönlichkeitsrecht verletzt. 3 Das [X.] hat die [X.] antragsgemäß verurteilt, der Klägerin eine Lizenz für den Tonträger "[X.]" mit den zwölf Musikstücken Zug um Zug gegen Zahlung der Lizenzgebühr in Höhe von 6.420 • zu erteilen. Die Berufung der [X.] hat zur Abweisung der Klage geführt ([X.], 186 = ZUM 2007, 152). Mit ihrer vom Senat zugelasse-nen Revision, deren Zurückweisung die [X.] beantragt, erstrebt die Kläge-rin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Entscheidungsgründe [X.] Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin habe gegen die [X.] keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Lizenz nach § 11 Abs. 1 [X.]. Zur Begründung hat es ausgeführt: 4 Der [X.] nach § 11 Abs. 1 [X.] könne im Einzelfall mit Rücksicht auf entgegenstehende berechtigte Interessen der Verwertungsge-sellschaft und/oder des Berechtigten aufgehoben sein. Ein solcher Ausnahme-fall liege hier vor. Die [X.] nehme die ihr vom Streithelfer übertragenen Rechte gemäß § 1 des Berechtigungsvertrags vom 13. /15. Februar 1998 als Treuhänderin wahr. Im Hinblick auf ihre Treuhänderstellung könne sie dem [X.] auf Erteilung der begehrten Lizenz jedenfalls den vom 5 - 4 - Streithelfer geltend gemachten [X.] (§ 242 BGB) entgegenhal-ten. Die Klägerin benötige für eine Lizenz für die Herstellung eines Tonträgers entsprechend dem Inhalt der [X.] "[X.]" neben einem Nutzungsrecht bezüg-lich der [X.]e auch das Leistungsschutzrecht oder ein Nutzungsrecht hinsichtlich dieses Leistungsschutzrechts, das der Streithelfer als ausübender Künstler erworben habe und das sich darauf erstrecke, den Tonträger, auf den die Darbietung aufgenommen worden sei, zu vervielfältigen und zu verbreiten. Der Streithelfer lehne es ab, der Klägerin das für die Vervielfältigung und Ver-breitung der [X.] erforderliche Leistungsschutzrecht als Sänger zu übertragen oder ein diesbezügliches Nutzungsrecht einzuräumen. Ein solches Recht stehe der Klägerin auch nicht bereits aufgrund des [X.] mit dem Streithelfer vom 23. Juli 1993 zu; diese Vereinbarung sei wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Bei dieser Sach- und Rechtslage stehe dem Anspruch der Klägerin auf Erteilung der beantragten Lizenz nach § 11 Abs. 1 [X.] der von der [X.] im Hinblick auf ihre Treuhänderstellung geltend gemachte [X.] entgegen. Es könne daher dahinstehen, ob die [X.] auch deshalb berechtigt sei, die Erteilung der beantragten Lizenz zu verweigern, weil dem Vortrag des [X.] ein Rückruf wegen gewandelter Überzeugung nach § 42 Abs. 1 [X.] zu entnehmen sei, den die [X.] im Hinblick auf den urheberpersön-lichkeitsrechtlichen Charakter des Rückrufsrechts wegen gewandelter Über-zeugung beachten müsse. Ferner könne dahinstehen, ob die Feststellungen des [X.]s zur Veröffentlichung der [X.] "[X.]" in [X.] und zur Zustimmung des [X.] hierzu rechtsfehlerfrei getroffen worden seien. 6 I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg. 7 - 5 - 1. Die Vorinstanzen sind mit der Klägerin davon ausgegangen, dass die urheberrechtlichen Nutzungsrechte der jeweiligen Komponisten, Textdichter und Musikverlage an den zwölf Musikstücken, deren Einräumung die Klägerin von der [X.] zu dem Zweck begehrt, den Tonträger "[X.]" herzustellen und zu vertreiben, gemäß § 1 [X.] von der [X.] wahrge-nommen werden und diese daher nach § 11 Abs. 1 [X.] grundsätzlich ver-pflichtet ist, der Klägerin die begehrten Nutzungsrechte zu angemessenen Be-dingungen einzuräumen. 