Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.04.2017, Az. X ZB 3/17

X. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 12947

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:040417BXZB3.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
X [X.]
Verkündet am:
4. April 2017
Anderer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem [X.]
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Postdienstleistungen
[X.] § 97 Abs. 1, 2, § 127
Abs. 1; VgV § 8 Abs. 1 Satz 2, § 58
a)
Es steht einer transparenten und wettbewerbskonformen Auftragsvergabe regelmäßig nicht entgegen, wenn der öffentliche Auftraggeber für die Erfüllung qualitativer Wertungskriterien Noten mit zugeordneten Punktwerten vergibt, ohne dass die Vergabeunterlagen weitere konkretisierende Angaben dazu enthalten, wovon die jeweils zu erreichende Punktzahl konk-ret abhängen soll.
b)
Ein Wertungsschema, bei dem die Qualität der Leistungserbringung und der nach der einfa-chen linearen Methode in Punkte umzurechnende Preis mit jeweils 50% bewertet werden, ist ohne Weiteres auch dann nicht vergaberechtswidrig, wenn nur eine Ausschöpfung der Punk-teskala in einem kleinen Segment (hier: 45 bis 50 von 50 möglichen Punkten) zu erwarten ist. Die Wahl einer bestimmten Preisumrechnungsmethode kann [X.] nur bean-standet werden, wenn sich gerade ihre Heranziehung im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände als mit dem gesetzlichen Leitbild des [X.] unvereinbar erweist.
c)
Der Gefahr einer Überbewertung qualitativer Wertungskriterien zum Nachteil einzelner Bieter ist durch eingehende Dokumentation des [X.] zu begegnen. Die [X.] untersuchen auf Rüge die Benotung des Angebots des Antragstellers als solche und in Relation zu den übrigen Angeboten, insbesondere zu demjenigen des [X.], und darauf hin, ob die jeweiligen Noten im Vergleich ohne Benachtei-ligung des einen oder anderen Bieters plausibel vergeben wurden.
[X.] §
179 Abs. 2; ZPO § 524, §
565 Satz 2
a)
Der Beschwerdegegner kann sich im [X.] bis zum Ablauf der ihm gesetzten Frist zur Beschwerdeerwiderung der Beschwerde gegen die Entscheidung der Vergabekammer anschließen.
b)
Im Verfahren vor dem [X.] nach §
179 Abs.
2 [X.] kann die Beschwerde nach Beginn der mündlichen Verhandlung nur mit Einwilligung des Gegners zurückgenom-men werden.
[X.], Beschluss vom 4. April 2017 -
X [X.] -
[X.]

Vergabekammer Sachsen

-
2
-
Der X.
Zivilsenat des [X.]s hat auf die mündliche Verhandlung vom 4.
April 2017 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr.
Meier-Beck, die Richter [X.], Dr.
Bacher und [X.] und
die Richterin Schuster
beschlossen:
Der Beschluss des [X.]s des [X.] vom 2.
Februar 2017 wird im Ausspruch zu 1 aufgehoben.
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den [X.] der 1.
Vergabekammer des [X.] vom 23.
November 2016 wird zurückgewiesen.
Auf die [X.] der Antragsgegnerin wird dieser Beschluss aufgehoben, soweit darin zu ihrem Nachteil entschie-den worden ist; der Nachprüfungsantrag wird auch insoweit zu-rückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Nachprüfungsverfahrens beider Instanzen zu tragen.
Die Antragstellerin hat der Antragsgegnerin deren zur [X.] Rechtsverteidigung notwendige Aufwendungen zu ersetzen. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegnerin auch vor der Vergabekammer wird für notwendig erklärt.
Der [X.] wird auf 360.000 Euro festgesetzt.
-
3
-
Gründe:
I.
1.
Das vorliegende Nachprüfungsverfahren bezieht sich auf den von der Antragsgegnerin im offenen Verfahren ausgeschriebenen Abschluss von Rahmenverträgen über Postdienstleistungen in zwei
Losen (Brief-
und Paket-post)
für die Dauer von sechs Jahren. Der Auftragnehmer soll das komplette Leistungsspektrum von der Abholung der Sendungen bei der Antragsgegnerin über alle erforderlichen Zwischenschritte bis zur Zustellung an die Empfänger erbringen und dabei in der Organisation der Zwischenschritte und des Erfolgs

etwa durch Eigenleistung oder über Nachunternehmer/Dienstleister

in gewis-ser Weise frei sein; von der Antragsgegnerin vorgegeben sind der Zustand der Sendungen bei Abholung und die Ablieferung innerhalb einer bestimmten Zeit an die Empfänger in einer bestimmten Sendungsform sowie
bestimmte Be-richtspflichten (Sendungsverfolgung, Meldungen des Sendeaufkommens etc.).
Den
Zuschlag soll das wirtschaftlichste Angebot erhalten. Als [X.] sind mit jeweils 50% der Preis und die Qualität der Leistungserbrin-gung angegeben. Für Letztere als zweites
Zuschlagskriterium sind in den Vergabeunterlagen drei [X.] mit jeweils zugeordneten Prozentwerten gebildet, und zwar:
1.
Schwankungen im Sendungsaufkommen/Auftragsspitzen (15%)
2.
Sicherstellung einer effektiven Leistungserbringung (25%) und
3.
Zustellzeiten (10%).
1
2
-
4
-
Die Bieter sollen mit ihrem Angebot auf zwei bzw. vier Seiten
darstellen, wie sie die Schwankungen im Sendungsaufkommen zu bewältigen und die ef-fektive
Leistungserbringung sicherzustellen gedenken. Dafür können beim ers-ten
Unterkriterium maximal 15
Punkte und beim zweiten

das in den [X.] nochmals in vier Unterpunkte aufgegliedert ist (unten Rn.
45)

