Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.11.2015, Az. VIII ZR 244/14

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 2872

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VIII ZR 244/14
Verkündet am:

4. November 2015

Vorusso,

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
[X.] § 3 Nr. 1 Satz 1, § 3 Nr. 5
a)
Für den § 3 Nr. 1 Satz 1 [X.] zugrunde liegenden -
weiten -
Anlagebegriff, unter dem die Gesamtheit aller funktional zusammengehörenden technisch und baulich notwendigen Einrichtungen zu verstehen ist, ist maßgeblich, nach wel-chem Gesamtkonzept die einzelnen Einrichtungen funktional zusammenwirken und eine Gesamtheit bilden sollen (im [X.] an das Senatsurteil vom 23.
Oktober 2013 -
VIII
ZR 262/12, NVwZ 2014, 313 Rn.
23, 32
ff., 40).
b)
Nicht das einzelne, zum Einbau in ein Solarkraftwerk bestimmte [X.] ist als eine (eigene) Anlage gemäß § 3 Nr. 1 Satz 1 [X.] anzusehen, son-dern erst die Gesamtheit der Module bildet die Anlage "Solarkraftwerk".
BGH, Urteil vom 4. November 2015 -
VIII ZR 244/14 -
[X.]

[X.]

-
2
-
Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. November
2015
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Milger, die Richterin
Dr.
[X.], [X.] [X.], die Richterin
Dr.
[X.] sowie den

Richter Dr. Bünger
für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 1.
Zivilsenats des [X.] vom 19.
August 2014 in der [X.] des [X.] vom 7.
Oktober 2014 wird [X.].
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin betreibt ein
als Freiflächenanlage erbautes
Solarkraftwerk, das aus etwa 20.000 einzelnen [X.]en besteht.
Sie nimmt die beklagte Stromnetzbetreiberin auf Zahlung einer erhöhten Einspeisevergütung in Anspruch. Die Parteien streiten darüber, ob der für die Höhe der gesetzlichen Mindestvergütung maßgebliche Zeitpunkt der Inbetrieb-nahme der Anlage im Sinne von §
3 Nr.
5 [X.] vor oder nach
dem [X.] des 31.
Dezember 2011 lag.

1
2
-
3
-
Die Klägerin ließ
die [X.]e am 23.
Dezember 2011 von ei-nem Drittunternehmen in einer Lagerhalle einzeln
auf ein
provisorisches Gestell setzen. Hierbei wurden
die Stecker der beiden [X.]kabel mit einer Glüh-lampe verbunden und diese durch das auf die Module einfallende Sonnenlicht zum Leuchten gebracht (sog. "[X.]") und die Module anschließend wieder verpackt.
Mehrere Monate später, von Anfang April bis Mitte Juni 2012, verbaute die Klägerin die Module
auf einem anderen, hierfür bestimmten,
Grundstück. Seit Juni 2012 speist die Klägerin den in ihrem Solarkraftwerk produzierten Strom in das Netz der Beklagten ein.
Die Klägerin verlangt mit der Klage die Zahlung der Differenzsumme zwi-schen der ihrer Ansicht nach geschuldeten gesetzlichen Mindestvergütung in Höhe von 21,11
Cent/kWh und der von der Beklagten geleisteten Vergütung in Höhe von 17,94
Cent/kWh, insgesamt 28.791,77

