Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.01.2010, Az. XII ZR 123/08

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 10554

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/08 Verkündet am: 13. Januar 2010 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] §§ 1615 l Abs. 2, 1610 Abs. 1 Voraussetzung eines Unterhaltsanspruchs nach § 1615 l Abs. 2 Satz 4 BGB ist, dass der Unterhaltsberechtigte kind- oder elternbezogene Gründe für eine Ver-längerung des [X.] über die Vollendung des dritten Lebensjah-res des Kindes hinaus vorträgt. [X.], Urteil vom 13. Januar 2010 - [X.]/08 - [X.]
- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 13. Januar 2010 durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.] und [X.], [X.] und Schilling für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil des 25. Zivilsenats - Familiensenat - des [X.] vom 24. Juni 2008 wird auf Kosten der Klägerin zu 2 zurückgewiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Parteien streiten um Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB für die [X.] ab April 2004. 1 Die Klägerin zu 2 (im Folgenden: Klägerin) und der Beklagte waren ver-lobt und lebten in der [X.] von Mai 1997 bis zum 7. Januar 2004 zusammen. Am 9. Juni 2000 wurde ihre gemeinsame Tochter geboren, für die die Parteien die elterliche Sorge gemeinsam ausüben. 2 Die Klägerin war vor der Lebensgemeinschaft mit dem Beklagten verwit-wet und bezog wegen der Erziehung ihres im Jahre 1994 geborenen [X.] eine Erziehungsrente in Höhe von 709 •, die sie nach wie vor erhält. Nach dem Vortrag des Beklagten ist sie seit Januar 2008 neben der Betreuung ihrer [X.] berufstätig. 3 - 3 - Amtsgericht und [X.] haben die Klage abgewiesen. [X.] richtet sich die vom [X.] zugelassene Revision, mit der die Klägerin ihren Antrag auf Betreuungsunterhalt weiter verfolgt. 4 Entscheidungsgründe: 5 Die Revision hat keinen Erfolg. Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 [X.] noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor [X.] [X.]punkt eingeleitet worden ist (vgl. [X.], 1852 f.; OLG Stuttgart OLGR 2009, 872; [X.] Beschluss vom 21. Oktober 2009 - 2 [X.]/09 - veröffentlicht bei juris und OLG Dresden Beschluss vom 20. Oktober 2009 - 3 W 1077/09 - veröffentlicht bei juris). 6 I. Das [X.] hat die Berufung der Klägerin gegen das [X.] des Amtsgerichts zurückgewiesen, weil ihr für die [X.] ab April 2004 kein Anspruch auf Betreuungsunterhalt zustehe. 7 Für die [X.] ab dem 1. Januar 2008 seien die Voraussetzungen eines Unterhaltsanspruchs auf der Grundlage der Neufassung des § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB nicht hinreichend dargelegt. Der Gesetzgeber sei bei der Gleich-stellung des Anspruchs auf Unterhalt wegen Betreuung eines ehelich bzw. nichtehelich geborenen Kindes durch das [X.] davon ausgegangen, dass es angesichts der grundsätzlichen Möglichkeit der Fremdbetreuung für sich betrachtet und vorbehaltlich der konkreten Umstände 8 - 4 - des Einzelfalles dem Kindeswohl nicht zuwiderlaufe, den Unterhaltsanspruch auf [X.] zu befristen und der Mutter nach Ablauf der [X.] eine [X.] zuzumuten. Eine solche Regelung sei mit der Verfassung verein-bar. Dem stehe nicht entgegen, dass der Betreuungsunterhalt eines geschiede-nen Ehegatten gemäß § 1570 Abs. 2 BGB auch aus elternbezogenen Gründen verlängert werden könne. Denn solche Gründe könnten auch nach § 1615 l Abs. 2 Satz 5 BGB Berücksichtigung finden, wonach bei der Prüfung der Billig-keit einer Verlängerung des Unterhaltsanspruchs "insbesondere" die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu be-rücksichtigen seien. Die Formulierung