8 2. Das Berufungsgericht hat jedoch mit Recht angenommen, dass trotz des nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht eingeschränkten Abschlusszwan-ges eine Verpflichtung der Verwertungsgesellschaft zur Rechtseinräumung ausnahmsweise nicht besteht, wenn sie sich auf berechtigte Interessen berufen kann, die dem Verlangen des Antragstellers nach § 11 Abs. 1 [X.] entge-genstehen. 9 a) Der [X.] nach § 11 [X.] ist nach der Begründung des [X.] eine notwendi-ge Folge der Monopolstellung der Verwertungsgesellschaften (vgl. BT-Drucks. IV/271, [X.]). Von der Einräumung eines gesetzlichen Monopols zu-gunsten der Verwertungsgesellschaften ist allerdings abgesehen worden. Eine gesetzlich gewährleistete Monopolstellung der Verwertungsgesellschaften folgt auch nicht mittelbar aus ihrer [X.] in Bezug auf die ihnen zur Wahrnehmung übertragenen Schutzrechte. Zwar stehen den Urhebern und sonstigen Schutzrechtsinhabern Ausschließlichkeitsrechte in Bezug auf ihre Werke und sonstigen Schutzgegenstände zu. Der jeweilige Schutzrechtsinha-ber kann jedoch, ohne einem Kontrahierungszwang unterworfen zu sein, frei entscheiden, ob und gegebenenfalls wem er Nutzungsrechte einräumen will. Beauftragt er eine Verwertungsgesellschaft mit der Wahrnehmung seiner [X.] - 6 - zungsrechte, kann allein die aus dem [X.] als solchem fol-gende [X.] einen Kontrahierungszwang der [X.] nicht begründen. Die jeweilige Verwertungsgesellschaft, die nach § 6 Abs. 1 [X.] auf Verlangen der Rechteinhaber zur Wahrnehmung aller Rech-te und Ansprüche verpflichtet ist, die zu ihrem Tätigkeitsbereich gehören, [X.] jedoch durch die Vereinigung der Rechte zahlreicher Urheber in ihrer Hand faktisch eine Monopolstellung für eine Vielzahl gleicher Rechte und, wenn - wie in [X.] - für eine oder mehrere Arten von Schutzrechten nur [X.] eine Verwertungsgesellschaft besteht, das tatsächliche Monopol für alle Rechte dieser Art überhaupt (vgl. auch BT-Drucks. IV/271, [X.]). Die Regelung des § 11 [X.] soll im öffentlichen Interesse verhindern, dass diese tatsächli-che Monopolstellung zum Nachteil der Allgemeinheit ausgenutzt wird, indem etwa den Verwertern urheberrechtlich geschützter Werke für die Einräumung der erforderlichen Rechte unangemessen hohe Vergütungen abgefordert oder in sonstiger Weise unbillige Bedingungen gestellt werden (BT-Drucks. IV/271, [X.] f., 17). Der [X.] nach § 11 Abs. 1 [X.] folgt somit nicht aus den der Verwertungsgesellschaft zur Wahrnehmung übertragenen urheber-rechtlichen Nutzungsrechten als solchen, sondern aus ihrer faktischen Mono-polstellung. Sie konkretisiert und verstärkt die Abschlusspflicht, die die [X.] als Unternehmen mit beherrschender Stellung bereits nach den allgemeinen Vorschriften (vgl. Art. 82 [X.], §§ 19, 20, 33 GWB, §§ 826, 249 BGB) treffen kann. b) Aus dem dargelegten Zweck des § 11 Abs. 1 [X.], einen Miss-brauch der (tatsächlichen) Monopolstellung der Verwertungsgesellschaft zu [X.], wird mit Recht hergeleitet, dass eine Abschlusspflicht der [X.] ausnahmsweise nicht besteht, wenn im Einzelfall eine miss-bräuchliche Ausnutzung der Monopolstellung ausscheidet und die [X.] dem Verlangen auf Einräumung von Nutzungsrechten [X.] - 7 - rangige berechtigte Interessen entgegenhalten kann (allg. Ansicht; vgl. [X.] NJW-RR 1999, 1133, 1136; [X.] GRUR 1994, 118, 120; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 11 [X.]. 8; [X.] in [X.], Handbuch des [X.]s, [X.]. 48 [X.]. 12; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 11 Urh[X.]. 3; Schricker/Reinbothe, [X.], 3. Aufl., § 11 [X.]. 8; [X.] in Dreier/[X.], [X.], 3. Aufl., § 11 [X.] [X.]. 5; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 11 Urh[X.]