,
für den [X.] vom 11.
Juni bis 31.
Dezember 2012. Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das
Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision [X.] die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht ([X.], [X.] 2015, 43) hat zur [X.] seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
3
4
5
6
7
-
4
-
Die Klägerin könne ihren Vergütungsanspruch nicht auf §
16 Abs.
1, §
32 [X.] in der bis 31.
Dezember 2011 geltenden Fassung ([X.]), §
66 Abs.
1 [X.] in der ab 1.
April 2012 geltenden Fassung ([X.] 2012) stützen. Denn die Anlagen seien
nach der bis 31.
Dezember 2011 geltenden Definition des Begriffs "Inbetriebnahme"
nicht vor dem 31.
Dezember 2011 in Betrieb ge-nommen
worden.
"Anlage"
sei bei der Erzeugung von Strom aus Sonnenenergie das ein-zelne Modul. Das ergebe sich aus Wortlaut, Begründung und Systematik des [X.]. Nach der Gesetzesbegründung zu §
3 Nr.
1 [X.] sei der An-lagenbegriff weit auszulegen. Der Gesetzgeber habe sich bei der Prägung des Anlagenbegriffs in §
3 Nr.
1 [X.] von einem aus dem allgemeinen Sprachgebrauch
abgeleiteten technisch-baulichen Verständnis leiten lassen, dem die Gesamtheit aller nach einem technischen Plan erforderlichen Bestand-teile zugrunde liege. Aus Wortlaut ("Einrichtung zur Erzeugung von Strom") und Begründung ergebe sich außerdem, dass nur
die zur Stromerzeugung benötig-ten Bauteile und Einrichtungen erfasst werden sollten. Diese Auslegung werde bestätigt durch die Verwendung eines vergütungsrechtlichen Anlagenbegriffs in §
19 [X.], mit dem mehrere Anlagen im Sinne von §
3 Nr.
1 [X.]
zu einer Anlage "ausschließlich zum Zweck der Ermittlung der Vergütung"
zusam-mengefasst würden. Danach sei im vorliegenden Fall jedes Modul des So-larkraftwerks als "Anlage"
im Sinne von §
3 Nr.
1 [X.]
zu behandeln. Es enthalte nicht nur die stromerzeugende Einheit (den Generator), sondern auch die technischen und baulichen Bestandteile (die Halbleiterschichten und [X.]), die zur Erzeugung von Strom erforderlich seien. Der weite Anlagen-begriff beziehe sich auf die Einbeziehung weiterer technischer
Bauteile über den Generator hinaus, nicht jedoch auf die Zusammenfassung mehrerer Ein-zelanlagen zu einer Gesamtanlage.
8
9
-
5
-
Die Klägerin habe die Solarmodule jedoch nicht vor dem 31.
Dezember 2011 in Betrieb genommen. Zwar habe eine Inbetriebnahme des Generators bei den Modulen am 23.
Dezember 2011 stattgefunden. Es habe aber bis zum 31.
Dezember 2011 keine technische Betriebsbereitschaft der [X.]. Denn dafür reiche es nicht aus, dass mit den Modulen überhaupt Strom erzeugt werden könne. Der Betreiber müsse vielmehr das seinerseits [X.] getan haben, um damit erzeugten Strom dauerhaft ins Netz einspeisen zu können. Dafür sei es nicht ausreichend, die noch in einer Halle auf einer Flä-che, die nicht dem zukünftigen Aufstellungs-
und Netzanschlussort entspreche, eingelagerten
Module provisorisch Strom erzeugen zu lassen. Zwar sei der Wortlaut von §
3 Nr.
5 [X.] nicht eindeutig. Er lasse sowohl die Ausle-gung zu, dass die technische Betriebsbereitschaft vorliege, wenn die Anlage überhaupt Strom erzeugen könne, der in ein Netz eingespeist werden könnte, als auch das Verständnis, dass die Anlage -
im Sinne der stromerzeugenden Einheit
-
zur Stromerzeugung in der geplanten Weise in der Lage sei. Aus der Begründung zu §
3 Nr.
5 [X.] und zu der [X.] im [X.] 2004 ergäben sich allerdings Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber von einer Betriebsbereitschaft zur dauerhaften Einspeisung ausgegangen sei. In der Gesetzesbegründung zu §
3 Nr.
5 [X.] werde für die Inbetriebnahme auf den Zeitpunkt abgestellt, an dem erstmalig Strom zur Einspeisung in das Netz aufgrund der technischen Betriebsbereitschaft des Generators tatsächlich zur Abnahme angeboten werde.
Schließlich entspreche die Forderung nach einem zur [X.] Einspeisung bereiten Zustand der Anlage auch dem Sinn des [X.]. Das [X.] wolle Investitionen in Anlagen zur Erzeugung von Strom aus [X.] Energien durch die Gewährung von Mindestvergütungen ermöglichen. Die Herstellung der Betriebsbereitschaft und die
Inbetriebnahme seien kein Selbst-zweck. Sie seien die Grundlage für die Einspeisung von Strom in das Netz, mit 10
11
-
6
-
der die Vergütungspflicht beginne, und damit mehr als ein Funktionstest. Die Forderung, eine Anlage an das Netz anzuschließen und den Strom zu vergüten, setze voraus, dass die Anlage dazu auch in der Lage sei. Solange die Anlage nicht in der Lage sei, Strom zu erzeugen und ins Netz einzuspeisen, sei der Betreiber im Hinblick auf eine bestimmte Vergütungshöhe nicht schutzwürdig; denn er wäre nicht in der Lage, sich diese Vergütung zu verdienen. Andernfalls könnten bei einem Abstellen auf die Funktionsfähigkeit nur des Moduls ohne bestehende Voraussetzungen für seinen geplanten Einsatz Module mit "einge-frorenen"
Vergütungssätzen erzeugt werden, die zu
einem beliebigen späteren Zeitpunkt erst eingesetzt würden. Nach diesen Grundsätzen habe keine wirkli-che Betriebsbereitschaft der Solarmodule vorgelegen.
Um bestimmungemäß und dauerhaft Strom in das Netz liefern zu [X.], hätten die Module noch -
anders als in den Sachverhalten, die dem Hin-weis der Clearingstelle [X.] vom 25.
Juni 2010 und dem vom [X.] ([X.] 2014, 173)
entschiedenen Fall zugrunde gelegen hätten
-
auf die gemietete Fläche verbracht und dort aufgestellt werden müssen.
Die Klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, sie habe den Entscheidungen der Clearingstelle vertrauen dürfen. Ein Hinweis oder eine Entscheidung der Clearingstelle [X.] könne ohne entsprechende gesetzliche Anordnung keine weitergehende Vertrauensgrundlage schaffen als eine vorhandene [X.].