bis zu 25
Punkte errungen werden,
außerdem bis zu 10
Punkte
für die [X.]. Die Vergabestelle benotet die schriftlichen Darstellungen auf einer Skala von ungenügend (0
Punkte) über mangelhaft (1
Punkt), ausreichend (2
Punkte), befriedigend (3
Punkte) und gut (4
Punkte) bis zu sehr gut (5
Punkte). Die so erlangte Punktzahl wird dann mit dem Faktor
3 beim ersten und dem Faktor 5 beim zweiten Unterkriterium multipliziert.
Bei der Laufzeit erhalten die Bieter zwischen 0 und 10 Punkten je nach dem Anteil der am auf den [X.] folgenden Tag ("[X.]") zugestellten Briefsendungen, was nach näheren Vorgaben nachzuweisen ist. Die Punkte-werte aller [X.] werden anschließend für die Wertung mit den beim [X.] erzielten Punktwert (unten Rn. 29) addiert.
Der Auftrag
wurde am 20.
August 2016 im Supplement zum Amtsblatt der [X.] veröffentlicht;
am 30.
August 2016 rügte die Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin, soweit für das Beschwerdeverfahren von Interesse, der Angebotspreis sei im Verhältnis zur Qualitätsbewertung untergewichtet und die Bewertungsmatrix intransparent.
2.
Die Vergabekammer hat die Berechnungsformel für die Bestimmung der bezüglich des [X.]s
erzielten Anzahl von Punkten für vergabe-rechtskonform
erachtet, eine Verletzung der Antragstellerin in ihren Rechten (§
168 Abs.
1 Satz
1 [X.]) aber in der Verwendung des Systems
zur Bewer-tung der Qualität in Bezug auf die ersten beiden [X.] gesehen. Die 3
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6
-
5
-
Vergabekammer hält dieses für intransparent und hat
insoweit bemängelt, aus den Vergabeunterlagen gehe nicht hinreichend deutlich hervor, in welcher Hin-sicht die Antragsgegnerin Angaben zur Bewältigung der Schwankungen im Sendungsaufkommen bzw. bei den Auftragsspitzen erwarte,
und,
das Bewer-tungssystem lasse im Zusammenspiel mit diesem unzulänglich dargestellten Erwartungshorizont nicht erkennen, welcher Zielerfüllungsgrad nötig sei, um für ein Konzept einen bestimmten Punktwert zu erreichen. Entsprechendes gelte für das zweite Kriterium der Sicherstellung einer effektiven und reibungslosen Leistungserbringung; auch insoweit sei nicht ersichtlich, wovon die zu [X.] im vorzulegenden Konzept abhänge.
3.
Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin form-
und fristge-recht sofortige Beschwerde
eingelegt. Die Beschwerdeschrift ist der
[X.] am 12.
Dezember 2016 mit der Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 5.
Januar 2017 zugestellt worden.
Mit ihrer am 28.
Dezember 2016 beim [X.] eingegangenen Beschwerdeerwiderung hat die Antragsgegnerin die Zurückweisung der soforti-gen Beschwerde beantragt und sich dem Rechtsmittel der Antragsgegnerin zu-gleich mit dem Antrag angeschlossen, den Beschluss der [X.], soweit hinsichtlich der Verwendung der [X.] "[X.] im Sendungsaufkommen/Auftragsspitzen"
und "Sicherstellung einer effekti-ven und reibungslosen Auftragserbringung"
zu ihrem Nachteil entschieden [X.] ist.
4.
Der [X.] hat die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen
und die Sache im Übrigen dem [X.] vorgelegt. Er erachtet die [X.] für begründet und möchte den [X.] auch insoweit zurückweisen. Daran sieht er sich durch die Recht-7
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6
-
sprechung des [X.]s Düsseldorf gehindert, das im [X.] mit der Erfüllung von Wirtschaftlichkeitskriterien eine Bewertung mit Punk-ten oder
Noten ("Schulnoten") auch bei Verwendung von [X.] ohne diesbezügliche ergänzende Erläuterungen nicht für zulässig erachte, weil dies nicht im Voraus erkennen lasse, welchen Erfüllungsgrad ("[X.]") die Angebote aufweisen müssten, um mit den jeweils festgelegten Punkten be-wertet zu werden ([X.], Beschluss vom 16.
Dezember 2015

Verg
25/15, [X.]
2016, 487, 489
f.; Beschluss vom 15.
Juni 2016

Verg
49/15, [X.]
2016, 762, 767
f.).
II.
Der [X.] hat aufgrund der zulässigen Divergenzvorlage ungeachtet der nur teilweisen Vorlage der Sache und ungeachtet der von der Antragstellerin erklärten Rücknahme der Beschwerde über die Beschwerde und über die [X.] zu entscheiden.
1.
Die Sache ist dem [X.] mit dem Vorlagebeschluss insgesamt angefallen und nicht nur im Umfang der [X.]. Im Interesse der Rechtssicherheit und
Klarheit ist der Beschluss des [X.]s
deshalb aufzuheben, soweit er
die Zurückweisung der sofortigen Be-schwerde der Antragstellerin betrifft (Ausspruch zu
1).
a)
Die Beschränkung der Divergenzvorlage auf einen Teil des [X.] ist nach der Rechtsprechung des [X.] nur in dem Maße zulässig, in dem im Zivilprozess ein Teilurteil erge-hen oder

was hier nicht einschlägig ist, weil es um Rechtsmittel unterschiedli-cher Beteiligter geht

die Revision wirksam
beschränkt werden könnte ([X.], 10
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12
-
7
-
Beschluss vom 20.
März 2014