. 10; Steden in Büscher/[X.]/[X.], Gewerblicher Rechtsschutz [X.] Medien-recht, § 11 [X.]. 3; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 11 [X.]. 3). Es entspricht allgemeinen Grundsätzen, dass ein aus der Monopolstellung eines Unternehmens hergeleiteter Kontrahierungs-zwang entfällt, wenn eine missbräuchliche Ausnutzung der Monopolstellung nicht gegeben ist, weil es an einer unbilligen Behinderung fehlt oder die unter-schiedliche Behandlung von [X.] sachlich gerechtfertigt ist (vgl. § 20 Abs. 1 GWB). An den [X.] nach § 11 Abs. 1 [X.] sind, auch wenn das Gesetz eine derartige Beschränkung nicht ausdrücklich vorsieht, [X.] strengeren Anforderungen zu stellen. Schon nach dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 [X.] besteht die Abschlusspflicht der Verwertungsgesellschaften nicht [X.]; vielmehr müssen sie die von ihnen wahrgenommenen Nutzungsrechte nur zu angemessenen Bedingungen einräumen. Aus der [X.] ergibt sich, dass damit nicht nur die Ange-messenheit der geforderten Vergütung gemeint ist. Die betreffende [X.] braucht dem Verlangen eines Antragstellers, ihm Nutzungs-rechte einzuräumen, vielmehr auch dann nicht nachzukommen, wenn die [X.] in sonstiger Weise mit unangemessenen Bedingungen verbunden wä-re. Der [X.] nach § 11 [X.] soll allgemein (nur) verhindern, dass von der Verwertungsgesellschaft unbillige Bedingungen gestellt werden (vgl. BT-Drucks. IV/271, [X.] f.). Folgt aus der tatsächlichen Monopolstellung - 8 - der Verwertungsgesellschaft nur die Pflicht, die wahrgenommenen Rechte nicht missbräuchlich auszuüben, darf sie einem Interessenten die Einräumung der von ihr wahrgenommenen Rechte auch dann verweigern, wenn dafür ein sach-lich gerechtfertigter Grund besteht. 12 3. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis mit Recht angenommen, dass die [X.] im Streitfall das Verlangen der Klägerin, ihr die beantragten [X.] zur Herstellung des Tonträgers "[X.]" einzuräumen, aus berechtigten Gründen ablehnen darf. a) Die Beurteilung, ob eine sachlich gerechtfertigte Ausnahme von dem [X.] nach § 11 Abs. 1 [X.] gegeben ist, erfordert eine Abwä-gung der Interessen der Beteiligten unter Berücksichtigung der Zielsetzung des [X.]swahrnehmungsgesetzes sowie des Zweckes der grundsätzlichen Abschlusspflicht der Verwertungsgesellschaft. Im Rahmen dieser Interessen-abwägung hat das Berufungsgericht zutreffend darauf abgestellt, dass die Klä-gerin an der beabsichtigten Herstellung des Tonträgers, für die sie die Einräu-mung der beantragten Nutzungsrechte begehrt, aus Rechtsgründen gehindert ist, weil an den Musikstücken, die der Tonträger wiedergeben soll, [X.] bestehen, die in seiner Person als ausübendem Künstler der betreffenden Darbietungen entstanden sind, und weil die Klägerin insoweit nicht über die für die Herstellung des Tonträgers erforderlichen [X.] verfügt. 13 aa) Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts weigert sich die [X.] Records GmbH, deren alleiniger Ge-sellschafter der Streithelfer ist und der er sämtliche [X.] hat, der Klägerin die für die Herstellung und Verbreitung des beabsichtig-ten Tonträgers erforderlichen Rechte nach § 77 Abs. 1 [X.] einzuräumen. 14 - 9 - [X.]) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Kläge-rin die entsprechenden Leistungsschutzrechte nicht bereits durch den mit dem Streithelfer geschlossenen Künstlerexklusivvertrag vom 23. Juli 1993 erworben hat. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass diese Vereinbarung wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 Abs. 1, § 139 BGB insgesamt nichtig ist. Die da-gegen gerichteten Angriffe der Revision bleiben ohne Erfolg. 