Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.09.2017, Az. XI ZR 365/16

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 5493

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[X.]:[X.]:BGH:2017:120917BXIZR365.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 365/16

vom

12. September 2017

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat
am 12.
September 2017
durch den Vizepräsidenten
Prof.
Dr.
Ellenberger,
die [X.] Dr.
[X.]
und
[X.]
sowie
die [X.]innen Dr.
Menges
und
Dr.
Derstadt

beschlossen:
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der [X.] in dem Urteil des 3.
Zivilsenats des [X.] vom 22.
Juni 2016 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten
des Beschwerdeverfahrens (§
97 Abs.
1 ZPO).
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 31.803,62

Gründe:
I.
Die Parteien streiten um die Rechtsfolgen nach Widerruf der auf [X.] eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen der Kläger.
Die Parteien
schlossen im Mai
2004 einen Darlehensvertrag über 136.600

5,3%
p.a. und einem anfänglichen effektiven [X.] von 5,43%. Zur Siche-rung der Ansprüche der Beklagten diente eine Grundschuld. Bei Abschluss des 1
2
-
3
-
Darlehensvertrags belehrte die Beklagte die Kläger unzureichend über das ihnen zustehende Widerrufsrecht.
Die Kläger kündigten das Darlehen nach Ablauf der Zinsbindung am 30.
Mai 2014 und beglichen die Restschuld. Unter dem 29.
August 2014 wider-riefen sie ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten [X.].
Ihre Klage auf Zahlung des von ihnen zu ihren Gunsten errechneten Sal-dos aus einem nach Widerruf entstandenen Rückgewährschuldverhältnis nebst Zinsen und auf Freistellung von vorgerichtlich entstandenen Anwaltskosten hat das [X.] abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das Berufungs-gericht dem [X.] teilweise entsprochen und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Zur Begründung hat es
soweit im [X.] noch von Interesse
ausgeführt, die Kläger müssten nach erfolg-reichem Widerruf den [X.] gegen sich gelten lassen, da sie nicht nach-gewiesen hätten, dass der Wert der von ihnen gezogenen Gebrauchsvorteile unter dem vereinbarten [X.] gelegen habe. Aus der von den Klägern als Beleg angeführten [X.] für das Neugeschäft der [X.] Banken -
[X.] an private Haushalte (siehe unter www.bundesbank.de) ergebe sich, dass der durchschnittliche Effektivzinssatz im Mai
2004 als dem maßgeblichen Monat des Vertragsschlusses für Kredite mit einer Zinsfestschreibung von bis zu zehn Jahren bei 4,91%
p.a. und damit nur geringfügig unterhalb des [X.]es
gelegen habe. Da es sich bei dem in der [X.] aufgeführten Zinssatz um einen Durchschnittswert han-dele, sei von der Marktüblichkeit des [X.]es auszugehen, wenn er wie hier innerhalb einer Streubreite von einem Prozentpunkt über dem Wert der [X.] liege. Eine monatliche Anpassung wie von den Klägern [X.] sei nicht veranlasst.
3
4
-
4
-
Die Revision
hat das Berufungsgericht nicht zugelassen.

II.
Die dagegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger, mit der sie ihren
[X.] in reduziertem Umfang weiterverfolgen, hat keinen Erfolg, weil sie Zulassungsgründe nicht darlegt. Dazu genügt nicht der bloße Verweis auf wenige Stimmen in der Literatur ohne eine Auseinandersetzung mit der in großer Fülle vorhandenen, vom
Rechtsstandpunkt der Nichtzulassungs-beschwerde überwiegend abweichenden instanzgerichtlichen Rechtsprechung.

III.
Im Übrigen wäre der Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger selbst bei Anlegung revisionsrechtlicher Maßstäbe (vgl. BVerfGK
6, 79, 81
ff.; 18, 105, 111
f.; 19, 467, 475)

was hier nicht veranlasst ist

der Erfolg zu versagen, weil das Berufungsurteil keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Kläger aufweist.
1. Soweit das
Berufungsgericht fälschlich (Senatsurteil vom 12.
Juli 2016