II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand; die Revision ist daher zurückzuweisen. Ein
Anspruch der Klägerin auf Zahlung [X.] erhöhten Einspeisevergütung besteht nicht, weil das von ihr betriebene So-12
13
-
7
-
larkraftwerk erst im Juni 2012 und somit nicht vor dem 31. Dezember 2011 als dem maßgeblichen Stichtag für die erhöhte Mindestvergütung in Betrieb ge-nommen worden ist. Auf den "[X.]", den die Klägerin rund ein hal-bes Jahr
vor Errichtung des [X.] im Dezember 2011 an den
Ein-zelmodulen durchgeführt hat, kommt es im Hinblick auf den Zeitpunkt der Inbe-triebnahme der vergütungspflichtigen Anlage schon deshalb nicht an, weil nach dem Anlagenbegriff des Gesetzes für den Vorrang Erneuerbarer Energien (Er-neuerbare-Energien-Gesetz -
[X.]) vom 25.
Oktober 2008 ([X.] I S.
2074) in der bis zum 31.
Dezember 2011 geltenden Fassung (im Folgenden: [X.]) nicht das einzelne Modul, sondern das unter Verwendung von etwa
20.000 [X.] errichtete Solarkraftwerk als Anlage anzusehen ist.
1. Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung einer erhöhten Einspeisevergütung gemäß § 16 Abs.
1, § 20 Abs. 1, §
32 Abs.
1 [X.] für den von ihrem Solarkraftwerk produzierten und in das Netz der Beklagten eingespeisten Strom geltend. Diese Vergütungsvorschriften sind gemäß § 66 Abs.
1 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die
Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien vom 28. Juli 2011 ([X.] I S.
1634; im Folgenden: [X.] 2012) nur anwendbar, wenn die [X.] Anlage vor dem 1. Januar 2012 in Betrieb genommen worden ist. Dies ist hier nicht der Fall.
2. Anders als das Berufungsgericht meint, stellen die später in das [X.] verbauten [X.]e nicht 20.000 Einzelanlagen im Sinne des § 3 Nr.
1 [X.] dar, sondern erst das im Jahr 2012 errichtete [X.] ist die Anlage im Sinne dieser Vorschrift.
a) Nach der Legaldefinition des §
3 Nr.
1 Satz
1 [X.] ist eine Anla-ge
"jede Einrichtung zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien oder 14
15
16
-
8
-
aus Grubengas". Dabei ist ausweislich der Gesetzesbegründung zu § 3 Nr. 1 [X.] zur Bestimmung der Anlage "neben der [X.] auch auf sämtliche technisch und baulich erforderlichen Einrichtungen"
abzustellen
(BT-Drucks. 16/8148, [X.]).
[X.]) Der Gesetzgeber hat mit dem [X.] in bewusster Abänderung der unter dem Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien ([X.] -
[X.]) vom 21. Juli 2004 ([X.] I S. 1918;
im Folgenden: [X.] 2004) bestehenden Rechtslage einen weiten Anlagenbegriff eingeführt
und sich gezielt von dem engen Anlagenbegriff des
§ 3 Abs. 2 Satz 1
[X.] 2004 gelöst, der noch "jede selbständige technische Einrichtung"
als Anlage
bewertete (vgl. Senatsurteil vom 23. Oktober 2013 -
VIII ZR 262/12, NVwZ 2014, 313 Rn. 35 ff). Schon nach dem gewöhnlichen, vom Gesetzgeber für maßgeblich erachteten Sprachgebrauch (BT-Drucks. 16/8148, [X.]), also nach allgemeinem Verständnis, handelt es