15 (1) Das Berufungsgericht hat sich zur Begründung seiner Auffassung auf die Erwägungen im Urteil des [X.]s [X.] vom 16. April 2004 - 7 O 210/03 - sowie im Urteil des [X.] vom 8. Juni 2005 - 6 [X.]/04 - bezogen und sich diese Erwägungen zu eigen gemacht. Gegen diese Bezugnahme ist aus Rechtsgründen nichts einzuwenden. Das Be-rufungsgericht hat die Urteile genau bezeichnet, auf deren Erwägungen es [X.] hat. Die genannten Entscheidungen sind in einem zwischen der Klägerin und dem Streithelfer geführten Rechtsstreit ergangen und vom [X.] mit Schriftsätzen vom 2. Juni 2004 und vom 15. September 2005 in das vorliegende Verfahren eingeführt worden. Entgegen der Auffassung der [X.] ist es insoweit ohne Bedeutung, dass die Wirksamkeit des [X.] in dem früheren Verfahren nur eine Vorfrage darstellte und daher von der Rechtskraft der in jenem Verfahren ergangenen Urteile nicht erfasst wird. Das Berufungsgericht hat sich nicht als durch die Rechtskraft der früheren Entscheidungen gebunden angesehen. Es hat vielmehr die Frage der Wirk-samkeit des [X.] selbständig beurteilt und sich lediglich hinsichtlich der Darlegung der Gründe für seine Beurteilung, der Vertrag sei wegen Sittenwid-rigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, in verfahrensrechtlich zulässiger Weise auf die Erwägungen in den den Parteien bekannten Entscheidungen des Land-gerichts [X.] und des [X.] bezogen (vgl. [X.], Urt. v. 8.11.1990 - I ZR 49/89, NJW-RR 1991, 830). 16 - 10 - (2) Es handelt sich insoweit auch nicht um eine unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG ergangene Überraschungsentscheidung des [X.]s. Die [X.] und der Streithelfer hatten sich schon in erster Instanz unter Bezugnahme auf die vorausgegangenen Entscheidungen des [X.]s [X.] und des [X.] auf die Nichtigkeit des [X.] vom 23. Juli 1993 berufen. Das [X.] hat dieses Vorbringen als richtig unterstellt und angenommen, im Streitfall sei gleichwohl keine Ausnahme vom [X.] nach § 11 Abs. 1 [X.] gerechtfertigt. Es hat sich dabei maßgeblich darauf gestützt, dass § 11 [X.] keinerlei Ausnahmen vom [X.]zwang vorsehe. Das [X.] hat seiner Entscheidung dementspre-chend die Auffassung zugrunde gelegt, dass sich auf den [X.] ausnahmsweise nur derjenige nicht berufen könne, der - was hier nicht in Rede stehe - wiederholt gegen die von der [X.] Rechte verstoßen habe. Im urheberrechtlichen Schrifttum und in der In-stanzrechtsprechung wird, worauf bereits das [X.] hingewiesen hat, ei-ne Ausnahme vom [X.] allerdings nicht nur bei eigenem rechtswid-rigem Verhalten des Antragstellers angenommen, sondern auch dann für [X.] erachtet, wenn sich die Verwertungsgesellschaft auf sonstige berechtigte Interessen berufen kann (vgl. [X.] in [X.]/[X.] aaO § 11 Urh[X.]. 3 m.w.N.). Die Klägerin musste daher schon aus diesem Grund damit rechnen, dass die Frage der Wirksamkeit des [X.] entscheidungserheblich werden konnte, wenn das [X.] mit dieser im Schrifttum und in der Rechtsprechung der Instanzgerichte vertretenen Auffassung die Voraussetzungen, unter denen Ausnahmen vom [X.] nach § 11 Abs. 1 [X.] in Betracht zu ziehen sind, weiter-ziehen würde als das [X.]. 