X
ZB
18/13, [X.] 2014, 538 Rn.
13

Fahrbahnerneuerung
I). Der [X.] hat dies zwar im Ausgangspunkt nicht verkannt. Seine Annahme, ein Teilbeschluss sei zulässig, berücksichtigt aber nicht hinreichend, dass der [X.] grundsätzlich nicht lediglich die Vorlagefragen abstrakt beantwortet, sondern anstelle des [X.] in der Sache entscheidet, wenn kein Fall von § 179 Abs. 2 Satz 3 [X.] vorliegt, und in
diesem Rahmen die Voraussetzungen für den Erlass eines Teil-beschlusses nicht vorliegen.

b)
Ein Teilurteil (§ 301 ZPO) darf nach ständiger Rechtsprechung auch bei grundsätzlicher Teilbarkeit des Streitgegenstandes nicht ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen -
auch infolge abweichen-der Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht

besteht ([X.], Urteil vom 11.
Mai 2011

VIII
ZR
42/10, [X.]Z 189, 356 Rn.
13; Urteil vom 9.
Februar 2017

I
ZR
91/15, juris Rn. 23

[X.]). Die Gefahr einander wider-sprechender Entscheidungen ist bereits dann anzunehmen, wenn Urteilsele-mente, die weder in Rechtskraft erwachsen noch das Gericht nach §
318 ZPO für das weitere Verfahren binden können, unterschiedlich bewertet werden könnten (vgl. [X.], Urteil vom 12.
April 2016

XI
ZR
305/14, [X.]Z 210, 23 Rn.
29). Solche Gefahren bestehen im Streitfall bei Erlass eines Teilbeschlus-ses durch den [X.]; dass der [X.] in derselben Instanz entscheidet
und nicht als Rechtsmittelgericht, beruht auf der gesetzlichen Rege-lung und ist insoweit unerheblich.
Die [X.]e Überprüfung der beiden paritätischen
Wertungskri-terien des Preises und der Qualität der Leistungserbringung kann zur Vermei-dung von widersprüchlichen Beurteilungen nicht zwischen dem [X.] einerseits und dem
[X.] andererseits aufgeteilt werden. Die Antragstellerin macht unter anderem geltend, die Antragsgegnerin habe eine 13
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-
8
-
rechtswidrige Gewichtung zwischen den beiden Bewertungskriterien "Preis" und "Qualität" vorgenommen. Über diesen Angriff kann nur aufgrund einer umfas-senden Abwägung dieser beiden Kriterien und ihres Verhältnisses zueinander entschieden werden. Dies schließt eine Teilentscheidung über die Zulässigkeit eines der beiden Kriterien aus. Erachtete der [X.]
beispielsweise, wie geschehen, das [X.] als vergaberechtskonform und käme der Bun-desgerichtshof in Bezug auf das Qualitätskriterium zum gegenteiligen Ergebnis, würde durch diese beiden Entscheidungen nicht komplementär
und einheitlich insgesamt über die Wertungskriterien entschieden. Entsprechend verhielte es sich im umgekehrt gedachten Fall ([X.] des [X.]s und konformität der Qualitätsbewertung). Bei Gefahr solcher Widersprüche ist ein Teilbeschluss durch den [X.] unzulässig.
2.
Die [X.] der Antragsgegnerin ist statthaft
und auch sonst zulässig, insbesondere form-
und fristgerecht eingelegt.
a)
Im [X.] ist das Institut der [X.] allerdings nicht positiv geregelt. Ihre Statthaftigkeit im [X.]en Nachprüfungsverfahren ist in der Recht-sprechung der [X.]e und in der Fachliteratur gleichwohl von [X.] an bejaht worden (vgl. [X.], Beschluss vom 10.
Januar 2000

WVerg
1/99, [X.], 1582, 1588; [X.], Beschluss vom 5.
Dezember 2001
6
Verg
4/01, [X.]
2002, 256; [X.], [X.] vom 8.
Mai 2002
Verg
8/01

juris
Rn.
38; BayObLG, Beschluss vom 5.
November 2002
Verg
22/02, [X.], 342, 346; [X.], Beschluss vom 26.
Februar 2004
1
Verg
17/03, [X.]
2004, 387, 390; [X.]/[X.], Kommentar zum Vergaberecht, 1.
Aufl. Rn.
830; Beck'scher
VOB-Kommentar/[X.], 2001, §
116 [X.] Rn.
17).
Diese Auffassung ist zutref-fend.
15
16
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9
-
b)
Die [X.] ist auch sonst zulässig, insbesondere form-
und fristgerecht eingelegt.
Der Senat hält mit dem vorlegenden [X.] dafür, dass die [X.] in Anlehnung an §
524 Abs.
2 Satz
2, §
521 Abs.
2 Satz
1 ZPO bis zum Ablauf der dem Beschwerdegegner
üblicherweise
für die Erwi-derung auf die Beschwerde gesetzten Frist eingelegt und begründet werden kann (ebenso [X.], [X.]
2004, 387, 390). Zwar könnte die Einlegung der [X.] zeitlich auch an starre Fristen geknüpft werden, etwa