verdeutliche, dass auch im Rahmen des Unterhaltsanspruchs bei Betreuung eines nichtehelich geborenen Kindes weite-re Umstände, also auch solche der Gestaltung von Kinderbetreuung und [X.] während des Zusammenlebens sowie dessen Dauer, zu berück-sichtigen seien. Einen gleichen Maßstab habe das [X.] lediglich für die kindbezogenen Verlängerungsgründe gefordert. Gründe, der Klägerin auch vier Jahre nach der Geburt des Kindes einen Unterhaltsanspruch zuzuerkennen, seien von ihr bewusst nicht vorgetragen worden; solche Gründe seien auch sonst nicht ersichtlich. Unter den gegebe-nen Umständen habe auch die Mutter eines ehelich geborenen Kindes keinen Unterhaltsanspruch, zumal sich die Einkommenssituation der Klägerin durch das zeitweilige Zusammenleben mit dem Beklagten nicht verschlechtert habe. Sie beziehe heute wie früher eine Erziehungsrente von rund 709 •. Ein Unter-haltsanspruch der Klägerin scheide auch deswegen aus, weil sie nicht bedürftig sei. Das Maß des zu gewährenden Unterhalts richte sich nach der Lebensstel-lung der Klägerin und ergebe sich aus einem Vergleich ihrer Situation vor und nach der Geburt ihres Kindes. Vor der Geburt habe die Klägerin eine Erzie-hungsrente in Höhe von rund 709 • bezogen, diese beziehe sie in gleicher [X.] seit der Geburt des gemeinsamen Kindes. Die tatsächlichen [X.] - 5 - nisse während des Zusammenlebens der Parteien führten im vorliegenden Fall nicht zu einem höheren Unterhaltsbedarf der Klägerin. Die Parteien hätten in ihrer Lebensgemeinschaft auch nach der Geburt der gemeinsamen Tochter nach dem Prinzip getrennter Kassen gelebt, zumal die Klägerin wegen ihrer Erziehungsrente wirtschaftlich unabhängig gewesen sei. 10 Für die [X.] von April 2004 bis Ende 2007 gelte im Ergebnis nichts ande-res. Zwar stehe aufgrund der Rechtsprechung des [X.]s fest, dass die bis dahin geltende Regelung des § 1615 l Abs. 2 BGB mit dem Grundgesetz unvereinbar war. [X.] stehe aber auch, dass sie nicht nichtig sei. Die Klägerin könne daher allenfalls einen Anspruch darauf haben, so behandelt zu werden, als ob die seit dem 1. Januar 2008 geltende, für die Betreuung ehe-licher und nichtehelicher Kinder inhaltlich gleichlautende Regelung des [X.] bereits ab April 2004 gegolten habe. In diesem Fall stehe ihr aber ebenfalls kein Unterhaltsanspruch zu. Die Verfassung gebiete nicht, die Klägerin auch für die Vergangenheit so zu stellen, wie die Mutter eines eheli-chen Kindes bis Ende 2007 gestanden habe. Gemessen an dem, was die Ver-fassung aus kindbezogenen Gründen vorgebe, habe die Klägerin in der [X.] von April 2004 bis Dezember 2007 nicht zu wenig an Unterhalt erhalten, son-dern Mütter ehelicher Kinder hätten in dieser [X.] zu hohen bzw. zu lange [X.] bekommen. Das [X.] hat die Revision zur Fortbildung des Rechts [X.], weil die Auswirkungen der Entscheidung des Bundesverfassungsge-richts zu § 1615 l BGB a.F. und deren Umsetzung durch das [X.] nicht abschließend höchstrichterlich geklärt seien. 11 - 6 - II. 12 Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält den Angriffen der Revision im Ergebnis stand. Die Instanzgerichte haben die Klage zu Recht abgewiesen. 13 Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin neben der Betreuung der im Juni 2000 geborenen gemeinsamen Tochter bereits ab April 2004 eine Obliegenheit zu einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit traf, was einen Unter-haltsanspruch nach § 1615 l Abs. 2 BGB schon dem Grunde nach ausschließen würde. Denn sie konnte einen verbleibenden Unterhaltsbedarf jedenfalls durch eine ihr obliegende Teilzeiterwerbstätigkeit decken. 