Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.03.2021, Az. 6 StR 90/21

6. Strafsenat | REWIS RS 2021, 7614

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Unterbringung in einer Entziehungsanstalt: Hang des betäubungsmittelabhängigen Straftäters


Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.]vom 2. November 2020 aufgehoben, soweit eine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.]zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

Gründe

1

Das [X.]hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen und wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten führt in dem aus der [X.]ersichtlichen Umfang zur Aufhebung des Urteils. Im Übrigen bleibt sie entsprechend den Ausführungen in der Antragsschrift des [X.]ohne Erfolg.

2

1. Die Schuldsprüche werden von den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen getragen. Es benachteiligt den Angeklagten nicht, dass das [X.]in Bezug auf Tat 6 das Handeltreiben mit dem in seiner Wohnung aufbewahrten Kokain sowie das Handeltreiben mit dem in der Wohnung des Mitangeklagten gefundenen Marihuana ohne nähere Erläuterung als eine Tat gewertet hat (vgl. zu den Voraussetzungen der Bewertungseinheit in solchen Fällen etwa BGH, Beschlüsse vom            27. April 1999 - 4 StR 136/99, StV 1999, 431; vom 5. Juni 2019 - 2 StR 287/18, NStZ 2020, 227, 228 mwN).

3

2. Jedoch hält das Urteil insoweit rechtlicher Überprüfung nicht stand, als eine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.

4

Das [X.]hat die Voraussetzungen des § 64 StGB nicht erkennbar erwogen, obwohl sich deren Vorliegen aufgedrängt hat. Ausweislich der Urteilsgründe ist der Angeklagte betäubungsmittelabhängig (UA S. 23). Dann liegt aber in der Regel auch ein Hang im Sinne von § 64 Satz 1 StGB vor; dass in der Untersuchungshaft keine Entzugserscheinungen aufgetreten sind, steht dem nicht entgegen (vgl. Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 452 mwN). Entsprechendes gilt für den Umstand, dass der Angeklagte „nur“ am Wochenende, dann aber erhebliche Mengen Kokain konsumierte und seiner Arbeit nachgehen konnte. Denn die Annahme [X.]Gefährlichkeit kommt auch dann in Betracht, wenn der Angeklagte - ohne erhebliche Beeinträchtigung seiner Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit - Taten der Beschaffungskriminalität begeht (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 24. Januar 2008 - 5 StR 621/07; vom 14. Februar 2018              - 4 StR 622/17; vom 11. Dezember 2019 - 5 StR 469/19). Das war hier der Fall. Der Angeklagte entschloss sich zur Aufnahme und Durchführung des Drogenhandels trotz im Grunde auskömmlichen Verdienstes nur, um den [X.]von Kokain finanzieren zu können.

5

Da auch die weiteren Voraussetzungen des § 64 StGB gegeben sein können, bedarf die Sache insoweit unter Heranziehung eines Sachverständigen (§ 246a Abs. 1 Satz 2 StPO) neuer Verhandlung und Entscheidung. Die Feststellungen haben Bestand. Das neue Tatgericht wird ergänzende Feststellungen zu treffen haben. Solche sind möglich, soweit sie den bestehenden nicht widersprechen.

6

Es hindert eine Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht, dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO). Der Beschwerdeführer hat die [X.]der Maßregel auch nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen.

Sander     

        

König     

        

Feilcke

        

Tiemann     

        

von Schmettau     

   

Meta

6 StR 90/21

23.03.2021

Bundesgerichtshof 6. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Potsdam, 2. November 2020, Az: 24 KLs 9/20

§ 64 S 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.03.2021, Az. 6 StR 90/21 (REWIS RS 2021, 7614)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 7614

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

6 StR 521/23 (Bundesgerichtshof)


6 StR 366/22 (Bundesgerichtshof)


6 StR 398/22 (Bundesgerichtshof)

Verlesung von Gutachten aus Privatlaboren


6 StR 11/22 (Bundesgerichtshof)

Unterbringung in einer Entziehungsanstalt: Vorliegen eines Hangs bei Betäubungsmittelkonsum zum Zweck der Eigentherapie einer psychischen …


6 StR 452/23 (Bundesgerichtshof)

Unterbringung in einer Entziehungsanstalt: Anforderungen an Darlegung einer Erfolgsprognose der Behandlung


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.