in Anlehnung an die Frist für die Einlegung und Begründung der sofortigen Beschwerde gemäß § 172 Abs. 1 [X.] -
an eine solche von zwei Wochen ab Zustellung der Beschwerdeschrift (BayObLG, [X.], 342, 346) oder an eine solche von einem Monat ab Zustellung der Beschwerdebe-gründungsschrift (vgl. §
127 Abs.
2 Satz
2 VwGO). Für eine solche stärkere Beschränkung des Rechts zur [X.] fehlt es aber angesichts des Schweigens des Gesetzes an einer hinreichenden
Rechtfertigung; es er-schiene zudem unter prozessökonomischen Gesichtspunkten wenig sinnvoll, für
die
Anschließung an das Rechtsmittel der Gegenseite
eine andere Frist zu postulieren als die dem Beschwerdegegner für die Beschwerdeerwiderung ge-setzte.
3.
Die von der Antragstellerin am Schluss der mündlichen Verhandlung erklärte Rücknahme der Beschwerde ist wirkungslos, da die Antragsgegnerin der Rücknahme nicht zugestimmt hat. Entscheidet der [X.] nach § 179 Abs. 2
Satz 2 [X.] anstelle des [X.]s, kann die sofortige Beschwerde in entsprechender Anwendung des § 565 Satz 2 ZPO ohne Einwil-ligung des Beschwerdegegners nur bis zum Beginn der mündlichen Verhand-lung zur Hauptsache zurückgenommen werden.
17
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-
10
-
a)
Mit der Vorschrift des § 565 Satz 2 ZPO will der Gesetzgeber sicher-stellen, dass der Rechtsmittelführer in einem Rechtsstreit, in dem die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache oder deshalb zugelassen worden ist, weil die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer [X.] Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO), nach Beginn der mündlichen Verhandlung die höchstrichterliche Klärung der Rechtsfrage nicht mehr einseitig verhindern kann. Stimmt der Revi-sionsbeklagte einer Rücknahme des Rechtsmittels nicht zu, räumt das Gesetz ab diesem Zeitpunkt der höchstrichterlichen Entscheidung der Grundsatzfrage oder der Auflösung einer Divergenz Vorrang vor
der Dispositionsbefugnis des Rechtsmittelklägers ein. Eine entsprechende Vorschrift für das Revisionsverfah-ren enthält
etwa auch die Verwaltungsgerichtsordnung (§ 140 Abs. 1 Satz 2
VwGO).

b)
Dem Sinn und Zweck dieser Regelung entspricht eine [X.] Anwendung, wenn der [X.] nach
§ 179 Abs. 2 Satz 2 [X.] anstelle des [X.]s im [X.] entschei-det. Soweit das Gesetz dieses Verfahren nicht näher regelt, ist grundsätzlich auf die sachnächsten Vorschriften der Zivilprozessordnung zurückzugreifen, wie es, wie ausgeführt, beispielsweise bei der auf die [X.] anzu-wendenden Frist geboten ist. Der [X.] entscheidet nach § 179 Abs. 2 [X.], wenn das an sich zur Entscheidung berufene [X.] von einer Entscheidung eines anderen
[X.]s oder des [X.] abweichen will. Das Gesetz sieht mithin aus § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entsprechenden Gründen eine höchstrichterliche Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung vor. Dass diese nicht in einem Revisions-
oder Rechtsbeschwerdeverfahren erfolgt, ist lediglich dem Umstand geschuldet, dass das Gesetz das [X.] besonders beschleunigen 20
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-
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-
will. Gerade unter Berücksichtigung dieser Besonderheit des [X.] entspricht es aber dem Sinn und Zweck der Befassung des [X.]s mit der Sache, dass der Rechtsmittelführer die Entschei-dung der Divergenzfrage nach Beginn der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] ohne Zustimmung des Rechtsmittelgegners nicht mehr ver-hindern kann.
4.
Die Voraussetzungen des §
179 Abs.
2 Satz
1 [X.] liegen vor.
a)
Dies ist nach ständiger Rechtsprechung der Fall, wenn das vorle-gende [X.] seiner Entscheidung als tragende Begründung einen Rechtssatz zugrunde legen will, der mit einem die Entscheidung eines anderen [X.]s oder des [X.]s tragenden Rechtssatz unver-einbar ist (vgl. [X.], Beschluss vom 31.
Januar 2017
X
ZB
10/16, [X.], 23 Rn.
6
[X.]). So verhält es sich hier. Das [X.] Düsseldorf hat in seinen beiden vom vorlegenden [X.] in Bezug genommenen Entscheidungen ([X.], [X.]
2016, 487
ff.; 762
ff.) in vergleichbaren Sachverhaltskonstellationen
bean-standet, dass in den Vergabeunterlagen nicht näher aufgeschlüsselt und erläu-tert war, wodurch bzw. wofür die den einzelnen [X.] zugeordneten Punktbewertungen oder Benotungen errungen werden konnten. Dazu würde sich das vorlegende [X.] in Widerspruch begeben, wenn es in der von ihm befürworteten Weise entschiede.
b)

Die Voraussetzungen für die Entscheidung durch den [X.] nach § 179 Abs. 2 [X.] sind nicht nachträglich dadurch entfallen, dass das [X.] Düsseldorf in einer neueren Entscheidung von [X.] zur Divergenzvorlage führenden Rechtsprechung Abstand genommen hat ([X.], Beschluss vom 8. März 2017

Verg 39/16). Für eine "Rück-22
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-
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-
gabe" des Verfahrens an den vorlegenden [X.] wegen Wegfalls der [X.] ist nach der gesetzlichen Regelung kein Raum, weil der [X.] danach anstelle des [X.]s entscheidet (§
179 Abs. 2 Satz 2 [X.]).
III.
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Die [X.] der Antragsgegnerin hat hingegen Erfolg und führt auch insoweit zur Zurückweisung des [X.]. Die von der [X.] vorgesehenen Zuschlagskriterien stehen mit dem Gesetz in Einklang.
1.
Die von der Antragsgegnerin für die Preisbewertung vorgesehene Methode hält -
auch unter Berücksichtigung des sich durch die gewählten [X.] insgesamt eröffnenden Wertungsspielraums