XI
ZR
564/15, BGHZ
211, 123 Rn.
58) angenommen hat, es sei trotz des Zu-standekommens eines Immobiliardarlehensvertrags zu vermuten, dass die [X.] aus erlangten Zins-
und Tilgungsleistungen Nutzungen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen habe, sind die Kläger dadurch nicht beschwert. Ebenfalls nicht beschwert sind sie durch die
für sich richtige
Annahme des Berufungsgerichts, der Abschluss eines [X.] vor Widerruf der auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten [X.] ändere nichts daran, dass der Darlehensgeber auch Nutzungen herauszugeben habe, die er auf Tilgungsleistungen gezogen habe (a.A. 5
6
7
8
-
5
-
OLG
Stuttgart, Urteil vom 23.
Mai 2017
6
U
192/16, juris Rn.
54
f., das
statt der einvernehmlichen Vertragsbeendigung bei der Verwirkung ein maßgebli-ches Gewicht beizumessen [vgl. Senatsurteil vom 12.
Juli 2016
XI
ZR
501/15, BGHZ
211, 105 Rn.
41]
rechtsfehlerhaft ausgeführt hat: "Die Einigkeit, dass das Darlehen als zurückgeführt behandelt werden soll, schließt es auch im Falle eines späteren Widerrufs aus, die zur Tilgung erbrachten Leistungen und dar-aus gezogene Nutzungen nicht dem Vermögen des Darlehensgebers zuzuord-nen. Insofern ist die Rückabwicklung bereits einvernehmlich vollzogen, sodass kein Raum mehr für
eine Nutzungsherausgabe nach §
346 Abs.
1 [X.] be-steht").
2. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Kläger den ihnen nach §
357 Abs.
1 Satz 1 [X.] in der bis zum 12.
Juni 2014 geltenden Fassung (künftig: aF) in Verbindung mit §
346 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 und Satz
2 [X.] auferlegten Nachweis eines geringeren Werts des Gebrauchs-vorteils nicht geführt haben.
a) Bei der Berechnung des Wertersatzes war im hier maßgeblichen [X.]-raum auf der Grundlage der Verweisung des §
357 Abs.
1 Satz
1 [X.] aF im Falle des Widerrufs der auf Abschluss eines Immobiliardarlehensvertrags ge-richteten Willenserklärung des Verbrauchers nach §
346 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 und Satz
2 Halbsatz
1 [X.] der [X.] maßgeblich. Es oblag dem Darle-hensnehmer, einen geringeren Gebrauchsvorteil nachzuweisen (vgl. OLG
Brandenburg, Urteil vom 20.
Januar 2016
4
U
79/15, juris Rn.
96; OLG
Düsseldorf, Urteil vom 17.
Januar 2013
6
U
64/12, juris Rn.
35; OLG
Frankfurt/Main, Beschluss vom 17.
Februar 2016
23
U
135/15, juris
Rn.
18; OLG
Hamm, Urteil vom 12.
April 2017
31
U
52/16, juris Rn.
48; OLG
Köln, Beschluss vom 3.
Mai 2016
13
U
33/16, juris Rn.
17; OLG
Nürnberg, Urteil vom 29.
Mai 2017
14
U
118/16, juris Rn.
44; 9
10
-
6
-
OLG
Schleswig, BKR
2017, 22 Rn.
98; OLG
Zweibrücken,
Beschluss vom 10.
Mai 2010 -
7
U
84/09, juris Rn.
9; LG
Bonn, WM
2015, 1988, 1990; LG
Freiburg, BeckRS
2015, 08173; LG
Limburg, Urteil vom 14.
Januar 2016

2
O
204/15, juris Rn.
51; LG
Mönchengladbach, Urteil vom 28.
Juli 2016

10
O
235/15, juris Rn.
58; LG
Nürnberg-Fürth, Urteil vom 4.
August 2015

6
O
7471/14, juris Rn.
73; LG
Ulm, Urteil vom 25.
April 2014
4
O
343/13, juris Rn.
51; [X.]/[X.], 7.
Aufl., §
346 Rn.
22 unter Verweis auf BT-Drucks.
14/9266, S.
45; [X.]/[X.], [X.], 73.
Aufl., §
346 Rn.
10 und 76.
Aufl., §
357a Rn.
4; [X.]/[X.], [X.], Neubearb.
2012, §
346 Rn.
160; §
357 Rn.
29
f.; [X.], BKR
2015, 441, 442
ff.; [X.]/[X.], [X.], 3.
Aufl., Rn.
494; [X.], WM
2015, 1094, 1096; [X.]/[X.], Kommentar zum Kreditrecht, 2.
Aufl., §
357 Rn.
13;
Piekenbrock/[X.], WM
2015, 1085, 1087; [X.], NJW
2014, 3748, 3749; a.A.
Kohler, AcP
213 [2013], 46, 96: "Verkehrswert"; [X.], WM
2002, 1593, 1596; Soergel/[X.], [X.], 13.
Aufl., §
346 Rn.
104
f.). Das entspricht für Immobiliar-Verbraucherdarlehen auch der zur [X.] geltenden Rechtslage ge-mäß §
357a Abs.
3 [X.], mittels derer der Gesetzgeber das bis zum 12.
Juni 2014 geltende Recht nicht ändern, sondern fortschreiben wollte (BT-Drucks.
17/12637, S.
65).
b) Die Kläger haben einen geringeren Gebrauchsvorteil durch Verweis auf die [X.] nicht dargelegt. Ausweislich der [X.], die den marktüblichen Zins nicht betragsscharf abbilden will und kann (so auch [X.], NJW
2014, 3748, 3751), betrug der durchschnittliche effektive Jahres-zins für [X.] an private Haushalte mit anfänglicher Zinsbin-dung
hier: mit einer Laufzeit von über 5
Jahren bis 10 Jahre
in dem [X.]
hier: Mai 2004
4,91%. Der im Darle-hensvertrag zugrunde gelegte anfänglich effektive [X.] lag mit 5,43% weniger als einen Prozentpunkt über diesem Wert. In diesem Fall geht der [X.]
-
7
-
nat davon aus, dass ein Kredit zu für [X.] üblichen Bedingungen ausgereicht worden ist (Senatsurteile vom 19.
Januar 2016
XI
ZR
103/15, BGHZ
208, 278 Rn.
18 und vom 18.
Dezember 2007
XI
ZR
324/06, WM
2008, 967 Rn.
29). Bei einem zu üblichen Bedingungen ausgereichten Kredit kommt eine Herabsetzung der Gebrauchsvorteile allein aufgrund der [X.] nicht in Betracht (vgl. auch OLG
Brandenburg, Urteil vom 20.
Januar 2016

