Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.01.2000, Az. 3 StR 560/99

3. Strafsenat | REWIS RS 2000, 3600

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[X.]/99vom5. Januar 2000in der Strafsachegegenwegen Totschlags- 2 -Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 5. Januar 2000 gemäß § 349Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 16. August 1999 mit den Feststellungen auf-gehoben.Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auchüber die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammerdes [X.] zurückverwiesen.Gründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen Totschlags unter Einbe-ziehung von Geldstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwölf Jahren undeinem Monat verurteilt. Dagegen wendet sich der Angeklagte mit einer Verfah-rensrüge und der näher ausgeführten Rüge der Verletzung materiellen Rechts.Die Verfahrensrüge ist aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] unzulässig. Die Sachrüge führt zur Aufhebung des Urteils.1. Das [X.] hält die Einlassung des Angeklagten, er habe seinegeschiedene Ehefrau nicht getötet, für widerlegt, und zwar insbesondere auf-grund seines Aussageverhaltens und seines Verhaltens nach der Tat. DieÜberzeugungsbildung des Tatrichters begegnet bei beiden [X.] 3 -2. Zum Nachtatverhalten legt das [X.] seinen Feststellungenzugrunde, daß der Angeklagte das Opfer [X.] zwischen dem 9. [X.] 18.30 Uhr und der Nacht zum 12. Oktober 1998 getötet habe. Die Über-zeugung davon, daß die geschiedene Ehefrau, deren Leiche am 20. [X.] aufgefunden wurde, bereits am 12. Oktober 1998 tot war, gewinnt sie ausder Aussage der Zeugin [X.]. Diese habe ausgesagt, [X.] habesich entgegen ihrer Verpflichtung, beim Fernbleiben vom Arbeitsplatz Bescheidzu geben, nicht abgemeldet. An diese Verpflichtung habe [X.] sich frühergehalten, als sie einmal gefehlt und deshalb sofort angerufen habe. Daraus, soder Tatrichter, könne "nur" der Schluß gezogen werden, daß [X.] jeden-falls am 12. Oktober 1998 tot war.Aus der für die Kammer für glaubhaft eingeschätzten Aussage ergibtsich indes lediglich, daß sich [X.] am 12. Oktober 1998 nicht bei ihr abge-meldet hat. Das [X.] übersieht, daß diese Aussage nur ein Indiz füreinen Todeseintritt vor dem 12. Oktober 1998 darstellt. So sind ohne weiteresandere Gründe denkbar, warum [X.] sich nicht abgemeldet hat. Schon mitdieser Möglichkeit setzt sich die Kammer nicht auseinander. Der [X.] [X.], daß das [X.] aufgrund des in der Überbewertung dieses [X.] liegenden falschen rechtlichen Ausgangspunktes den weiteren zu dieserFrage vorhandenen Beweismitteln nicht den ihnen zukommenden Beweiswertbeigemessen hat.Nicht ausschließbar hätte das Schwurgericht die Aussagen von [X.], die unabhängig voneinander das Tatopfer noch zwischen dem 13. und16. Oktober 1998 gesehen bzw. gehört haben wollen, anders gewichtet. [X.] es vor dem Hintergrund der Aussage der Zeugin [X.] an einer nä-heren Auseinandersetzung mit den beiden Sachverständigengutachten, die- 4 -sich zum Todeszeitpunkt verhalten. Mitgeteilt wird insoweit ([X.]), daß [X.] wegen der nach dem Auffinden der Leiche weit fortgeschrit-tenen inneren und äußeren [X.] und der schon beginnenden [X.] nur eine grobe Todeszeiteinschätzung möglich war. "Ein Todeseintrittam 9. Oktober lasse sich den Befunden zuordnen. Es sei nach den [X.] auch nicht ausgeschlossen, daß [X.] am 13. Oktober 1998 verstor-ben sei. Am 16. Oktober 1998 sei sie mit höchster Wahrscheinlichkeit tot ge-wesen". Bei dieser Sachlage durfte das [X.] nicht allein aufgrund derAussage der Zeugin B. von einem Todeszeitpunkt spätestens vor dem12. Oktober 1998 ausgehen. Denn läßt sich der Zeitpunkt des [X.] zweifelsfrei bestimmen, so ist bei der hier vorliegenden Beweislage zu-gunsten des Angeklagten von dem denkbar spätesten Zeitpunkt auszugehen,wenn ihm nicht die Kenntnis eines früheren [X.] nachgewiesen wer-den