der vergabe-rechtlichen Nachprüfung stand.
a)
Die Antragstellerin meint, der Preis werde infolge der gewählten [X.] entgegen den Vergabeunterlagen faktisch nicht mit 50
% berücksichtigt, sondern wettbewerbsverzerrend völlig entwertet. Diese Rüge geht an dem Erklärungsgehalt der Angaben in den Vergabeunterlagen zur [X.] von Preis und Qualität vorbei und greift deshalb nicht durch.
[X.])
Wie die in den Vergabeunterlagen angekündigte paritätische Bewer-tung von Preis und Qualitätskriterien zu verstehen ist, ergibt sich aus der Sicht der angesprochenen Bieter nicht durch isolierte Interpretation dieser Angaben, sondern unter Berücksichtigung der gesamten Erläuterungen der beabsichtig-ten Wertung in den Vergabeunterlagen. Danach ist erkennbar, wie die [X.] jeweils hälftige Bewertung von Preis und Qualität gehandhabt werden 25
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soll, nämlich in der Weise, dass auf den günstigsten Preis einerseits und die bei der Qualität der Leistung maximal mögliche Bewertung andererseits jeweils die Hälfte der höchstens zu erreichenden Punktzahl entfällt.
Die Bewertung des Preises mit 50% erfolgt danach durch Umrechnung des Preises in einem Punktesystem mit maximal 50
Punkten. Der niedrigste Angebotspreis (Gesamtsumme sechs Jahre brutto) je Los erhält 50
Punkte. Zur Berechnung des Abstands der teureren Angebote wird der niedrigste Ange-botspreis der in die letzte Wertungsstufe gelangten Angebote mit der maximal zu vergebenden Punktzahl (50
Punkte) multipliziert und das Ergebnis durch die jeweiligen höheren Angebotspreise der übrigen Bieter dividiert. Die Ankündi-gung der hälftigen Berücksichtigung des Preises ist deshalb für sich genommen nicht irreführend.
[X.])
Der Rückgriff auf diese Bewertungsmethode kann der Antragsgegne-rin [X.] auch nicht wegen seiner vermeintlichen [X.] Wirkung verwehrt werden.
(1)
Der Antragstellerin ist allerdings zuzugeben, dass unter der von ihr angenommenen Prämisse, der Wettbewerb lasse eine Spreizung der [X.] von allenfalls 10
% erwarten, die gesamte [X.] nicht annä-hernd ausgeschöpft, sondern nur der Bereich zwischen 50 und etwa 45 Punk-ten belegt werden dürfte. Das [X.] erfahrene [X.] teilt diese Einschätzung. Sie erscheint auch in Anbetracht des beiderseitigen Vorbringens zu den [X.] der [X.] gegenüber soge-nannten Konsolidierungsunternehmen für vorsortiert angelieferte [X.] durchaus plausibel. Den eingereichten Unterlagen zufolge hat die [X.] 2016 insoweit etwa bei Einlieferungen ab 250 Briefen im [X.] zwar einen Rabatt von 45
% auf das reguläre Porto
gewährt. 29
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14
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Dieser Rabattierung bei Konsolidierungsleistungen müssen aber die [X.] von Konkurrenten der [X.] im Wettbewerb um den vorliegend ausgeschriebenen Auftrag schon deshalb nicht entsprechen, weil sie auch Beiträge zu den eigenen Fixkosten erwirtschaften und, wenn sie, wie die Antragstellerin, nur im regionalen Bereich eigene Zusteller einsetzen können, im überregionalen Versand Subunternehmer einschalten und bezahlen müssen.
(2)
Auch wenn bei der Preisbewertung nach der hier eingesetzten "ein-fachen linearen Methode" eine volle Ausschöpfung der [X.] nicht annä-hernd zu erwarten ist, rechtfertigt das nicht, der Antragsgegnerin ihre Anwen-dung zu untersagen. Diese durchaus gängige Methode (vgl. dazu [X.] in: von [X.] (Hrsg.) "Vergabe von Postdienstleistungen", Schriftenreihe des forum vergabe e.V.,
S. 164) kann nicht per se als vergaberechtswidrig bewertet werden. Das gilt umso mehr, als in der Fachliteratur nachvollziehbar aufgezeigt wird, dass auch andere Bewertungsmethoden unter Umständen zu als unbillig oder widersprüchlich empfundenen Ergebnissen führen können (vgl. etwa Kii-ver/Kodym,
[X.], 59; [X.]/von [X.]/[X.],
[X.], 393; [X.],
[X.], 75; [X.],
[X.], 555 und dazu [X.], [X.], 578
