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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Vergabeverfahren: Grenzüberschreitendes Interesse an einem öffentlichen Auftrag; Anforderungen an die Zulassung von Nebenangeboten - Regenentlastung
Regenentlastung
1. Zur Beurteilung der Frage, ob an einem öffentlichen Auftrag ein grenzüberschreitendes Interesse besteht, ist eine Prognose darüber anzustellen, ob der Auftrag nach den konkreten Marktverhältnissen, das heißt mit Blick auf die angesprochenen Branchenkreise und ihre Bereitschaft, Aufträge gegebenenfalls in Anbetracht ihres Volumens und des Ortes der Auftragsdurchführung auch grenzüberschreitend auszuführen, für ausländische Anbieter interessant sein könnte .
2. Bei der Zulassung von Nebenangeboten werden die Grundfreiheiten des Primärrechts der Europäischen Union und die Gebote der Gleichbehandlung, Verhältnismäßigkeit und Transparenz gewahrt, wenn in den Vergabeunterlagen vorgegeben wird, dass Ausführungsvarianten eindeutig und erschöpfend beschrieben werden und alle Leistungen umfassen müssen, die zu einer einwandfreien Ausführung der Bauleistung erforderlich sind, und dass bei nicht in Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen oder in den Vergabeunterlagen geregelten Leistungen im Angebot entsprechende Angaben über Ausführung und Beschaffenheit dieser Leistungen zu machen sind .
Die Revision gegen das am 22. März 2010 verkündete Urteil des 12. Zivilsenats des [X.] wird auf Kosten der Klägerin, die auch die außergerichtlichen Kosten des Streithelfers zu tragen hat, zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Die Parteien streiten um die Frage, ob die beklagte Verbandsgemeinde in einem von ihr im Jahre 2005 außerhalb des Geltungsbereichs des [X.] durchgeführten Bauvergabeverfahren betreffend eine Regenentlastung berechtigt war, auf Nebenangebote eines Mitbewerbers den Zuschlag zu erteilen.
Die der Ausschreibung zugrunde gelegten Bewerbungsbedingungen enthielten den Hinweis, dass der Auftraggeber nach der Verdingungsordnung für Bauleistungen Teil A verfahren werde, und bestimmten für Änderungsvorschläge oder Nebenangebote:
"…
Der Bieter hat die in Änderungsvorschlägen oder Nebenangeboten enthaltenen Leistungen eindeutig und erschöpfend zu beschreiben; die Gliederung des Leistungsverzeichnisses ist, soweit möglich, beizubehalten.
Änderungsvorschläge oder Nebenangebote müssen alle Leistungen umfassen, die zu einer einwandfreien Ausführung der Bauleistung erforderlich sind.
Soweit der Bieter eine Leistung anbietet, deren Ausführung nicht in [X.] oder in den Verdingungsunterlagen geregelt ist, hat er im Angebot entsprechende Angaben über Ausführung und Beschaffenheit dieser Leistung zu machen.
…"
Die Klägerin hatte unter Berücksichtigung eines Preisnachlasses das günstigste Hauptangebot abgegeben. Den Zuschlag erhielt der mit seinem Hauptangebot an dritter Stelle liegende Bieter [X.], weil die Beklagte mehrere der von ihm eingereichten Nebenangebote wertete und dadurch zu einem unter dem Hauptangebot der Klägerin liegenden Angebotspreis gelangte.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass die Nebenangebote schon deshalb nicht hätten gewertet werden dürfen, weil die Beklagte für Nebenangebote keine Mindestanforderungen vorgegeben habe, und entgangenen Gewinn sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen eingeklagt. Die Beklagte und ihr Streithelfer, der in ihrem Auftrag die Ausschreibungsunterlagen erstellt und die Angebote geprüft hatte, sind dem entgegengetreten. Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das [X.] hat die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin nach Beweisaufnahme zurückgewiesen.
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte und der Streithelfer beantragen, verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche weiter.