1. Abweichend von der Rechtsauffassung des [X.]s be-trägt der monatliche Unterhaltsbedarf der Klägerin allerdings nicht lediglich 709 •, sondern 770 •. 14 a) Das Maß des nach § 1615 l Abs. 2 BGB zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Anspruchsberechtigten. Denn nach § 1615 l Abs. 1 BGB sind auf den Unterhaltsanspruch des betreuenden Eltern-teils eines nichtehelich geborenen Kindes die Vorschriften über die Unterhalts-pflicht zwischen Verwandten und somit auch § 1610 Abs. 1 BGB entsprechend anzuwenden. Anders als beim Trennungsunterhalt oder beim nachehelichen Unterhalt, bei denen der Bedarf von den ehelichen Lebensverhältnissen be-stimmt wird (§§ 1361 Abs. 1, 1578 Abs. 1 BGB), sind daher die wirtschaftlichen Verhältnisse des unterhaltspflichtigen Elternteils für die [X.] grundsätzlich nicht maßgebend. Ausschlaggebend ist vielmehr, wie sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des unterhaltsberechtigten Elternteils bis zur Ge-burt des gemeinsamen Kindes entwickelt hatten. Spätere Änderungen, etwa die vom Beklagten behauptete Erwerbstätigkeit der Klägerin ab Januar 2008, be-einflussen den Unterhaltsbedarf nach der Lebensstellung des Unterhaltsberech-15 - 7 - tigten hingegen nicht. Neben den übrigen Voraussetzungen des [X.] hat der Unterhaltsberechtigte seinen Unterhaltsbedarf und seine Be-dürftigkeit darzulegen und zu beweisen, während der Unterhaltspflichtige eine eventuelle Leistungsunfähigkeit, auf die er sich beruft, beweisen muss ([X.]s-urteil vom 16. Dezember 2009 - [X.] ZR 50/08 - zur Veröffentlichung in [X.] bestimmt). b) Weil die Klägerin hier bis zur Geburt des gemeinsamen Kindes ledig-lich eine Erziehungsrente in Höhe von monatlich 709 • erhalten hatte, hat das [X.] keine höhere Lebensstellung festgestellt. Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin bestimmen sich ihre Lebensstellung und damit ihr Unterhaltsbedarf auch nicht als Quotenunterhalt nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Beklagten innerhalb ihrer nichtehelichen [X.]. Der [X.] hat wiederholt entschieden, dass sich die Lebensstel-lung des Unterhaltsberechtigten im Sinne der §§ 1615 l Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, 1610 Abs. 1 BGB nicht allein aus den tatsächlichen Umständen ergibt, sondern stets eine nachhaltig gesicherte Rechtsposition voraussetzt. Wenn die Eltern - wie hier - vor der Geburt ihres gemeinsamen Kindes in nichtehelicher [X.] zusammengelebt haben, beruht ein gemeinsamer Lebensstan-dard regelmäßig auf freiwilligen Leistungen des besser verdienenden Partners. Denn ein Unterhaltsrechtsverhältnis entsteht nicht schon mit der Aufnahme ei-ner nichtehelichen Lebensgemeinschaft, sondern gemäß § 1615 l BGB erst aus Anlass der Geburt des gemeinsamen Kindes. Weil der Partner seine Leistun-gen vor Beginn des Mutterschutzes deswegen jederzeit einstellen kann und das Gesetz außerhalb von Verwandtschaft und Ehe lediglich den [X.] nach § 1615 l BGB vorsieht, ist der in einer nichtehelichen Lebensge-meinschaft ohne gemeinsames Kind erreichte tatsächliche Lebensstandard nicht geeignet, eine Lebensstellung für den späteren Unterhaltsanspruch zu begründen ([X.]surteile [X.] 177, 272, 284 ff. = [X.], 1739, 1742 16 - 8 - und vom 16. Dezember 2009 - [X.] ZR 50/08 - zur Veröffentlichung in [X.] be-stimmt). 