sich bei den Einzelmodulen, die die Klä-gerin erst im Frühjahr 2012 auf dem dafür vorgesehenen Grundstück zu dem geplanten Solarkraftwerk hat zusammenbauen lassen, nicht um 20.000 Anla-gen zur Erzeugung Erneuerbarer Energie, sondern um bloße Komponenten der
Anlage "Solarkraftwerk".
bb) Nach der gesetzgeberischen Intention ist Anlage im Sinne des §
3 Nr. 1 Satz 1 [X.] "die Gesamtheit der der Stromerzeugung dienenden Einrichtungen", wobei hierzu "neben der stromerzeugenden Einrichtung auch auf sämtliche
technischen und baulichen Einrichtungen abzustellen"
ist ([X.] vom 23. Oktober 2013 -
VIII ZR 262/12, [X.]O
Rn. 22; BT-Drucks. 16/8148, [X.] f.). § 3 Nr. 1 Satz 1 [X.] bezieht somit in den [X.] nicht allein die zur Erzeugung von Strom
aus Erneuerbaren Energien not-wendigen Mindestkomponenten ein, sondern alle in den Produktionsprozess eingebundenen, technisch und baulich notwendigen Installationen (Senatsurteil 17
18
-
9
-
vom 23. Oktober 2013 -
VIII ZR 262/12, [X.]O Rn. 23). Der Gesetzgeber wollte durch den Verzicht auf das von § 3 Abs. 2 Satz 1 [X.] 2004 noch geforderte und zu [X.] führende Merkmal der "technischen Selb-ständigkeit"
die Anlage in § 3 Nr. 1 Satz 1 [X.] nun als größere Einheit ("Gesamtheit") definiert wissen (Senatsurteil vom 23. Oktober 2013 -
VIII ZR 262/12, [X.]O Rn. 36), so dass auf alle zur Zweckerreichung erforderlichen tech-nischen und baulichen Bestandteile in ihrer Gesamtheit und nicht mehr auf die einzelnen Komponenten abzustellen ist (Senatsurteil vom 23.
Oktober 2013
-
VIII ZR 262/12, [X.]O).
cc) Der Anlagenbegriff erschöpft sich mithin nicht in einer rein technisch-baulichen Betrachtung derjenigen Einrichtungen, ohne die kein Strom [X.] werden könnte. Vielmehr ist auch einzubeziehen, nach welchem
Gesamt-konzept die einzelnen Einrichtungen funktional zusammenwirken und eine [X.] bilden sollen
(Senatsurteil vom 23. Oktober 2013 -
VIII ZR 262/12, [X.]O Rn. 34, 36 f.). Daher ist über die technisch-baulichen [X.] hinaus maßgeblich,
ob die der Stromerzeugung dienenden Einrichtun-gen aus Sicht eines objektiven Betrachters in der Position eines vernünftigen Anlagenbetreibers (vgl. BT-Drucks. 16/8148, [X.]) nach dessen Konzept als eine Gesamtheit funktional zusammenwirken und sich damit
nach dem gewöhn-lichen Sprachgebrauch (BT-Drucks. 16/8148, [X.]) als eine Anlage darstellen.
b) Angesichts der dargelegten Intention des Gesetzgebers des [X.] ist es verfehlt, bereits das einzelne, zum Einbau in ein Solarkraftwerk be-stimmtes
Solarmodul als
Anlage im Sinne des § 3 Nr. 1 Satz 1 [X.] anzu-sehen. Darauf, dass das einzelne Modul alle erforderlichen Einrichtungen (Halbleiterschichten und Anschlüsse) enthält, um selbständig Strom aus Erneu-erbaren Energien zu erzeugen, kommt es nach der gebotenen konzeptionellen Betrachtungsweise nicht an. Unzutreffend
