Bundesfinanzhof, Urteil vom 14.01.2021, Az. VI R 15/19

6. Senat | REWIS RS 2021, 9559

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Gegenstand

Aufwendungen für einen sog. Schulhund als Werbungskosten


Leitsatz

1. Aufwendungen für einen sog. Schulhund können bis zu 50 % als Werbungskosten bei den Einkünften einer Lehrerin aus nichtselbständiger Arbeit abgezogen werden. Ein hälftiger Werbungskostenabzug ist nicht zu beanstanden, wenn der Hund innerhalb einer regelmäßig fünftägigen Unterrichtswoche arbeitstäglich in der Schule eingesetzt wird.

2. Die Aufwendungen für die Ausbildung eines Schulhundes zum Therapiehund sind regelmäßig in voller Höhe beruflich veranlasst und damit als Werbungskosten abziehbar.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 14.03.2019 - 10 K 2852/18 E wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Zwischen den [X.]eteiligten ist streitig, ob Aufwendungen für einen sog. "Schulhund" Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit sind.

2

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist als Lehrerin an der [X.] in [X.] tätig. Auf der Schulkonferenz vom … 2014 wurde der [X.]eschluss gefasst, einen Therapiehund zur Umsetzung der tiergestützten Pädagogik anzuschaffen. An der Schule war zuvor ein Konzept der tiergestützten Pädagogik erarbeitet worden. Die Klägerin schaffte daraufhin mit Kaufvertrag vom … 2014 die am … 2014 geborene [X.] zum Preise von 1.600 € an. Im Rahmen des Schulhundprogramms wurde die [X.] von der Klägerin insbesondere im Unterricht eingesetzt. Zu diesem Zweck nahm die Klägerin sie nahezu arbeitstäglich mit in die Schule.

3

In den Steuererklärungen für die Streitjahre (2014 bis 2016) machte die Klägerin Aufwendungen für den Hund als Werbungskosten geltend. Diese setzten sich zusammen aus einer Abschreibung für die Anschaffung des Hundes auf acht Jahre, Aufwendungen für eine Tierhaftpflichtversicherung, Futtermittel, Hundepflege, Tierarzt und den [X.]esuch einer Hundeschule sowie für die Ausbildung als Therapiehund. Die Aufwendungen beliefen sich im [X.] auf 871,49 €, im Jahr 2015 auf 5.063,71 € (davon 1.750 € für die Ausbildung zum Therapiehund zuzüglich Fahrtkosten in Höhe von 111,60 €) und im [X.] auf 7.607,60 € (davon 1.908 € für die Ausbildung zum Therapiehund zuzüglich Fahrtkosten in Höhe von 321,60 €).

4

Der [X.]eklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) lehnte die [X.]erücksichtigung dieser Aufwendungen als Werbungskosten ab. Zur [X.]egründung ihres hiergegen eingelegten Einspruchs legte die Klägerin eine [X.]escheinigung der Schule vor. Darin ist ausgeführt, die Klägerin habe die [X.] als Schulhund im … 2014 erworben und zum Therapiehund ausgebildet. Ergänzend legte die Klägerin den Ausbildungsvertrag zur [X.] vom … 2014 sowie das Konzept zur Tiergestützten Pädagogik an der [X.] [X.] vor. Ferner verwies sie darauf, dass die [X.], die sie erhalten habe, nicht erteilt worden wäre, wenn die [X.] nicht nachweislich zu dem angegebenen Zweck eingesetzt worden wäre.

5

Das [X.] wies den Einspruch als unbegründet zurück.

6

Das Finanzgericht (FG) gab der hiergegen erhobenen Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2019, 886 veröffentlichten Gründen teilweise statt. Es berücksichtigte die Kosten für die Ausbildung zum Therapiehund in voller Höhe und die übrigen Aufwendungen zu einem Drittel als Werbungskosten bei den Einkünften der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit.

7

Mit der Revision rügt das [X.] die Verletzung materiellen Rechts.

8

Es beantragt,
das Urteil des [X.] vom 14.03.2019 - 10 K 2852/18 E aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.

9

Die Klägerin hat keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des [X.] ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat die Aufwendungen der Klägerin für die [X.] zu Recht teilweise als Werbungskosten bei den Einkünften der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt.