Die Revision bleibt in der Sache ohne Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Nebenangebote hätten gewertet werden dürfen, obwohl die [X.] in den Vergabeunterlagen keine Mindestanforderungen an den Inhalt von Änderungsvorschlägen oder Nebenangeboten vorgegeben hatte. Zwar [X.] die zur Zeit der Ausschreibung geltende Richtlinie 93/37/[X.] ([X.] [[X.]]) und die an ihre Stelle getretene Richtlinie 2004/18/EG (Vergabekoordinierungsrichtlinie [[X.]]) die Festlegung von Mindestanforderungen vor; auch habe der [X.] diese Anforderung als unverzichtbar für ein transparentes Vergabeverfahren oberhalb der Schwellenwerte und als Grundlage der Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebots angesehen. Demgegenüber seien jedoch bereits die Schwierigkeiten zu bedenken, die ein solches Erfordernis der Vergabestelle hinsichtlich der notwendigen Sachkunde und des zusätzlichen Zeitaufwands bereite, sei sie doch gezwungen, Ausführungsvarianten schon bei der Ausschreibung in ihre Überlegungen und ihr Ausführungskonzept einzubeziehen. Außerdem könnten inhaltliche und technische Vorgaben die Nutzbarmachung des Fachwissens der Bieter herabsetzen, obwohl Nebenangebote regelmäßig dazu dienten, gerade noch nicht bedachte Lösungen anzubieten, wovon auch im Streitfall habe profitiert werden können. Aber selbst wenn mit Blick auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] zur Bedeutung von Mindestanforderungen für Transparenz und Gleichbehandlung auch im [X.] in Fällen mit [X.] für Nebenangebote Mindestanforderungen festgelegt werden müssten, sehe das einschlägige nationale Vergaberecht eine entsprechende Verpflichtung bis heute nicht vor, und dieses Problem werde in der Fachliteratur kontrovers diskutiert. Für die Frage, wann unterhalb der Schwellenwerte [X.] anzunehmen sei, habe im Übrigen auch die Klägerin keine gesicherten Voraussetzungen anführen können. Nach allem habe die [X.] nicht annehmen müssen verpflichtet zu sein, Mindestanforderungen für Nebenangebote in ihrer Ausschreibung aufzunehmen. Ein Verschulden der [X.]n sei deshalb nicht anzunehmen.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben im Ergebnis keinen Erfolg.
1. Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch stünde der Klägerin nach der neuesten Rechtsprechung des [X.] ([X.], Urteil vom 9. Juni 2011 [X.], [X.] 2011, 703 Rn. 11 ff. [X.], zur Veröffentlichung in [X.]Z vorgesehen) zu, wenn die [X.] ihre gegenüber den Teilnehmern am Vergabeverfahren bestehenden Rücksichtnahmepflichten (§ 241 Abs. 2 in Verbindung mit § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB) dadurch verletzt hätte, dass sie die Nebenangebote der Mitbewerber der Klägerin gewertet hat, obwohl sie in den Vergabeunterlagen keine Mindestanforderungen im Sinne von Art. 19 Abs. 1 und 2 [X.] festgelegt und erläutert hatte. Eine entsprechende Pflichtverletzung liegt der [X.]n jedoch nicht zur Last.
a) Eine Pflichtverletzung durch regelwidrige Anwendung der Vergabe und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A) scheidet aus. Deren für das durchgeführte Vergabeverfahren einschlägigen [X.] verpflichten nach wie vor nicht zur Formulierung von Mindestanforderungen für Nebenangebote. Entsprechendes ist vielmehr lediglich seit der Ausgabe 2006 der Vergabe und Vertragsordnung für Bauleistungen für in den Anwendungsbereich des [X.] fallende Vergabeverfahren vorgesehen (§ 25a Nr. 3 VOB/A/2006; § 16a Abs. 3 VOB/A 2009). Eine analoge Anwendung dieser Regelungen im [X.] kommt nicht in Betracht, weil keine ungewollte Regelungslücke vorliegt. Da die dem Streitfall zugrunde liegende Ausschreibung vor Inkrafttreten der VOB/A 2006 erfolgt ist, wäre für eine entsprechende Anwendung im Streitfall ohnehin nur Art. 19 [X.] infrage gekommen, wofür die Voraussetzungen gleichermaßen nicht vorliegen.
b) Ihre vorvertraglichen Fürsorgepflichten hätte die [X.] danach nur verletzt, wenn sie nach dem Primärrecht der [X.] verpflichtet gewesen wäre, ungeachtet des Fehlens einer entsprechenden Regelung in der Vergabe und Vertragsordnung für Bauleistungen an anderer Stelle in ihren Vergabeunterlagen etwa in ihren ergänzend verwendeten Vertragsbedingungen Mindestanforderungen für Nebenangebote zu definieren. Diese Verpflichtung hätte bestanden (Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 2 und 3 [X.]), wenn ohne Ergreifung dieser Maßnahme eine Beeinträchtigung der Grundfreiheiten des [X.] zu besorgen gewesen wäre. Das ist jedoch nicht der Fall.