17 (3) Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Erwägungen des [X.]s [X.] und des [X.] ist der [X.] - 11 - trag vom 23. Juli 1993 nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, weil der exklusiven [X.] an die Klägerin keine diese Bindung kompensierende Auswertungspflicht der Klägerin gegenübergestanden habe. Es sei nicht gere-gelt worden, in welcher Anzahl die Klägerin mit dem Künstler während der Laufzeit des [X.] vertragsgegenständliche Titel zu produzieren gehabt ha-be. Eine in derartigen Verträgen übliche sogenannte Pflichtveröffentlichung sei gleichfalls nicht vorgesehen gewesen. Es habe daher im Belieben der Klägerin gestanden, wann und wie oft sie Tonaufnahmen des [X.] habe ver-markten wollen. Die Einräumung einer weltweiten Exklusivität verbunden mit der Übertragung sämtlicher hierzu erforderlicher Rechte auf die Klägerin stehe in einem auffälligen Missverhältnis zum Wert der dem Streithelfer hierfür zuge-flossenen Gegenleistung. Die subjektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit seien gleichfalls gegeben. Der Klägerin sei bekannt gewesen, dass der [X.] zum damaligen Zeitpunkt erstmals einen Künstlerexklusivvertrag abge-schlossen habe. Sie hätte sich der Erkenntnis nicht verschließen dürfen, dass er sich aufgrund jugendlicher Unerfahrenheit und der in Aussicht gestellten gleichberechtigten Zusammenarbeit an einem gemeinsamen Projekt zum [X.] des ihn in erheblichem Umfang benachteiligenden [X.] entschlos-sen habe. Diese Würdigung lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Das [X.] ist aufgrund der von ihm berücksichtigten Umstände mit Recht von einem auffälligen Missverhältnis zwischen den im [X.] bestimm-ten gegenseitigen Leistungen sowie vom Vorliegen der subjektiven Vorausset-zungen der Sittenwidrigkeit ausgegangen. Die Revision erhebt gegen diese Würdigung der vom Berufungsgericht unter Bezugnahme auf die genannten Entscheidungen zugrunde gelegten Umstände auch keine durchgreifenden Rü-gen. Eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG, § 139 ZPO, die die Revision mit der Begründung geltend macht, das Berufungsgericht hätte die Klägerin darauf 19 - 12 - hinweisen müssen, dass es in der Frage der Nichtigkeit des [X.] von der Rechtsauffassung des [X.]s abweichen wolle, liegt aus den oben unter II 3 a [X.] (2) genannten Gründen nicht vor. Soweit die Revision in diesem Zusammenhang neuen Sachvortrag zur Sittenwidrigkeit des [X.] in objektiver und subjektiver Hinsicht hält, kann dieses Vorbringen in der Revisionsinstanz nicht berücksichtigt werden. b) Da die Klägerin mithin nicht über die für die beabsichtigte Herstellung des Tonträgers erforderlichen Nutzungsrechte hinsichtlich der Leistungsschutz-rechte des [X.] als ausübender Künstler verfügt und wegen dessen be-harrlicher Weigerung auch keine Aussicht besteht, dass sie diese Rechte noch erwerben könnte, hat sie auch kein berechtigtes Interesse daran, dass ihr die [X.] Nutzungsrechte an den von ihr treuhänderisch wahrgenommenen Rechten der Komponisten, Textdichter und Musikverleger in Bezug auf die in Rede stehenden Musikstücke einräumt. Eine rechtmäßige Nutzung dieser Rechte zur Herstellung und Verbreitung des Tonträgers wäre der Klägerin nicht möglich. Bei dieser Sachlage besteht ein vorrangiges Interesse der [X.], das sie dem Verlangen der Klägerin nach § 11 Abs. 1 [X.] entgegenhalten kann. 20 aa) Die [X.] kann allerdings entgegen der Auffassung des [X.] gegenüber dem Verlangen der Klägerin nicht schon deshalb den Einwand eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens erheben, weil die Klägerin mit dem seinerzeit 21 Jahre alten Streithelfer die diesen in erheblichem Umfang benachteiligende, wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB insgesamt nichtige Vereinbarung vom 23. Juli 1993 abgeschlossen hat. Rechtsfolge einer wegen eines auffälligen Missverhältnisses der gegenseitigen Leistungen sitten-widrigen Vereinbarung über urheberrechtliche Rechte ist deren Nichtigkeit. Ein Bedürfnis, die durch die unausgewogene [X.]gestaltung benachteiligte [X.] - 13 - tragspartei zusätzlich dadurch zu schützen, dass Ansprüche seines [X.]