ist daher die gegenteilige Auffassung 19
20
-
10
-
des Berufungsgerichts, die in gleicher Weise in
der Rechtsprechung der In-stanzgerichte ([X.], [X.] 2015, 149, 150
und [X.] 2013, 527, 528; [X.], [X.] 2012, 281), von der Literatur (Säcker/[X.], [X.] Kommentar zum Energierecht, 3.
Aufl., § 3 [X.] 2012 Rn.
28; [X.]/[X.] in Frenz/[X.], [X.], 3. Aufl., §
3 Rn. 5; [X.] in Altrock/[X.]/[X.], [X.], 4. Aufl., § 3 Rn.
19; [X.]/[X.], [X.], 4.
Aufl., § 3 Rn. 27; BeckOK-[X.]/von [X.], Stand April 2015, § 3 Nr. 1 [X.] 2012 Rn. 8; [X.] in [X.][X.], Erneuerbare Energien -
Perspektiven für die Stromerzeu-gung,
2. Aufl., S. 372; [X.]/[X.], [X.], 405, 406; Macht, [X.] 2014, 106, 107 f.; [X.], ZUR 2012, 17, 18) und auch von der Clearingstelle (vgl. Hinweis der Clearingstelle [X.] vom 15.
Juni 2011
-
Az.
2011/11, Rn.
7
ff., abrufbar unter https://www.clearingstelle-eeg.de/
files/2011-11_Hinweis.pdf) vertreten wird.
c) Das Berufungsgericht hat zwar
richtig gesehen, dass dem [X.] ein weiter Anlagenbegriff zugrunde liegt. Es
wendet diesen aber nicht konse-quent an, sondern bleibt letztlich dem wesentlich engeren Anlagenbegriff des [X.] 2004 verhaftet, bei dem der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesmate-rialien (BT-Drucks. 15/2864, S.
45) und ausgehend von der bei §
3 Abs. 2 Satz
1 [X.] 2004 noch maßgeblichen Einzelbetrachtung von der Anlagenei-genschaft des einzelnen Solarmoduls ausgegangen ist.
Insbesondere hat das Berufungsgericht verkannt, dass das einzelne So-larmodul einer Fotovoltaikanlage oder eines Solarkraftwerks noch nicht alle Ein-richtungen umfasst, die nach dem geplanten Produktionsprozess vorgesehen und damit bei einer Gesamtbetrachtung unter Einbeziehung des betriebstechni-schen Konzepts
Teil der Gesamtheit aller funktional zusammengehörenden so-21
22
-
11
-
wie technisch und baulich notwendigen Einrichtungen sind (vgl. Senatsurteil vom 23. Oktober 2013 -
VIII ZR 262/12, [X.]O Rn. 23 ff., 40).
Denn bei einem aus mehreren Modulen bestehenden Solarkraftwerk sol-len nach dem betriebstechnischen Konzept sämtliche Module zur Stromgewin-nung zusammenwirken. Zudem gehören auch die Befestigungs-
oder Montage-einrichtungen, auf denen die Module angebracht werden, zur Gesamtheit der funktional zum Zweck der geplanten wirtschaftlichen Stromerzeugung zusam-menwirkenden technischen und baulichen Einrichtungen.
Bei [X.] für Solarmodule handelt es sich zwar nicht
-
wie etwa bei Türmen von Windenergieanlagen oder Staumauern -
um für die Stromerzeugung zwingend erforderliche Komponenten (vgl. BT-Drucks. 16/8148, [X.]), da die Solarmodule auch Strom produzieren könnten, wenn sie nicht auf einem Bauwerk oder einer Freiflächenanlage montiert, sondern auf dem Boden lediglich "abgelegt"