aa) Öffentliche Auftraggeber haben das Primärrecht der [X.] nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] im [X.] zu beachten, sofern ein grenzüberschreitendes Interesse am Auftrag zu bejahen ist (vgl. [X.], Urteil vom 23. Dezember 2009 - [X.]/08, [X.] 2010, 469 Rn. 22 mwN - Serrantoni). Ob ein solches im Streitfall allein wegen des geschätzten [X.], der nach dem vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Vortrag der Parteien und bei entsprechender Anwendung von § 3 VgV etwa 1,3 Millionen € betragen haben dürfte, bejaht werden kann, erscheint fraglich. Der Vorschlag der Klägerin, das grenzüberschreitende Interesse in Anlehnung an § 2 Nr. 6 VgV pauschal bei [X.] ab einer Million Euro zu bejahen, überzeugt nicht. Diese im [X.]srecht (vgl. Art. 9 Abs. 5 lit. b Unterabs. 3 [X.]) wurzelnde Regelung privilegiert die Bauauftraggeber bei kleineren Losen von an sich [X.] Aufträgen in einem gewissen Umfang (bis zu 20% des [X.]) hinsichtlich der [X.]. Das bietet keine tragfähige Grundlage für die Schlussfolgerung, dass bei Aufträgen von einem Gesamtvolumen ab einer Million Euro ein grenzüberschreitendes Interesse besteht. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] ist es stets Sache des nationalen Gerichts, alle maßgeblichen Gegebenheiten, die den fraglichen Auftrag betreffen, eingehend zu würdigen, um festzustellen, ob im Einzelfall ein eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse besteht (vgl. [X.], [X.] 2010, 469 Rn. 25 mwN). Es bietet sich an, hierfür in Anlehnung an die für Vergabeverfahren außerhalb der Vergaberichtlinien ergangene Mitteilung der [X.] ([X.] Nr. [X.] vom 1. August 2006, [X.] ff. unter 1.3.) eine Prognose darüber anzustellen, ob der Auftrag nach den konkreten Marktverhältnissen, das heißt mit Blick auf die angesprochenen Branchenkreise und ihre Bereitschaft, Aufträge gegebenenfalls in Anbetracht ihres Volumens und des Ortes der Auftragsdurchführung auch grenzüberschreitend auszuführen, für ausländische Anbieter interessant sein könnte. Da das Berufungsgericht hierzu keine Feststellungen getroffen hat, ist das Bestehen eines grenzüberschreitenden Interesses im Streitfall zugunsten der Revision zu unterstellen.
bb) Aus dem Primärrecht der [X.] lassen sich, was die Ausgestaltung der Vergabeunterlagen bezüglich Nebenangeboten anbelangt, keine unverzichtbaren Anforderungen ableiten, die über die von der [X.]n in ihren Vergabeunterlagen formulierten, aus dem Tatbestand ersichtlichen Vorgaben hinausgingen.
(1) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] unterscheiden sich der Ober- und der [X.] dadurch, dass der Erstere den in den Vergabekoordinierungsrichtlinien detailliert vorgesehenen, besonderen und strengen Regeln unterliegt, die im Bereich unterhalb des jeweils einschlägigen Schwellenwerts, der auch im Streitfall nicht erreicht worden ist, nicht gelten ([X.], Urteil vom 15. Mai 2008 - [X.] und 148/06, [X.] 2008, 625 Rn. 19 [X.] und [X.]). Hier müssen öffentliche Auftraggeber nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] aber das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit und sonst die "grundlegenden Vorschriften" des [X.]srechts beachten ([X.], aaO Rn. 20), insbesondere diejenigen über die Freiheit des Warenverkehrs, die Dienstleistungsfreiheit und das Niederlassungsrecht, sowie die daraus abgeleiteten Grundprinzipien, insbesondere die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Verhältnismäßigkeit und der Transparenz ([X.], Urteil vom 23. Dezember 2009 - [X.]/08, [X.] 2009, 469 Rn. 23 - Serrantoni).