kann. Ihm als Nachtatverhalten zur Last gelegtes Verhalten muß [X.] diesem Zeitpunkt liegen. So könnten - ginge insoweit die Kammer nichtvon einem Nachtatverhalten aus, sondern müßte offen lassen, ob der Ange-klagte schon Kenntnis vom Tod seiner geschiedenen Frau hatte - sein am 15.Oktober 1998 geschriebener und in den Briefkasten des Opfers geworfenerBrief und seine Äußerungen gegenüber seinem Schwager vom selben Tageebenso wie sein Verhalten am 16. Oktober mehreren Zeugen gegenüber ineinem für den Angeklagten günstigeren Licht erscheinen.3. Auch die Ausführungen des Schwurgerichts zum Aussageverhaltendes Angeklagten und zum Legen falscher Spuren sind nicht frei von [X.]. Das [X.] ist von der Täterschaft des Angeklagten, dem sie [X.] für die Tat nicht nachweisen konnte, und das nach den getroffenen [X.] auch nicht nahe liegt, im wesentlichen deshalb überzeugt, weil ersich bei seinen Vernehmungen in Widersprüche verwickelt und sein Aussage-- 5 -verhalten dem jeweiligen Erkenntnisstand der Strafverfolgungsbehörden ange-paßt habe; weil er sich bereits bei seiner polizeilichen Vernehmung als [X.] später bemüht habe, von sich als möglichem Täter abzulenken; weil [X.] gegenüber verschiedenen Personen vorgetäuscht habe, daß seinegeschiedene Ehefrau noch am Leben sei, und bewußt falsche Spuren [X.].Soweit die Überzeugung des [X.] insoweit nicht schon von demunter 2. dargelegten Rechtsfehler beeinflußt ist, vermag der [X.] nicht auszu-schließen, daß der Tatrichter bei der Würdigung dieser Beweise verkannt hat,daß die Widerlegung einer Einlassung allein nicht eine dem Angeklagten un-günstige Sachverhaltsfeststellung begründen kann, weil auch ein Unschuldigervor Gericht Zuflucht zur Lüge nehmen kann (vgl. BGHSt 41, 153, 156; [X.] § 261 Beweiskraft 3; [X.] in [X.] § 261 Rdn. 64 b jew.m.w.Nachw.), zumal wenn - wie hier - feststeht, daß er vor der Tötung in [X.] des [X.] gewesen ist. Deshalb bedeutet die Widerlegung dervon dem Angeklagten behaupteten [X.] lediglich, daß [X.] seine Entlastung nicht gelungen ist; daraus allein dürfen aberebensowenig Schlüsse auf seine Täterschaft gezogen werden, wie z.B. bei ei-nem mißlungenen [X.] (vgl. hierzu BGHSt 41, 153, 154). Treten jedochbesondere Umstände hinzu, so darf auch zum Nachteil des [X.] werden, daß dieser sich bei der Vernehmung in Widersprüche ver-wickelt, falsche Spuren gelegt, nachweislich gelogen oder sich auf ein falschesAlibi berufen hat (vgl. [X.], 303). Dabei kann es insbesondereauf die Gründe und Beweisumstände des jeweiligen Vorbringens ankommen(vgl. BGHSt 41, 153, 154).- 6 -Daß das [X.] diese Grundsätze nicht beachtet hat, ergibt sichunter anderem aus [X.], 35. Dort hat es seine Überzeugung ausgedrückt,daß sich daraus, daß der Angeklagte am 15. und 16. Oktober 1998 mehrerenZeugen vorgetäuscht habe, er habe an diesem Tag Kontakt mit seiner ge-schiedenen Frau gehabt, "nur schließen" lasse, daß der Angeklagte seine ge-schiedene Frau getötet habe, mithin also wußte, daß sie tot war, und daß erdurch falsche Behauptungen gegenüber Dritten von vorneherein jeglichen Ver-dacht von sich ablenken wolle. "Eine andere Erklärung für sein Verhalten hatder Angeklagte nicht gegeben; eine andere Erklärung läßt sich auch nicht [X.] diesem Rechtsfehler beruht auch die Verurteilung des Angeklagten.Denn das [X.] schließt die Darstellung seiner Überzeugungsbildung mitder zusammenfassenden Feststellung, daß "sich insgesamt aus dem [X.] Angeklagten sowie seinen widersprüchlichen Angaben, die teilweise durchZeugenaussagen und objektive Beweismittel widerlegt sind, nur der Schlußziehen" lasse, "daß er seine geschiedene Ehefrau getötet hat" ([X.] [X.] von [X.]

Meta

3 StR 560/99

05.01.2000

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.01.2000, Az. 3 StR 560/99 (REWIS RS 2000, 3600)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 3600

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