würden. Die [X.] sind aber für die geplante effektive Stromgewinnung gleichwohl von erheblicher Bedeu-tung und deshalb gerade nicht bloße Infrastruktureinrichtungen, die nach dem Willen des Gesetzgebers (BT-Drucks. 16/8148, [X.]O) nicht zur Anlage zählen. So ist etwa eine möglichst vorteilhafte Ausrichtung der einzelnen Module zur Sonneneinstrahlung für die Effektivität der Stromgewinnung ein wichtiger Be-standteil
des Gesamtkonzepts.
d) Dieser Sichtweise steht nicht entgegen, dass im Gesetzentwurf zu §
3 Nr. 5 [X.] ausgeführt wird, für die Bestimmung des Zeitpunkts der Inbe-triebnahme sei unerheblich, ob die Anlage zu einem späteren Zeitpunkt an ei-nen anderen Ort versetzt werde (BT-Drucks. 16/8148, [X.]). Denn hieraus lässt sich nicht ableiten, dass bei der von der Klägerin gewählten Konzeption jedes dabei verwendete [X.] eine gesonderte Anlage darstellte. 23
24
25
-
12
-
Die genannten Ausführungen in den Gesetzesmaterialien beziehen sich ledig-lich auf die Legaldefinition der Inbetriebnahme (§ 3 Nr. 5 [X.]) und nicht auf den hiervon zu unterscheidenden Anlagenbegriff nach § 3 Nr. 1 EGG 2009. Auch mittelbare Rückschlüsse auf die Anforderungen an eine Anlage lassen sich hieraus nicht ziehen. Denn die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Inbetriebnahme einer Anlage zu bejahen ist, hängt von der logisch vorrangigen Fragestellung ab, ob und inwieweit eine Installation als Anlage im Sinne von §
3 Nr. 1 [X.] zu werten ist. Bevor eine Inbetriebnahme erfolgen kann, muss zunächst feststehen, welche Anlage in Betrieb gesetzt werden soll. Nicht die Inbetriebnahme hat also Einfluss auf das Vorliegen einer Anlage, vielmehr wirkt sich umgekehrt der Anlagenbegriff mittelbar auf die nachrangige Frage aus, ab welchem Zeitpunkt von einer Inbetriebnahme auszugehen ist.
e) Aus den vorstehend genannten Gründen ist auch die Neufassung der Legaldefinition der Inbetriebnahme einer Anlage (§ 3 Nr. 5 [X.] 2012), die durch das Gesetz zur Änderung des Rechtsrahmens für Strom aus solarer Strahlungsenergie und zu weiteren Änderungen im Recht der erneuerbaren Energien vom 17. August 2012 ([X.] I S. 1754) bewirkt worden ist und die nun erstmals ausdrücklich eine feste Montage der Anlage an dem für den dauerhaf-ten Betrieb vorgesehenen Ort und die dauerhafte Installation mit dem für die Erzeugung von Wechselstrom erforderlichen Zubehör zur Voraussetzung der Inbetriebnahme macht, für die Auslegung des Anlagenbegriffs nach §
3 Nr.
1 Satz 1 [X.] ohne Belang. Hinzu kommt, dass einer verbindlichen Ausle-gung des [X.] durch den nachfolgenden Gesetzgeber Grenzen gezogen wären (Senatsurteile vom 4. März 2015 -
VIII ZR 110/14, [X.], 134 Rn. 41 mwN; vom 6. Mai 2015 -
VIII ZR 56/14, juris Rn. 21), weil hierzu letztlich in aller Regel die rechtsprechende Gewalt berufen ist (vgl. BVerfGE
135, 1, 15 mwN).

