Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.05.2012, Az. XII ZB 481/11

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 6645

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 481/11

vom

9. Mai 2012

in der [X.]

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 1; [X.] § 5 Abs. 1
a)
Die für die Vergütung eines Berufsbetreuers nach §
5 [X.] maßgebende Dauer der Betreuung richtet sich auch bei einem [X.] nach dem Beginn der ersten angeordneten Betreuung. Das gilt auch für den Wechsel von einem [X.] Betreuer zu einem Berufsbetreuer.
b)
Die Erweiterung des [X.] des neuen Betreuers führt ebenso wenig wie die Nichtausübung der Betreuertätigkeit durch den früheren Betreuer zu einer Ausnahme von dieser Berechnung der Dauer der Betreuung.
[X.], Beschluss vom 9. Mai 2012 -
XII ZB 481/11 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 9.
Mai 2012
durch
den [X.], die Richterin Dr.
Vézina und [X.]
Klinkhammer, Schilling und Dr.
Nedden-Boeger
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3.
Zivilkammer des [X.] vom 5.
August 2011 wird auf Kosten des Beteiligten zu 2 zurückgewiesen.
[X.]: 1.056

Gründe:
I.
Der
Beteiligte zu 2,
ein Rechtsanwalt,
ist seit dem
29.
Oktober 2008 Be-rufsbetreuer des bemittelten,
in einem Heim lebenden Betroffenen. Er hat die seit Anordnung der Betreuung am 22.
Mai 2007 bestellten beiden ehrenamtli-chen Betreuer abgelöst.
Seine Aufgaben umfassen
alle Angelegenheiten, ins-besondere Aufenthaltsbestimmung, Vermögens-
und Gesundheitssorge, Gel-tendmachung von Rechten des
Betroffenen gegenüber den bisherigen Betreu-ern, einschließlich Prüfung einer Antragstellung gemäß §
247 StGB und des Vorgehens nach §§
246, 266 StGB. Die beiden bisherigen Betreuer hatten er-heblich gegen ihre Pflichten verstoßen.
Für die [X.] vom 30.
Oktober 2008 bis zum 29.
Oktober 2009 hat der [X.] zu
2 die Festsetzung einer pauschalen Betreuervergütung auf der Grundlage eines Stundensatzes von 44

nach §
4 Abs.
1 Satz
2 Nr.
2 [X.]
1
2
-
3
-
und eines nach §
5 Abs.
1 Nr.
1
-
3 [X.] gestaffelten Stundenansatzes aus-gehend von einem Betreuungsbeginn am 30.
Oktober 2008 beantragt.
Das Betreuungsgericht hat dem Antrag ausgehend von einem
Betreu-ungsbeginn im
Mai 2007 nur unter Zugrundelegung eines Stundenansatzes von zweieinhalb
Stunden pro Monat gemäß §
5 Abs.
1 Satz
1 Nr.
4 [X.] stattge-geben. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Beteiligten zu
2 ist erfolglos geblieben.
Mit der vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt er seinen Vergütungsantrag in voller Höhe weiter.

II.
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil sie vom Beschwerdegericht zugelassen wurde (§
70 Abs.
1 FamFG). Sie ist auch im Übrigen zulässig.
2. Die Rechtsbeschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
a) Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, für die Anzahl der zu vergütenden Stunden stelle §
5 [X.] auf die nach [X.] gestaffelte Dauer der Betreuung ab, so dass für den Beginn der Betreuung deren
erstmalige Einrichtung durch Bestellung
eines Betreuers maßgeblich sei. Dies gelte auch
dann, wenn zunächst ein ehrenamtlicher Betreuer bestellt wor-den
sei und sodann ein Wechsel zu einem Berufsbetreuer erfolge. Ein Wechsel des Betreuers, eine Änderung der [X.] oder der Übergang von einer vorläufigen zu einer endgültigen Betreuung wirke sich auf die Berechnung der Monate nicht aus. Diese Auslegung des §
5 [X.] entspreche dem Gesetzes-3
4
5
6
7
-
4
-
wortlaut, der Entstehungsgeschichte und dem gesetzgeberischen Ziel der [X.].
b) Die
Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand.
Der dem Beteiligten zu
2 als Berufsbetreuer zu vergütende [X.]aufwand für die Betreuung des bemittelten, in einem Heim lebenden Betroffenen beträgt gemäß §
5 Abs.
1 Satz
1 Nr.
4 [X.] zweieinhalb Stunden im Monat.
Nach §
5 [X.] ist der dem Betreuer zu vergütende [X.]aufwand abhän-gig von der Dauer der Betreuung und dem Aufenthaltsort des Betreuten
sowie davon, ob der Betreute bemittelt oder mittellos ist. Für einen
bemittelten [X.], der seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Heim hat, wird der zu vergü-tende [X.]aufwand in den ersten drei Monaten der Betreuung mit fünfeinhalb, im vierten bis sechsten Monat mit viereinhalb, im siebten bis zwölften Monat mit vier und danach mit zweieinhalb Stunden im Monat in Ansatz gebracht (§
5 Abs.
1 Satz
1 [X.]).