17 c) Gleichwohl ist das Berufungsgericht hier von einem zu geringen [X.]sbedarf der Klägerin ausgegangen, weil dieser unter dem Mindestbedarf liegt, der nach der neueren Rechtsprechung des [X.]s für den Betreuungsun-terhalt und den Ehegattenunterhalt gilt. Der Unterhaltsanspruch nach § 1615 l Abs. 2 BGB soll dem Berechtigten - wie auch der nacheheliche Betreuungsun-terhalt nach § 1570 BGB - eine aus kind- und elternbezogenen Gründen not-wendige persönliche Betreuung und Erziehung des gemeinsamen Kindes in den ersten Lebensjahren ermöglichen. Er muss deswegen jedenfalls das [X.] des Unterhaltsberechtigten abdecken. Auch wenn der betreuende Elternteil vor der Geburt des Kindes von Sozialleistungen gelebt hat oder seine Einkünfte darunter lagen und er deswegen auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen war, konnte er von einer gesicherten Lebensstellung in Höhe des Existenzminimums ausgehen. Einem Unterhaltsbedarf in Höhe des [X.] stehen auch keine sonstigen unterhaltsrechtlichen Argumente entge-gen, zumal der Unterhaltsanspruch minderjähriger und privilegiert volljähriger Kinder nach § 1609 Nr. 1 BGB stets vorrangig ist und dem Unterhaltspflichtigen jedenfalls ein Selbstbehalt verbleibt, der nicht unter dem Existenzminimum liegt. Der [X.] hat deswegen entschieden, dass sowohl beim Betreuungsunterhalt nach § 1615 l Abs. 2 BGB als auch beim Ehegattenunterhalt von einem Unter-haltsbedarf auszugehen ist, der das Existenzminimum nicht unterschreiten darf ([X.]surteil vom 16. Dezember 2009 - [X.] ZR 50/08 - zur Veröffentlichung in [X.] bestimmt). Die Höhe dieses stets zu wahrenden Existenzminimums darf nach der Rechtsprechung des [X.]s mit dem notwendigen Selbstbehalt eines nicht er-werbstätigen Unterhaltspflichtigen pauschaliert werden, der gegenwärtig nach 18 - 9 - der [X.] Tabelle und den unterhaltsrechtlichen Leitlinien der [X.] monatlich 770 • beträgt. Dass der Selbstbehalt eines Unterhalts-pflichtigen darüber hinausgeht und gegenüber dem Unterhaltsanspruch nach § 1615 l BGB sowie dem nachehelichen Unterhalt zurzeit 1.000 • monatlich beträgt, steht dem nicht entgegen, weil der Bedarf eines Unterhaltsberechtigten nicht mit dem entsprechenden Selbstbehalt eines Unterhaltspflichtigen gleich-gesetzt werden darf (vgl. insoweit [X.]surteile vom 18. November 2009 - [X.] ZR 65/09 - zur Veröffentlichung in [X.] bestimmt und [X.] 179, 196, 206 f. [X.]. 30 f. = FamRZ 2009, 411, 414). Der Mindestbedarf bestimmt auch nicht generell den angemessenen Unterhalt im Sinne des § 1610 Abs. 1 BGB, sondern legt lediglich die unterste Schwelle des [X.] nach der Lebensstellung des Bedürftigen fest. Der am Existenzminimum orientierte [X.] kann sich lediglich nach dem Betrag richten, der einem nicht er-werbstätigen Unterhaltspflichtigen als notwendiger Selbstbehalt zur Verfügung steht und gegenwärtig nach der [X.] Tabelle und den unterhaltsrechtli-chen Leitlinien der [X.]e 770 • beträgt. Soweit der Selbstbehalt eines Erwerbstätigen mit gegenwärtig 900 • darüber hinaus geht, schließt er einen [X.] ein, der auf Seiten des Unterhaltspflichtigen seine Berech-tigung hat, aber nicht in gleicher Weise auf den Unterhaltsberechtigten übertra-gen werden kann ([X.]surteil vom 16. Dezember 2009 - [X.] ZR 50/08 - zur Veröffentlichung in [X.] bestimmt). Weil das Berufungsgericht auf der Grundlage des Vortrags der Parteien für den [X.]punkt der Geburt des gemeinsamen Kindes keinen höheren Unter-haltsbedarf feststellen konnte, ist von einem Mindestbedarf auszugehen, der für die [X.] bis Ende Juni 2005 730 • betrug ([X.], 903, 904) und sich ge-genwärtig auf 770 • beläuft (FamRZ 2005, 1300, 1301; 2007, 1367, 1368 und 2009, 180). 19 - 10 - 2. Im Ergebnis zutreffend ist das [X.] allerdings davon ausgegangen, dass die Klägerin ihren Unterhaltsbedarf in vollem Umfang selbst decken kann. Nach den [X.]stellungen des [X.]s erhält die Klä-gerin nach wie vor eine Erziehungsrente, die jedenfalls den früheren Betrag von monatlich 709 • erreicht. Die Differenz zu ihrem Unterhaltsbedarf, die für die [X.] bis Juni 2005 (730 • ./. 