ff.) und dem Auftraggeber insoweit nicht ohne Weiteres angesonnen werden kann, sich für oder gegen eine alternative Berechnungs-methode zu entscheiden. Mit einer Diskrepanz zwischen der Spreizung der zu erwartenden Angebotspreise und der Spreizung der zu erwartenden Qualitäts-bewertungen bringt der Auftraggeber zum Ausdruck, dass er der Qualität der Leistung erhebliches Gewicht beimessen und einen etwas niedrigeren Preis gegebenenfalls geringer gewichten will als ein qualitativ
etwas besseres Ange-bot; dies ist für sich genommen nicht rechtswidrig. In welchem Umfang eine solche Diskrepanz auftritt, hängt überdies vom Einzelfall und von dem Spiel-raum ab, den insoweit die Kriterien bieten, nach denen die Qualität der angebo-32
-
15
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tenen Leistungen zu bewerten ist. Das Argument der Antragstellerin, selbst ein den niedrigsten um das Fünfzigfache übersteigender Preis erhalte immer noch einen Punkt, ist deshalb für das Verhältnis zwischen Preis-
und Qualitätsbewer-tung ohne Aussagekraft.
b)
Unter diesen Umständen kann die Wahl einer bestimmten Preisum-rechnungsmethode [X.] vielmehr nur beanstandet werden, wenn sich gerade ihre Heranziehung im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände als mit dem gesetzlichen Leitbild des [X.] unvereinbar erwiese. Das lässt sich im Streitfall indes nicht feststellen. Die Preisbewertungsmethode begegnet auch in der Gesamtschau unter Einschluss der Qualitätskriterien nicht solchen [X.]en Bedenken, dass die Verwendung des vorgesehe-nen [X.] zur Vermeidung von Rechtsverletzungen einzelner Bie-ter und Schädigung ihrer geschützten Interessen (vgl. § 168 Abs. 1 Satz 1 [X.]) untersagt werden müsste.
[X.])
Der Zuschlag wird auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt. Dieses bestimmt sich nach dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis (§
127 Abs.
1 Satz
1, 3 [X.]). Grundlage dafür ist eine Bewertung des öffentlichen [X.], ob und inwieweit die Angebote die vorgegebenen Zuschlagskriterien erfüllen (§
127 Abs. 1 Satz 2 [X.]). Die Zuschlagskriterien spiegeln dement-sprechend wider, wie
der Auftraggeber im jeweiligen Vergabeverfahren das Preis-Leistungs-Verhältnis bewerten
möchte, wenn sich bei den [X.] einerseits und der Qualität des Angebots andererseits unterschiedliche Rangfolgen ergeben. Hierfür ist ihm ein weiter Beurteilungs-
und Handlungs-spielraum eröffnet; der Auftraggeber muss seinen Beschaffungsbedarf in den Schranken wirtschaftlicher und fiskalischer Vernunft und der
aus § 97 [X.] ab-zuleitenden Regeln für den Vergabewettbewerb frei definieren können; zu die-33
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-
16
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ser Definition gehört auch, welche Qualität die Leistung vorzugsweise haben soll.
Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers des Vergaberechtsmoderni-sierungsgesetzes vom 17. Februar 2017 (BGBl.
I S. 203) sind ihm
dabei inso-weit Grenzen gesetzt, als der Preis bzw. die Kosten in der [X.] zwingend berücksichtigt werden müssen (vgl. BT-Drucks. 18/6281 S.
111 zu §
127 Abs.
1 [X.]). Diese Sichtweise stimmt mit der Richtlinie 2014/24 [X.] über die öffentliche Auftragsvergabe überein (vgl. dort [X.], 92 Abs. 3). Sind zwei Angebote qualitativ in jeder Hinsicht gleichwertig, ist der Zuschlag zwingend auf das Angebot mit dem niedrigsten Preis zu erteilen. Neben dem Preis bzw. den Kosten kann der öffentliche Auf-traggeber
eine Vielzahl qualitativer Zuschlagskriterien festlegen (§
127 Abs.
1 Satz 4 [X.]), die grundsätzlich umso größeres Gewicht haben sollen, desto weniger es sich bei dem nachgefragten Wirtschaftsgut um eine marktübliche, standardisierte Leistung handelt. Eine allzu einseitige Ausrichtung am Preis birgt, worauf auch der [X.] hingewiesen hat, die Gefahr, dass [X.] getroffen werden, die sich letztlich als unwirtschaftlich erweisen, weil sie qualitativen Unterschieden der Leistung nicht Rechnung tra-gen
([X.], [X.], 230
Rn.
21