aa) Zu Recht ist das Beschwerdegericht in Übereinstimmung mit der überwiegenden Ansicht in Rechtsprechung und Literatur
davon ausgegangen, dass
die Berechnung der
Dauer der Betreuung nach §
5 [X.] mit der Anord-nung der Erstbetreuung
beginnt und bei einem sich daran anschließenden [X.] -
auch von einem ehrenamtlichen zu einem Berufsbetreuer
-
nicht neu beginnt, sondern weiter läuft
(OLG Saarbrücken
OLGR 2007, 904; [X.] Beschluss vom 14.
Juni 2006 -
16
Wx
109/06
-
juris; OLG München
FamRZ 2006, 647; [X.] OLGR 2007, 169; [X.] Beschluss vom 30.
November 2006 -
8
W
406/06
-
juris; [X.], 686; OLG Schleswig FamRZ
2006, 649; [X.]/Fröschle
6.
Aufl.
§
5 [X.] Rn.
7
f.; [X.]/[X.] Betreuungsrecht 4.
Aufl. §
5 [X.] Rn.
11
f.; [X.] Betreuungsrecht Stand 1.
Juni 2010 §
5 [X.] Rn.
27 mwN; 8
9
10
11
-
5
-
aA [X.] JurBüro
2005, 285, 286). Diese Auslegung ergibt sich aus dem Wortlaut, der Entstehungsgeschichte und dem Zweck des §
5 [X.].
Der Gesetzeswortlaut, der auf die "ersten drei Monate der Betreuung" abstellt, spricht dafür, dass auf den Lauf der Betreuung als solcher abzustellen ist und nicht auf den Beginn der Betreuung durch den die Vergütung verlangen-den Betreuer. Für ein solches Verständnis spricht auch die Entstehungsge-schichte und der Zweck des §
5 [X.].
Mit der Einführung der Pauschalierung der Vergütung der Berufsbetreuer durch das zweite [X.] vom 21.
April 2005 (BGBl.
I
S.
1073) wollte der Gesetzgeber ein Abrechnungssystem schaffen, das einfach, Streit vermeidend, an der Realität orientiert und für die Berufsbetreue-rinnen und -betreuer auskömmlich ist (BT-Drucks. 15/2494 S.
20, 31).
Grundlage der zu bewilligenden Vergütung ist nicht mehr der dem [X.] im Einzelfall tatsächlich entstandene von ihm konkret darzulegende [X.]-aufwand, sondern ein pauschaler von dem tatsächlichen [X.]aufwand unabhän-giger Stundenansatz, dessen Umfang nur von der [X.], dem [X.] des Betreuten und davon
abhängt, ob der Betreute bemittelt oder nicht bemittelt ist. Die Bildung der Fallgruppen und Festlegung der [X.] für die Fallgruppen beruhen auf Durchschnittswerten, die unter Zugrunde-legung der Ergebnisse einer rechtstatsächlichen Studie
ermittelt worden sind, die das [X.] dem [X.] und Ge-sellschaftspolitik ([X.]) in Auftrag gegeben hat.
Um
den mit der Pauschalierung verfolgten Zweck der Vereinfachung und Streitvermeidung nicht zu vereiteln,
hat der Gesetzgeber
die Ausnahmen von dem Pauschalierungssystem soweit wie möglich begrenzt (vgl. BT-Drucks.
15/2494 S.
34). §
6 [X.] regelt eine Abweichung vom Pauschalierungssystem 12
13
14
15
-
6
-
für bestimmte Sonderfälle der Betreuung. Darüber hinaus sieht §
5 Abs.
5 [X.]
für den Wechsel vom Berufsbetreuer zum ehrenamtlichen Betreuer
ab-weichend von
§
5 Abs.
4 [X.] keine taggenaue Vergütung, sondern
für den Berufsbetreuer eine Vergütung für den gesamten Monat, in den der Wechsel fällt und für den Folgemonat vor. Damit soll der Wechsel vom Berufsbetreuer zum ehrenamtlichen Betreuer gefördert werden.
Für den Wechsel vom ehrenamtlichen Betreuer zum Berufsbetreuer und unter Berufsbetreuern sieht das Gesetz
keine Ausnahme von dem Pauschalie-rungssystem vor. Dies wird in dem Gesetzesentwurf damit begründet, dass der mit einem [X.] regelmäßig einhergehende Mehrbedarf und die Fäl-le besonderer Betreuungssituationen in den vom [X.] im Rahmen der Studie erhobenen Zahlen enthalten und somit in die gebildeten Pauschalen bereits eingeflossen sind
(vgl.
BT-Drucks. 15/2494 S.
34).
Für die Berechnung
der Pauschalen