709 • =) 21 • betrug und sich seit Juli 2005 auf (770 • ./. 709 • =) 61 • beläuft, kann die Klägerin zweifelsfrei durch eine ihr zu-mutbare eigene Erwerbstätigkeit decken. 20 a) Für Unterhaltsansprüche, die bereits vor dem 1. Januar 2008 fällig [X.], bleibt nach § 36 Nr. 7 EGZPO das frühere Recht, hier also § 1615 l Abs. 2 BGB a.F., anwendbar. Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin entfällt die Anwendbarkeit des früheren Rechts auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen. Das [X.] hat die frühere Regelung des § 1615 l Abs. 2 BGB allein gemäß Art. 6 Abs. 5 GG wegen gleichheitswidriger Behand-lung des nachehelichen [X.] mit dem Unterhalt wegen Betreuung eines nichtehelich geborenen Kindes für verfassungswidrig erklärt. Es hat dem Gesetzgeber aufgegeben, bis zum 31. Dezember 2008 eine diesem Umstand genügende Regelung zu treffen. Bis zur Beseitigung des verfas-sungswidrigen Zustands war die frühere Regelung allerdings nach den aus-drücklichen Ausführungen des [X.]s hinzunehmen ([X.] 118, 45 = FamRZ 2007, 965, 973 [X.]. 77). Die frühere Fassung des § 1615 l Abs. 2 BGB, die dem betreuenden Elternteil eines nichtehelich gebore-nen Kindes einen in der Regel auf [X.] begrenzten Unterhaltsanspruch mit der Möglichkeit einer Verlängerung einräumte, verstieß nicht gegen Art. 6 Abs. 2 GG. Schon seinerzeit war sichergestellt, dass der das Kind betreuende Elternteil während der ersten drei Lebensjahre des Kindes keiner Erwerbstätig-keit nachgehen musste, sondern sich dem Kind widmen und damit seiner [X.] nachkommen durfte. Die zeitliche Begrenzung des [X.] - 11 - haltsanspruchs auf in der Regel [X.] ist im Lichte des Art. 6 Abs. 2 GG nicht zu beanstanden. Zum einen liegt es in der Einschätzungskompetenz des Gesetzgebers, für wie lange er es aus [X.] für erforder-lich und dem unterhaltspflichtigen Elternteil zumutbar erachtet, die persönliche Betreuung des Kindes durch einen Elternteil mit Hilfe eines [X.] zu ermöglichen. Zum anderen ist nach § 24 [X.] jedem Kind ab dem dritten Lebensjahr ein Anspruch auf Besuch einer Tageseinrichtung garan-tiert. Damit ist sichergestellt, dass ein Kind ab diesem Alter in der Regel eine außerhäusliche Betreuung erfahren kann, während seine Eltern einer [X.] nachgehen ([X.] 118, 45 = FamRZ 2007, 965, 972 [X.]. 73). Schließlich hatte der [X.] auf der Grundlage des früheren Rechts ent-schieden, dass die Möglichkeit zur Verlängerung des [X.] nach § 1615 l Abs. 2 BGB a.F. in verfassungskonformer Auslegung der dafür relevanten kindbezogenen und elternbezogenen Gründe weit auszulegen sei ([X.]surteil [X.] 168, 245, 260 f. = FamRZ 2006, 1362, 1366 f.). Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die frühere Fassung des § 1615 l Abs. 2 BGB auch in der vom [X.] geforderten weiten Auslegung nicht über das Maß hinausgeht, das die Neuregelung des § 1615 l Abs. 2 BGB für Unterhaltsansprüche ab dem 1. Januar 2008 im Einklang mit der Rechtspre-chung des [X.]s festgelegt hat (vgl. BT-Drucks. 16/6980 S. 8 f., 10; [X.]surteil vom 16. Dezember 2009 - [X.] ZR 50/08 - zur Veröffentli-chung in [X.] bestimmt). 22 b) Auch auf der Grundlage der Neufassung des § 1615 l Abs. 2 BGB für Unterhaltsansprüche ab dem 1. Januar 2008 steht der Klägerin kein Anspruch auf Unterhalt zu. Das [X.] ist zu Recht von einer Erwerbsoblie-genheit der Klägerin und davon, dass sie ihren Unterhaltsbedarf aus den erziel-baren Einkünften selbst decken kann, ausgegangen. 