(2) Durch welche Maßnahmen sie die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Transparenz verwirklichen wollen, ist in einem gewissen Maß in das Ermessen der Mitgliedstaaten gestellt ([X.], aaO Rn. 31). Soweit es die Zulassung von Nebenangeboten betrifft, genügt es im Bereich oberhalb der Schwellenwerte, wie der [X.] zu Art. 19 [X.] entschieden hat, nicht, wenn sich (lediglich) aus einer nationalen Bestimmung ergibt, dass die Erbringung einer qualitativ gleichwertigen Leistung sichergestellt sein muss. Nur eine Erläuterung in den Vergabeunterlagen ermögliche den [X.] in gleicher Weise die Kenntnis von den Mindestanforderungen, die ihre Änderungsvorschläge erfüllen müssten, um vom Auftraggeber berücksichtigt werden zu können und sei aus Transparenzgründen im Interesse der Gleichbehandlung der Bieter hinreichend (vgl. [X.], Urteil vom 16. Oktober 2003 - C-421/01, [X.] 2004, 50 Rn. 26 ff. - Traunfellner).
(3) Unabhängig davon, dass diese aus Transparenzgründen hohen Anforderungen an die Qualität der Vergabeunterlagen Ausdruck der Besonderheit und Strenge der in den Anwendungsbereich der gemeinschaftsrechtlichen Richtlinien fallenden Vergabeverfahren sind und nicht ohne Weiteres mit den aus dem Primärrecht der [X.] herzuleitenden Anforderungen gleichgesetzt werden können, zeichnet sich der Streitfall dadurch aus, dass, wie vom [X.] gefordert, aus den Vergabeunterlagen hervorgeht, was die Bieter beachten müssen, um ihre Nebenangebote wertungsfähig auszugestalten. Die dort festgelegten Vorgaben dienen gleichermaßen der Präzisierung des Inhalts von Nebenangeboten, wie sie zu deren verbesserter Vergleichbarkeit mit den Hauptangeboten beitragen. In Änderungsvorschlägen oder Nebenangeboten enthaltene Leistungen eindeutig und erschöpfend zu beschreiben und die Gliederung des Leistungsverzeichnisses dabei, soweit möglich, beizubehalten, ist zwar in erster Linie eine an die Bieter gerichtete Obliegenheit. Kommt der Bieter ihr aber nach, erschwert dies zugleich den Ausschluss seiner Nebenangebote von der Wertung aus sachfremden Gründen und fördert dadurch mittelbar die Transparenz des Vergabeverfahrens. Genauso verhält es sich bei der Vorgabe, dass Änderungsvorschläge oder Nebenangebote alle Leistungen umfassen müssen, die zu einer einwandfreien Ausführung der Bauleistung erforderlich sind. Das Gleiche gilt schließlich für die weitere, mit der Regelung § 10 Nr. 4 Abs. 4 Satz 2 VOB/A 2002 und § 8 Abs. 3 Unterabs. 3 Satz 2 VOB/A 2009 übereinstimmende Anforderung, dass zu angebotenen Leistungen, deren Ausführung nicht in [X.] oder in den Vergabeunterlagen geregelt ist, im Angebot entsprechende Angaben über Ausführung und Beschaffenheit dieser Leistung gemacht werden müssen. Entsprechen eingereichte Nebenangebote diesen Vorgaben, muss der öffentliche Auftraggeber sich intensiv mit deren inhaltlichen Merkmalen auseinandersetzen. Da er begründen muss, warum einzelne Bewerber oder Bieter abgelehnt wurden (§ 20 Abs. 1 Nr. 5 VOB/A 2009), führen die im Streitfall aufgestellten Anforderungen zu einer höheren Kontrolldichte hinsichtlich der Vergabeentscheidung, was in gleichem Maße der Transparenz des Vergabeverfahrens zugute kommt, wie es das Risiko des Auftraggebers erhöht, Schadensersatzansprüchen des mit seinen Nebenangeboten zu Unrecht übergangenen Bieters ausgesetzt zu werden.