[X.]).
[X.])
Im Streitfall geht es zwar mit Postdienstleistungen um die [X.] vergleichsweise weitgehend standardisierter Leistungen (unten
Rn.
40). Aber auch bei einer in dieser Weise geprägten Nachfrage ist der öffentliche Auf-traggeber nicht gehindert, Qualitätskriterien in die Wertung einfließen zu lassen (BT-Drucks. 18/6281 [X.]O) und die Bewertung der
Angebote, wie im Streitfall, in erheblichem Maße davon abhängig zu machen, inwieweit kontinuierlich eine zügige
und reibungslose Erbringung der Dienstleistung
mit möglichst geringem Reklamationsaufkommen gewährleistet ist.
35
36
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17
-
Dabei kann ein hoher Einfluss von Qualitätskriterien auf die [X.], wie er im Streitfall zu verzeichnen ist, unter Umständen einzel-nen Anbietern, namentlich dem ressourcenstarken früheren Inhaber eines [X.], mehr als anderen Bewerbern entgegenkommen. Dieser Umstand lässt die Verwendung des von der Antragsgegnerin konzipierten [X.] für sich genommen aber noch nicht als vergaberechtswidrig erscheinen.
Öffent-liche Auftraggeber sind zwar generell verpflichtet, ihren Bedarf in transparentem Wettbewerb unter Gleichbehandlung der Bieter zu decken (§
97 Abs.
1, 2 [X.]). Es stellt für sich ohne Weiteres aber noch keine [X.] zu be-anstandende Ungleichbehandlung dar, wenn ein Wertungsschema, das ein [X.] Auftraggeber in der Position der Antragsgegnerin anwendet, der selbst nur Nachfrager ohne eigene Regulierungsverantwortung ist und grund-sätzlich die für ihn bestmögliche Bedarfsdeckung anstreben darf, qualitative Gesichtspunkte der Leistungserbringung wie geschehen hervorhebt.
[X.])
Die Grenze zur [X.] der Verwendung
eines sol-chen [X.] wäre überschritten, wenn qualitativen Wertungskrite-rien einzeln oder in ihrer Gesamtheit ein Gewicht zugemessen würde, das sachlich nicht zu rechtfertigen ist und deshalb die Annahme nahelegt, dass die Kriterien so ausgestaltet wurden, dass
nur ein oder einzelne Unternehmen [X.] Aussichten auf den Zuschlag haben, während andere Anbieter trotz Vergabe im offenen Verfahren (§
119 Abs.
3 [X.]) und objektiv gegebener Eignung (§
122 [X.]) von vornherein chancenlos wären. In einer solchen Fall-gestaltung würden die Wertungskriterien bei der gebotenen wertenden Betrach-tung der Sache nach Eignungskriterien bilden und bestimmte Bieter entgegen den für das offene Verfahren geltenden Grundsätzen
ausschließen. Dafür, dass dies
im Streitfall der Fall wäre, hat die Antragstellerin jedoch nichts geltend ge-macht, und hierfür ist auch nichts erkennbar.
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-
18
-
2.
Auch die vorgesehene Methode der Qualitätsbewertung ist entgegen der Auffassung der Vergabekammer nicht zu beanstanden.
Im Streitfall
steht es einer transparenten und wettbewerbskonformen Auftragsvergabe (§
97 Abs.
1 Satz
1 [X.]) nicht entgegen, dass die von den [X.] vorgelegten Konzepte
für die Kompensation von Schwankungen im Sendungsaufkommen/Auftrags-spitzen
und zur Sicherstellung
einer effektiven
Leistungserbringung
im Rahmen der [X.] benotet werden und einen
der jeweiligen Note zugeord-neten
Punktwert erhalten, ohne dass die Vergabeunterlagen weitere konkreti-sierende Angaben dazu enthalten, wovon die jeweils zu erreichende Punktzahl für das Konzept konkret abhängen soll. Das ergibt sich aus folgenden Erwä-gungen.
a)
Gegenstand des Vergabeverfahrens sind im Streitfall mit der Abho-lung, Weiterleitung und Zustellung postalischer Sendungen weitgehend stan-dardisierte Dienstleistungen
(oben Rn.
36), die im Rahmen eines Dauerschuld-verhältnisses in mehr oder minder massenhafter Wiederkehr zu erbringen
sind. Die bis zur Aushändigung jeder
einzelnen
Sendung an den jeweiligen Empfän-ger zu erbringenden Einzelleistungen von der Abholung und Beförderung von Brief-
oder Paketsendungen bis hin zu deren Ablieferung beim Empfänger sind für sich und in ihrer Abfolge in den Vergabeunterlagen
konkret und erschöpfend beschrieben.
b)
Soweit die Bieter ihre Konzepte
für die Erfüllung der Qualitäts-[X.] schriftlich darstellen sollen, hat der Wettbewerb partiell das Ge-präge eines Vergabeverfahrens mit funktionaler
Leistungsbeschreibung (§
31 Abs. 2 Nr. 1 VgV, vgl. dazu [X.]/[X.] in:
[X.]/[X.]/[X.], Kommentar zur VgV,
§ 31 Rn. 14). Gegenstand der Wertung sind insoweit die vom einzelnen Bieter zur Bewältigung eines deutlich überdurchschnittlichen
Anfalls
von Sendungen
vorgesehenen Vorkehrungen zur Gewährleistung einer 39
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-
insgesamt gleichwohl zeitnahen
Zustellung.
Sinngemäß das Gleiche gilt für die von ihm vorgeschlagenen Maßnahmen gemäß den Anforderungen der Verga-beunterlagen zum Unterkriterium der Sicherstellung einer effektiven Leistungs-erbringung.
Gegenstand der [X.] ist insoweit in einem ersten Schritt die prognostische Beurteilung, ob bzw. inwieweit die
aus den Konzepten
ersichtli-chen Maßnahmen zur Bewältigung von Auftragsspitzen bzw. Sicherstellung einer effektiven Leistungserbringung beitragen können. Je nachdem, in
wel-chem Maße die Lösungsvorschläge
aus Sicht der Antragsgegnerin insoweit Erfolg versprechen, erhält das jeweilige Konzept in einem zweiten Schritt eine entsprechende Benotung und die nach dem
Schlüssel in den [X.] zu errechnende Punktzahl.
c)
Die von der Vergabekammer geforderten weiteren Erläuterungen der Auftraggeberin zu ihren Erwartungen an die Inhalte des einzureichenden Kon-zepts sind rechtlich nicht geboten.
[X.])
Dass
das Unterkriterium "Schwankungen im Sendungsaufkommen/Auftragsspitzen" auf die Sicherstellung einer möglichst rückstaufreien Bewälti-gung der angefallenen Post auch in [X.] zielt, versteht sich für die Bieter
von selbst. Infolge der ergänzenden Informationen in den Vergabeunter-lagen, dass bei Los
1 im Tagesdurchschnitt ein Aufkommen von ca.
8.000
Sendungen zu erwarten
sei, es jedoch zu Abweichungen
von
bis zu 40% kommen
könne, etwa wenn zu einem vom Auftraggeber vorgegebenen Stichtag teilweise bis zu mehrere
tausend Sendungen mit Gebühren-
oder Grundsteuerbescheiden gleichzeitig versendet und mit dem Datum dieses [X.] frei gemacht werden müssten, und dass Los
2 durchschnittlich 30 Paket-sendungen täglich
betreffe,
die tatsächliche Anzahl aber zwischen 5 und 100 42
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Paketen schwanken
könne, können die Bieter sich ein Bild davon machen, wo-für ihr Konzept eine taugliche Lösung anbieten muss.
[X.])
Entsprechendes gilt für das zweite Unterkriterium der Sicherstellung einer effektiven Leistungserbringung mit Blick darauf, dass in der [X.] folgende Unterpunkte gebildet
sind:
-
Sicherstellung der Zustellung in Häusern, bei denen aufge-schlossen bzw. geklingelt werden muss;
-
Reaktionsweise bei Notfällen wie Personal