23 - 12 - aa) Nach § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB steht der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes über die Dauer des Mutterschutzes hinaus ein [X.] gegen den Vater zu, wenn von ihr wegen der Pflege und Erziehung des gemeinsamen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Nach § 1615 l Abs. 2 Satz 3 BGB besteht die Unterhaltspflicht des betreuenden [X.] für mindestens [X.] nach der Geburt des Kindes. Sie verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreu-ung zu berücksichtigen. Insoweit hat der Gesetzgeber die Vorschrift des § 1615 l Abs. 2 BGB und den nachehelichen Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB weitgehend einander angeglichen (vgl. [X.]surteil vom 17. Juni 2009 - [X.] ZR 102/08 - FamRZ 2009, 1391, 1393 zum nachehelichen Betreuungsun-terhalt sowie BT-Drucks. 16/6980 S. 8 ff.). 24 [X.]) Mit der Einführung des [X.] bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres hat der Gesetzgeber dem betreuenden Elternteil die freie Ent-scheidung eingeräumt, ob er das Kind in dessen ersten drei Lebensjahren in vollem Umfang selbst betreuen oder andere Betreuungsmöglichkeiten in [X.] ([X.]surteile vom 17. Juni 2009 - [X.] ZR 102/08 - FamRZ 2009, 1391, 1393 m.w.[X.] und vom 13. April 2005 - [X.] ZR 273/02 - FamRZ 2005, 1154, 1156 f.). 25 Für die - hier relevante - [X.] ab Vollendung des dritten Lebensjahres steht dem betreuenden Elternteil nach der gesetzlichen Neuregelung aber nur noch dann ein fortdauernder Anspruch auf Betreuungsunterhalt zu, wenn dies der Billigkeit entspricht (§ 1615 l Abs. 2 Satz 4 BGB). Damit verlangt die Neure-gelung allerdings keinen abrupten Wechsel von der elterlichen Betreuung zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit (BT-Drucks. 16/6980 [X.]). Insbesondere nach Maßgabe der im Gesetz ausdrücklich genannten kindbezogenen Gründe ist 26 - 13 - unter Berücksichtigung der bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung (§ 1615 l Abs. 2 Satz 5 BGB) ein gestufter Übergang bis hin zu einer Vollzeiter-werbstätigkeit möglich (zum nachehelichen Betreuungsunterhalt vgl. [X.]sur-teil vom 17. Juni 2009 - [X.] ZR 102/08 - FamRZ 2009, 1391, 1393 f. m.w.[X.]). Neben den vorrangig zu berücksichtigenden kindbezogenen Gründen sieht § 1570 Abs. 2 BGB für den nachehelichen Betreuungsunterhalt eine weitere Verlängerungsmöglichkeit aus elternbezogenen Gründen vor. Danach verlän-gert sich der nacheheliche Betreuungsunterhalt über die Verlängerung aus kindbezogenen Gründen hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestal-tung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie deren Dauer der Billigkeit entspricht. Insoweit ist also ausdrücklich auch ein [X.] zu berücksichtigen, der sich aus den Nachwirkungen der Ehe ergeben kann. Im Rahmen des - hier relevanten - Anspruchs wegen Betreuung eines nichtehelich geborenen Kindes ist diese Regelung zwar nicht ausdrücklich ü-bernommen worden. Weil § 1615 l Abs. 2 Satz 5 BGB jedoch eine Verlänge-rung des Unterhaltsanspruchs "insbesondere" aus kindbezogenen Gründen zulässt, kommen im Einzelfall auch elternbezogene Gründe für eine Verlänge-rung des [X.] in Betracht. Das kann etwa dann gelten, wenn die Eltern - wie hier - mit ihrem gemeinsamen Kind zusammengelebt haben und außerdem ein besonderer Vertrauenstatbestand als Nachwirkung dieser Fami-lie entstanden ist (BT-Drucks. 16/6980 [X.]). Dabei ist allerdings stets zu be-achten, dass die gesetzliche Regel, wonach der Betreuungsunterhalt grund-sätzlich nur für [X.] geschuldet ist und eine Verlängerung über diesen [X.]raum hinaus ausdrücklich begründet werden muss, nicht in ihr Gegenteil verkehrt werden darf ([X.]surteil [X.] 177, 272, 305 f. = [X.], 1739, 1748 m.w.