-gegners nach § 11 Abs. 1 [X.] gegenüber einer Verwertungsgesellschaft, der die benachteiligte [X.]partei Rechte zur Wahrnehmung eingeräumt hat, eingeschränkt oder ausgeschlossen werden, besteht jedenfalls im Hinblick auf eine mögliche (weitere) Übervorteilung des Schutzrechtsinhabers nicht, weil die Verwertungsgesellschaft nach § 11 Abs. 1 [X.] (nur) zur Einräumung von Nutzungsrechten zu angemessenen Bedingungen verpflichtet ist. [X.]) Auch der in dem Abschluss der Vereinbarung vom 23. Juli 1993 lie-gende Verstoß gegen die guten Sitten kann nicht bereits als solcher den Miss-brauchseinwand begründen. Der Umstand, dass derjenige, der einen Antrag nach § 11 Abs. 1 [X.] stellt, bereits früher im Zusammenhang mit den von der betreffenden Verwertungsgesellschaft wahrgenommenen Rechten einen Sitten- oder Rechtsverstoß begangen hat, kann nicht dazu führen, dass ihm die Verwertungsgesellschaft in Zukunft grundsätzlich und ausnahmslos die [X.] von Nutzungsrechten verweigern darf. Die Einräumung der beantrag-ten Nutzungsrechte zu dem beabsichtigten Verwertungszweck hat gerade zur Folge, dass der Antragsteller jedenfalls hinsichtlich dieser Verwertungshand-lungen rechtmäßig handelt. Dem Rechtsverletzer, der in Zukunft rechtmäßig handeln will, darf dies nicht von vornherein unter Hinweis auf frühere Rechts-verletzungen verwehrt werden. 22 cc) Anders verhält es sich dagegen, wenn - wie im Streitfall - trotz des Antrags nach § 11 Abs. 1 [X.] die nicht ganz fernliegende Gefahr eines ur-heberrechtsverletzenden Handelns des Antragstellers besteht. Da die Klägerin den Tonträger wegen des Fehlens der Leistungsschutzrechte nicht rechtmäßig herstellen kann, an ihrem Verlangen, nach § 11 Abs. 1 [X.] Nutzungsrechte an den von der [X.] wahrgenommenen Rechten zu erwerben, aber fest-hält, besteht jedenfalls aus der Sicht der [X.] und des [X.] die 23 - 14 - Gefahr, dass der Tonträger gleichwohl unter Verletzung der Rechte des [X.]s hergestellt wird, wenn die [X.] dem Verlangen nach § 11 Abs. 1 [X.] nachkommt. Unter diesen Umständen ist der [X.] unter Berück-sichtigung ihrer berechtigten Interessen aus dem durch den Wahrnehmungsver-trag mit dem Streithelfer begründeten Treuhandverhältnis die Rechteeinräu-mung nicht zuzumuten. Der [X.] kann es nicht angesonnen werden, [X.]e Verletzungen von Urheber- oder Leistungsschutzrechten ihrer Treugeber durch den Abschluss von [X.] nach § 11 Abs. 1 [X.] objektiv zu fördern oder zumindest die Gefahr solcher Rechtsverletzungen objektiv zu erhöhen. Ohne Belang ist dabei, dass die mögliche Rechtsverletzung nicht die wahrgenommenen Rechte als solche betrifft, sondern Leistungsschutzrechte des [X.] in seiner Eigenschaft als ausübender Künstler, die von der [X.] der [X.] nicht erfasst werden. - 15 - II[X.] Die Revision der Klägerin ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 Halbs. 1 ZPO zurückzuweisen. 24 [X.] Pokrant Büscher
Schaffert Bergmann Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 13.04.2006 - 7 O 20693/03 - [X.], Entscheidung vom 16.11.2006 - 29 U 3271/06 -

Meta

I ZR 5/07

22.04.2009

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.04.2009, Az. I ZR 5/07 (REWIS RS 2009, 3917)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 3917

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