oder Fahrzeug-ausfällen oder extremen Wetterbedingungen;
-
Reklamationsmanagement und Reklamations

und Erreich-barkeitszeiten;
-
internes Qualitätsmanagement zur Gewährleistung der anfor-derungsgerechten Leistungserbringung (unter anderem [X.] von [gemeint: mit] betriebsinternen Än-derungen bezüglich Software oder eingesetzter Technik sowie sonstige Weiterbildungsmaßnahmen).
Damit werden den [X.] die Anforderungen der Antragsgegnerin unter [X.] hinreichend verdeutlicht. Die Forderung der Vergabekammer nach Unterlegung der erzielbaren Noten bzw. Punkte mit kon-kretisierenden Informationen zu den von der Antragsgegnerin mit der Erfüllung der [X.] verbundenen Erwartungen läuft darauf hinaus, ihr die [X.] eines partiell anderen Vergabeverfahrens
aufzuerlegen, als es ihren eigentlichen Intentionen entspricht,
und den [X.] direkt oder mittelbar Lö-sungskomponenten vorzugeben, die diese zwangsläufig aufgreifen würden, um in der [X.] bestehen zu können. Damit würde die Antragsgegnerin gezwungen, Aufgaben zu übernehmen, deren Lösung sie im Rahmen der funk-tionalen Ausschreibung in [X.] unbedenklicher Weise auf die Bieter delegieren wollte.
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21
-
Diese Bewertung steht im Übrigen in Einklang mit der neuesten Recht-sprechung des Gerichtshofs der [X.] ([X.], Urteil vom 14. Juli 2016

[X.], [X.] 2016, 721

[X.]), die auch das [X.] zum Anlass für die Korrektur seiner Rechtsprechung genom-men hat.
d)
Ob es unter außergewöhnlichen Umständen, etwa wenn die [X.] besonders vielschichtige Wertungskriterien erforderlich macht, bei Verwendung eines Benotung oder Punktbewertungs-systems durch die Vergabestelle zur Vermeidung einer intransparenten [X.] erforderlich sein könnte, dass der Auftraggeber seine Vorstellungen oder Präferenzen zum denkbaren [X.] erläutert und damit Anhalts-punkte für eine günstige oder ungünstige Benotung
vorgibt, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.
IV.
Für den Fall, dass die Antragsgegnerin den Auftrag im ausgeschriebenen Vergabeverfahren, in dem die ursprüngliche Frist zur Abgabe der Angebote bis zum 3.
November 2016 bemessen war, oder in einem neuen Verfahren mit gleichen Wertungskriterien
vergeben möchte, weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin.
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22
-
1.
Von der Frage der generellen Zulässigkeit des zugrunde gelegten [X.] zu trennen ist die Frage der Vergaberechtskonformität der auf seiner Grundlage durchgeführten Wertung.
Mit dem hohen
Stellenwert der Qualität der Leistungserbringung für die Zuschlagserteilung in diesem Wertungssystem geht die Verpflichtung der Vergabestelle zu einer besonders sorgfältigen Benotung der vorgelegten [X.] einher. Auf das Unterkriterium der Sicherstellung einer effektiven Leis-tungserbringung entfällt ein Viertel aller überhaupt erreichbaren Wertungspunk-te.
Es wird in den Vergabeunterlagen mit dem großen Interesse an einer effek-tiven Leistungserbringung begründet, die die amtlichen Betriebsabläufe [X.] nicht stört. An diesem das Qualitätskriterium begründenden und damit für die Wirtschaftlichkeit der Beschaffung ausschlaggebenden Interesse der An-tragsgegnerin wird sich die Benotung auszurichten haben.
Beispielsweise [X.] Unterschiede im internen Qualitätsmanagement unterschiedliches Gewicht haben oder gar ohne Bedeutung sein, wenn es [X.], dass sie das [X.] der Antragsgegnerin berühren könnten.
2.
Der Gefahr, dass die Offenheit
des im Streitfall vorgesehenen [X.]sschemas zu einer nicht hinreichend transparenten Vergabe führt, ist durch eingehende Dokumentation des [X.] zu begegnen.
Der
Auftraggeber ist
verpflichtet, die Gründe für die [X.] und den Zuschlag zu dokumentieren (§ 8 Abs. 1 Satz 2 VgV). [X.] dann, wenn er sich dafür, wie im Streitfall, eines aus Preis und qualitativen Aspekten zusammengesetzten Kriterienkatalogs
bedient, bei dem die Angebote hinsichtlich der Qualitätskriterien mittels eines [X.] bewertet werden und die Bewertungsmethode des Preises nur enge Kompensations-möglichkeiten für qualitative Abzüge
erwarten lässt (oben Rn. 31), muss der 50
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Auftraggeber seine für die Zuschlagserteilung maßgeblichen Erwägungen in allen Schritten so eingehend dokumentieren, dass nachvollziehbar ist, welche konkreten qualitativen Eigenschaften der Angebote mit welchem Gewicht in die Benotung eingegangen sind. Wird die Auswahlentscheidung zur [X.] gestellt, untersuchen die Nachprüfungsinstanzen auf Rüge gerade auch die Benotung des Angebots des Antragstellers als solche und in Relation zu den übrigen Angeboten, insbesondere demjenigen des Zuschlagsprätenden-ten. Auch wenn dem öffentlichen Auftraggeber bei der Bewertung und Beno-tung ein Beurteilungsspielraum zustehen
muss,
sind seine diesbezüglichen Bewertungsentscheidungen in diesem Rahmen insbesondere auch darauf hin überprüfbar, ob die jeweiligen Noten im Vergleich ohne Benachteiligung des einen oder anderen Bieters plausibel vergeben wurden.

-
24
-
V.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 182 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 und
2 analog, § 78 [X.]. Die von den Beteiligten
nicht angefochtene Gebührenfest-setzung durch die Vergabekammer bleibt unberührt.
Meier-Beck
[X.]
Bacher

[X.]
Schuster
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 02.02.2017 -
Verg 7/16 -

54

Meta

X ZB 3/17

04.04.2017

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.04.2017, Az. X ZB 3/17 (REWIS RS 2017, 12947)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 12947

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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