[X.]). Für die Voraussetzungen einer Verlängerung des [X.] über die Dauer von [X.]n hinaus trägt der Unterhaltsberechtigte die [X.] - 14 - legungs- und Beweislast. Er hat also zunächst darzulegen und zu beweisen, dass keine kindgerechte Einrichtung für die Betreuung des gemeinsamen [X.] zur Verfügung steht oder dass aus besonderen Gründen eine persönliche Betreuung erforderlich ist. Auch Umstände, die aus elternbezogenen Gründen zu einer eingeschränkten Erwerbspflicht und damit zur Verlängerung des [X.] führen können, hat der Unterhaltsberechtigte darzulegen und zu beweisen ([X.]surteile vom 17. Juni 2009 - [X.] ZR 102/08 - FamRZ 2009, 1391, 1393 m.w.[X.] und [X.] 177, 272, 304 = [X.], 1739, 1748). Solche kind- oder elternbezogene Gründe für eine Verlängerung des [X.] über die Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes hinaus hat die Klägerin hier nicht vorgetragen, obwohl schon das Amtsgericht deswegen einen fortdauernden Anspruch auf Betreuungsunterhalt abgelehnt hatte. Sie können daher nur insoweit berücksichtigt werden, als sie auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts auf der Hand liegen. 28 (1) Kindbezogene Gründe können für eine Verlängerung des Betreuun-terhalts der Klägerin hier nicht berücksichtigt werden. Die Klägerin hat nichts dafür vorgetragen, dass auch nach Vollendung des dritten Lebensjahres eine persönliche Betreuung des gemeinsamen Kindes erforderlich ist. Darauf, dass die Tochter nach dem Vortrag des Beklagten sogar ganztags einen Kindergar-ten besucht, kommt es im Hinblick auf die Darlegungs- und Beweislast der Klä-gerin nicht an. 29 (2) Auch elternbezogene Gründe gegen eine Erwerbsobliegenheit hat die Klägerin nicht vorgetragen. Allerdings hatten die Parteien in der [X.] von Juni 2000 bis zum 7. Januar 2004, also rund dreieinhalb Jahre mit ihrem ge-meinsamen Kind als Familie zusammengelebt, wodurch ein Vertrauen der [X.] - 15 - gerin auf eine weitere Absicherung durch den Beklagten entstanden sein kann. Soweit die Parteien seit Mai 1997 bis zur Geburt des gemeinsamen Kindes zu-sammen gelebt hatten, konnte die Klägerin allerdings nicht auf eine unterhalts-rechtliche Absicherung durch den Beklagten vertrauen, weil das Gesetz für nichteheliche Lebensgemeinschaften ohne gemeinsames Kind keine [X.] kennt. Weitere elternbezogene Umstände, die für eine Verlän-gerung des [X.] sprechen könnten, sind nicht ersichtlich. Auch eine mögliche überobligationsmäßige Belastung des betreuenden Elternteils steht einer Erwerbsobliegenheit der Klägerin nicht aus elternbezogenen Grün-den entgegen, zumal dafür keine konkreten Umstände vorgetragen sind. Danach traf die Klägerin für die hier relevante [X.] ab April 2004 jeden-falls eine Erwerbsobliegenheit, die deutlich über eine halbschichtige Erwerbstä-tigkeit hinausgeht. Dazu, dass sie daraus neben oder anstelle der [X.] nach §§ 47 Abs. 1, 46 Abs. 2 [X.] (vgl. insoweit [X.] - L 5 RA 70/03 - veröffentlicht bei juris) keine Einkünfte erzielen kann, die ihren [X.] von 730 bzw. 770 • abdecken, hat die auch insoweit darlegungs- 31 - 16 - und beweisbelastete Klägerin (vgl. [X.] Urteil vom 24. Oktober 1979 - [X.] - FamRZ 1980, 126, 128 und [X.]surteil vom 27. November 1985 - [X.] - FamRZ 1986, 244, 246) nichts vorgetragen. [X.] Vézina Dose Klinkhammer Schilling
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 13.11.2007 - 5 [X.]/04 - [X.], Entscheidung vom 24.06.2008 - 25 UF 4/08 -

Meta

XII ZR 123/08

13.01.2010

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.01.2010, Az. XII ZR 123/08 (REWIS RS 2010, 10554)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 10554

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