nach §
5 [X.] ist daher auch bei einem [X.] die erstmalige Bestellung eines Betreuers
maßgebend. Dies gilt auch bei einem Wechsel von einem
ehrenamtlichen Betreuer zu
einem
Berufsbetreuer.
Denn insoweit ist -
ebenso
wie bei der erstmaligen Betreuung durch einen Berufsbetreuer
-
von dem
aus der Studie des [X.] gewonnenen Erfahrungswert
auszugehen, dass der Betreuungsaufwand mit der Dauer der Betreuung abnimmt
(OLG München FamRZ 2006,
647,648; [X.], 686,687; vgl. auch
BT-Drucks. 15/2494 S.
34).
Soweit vertreten wird, bei einem Wechsel von einem ehrenamtlichen
[X.] zu einem Berufsbetreuer könne die Dauer einer ehrenamtlichen Betreu-ung nicht anrechnungsfähig sein, weil das Gesetz über die Vergütung von [X.] und Betreuern ([X.]) nur für Berufsbetreuer gelte ([X.] JurBüro 2005, 285, 286), steht dieser Einwand der Anrechnung
nicht entgegen. Vergü-16
17
18
-
7
-
tungsansprüche entstehen ausschließlich für
berufsmäßig geführte Betreuun-gen, während ehrenamtliche Betreuungen stets unentgeltlich erfolgen (§§
1908
i Abs.
1 Satz
1, 1836 Abs.
1 Satz
1 BGB). Daraus folgt jedoch nicht, dass für die Bemessung der Vergütung der Berufsbetreuer
allein die [X.]räume der [X.] zugrunde zu
legen sind ([X.], 649,
650).
bb) Das Beschwerdegericht hat -
entgegen der Ansicht der Rechtsbe-schwerde
-
auch zu Recht angenommen, dass die Erweiterung der
Aufgaben-kreise
des Beteiligten zu
2 um die Geltendmachung von
Ersatzansprüchen
ge-gen die bisherigen Betreuer und die Prüfung einer
Antragstellung nach §
247 StGB sowie eines Vorgehens
nach §§
246, 266 StGB, keine Ausnahme von der für die Berechnung der Vergütung nach §
5 [X.] maßgeblichen Dauer der Betreuung zulässt (aA
OLG [X.], 1060).
Zwar kann davon ausgegangen werden, dass der Arbeitsaufwand des Beteiligten zu
2 durch die Erweiterung der [X.] größer geworden ist. Der Zweck der Vergütungspauschalierung liegt jedoch darin, keine Differenzie-rung zwischen aufwändigen und weniger aufwändigen Betreuungen zuzulas-sen. Deshalb
ist das Pauschalierungssystem von Anzahl und
Umfang der
Auf-gabenkreise
unabhängig. Der durch eine aufwändige Betreuung entstandene Mehraufwand ist in die Bemessung der pauschalen Stundenansätze
eingeflos-sen
(BT-Drucks. 15/2494 S.
34).
Den
im Einzelfall
nicht vergüteten [X.]aufwand
kann der Berufsbetreuer aufgrund der der Pauschalvergütung zugrundeliegenden Mischkalkulation durch die weiteren von ihm übernommenen Betreuungen kompensieren. Denn
die Mischkalkulation führt dazu, dass
der pauschale Stundenansatz im Einzelfall 19
20
21
-
8
-
geringer aber auch höher als der
tatsächlich angefallene
[X.]aufwand sein kann.

cc) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde führt auch eine durch Untätigkeit des früheren Betreuers eingetretene
faktische
Unterbrechung der Betreuung nicht zu einer Neuberechnung der [X.] bei der Vergü-tung des nachfolgenden Betreuers. Das Pauschalierungssystem kompensiert den geringeren oder höheren [X.]aufwand durch die
Mischkalkulation und schließt [X.] aus.

Dose

Vézina

Klinkhammer

Schilling

Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 06.12.2010 -
1 XVII 67/07 -

LG [X.], Entscheidung vom 05.08.2011 -
3 [X.] -

22

Meta

XII ZB 481/11

09.05.2012

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.05.2012, Az. XII ZB 481/11 (REWIS RS 2012, 6645)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6645

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XII ZB 347/12

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