1. Werbungskosten sind alle Aufwendungen, die durch den Beruf des Steuerpflichtigen veranlasst sind (z.B. Senatsurteil vom 23.03.2001 - VI R 175/99, [X.], 225, [X.] 2001, 585). Eine solche Veranlassung liegt vor, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und wenn die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden (Senatsurteile vom 17.12.2002 - VI R 137/01, [X.], 211, [X.] 2003, 407, und vom 19.01.2017 - VI R 37/15, [X.], 58, [X.] 2017, 526, Rz 12, m.w.N.).

a) Ergibt die Prüfung, dass Aufwendungen nicht oder in nur unbedeutendem Maße auf privaten, der Lebensführung des Steuerpflichtigen zuzurechnenden Umständen beruhen, so sind sie grundsätzlich als Werbungskosten abzuziehen. Beruhen die Aufwendungen hingegen nicht oder in nur unbedeutendem Maße auf beruflichen Umständen, so sind sie nicht abziehbar (Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs --[X.]-- vom 21.09.2009 - GrS 1/06, [X.], 1, [X.] 2010, 672).

Ist der erwerbsbezogene Anteil nicht von untergeordneter Bedeutung, kann eine Aufteilung und ein Abzug des beruflich veranlassten Teils der Aufwendungen in Betracht kommen, sofern der den Beruf fördernde Teil der Aufwendungen sich nach objektiven Maßstäben zutreffend und in leicht nachprüfbarer Weise abgrenzen lässt (Beschluss des Großen Senats des [X.] in [X.], 1, [X.] 2010, 672; Senatsbeschluss vom 24.09.2013 - VI R 35/11; Senatsurteile vom 08.07.2015 - VI R 46/14, [X.]E 250, 392, [X.] 2015, 1013, und vom 16.01.2019 - VI R 24/16, [X.]E 263, 449, [X.] 2019, 376). Bestehen keine Zweifel daran, dass ein abgrenzbarer Teil der Aufwendungen beruflich veranlasst ist, bereitet seine Quantifizierung aber Schwierigkeiten, so ist dieser Anteil unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände zu schätzen (§ 162 der Abgabenordnung, § 96 Abs. 1 Satz 1 [X.]O; Beschluss des Großen Senats des [X.] in [X.], 1, [X.] 2010, 672).

b) Zu den Werbungskosten gehören auch Aufwendungen für Arbeitsmittel (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Arbeitsmittel sind alle Wirtschaftsgüter, die ausschließlich oder doch nahezu ausschließlich und unmittelbar zur Erledigung der dienstlichen Aufgaben dienen (Senatsurteile vom [X.], [X.]E 169, 350, [X.] 1993, 193, und vom 08.11.1996 - VI R 22/96, [X.]/NV 1997, 341; Senatsbeschluss vom 30.06.2010 - VI R 45/09, [X.]E 230, 348, [X.] 2011, 45).

Bei Gegenständen, die auch im Rahmen der allgemeinen Lebensführung (§ 12 Nr. 1 Satz 2 EStG) genutzt werden können, ist für die Einordnung als Arbeitsmittel der tatsächliche Verwendungszweck im Einzelfall entscheidend (Senatsurteile vom 19.02.2004 - VI R 135/01, [X.]E 205, 220, [X.] 2004, 958; vom 20.07.2005 - VI R 50/03, [X.]/NV 2005, 2185, und vom 20.05.2010 - VI R 53/09, [X.]E 230, 317, [X.] 2011, 723). Die Güter müssen ausschließlich oder zumindest weitaus überwiegend beruflich zur Einnahmeerzielung genutzt werden. Eine geringfügige private Mitnutzung ist unschädlich (Senatsurteil vom 21.10.1988 - VI R 18/86, [X.]E 155, 310, [X.] 1989, 356). Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, ist unter Würdigung aller Umstände nach der tatsächlichen Zweckbestimmung, d.h. nach der Funktion des Wirtschaftsguts im Einzelfall, festzustellen (Senatsentscheidungen in [X.]E 155, 310, [X.] 1989, 356, und in [X.]E 230, 348, [X.] 2011, 45).