4
U
79/15, juris Rn.
97; OLG
Frankfurt/Main, Beschluss vom 17.
Februar 2016

23
U
135/15, juris Rn.
20; OLG
Hamm, Urteil vom 12.
April 2017
31
U
52/16, juris Rn.
48; OLG
Nürnberg, Urteil vom 29.
Mai 2017
14
U
118/16, juris Rn.
44 unter Verweis auf Senatsurteil vom 19.
Januar 2016 aaO; LG
Bielefeld, Urteil vom 24.
Juni 2016

6
O
127/15, juris Rn.
64
ff.; a.A. OLG
Düsseldorf, Urteil vom 17.
Januar 2013

6
U
64/12, juris Rn.
36; KG, BKR
2015, 109 Rn.
50; LG
Nürnberg-Fürth, Urteil vom 4.
August 2015

6
O
7471/14, juris Rn.
77; [X.], BKR
2015, 441, 444; dies., VuR
2016, 21, 22; [X.], WM
2015, 1094, 1096; [X.], NJW
2014, 3748, 3749).
Weil §
346 Abs.
2 Satz
2 Halbsatz
1 [X.] den [X.] zur [X.] macht, bestimmt sich der nach §
346 Abs.
2 Satz
2 Halbsatz
2 [X.] maß-gebliche Vergleichswert anhand der Verhältnisse im [X.]punkt des Vertrags-schlusses (vgl. OLG
Düsseldorf, Urteil vom 17.
Januar 2013

6
U
64/12, juris Rn.
36; OLG
Köln, Beschluss vom 3.
Mai 2016

13
U
33/16, juris Rn.
17; OLG
Schleswig, BKR
2017, 22 Rn.
99, 101; LG
Bielefeld, Urteil vom 24.
Juni 2016

6
O
127/15, juris Rn.
67; LG
Mönchengladbach, Urteil vom 28.
Juli 2016

10
O
235/15, juris Rn.
58) und gegebenenfalls jeweils im [X.]punkt vertraglich vereinbarter Zinsanpassungen (vgl. OLG
Köln aaO; LG
Bonn, WM
2015, 1988, 1991; LG
Bielefeld aaO; LG
Mönchengladbach aaO; a.[X.]/[X.], WM
2015, 1085,
1089
ff.;
Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht, 9.
Aufl., §
495 [X.] Rn.
224a). Darauf, dass die [X.] für die Folgejahre wesentlich geringere Effektivzinssätze ausweist, kommt es mangels einer dynamischen 12
-
8
-
Betrachtungsweise nicht an (eingehend [X.], WM
2015, 1094, 1096
ff.; a.A. LG
Nürnberg-Fürth, Urteil vom 4.
August 2015

6
O
7471/14, juris Rn.
75
ff.; [X.], NJW
2014, 3748, 3750; für das neue Recht BeckOK-[X.]/[X.]-Christmann, 43.
Edition [Stand: 15.
Juni 2017], §
357a Rn.
13).
c) Dass das Berufungsgericht
zulasten der Kläger sonst erhebliches [X.] übergangen oder von einer erforderlichen Beweisaufnahme abgesehen habe, macht die Nichtzulassungsbeschwerde mit einer Verfahrensrüge nicht geltend.
3. Von einer weiteren Begründung
wird gemäß §
544 Abs.
4 Satz
2 Halbsatz
2 ZPO abgesehen.

Ellenberger

[X.]

[X.]

Menges

Derstadt
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 30.12.2015 -
4 [X.]/15 -

OLG [X.], Entscheidung vom 22.06.2016 -
3 U 31/16 -

13
14

Meta

XI ZR 365/16

12.09.2017

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.09.2017, Az. XI ZR 365/16 (REWIS RS 2017, 5493)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 5493

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14 U 118/16 (OLG Nürnberg)

Wirksamkeit und die Rechtsfolgen des Widerrufs eines Immobiliardarlehensvertrags


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Wird zitiert von

31 U 146/17

Zitiert

XI ZR 365/16

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