(4) Soweit, wie im Streitfall, keine sachlich-technischen Anforderungen in Bezug auf den Gegenstand von Nebenangeboten festgelegt wurden, beeinträchtigt dies nicht die Möglichkeiten etwaiger ausländischer Interessenten im Vergleich zu denjenigen der inländischen Anbieter, ihre [X.]fähigkeit, insbesondere ihre spezielle Fachkunde durch Einreichen von Nebenangeboten zur Geltung zu bringen. Beide Gruppen erhalten dieselben Vergabeunterlagen als Grundlage für die Angebotserstellung und können bei der Ausarbeitung von Angebotsvarianten darauf aufbauend in gleichem Maße kreativ werden. Von jedem Unternehmen, das sich geeignet fühlt, einen ausgeschriebenen Auftrag auszuführen, sei es ein ausländisches oder ein einheimisches, kann der öffentliche Auftraggeber erwarten, dass es auf der Grundlage seiner aus den Vergabeunterlagen ersichtlichen sachlich-technischen Anforderungen an die gewünschte Leistung Varianten ausarbeiten kann, wenn der Auftraggeber dafür, wie auch im Streitfall, einen Rahmen dergestalt vorgibt, dass eine Variante alle Leistungen umfassen muss, die zu einer einwandfreien Ausführung der Bauleistung erforderlich sind und dass die vorgeschlagene Alternativausführung eindeutig und erschöpfend, möglichst entsprechend der Gliederung des Leistungsverzeichnisses unterbreitet werden muss. Dafür, dass die Grundfreiheiten des [X.]srechts im [X.] nur dann nicht gefährdet sind, wenn für zugelassene Nebenangebote auch inhaltlich-auftragsbezogene Mindestanforderungen vorgegeben werden, ist nichts ersichtlich.
Dieses Ergebnis wird durch die Vergabeverfahren außerhalb der Vergaberichtlinien betreffende Mitteilung der [X.] ([X.] Nr. [X.] vom 1. August 2006 [X.] ff.) gestützt. Abgesehen von hier nicht einschlägigen Gesichtspunkten wie der hinreichenden Bekanntmachung des [X.] und eines ausreichenden Rechtsschutzes, wird in der Mitteilung eine diskriminierungsfreie Beschreibung des Auftragsgegenstands gefordert. Dabei hat die [X.] der Mitteilung zufolge in diesem Zusammenhang Ausgrenzungsstrategien durch Fixierung der Ausschreibung auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder Ähnliches, ohne die Gestattung des Ausweichens auf gleichwertige Alternativen und Stellung von Bedingungen im Auge, durch die ausländische Bieter direkt oder indirekt benachteiligt werden (Forderung nach Ansässigkeit im selben Mitgliedstaat bzw. der Region des Auftraggebers, [X.]). Die Ausgestaltung der Vergabeunterlagen in Bezug auf Nebenangebote hat die [X.] dagegen nicht zum Gegenstand ihrer Mitteilung gemacht.
(6) Auch aus sachlichen Gründen erscheint es dem [X.] nicht angezeigt, die Voraussetzungen für die Wertungsfähigkeit eingereichter Nebenangebote im [X.] zu verschärfen. Die Anforderungen in Art. 19 [X.] bzw. Art. 24 [X.] für den [X.] sind in der Konsequenz unter dem Gesichtspunkt der unbehinderten Wahrnehmung der Dienstleistungsfreiheit durchaus ambivalent. Wie bereits ausgeführt, besteht der Sinn und Zweck der Zulassung von Nebenangeboten darin, das unternehmerische Potenzial der für die Deckung des [X.] geeigneten Bieter dadurch auszuschöpfen, dass der Auftraggeber Vorschläge für alternative Lösungen erhält, auf die seine eigenen Mitarbeiter gerade deshalb nicht kommen konnten, weil sie nicht über dieselbe Fachkunde wie die Bieter verfügen. Deshalb mögen die Verpflichtungen aus Art. 19 [X.] und 24 [X.] zur Vorgabe von Mindestanforderungen bei der Beschaffung vergleichsweise homogener Güter unproblematisch sein, wie etwa in dem vom [X.] entschiedenen Fall, in dem in den Vergabeunterlagen für die Ausführung einer Straßendecke außerhalb von Autobahnbrücken eine zweischichtige Betondecke mit Oberbetonqualität vorgeschrieben war und es um die Frage ging, ob das Angebot einer aus [X.] gefertigten Asphaltdecke qualitativ gleichwertig war ([X.], [X.] 2004, 50 Rn. 8, 12 - Traunfellner). Ist Gegenstand der Beschaffung dagegen eine komplexe Leistung, beispielsweise ein schlüsselfertig zu errichtender Gebäudekomplex, so besteht regelmäßig eine Vielzahl von Möglichkeiten, Alternativvorschläge zu unterbreiten. Diese können sich auf die Bauleistung als Ganzes beziehen, aber auch nur auf einzelne Gewerke oder Teile davon. Muss der öffentliche Auftraggeber auch hier inhaltliche Mindestbedingungen für Nebenangebote vorgeben, liegt auf der Hand, dass es regelmäßig nur gelingen wird, einen Bruchteil der objektiv möglichen Alternativausführungen vergaberechtskonform in den Vergabeunterlagen anzusprechen. Die daraus resultierende Einengung des [X.] benachteiligt die einheimischen Unternehmen nicht minder als ausländische Anbieter, deren Interessen durch die Dienstleistungsfreiheit geschützt werden sollen.