Diese Grundsätze gelten auch für die Nutzung von Tieren (vgl. § 90a des Bürgerlichen Gesetzbuchs; Senatsurteil vom 10.09.1990 - VI R 101/86, [X.]/NV 1991, 234; Senatsbeschluss in [X.]E 230, 348, [X.] 2011, 45). Dient ein Hund neben beruflichen in nicht unerheblichem Umfang auch privaten Zwecken, handelt es sich nicht um ein Arbeitsmittel. Dies gilt auch, falls der Anlass für die Anschaffung im beruflichen Bereich gelegen haben sollte und er nicht angeschafft worden wäre, wenn nur eine private Nutzung beabsichtigt gewesen wäre. Liegt keine ausschließliche oder weitaus überwiegende berufliche Nutzung vor, ist auch unbeachtlich, ob die berufliche Nutzung besonders erfolgreich ist (Senatsurteil in [X.]/NV 1991, 234; s.a. Senatsurteil vom 29.01.1960 - VI 9/59 U, [X.]E 70, 435, [X.]I 1960, 163).

2. Nach diesen Maßstäben hält die Vorentscheidung einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

a) Ausgehend von den angeführten Rechtsgrundsätzen ist die Würdigung des [X.], wonach ein Drittel der Aufwendungen für den Hund, bestehend aus einer zeitanteiligen Absetzung der Anschaffungskosten, Futter, Pflege, Tierhalterhaftpflichtversicherung, Tierarzt und Besuch der Hundeschule, beruflich veranlasst sei, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Bei der [X.] handelt es sich um ein Haustier, das in den Streitjahren mit im Haushalt der Klägerin lebte und --wie das [X.] bindend (§ 118 Abs. 2 [X.]O) festgestellt [X.] nicht nahezu ausschließlich beruflich, sondern in nicht unerheblichem Umfang auch privat Verwendung fand. Entsprechend hat das [X.] die [X.] zu Recht nicht als Arbeitsmittel der Klägerin [X.] § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG angesehen.

Nach den Feststellungen der Vorinstanz nutzte die Klägerin den Hund aber auch beruflich, indem sie ihn an ihren Unterrichtstagen, mithin nahezu arbeitstäglich, im Rahmen des Schulhundkonzepts in der Schule einsetzte. Angesichts des Umfangs von regelmäßig fünf Arbeitstagen pro Woche war die berufliche Nutzung des Hundes nicht von untergeordneter Bedeutung. Da die berufliche Verwendung des Hundes in der Regel anhand der Unterrichtstage bemessen werden kann und damit nach objektiven Maßstäben in nachprüfbarer Weise abgrenzbar ist, waren die Aufwendungen für die Haltung des Hundes aufzuteilen. Die durch das [X.] vorgenommene Schätzung des beruflichen Anteils der angefallenen Aufwendungen mit einem Drittel ist nach den Gegebenheiten des Streitfalls revisionsrechtlich keinesfalls zu beanstanden. Vielmehr erscheint es nach Auffassung des Senats vertretbar, bei einer erheblichen beruflichen Nutzung eines Schulhundes bis zu 50 % der Aufwendungen für das Tier zum Werbungskostenabzug zuzulassen. Aus Vereinfachungsgründen ist ein hälftiger Werbungskostenabzug jedenfalls nicht zu beanstanden, wenn der Hund innerhalb einer regelmäßig fünftägigen [X.] arbeitstäglich in der Schule eingesetzt wird.

b) Ebenso hält die Würdigung des [X.], die Aufwendungen der Klägerin für die Ausbildung der [X.] zum Therapiehund seien ausschließlich beruflich veranlasst, einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Der Vorinstanz ist darin zuzustimmen, dass eine private Veranlassung insoweit nicht ersichtlich ist. Anders als der Besuch einer allgemeinen Hundeschule, diente die [X.] nach den den Senat bindenden Feststellungen des [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O) dem Erlernen spezieller Fähigkeiten, um die [X.] im Rahmen des Konzepts des tiergestützten Unterrichts einzusetzen.

3. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VI R 15/19

14.01.2021

Bundesfinanzhof 6. Senat

Urteil

vorgehend FG Münster, 14. März 2019, Az: 10 K 2852/18 E, Urteil

§ 9 Abs 1 S 1 EStG 2009, § 9 Abs 1 S 3 Nr 6 EStG 2009, § 12 Nr 1 S 2 EStG 2009, EStG VZ 2014, EStG VZ 2015, EStG VZ 2016

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 14.01.2021, Az. VI R 15/19 (REWIS RS 2021, 9559)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 9559

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