26
-
13
-
Aus den gleichen Gründen ist -
anders als die Revision meint -
die allein die Frage der Inbetriebnahme regelnde Übergangsvorschrift
des §
66 Abs.
20 [X.] 2012 in der ab 1. April 2012 geltenden Fassung für die Auslegung des Anlagenbegriffs nach § 3 Nr. 1 Satz 1 [X.] ohne Bedeutung.
3. Hieran gemessen
waren die einzelnen Solarmodule der Klägerin vor dem 31. Dezember 2011 keine Anlage im Sinne des § 3 Nr. 1 Satz 1 [X.].
Nach dem betriebstechnischen Konzept der
Klägerin
-
wie es ab Mitte Juni 2012 auch verwirklicht wurde -
war eine aus einer Vielzahl von Modulen bestehende Freiflächenanlage vorgesehen. Diese Module wurden vor dem
31.
Dezember 2011 nicht in einer Weise montiert, die ein funktionales Zusam-menwirken aller in den ([X.] eingebundenen Module und [X.] ermöglicht hätte. Die Module wurden nach den unange-griffenen und [X.] Feststellungen des Berufungsgerichts lediglich in einer Lagerhalle auf provisorische Gestelle gelegt, nicht aber auf der Vorha-

27
28
-
14
-
benfläche
mit den der Stromerzeugung dienenden Einrichtungen (Ständer und Befestigungselemente zum permanenten Gebrauch) ortsfest verbunden.
Dr. Milger
Dr. [X.]
Dr. [X.]

Dr. [X.]
Dr. Bünger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 14.01.2014 -
4 O 1706/13 -

[X.], Entscheidung vom 19.08.2014 -
1 [X.] -

Meta

VIII ZR 244/14

04.11.2015

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.11.2015, Az. VIII ZR 244/14 (REWIS RS 2015, 2872)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 2872

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VIII ZR 244/14 (Bundesgerichtshof)

Erneuerbare Energie: Anwendbarkeit des Anlagenbegriffs auf einzelnes, zum Einbau in ein Solarkraftwerk bestimmtes Fotovoltaikmodul


VIII ZR 262/12 (Bundesgerichtshof)

Vergütung von Strom aus Erneuerbaren Energien: Weiter Anlagenbegriff nach gesetzlicher Neuregelung; Behandlung mehrerer Blockheizkraftwerke mit …


VIII ZR 262/12 (Bundesgerichtshof)


VII R 25/14 (Bundesfinanzhof)

Wechselrichter sind für die Stromerzeugung notwendige Neben- und Hilfsanlagen


VIII ZR 308/07 (Bundesgerichtshof)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.