(7) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] finden bei der Festlegung der zum Schutz der Grundfreiheiten ausländischer Bieter in Vergabeverfahren im [X.] zu ergreifenden Maßnahmen auch Verhältnismäßigkeitserwägungen Berücksichtigung ([X.], [X.] 2009, 469 Rn. 23 - Serrantoni). Insoweit ist zu bedenken, dass die Ausarbeitung [X.] Mindestanforderungen den für die Erstellung der Vergabeunterlagen erforderlichen Aufwand aus den vorstehend dargelegten Gründen erheblich erhöht und die Zahl der im [X.] angesiedelten Vergabeverfahren zugleich um ein Vielfaches über derjenigen der in den Geltungsbereich der Vergabekoordinierungsrichtlinie fallenden liegt. Dass Vergabeverfahren ohne grenzüberschreitenden Bezug ausgenommen werden könnten, entlaste die Auftraggeber vielfach gleichwohl nicht, weil dieser Bezug oftmals nicht zweifelsfrei verneint werden könnte, so dass die [X.] in diesen Fällen doch zu unterstellen und dem bei Ausarbeitung der Vergabeunterlagen Rechnung zu tragen wäre. Der mögliche Gewinn für die Bieter bei dieser Verfahrensweise gegenüber derjenigen, bei der an die Einreichung von Nebenangeboten Anforderungen wie im Streitfall gestellt werden, überwiegt im Verhältnis zu der Zusatzbelastung der Auftraggeber jedenfalls nicht.
2. Die Revision ist auch im Übrigen unbegründet.
a) Mit der Rüge, das Berufungsgericht habe die Wertungsfähigkeit des [X.] zu Unrecht bejaht, unternimmt die Revision den ihr verschlossenen Versuch, die gegenteilige und eingehend begründete Würdigung des Berufungsgericht durch die eigene zu ersetzen.
b) Soweit die Revision geltend macht, das [X.] sei ausschlussreif, weil dort die Umsatzsteuer nicht ausgewiesen sei, hat der [X.] bislang nicht entschieden und erschiene zweifelhaft, ob der Preisbestandteil der Umsatzsteuer, deren Höhe gesetzlich feststeht, einen in der Leistungsbeschreibung vorgesehenen Preis darstellt (vgl. [X.], Urteil vom 24. Mai 2005 [X.], [X.], 594), dessen versäumte Angabe zum Angebotsausschluss führen müsste. Dies kann aber auf sich beruhen, weil das Berufungsgericht die Vergabeunterlagen in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dahin ausgelegt hat, dass die Verpflichtung zur Angabe der Umsatzsteuer sich auf das Hauptangebot bezog.
c) Die Verfahrensrügen hat der [X.] geprüft und für nicht durchgreifend erachtet; von einer Begründung wird gemäß § 564 ZPO abgesehen.
III. [X.] beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Meier-Beck [X.] Grabinski
[X.]
Meta
30.08.2011
Bundesgerichtshof 10. Zivilsenat
Urteil
Sachgebiet: ZR
vorgehend OLG Koblenz, 22. März 2010, Az: 12 U 354/07, Urteil
§ 25 Nr 5 S 1 VOB A 2002, § 25 Nr 5 S 1 VOB A 2006, § 16 Abs 8 VOB A 2009, EWGRL 37/93, EGRL 18/2004
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 30.08.2011, Az. X ZR 55/10 (REWIS RS 2011, 3670)
Papierfundstellen: REWIS RS 2011, 3670
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
X ZR 55/10 (Bundesgerichtshof)
X ZB 15/13 (Bundesgerichtshof)
Vergabenachprüfungsverfahren betreffend die Europaweite Ausschreibung eines Umbauvorhabens für eine Straßenbahntrasse: Zulassung von Nebenangeboten beim niedrigsten …
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Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich: Erforderlichkeit der Festlegung von Kriterien zur Angebotswertung bei der Zulassung von Nebenangeboten …
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